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Veröffentlicht am 08.06.2021

Queria um bica, por favor

Tod auf Madeira (Ein Madeira-Krimi 1)
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Thomas Bento hat einen gut gemachten Krimi geliefert, der Lust auf eine Fortsetzung macht. Die agierenden Personen sind klar definiert, ihre Motivation für einen Mord ist nachvollziehbar. Der Reihe nach ...

Thomas Bento hat einen gut gemachten Krimi geliefert, der Lust auf eine Fortsetzung macht. Die agierenden Personen sind klar definiert, ihre Motivation für einen Mord ist nachvollziehbar. Der Reihe nach rücken die Mitglieder der inhomogenen Reisegruppe als Tatverdächtige in den Vordergrund um dann wieder aus dem Fokus zu verschwinden. Die falschen Fährten, denen Comissario Torres und seine selbsternannte Assistentin Laura akribisch nachgehen sind interessant und wirken nicht wie aufgesetzt, nur um die Handlung zu verlängern. Zur eigentlichen Handlung: das arme Mordopfer hat seinen Tod mehr als verdient. Ziemlich bald weinen wir ihm keine Tränen mehr nach.

Achtung, Spoiler! Etwas zwiespältig empfand ich das Verhältnis zwischen Laura und dem Kommissar. Einerseits ist da eine gewisse Attraktion zwischen ihnen, es knistert direkt. Aber keiner will dem so richtig nachgeben. Laura, weil sie sich nicht sicher ist, ob das nicht nur geschehen würde um sich an Matthias zu rächen, den sie in Flagranti erwischt hat. Maurice Torres hat zwei Jahre zuvor seine Frau verloren und kann ihren Verlust nicht verwinden. Jetzt tut er sich schwer Gefühle für eine andere Frau zuzulassen.

Kommen wir zur wahren Hauptgestalt des Krimis: die Insel Madeira. Sie wird so schön beschrieben, Land, Flora und Leute, dass ich mich am liebsten in den ersten Flieger nach Madeira setzen würde. Jetzt habe ich Fernweh nach einer wunderschönen Insel mit höflichen, herzenswarmen und freundlichen Menschen und einer hervorragenden Küche.

Der Schreibstil ist angenehm flüssig, ab und zu mit einer gehörigen Prise Humor gewürzt, man denke an den Vortrag über die Magie der Steine denen sich Laura ausgesetzt sieht. Ab und zu leider eine leichte Abdrift ins Triviale, ich sage nur "markantes Kinn" aber das tut dem Krimi keinen allzu "markanten" Abbruch.

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Veröffentlicht am 08.11.2020

Mantel- und Degenroman in Reinstkultur

Die Romanfabrik von Paris
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Das Buch ist sehr spannend geschrieben, erinnert auch stark an den Stil der Mantel und Degen Romane des 19 Jahrhunderts und in denen Alexandre Dumas der Ältere exzellierte. Ich begrüße es, dass Dirk Husemann ...

Das Buch ist sehr spannend geschrieben, erinnert auch stark an den Stil der Mantel und Degen Romane des 19 Jahrhunderts und in denen Alexandre Dumas der Ältere exzellierte. Ich begrüße es, dass Dirk Husemann sich dieses Stils bedient. Er ist sehr angemessen dem Thema des Buches.

Mein erster Eindruck von Alexandre Dumas sen. ist, dass er ein typischer ADHS-Mensch ist. Ein Hans Dampf in allen Gassen, der ständig herumlaviert und vor Gläubigern oder verflossenen Geliebten auf der Flucht ist. Heute würde man ihm Ritalin verschreiben. Die ersten Seiten, in denen er agiert, haben mich beunruhigt. Alexandre Dumas ist einer der Lieblingsautoren meiner Kindheit gewesen. Und nun soll er gar nicht die Drei Musketiere, den Graf von Monte Christo, La Reine Margot, den Vicomte de Bragelonne, die Memoiren eines Arztes und noch einige mehr geschrieben haben??? Ich las alles von ihm was ich damals in die Finger bekam. Und nun hat er das alles, diese ganze Pracht, diesen unglaublichen Ideenreichtum gar nicht alles selbst verfasst?
Ich wusste von großen Malern der italienischen und niederländischen Renaissance, dass sie oft an bestimmten Auftragswerken höchstens die Komposition bestimmten und ein paar Pinselstriche machten, das Gemälde dann aber teuer verkauften. Heute werden diese Bilder als „aus der Werkstatt von…“ immer noch teuer gehandelt, aber doch mit einigen Abschlägen. Konnte sich halt nicht jeder einen Raffael da Urbino leisten.
Dass Karl May nicht selbst all die Heldentaten vollbracht hat, als Old Shatterhand oder als Kara Ben Nemsi, das habe ich ihm längst verziehen. Aber Alexandre Dumas? Muss ich ihn jetzt auch vom Sockel stoßen? Das tut weh.
Zu Anna Moll, Gräfin Dorn und ihr Diener und Begleiter, der Kutscher Immanuel: Immanuel ist fast die ganze Zeit stumm, aber immer da, um Anna zu beschützen, zu unterstützen, ihr weiter zu helfen. Bis er einen grässlichen Unfall hat und mit gebrochenen Beinen ins Krankenhaus eingeliefert wird. Anna ist einerseits sehr prüde und urteilt über Dumas Schriften sie seien jugendgefährdend und unmoralisch. Deswegen versucht sie mit der Zensurbehörde seinen Veröffentlichungen ein Ende zu bereiten. Geht natürlich schief. Aber als in Dumas Zeitschrift plötzlich subversive Artikel erscheinen, die Dumas nicht autorisiert hat und ein Minister tot aufgefunden wird, der zuletzt mit Dumas lebend gesehen wurde, werden aus Anna und Alexandre Verbündete. Sie haben einen gemeinsamen Feind, deswegen diese ungewöhnliche Partnerschaft.
Die Aventiure geht weiter in dieser neuen Konstellation. Und genau wie in einem echten Mantel und Degen Roman aus dem 19. Jahrhundert tauchen erneut Gestalten auf, von denen man im ersten Teil eigentlich schon gedanklich Abschied genommen hatte, so z.B. Anna Molls früherer Arbeitgeber der Lübecker Fischhändler Olaf Schmaleur. Er wird zum Retter in der Not in einer schier ausweglosen Situation, regelt alles selbstlos, einfach, diskret und unkompliziert. Solche Wohltäter die plötzlich aus dem Dunkel ins Rampenlicht treten nur um nach getaner Arbeit wieder zu verschwinden sind eines der Merkmale dieser Romane. Ebenso ist Doctor Bailey, der Leierkastenmann solch ein Helfer in der Not. Er hilft Anna der engen Menschenmenge zu entkommen und verschafft ihr auch Zugang zum Buckingham Palace, verhilft ihr und Alexandre zur Flucht vor dem Newgate Gefängnis.
Ein anderes Merkmal dieses literarischen Genres ist der Bösewicht, der derart böse, schurkisch und verkommen ist, dass man es kaum noch aushält. Jedes Mal, wenn die „Guten“ versuchen, dem Bösewicht das Handwerk zu legen, entkommt dieser auf spektakuläre Weise und hinterlässt Chaos. Lemaitre ist der Schurke schlechthin. In seiner Gier nach Reichtum und Macht geht er über Leichen, im wahrsten Sinne des Wortes, hypnotisiert die Menschen, um an ihr Wissen und vor allem ihre Geheimnisse heran zu kommen, die er dann gnadenlos ausbeutet und die Menschen erpresst. Er nimmt billigend den Tod von Menschen in Kauf, die ihm nützlich waren und die er nun nicht mehr brauchen kann. Einerseits wünscht man, dass der Bösewicht endlich gefasst wird, andererseits lebt aber der Roman von diesem Übeltäter. Würde er handlungsunfähig gemacht werden, wäre auch der Roman zu Ende, und das wollen wir nun wirklich nicht.
Ein weiteres typisches Merkmal der Mantel- und Degenromane sind die „Coups de Théâtre“, der plötzliche Umschwung. Aus Feinden werden Verbündete, unerwartete Wendungen, die die Handlung in eine neue Richtung bringen, usw. Anna, die nach Paris kam, um Alexandre Dumas am Schreiben zu verhindern, weil sein „Schreibwerk“ unmoralisch und Jugendgefährdend ist, liest nun selbst dem Erbprinzen Albert aus den drei Musketieren vor und verfasst zusammen mit dem Autor eine Fortsetzung der Abenteuer D’Artagnans, extra für den Prinzen. Wobei man im britischen Königshaus gerade nicht gut auf Alexandre Dumas zu sprechen ist und seine Hinrichtung im Newgate-Gefängnis schon beschlossene Sache ist. Die Falle, die Gräfin Anna und Lady Alice Lemaitre stellen, im Wintergarten des Königspalastes, klappt nicht zu, Lemaitre kann entkommen. In letzter Sekunde. Und der nächste Theaterschlag passiert auch im letzten Augenblick: Im Newgate Gefängnis, Alexandre Dumas hat schon seine Henkersmahlzeit hinter sich und überredet einen Priester, die Bibel umzuschreiben, kann Anna endlich die Begnadigung einreichen, sehr zum Unmut des Gefängnisdirektors, Lord Dingby.
Der Wortwitz und die Situationskomik in der Gefängniszelle sind umwerfend: der Priester kommt, um ihm die letzten Weihen zu erteilen, aber er ist etwas in Eile, weil er einen vollen Zeitplan at. Da kann er nicht viel Zeit für einen Todeskandidaten erübrigen. Aber das sieht unser Held ganz anders. Außerdem, das „Wort Gottes“, tja, da hat er eine ganz andere Meinung dazu: „Alexandre hatte Gott schon immer für einen lausigen Schriftsteller gehalten. Einen der eine Art Romanfabrik mit vier Evangelisten an den Schreibtischen unterhielt, dessen Dramaturgie aber so hölzern war wie die des schlimmsten Fabelhans aus der Académie Francaise“. (Seite 324). Diese Szene muss man versuchen, sich bildlich vorzustellen.
Und nun beginnt die Reise nach St. Petersburg, wo sich das dritte Amulett befindet. Lady Alice, die dank Lemaitres Intrige nicht mehr in England bleiben kann, begleitet Gräfin Dorn und Dumas auf der Reise. Und in St. Petersburg taucht – oh Wunder, welches keines mehr ist, weil Mantel- und Degenromane voller solcher Zufälle sind – ein alter Bekannter wieder auf: Der Kaufmann Schuwalow, den Alexandre und Anna aus Brüssel schon zu unterschiedlichen Gelegenheiten kennen gelernt hatten. In der Eremitage treffen sich alle Kontrahenten wieder: Lemaitre, dessen wahre Identität und Gesicht nun entlarvt werden, einerseits und andererseits Alexandre Dumas, Lady Alice und Gräfin Dorn. Natürlich gelingt es Lemaitre erneut zu entkommen, ganz spektakulär, und der Leser muss schon befürchten, dass Lemaitre nicht von Menschenhand zu fassen sein wird. Und das stimmt auch. Ganz im Sinne der Abenteuerromane des 19. Jahrhunderts wird Lemaitre von einer höheren Gewalt bestraft und gerichtet. Das Gute daran: An den Händen der Helden haftet kein Blut. Sonst wären sie auch nicht richtige Helden.
Und noch ein Merkmal der Mantel- und Degenromane, dieses Mal ein schönes Merkmal: Am Ende wird alles gut. (OK, Hollywoodfilme enden auch so), aber hier findet wirklich jeder Topf seinen Deckel und alles wird wirklich gut. Ist das nicht schön?

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Spannendes Buch mit leichten Schwächen

Die Tote von Dresden
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Anna-Maria Slakow und Frank Haberking sind keine gewöhnlichen Polizisten. Sie wurden beide strafversetzt, wegen ganz unterschiedlicher Vergehen. Ihre neue Aufgabe: Sie sollen einen sogenannten Cold Case ...

Anna-Maria Slakow und Frank Haberking sind keine gewöhnlichen Polizisten. Sie wurden beide strafversetzt, wegen ganz unterschiedlicher Vergehen. Ihre neue Aufgabe: Sie sollen einen sogenannten Cold Case lösen um die in die Zwangsprostitution verschleppte Richterin Jenny Flagant die nach ihrer Befreiung Selbstmord beging. Haberking ist pedantisch, darauf bedacht seinen Beruf nicht über sein Privatleben bestimmen zu lassen. Er liebt seine Frau und beiden Töchter abgöttisch, macht ihnen zu Liebe keine oder nur selten Überstunden, verzichtet auf Beförderungen, kurz, er schiebt einen korrekten Dienst strikt nach Vorschrift, ohne jedwede beruflichen Karriereambitionen. Deshalb ist es sehr verwunderlich, dass ausgerechnet er eine Vernehmung als erledigt abgehakt zu haben, obwohl die Vernehmung nicht stattgefunden hat. Slakow ist ein ganz anderes Kaliber. Als ein Zuhälter sie angreift, wehrt sie seinen Angriff ab und schlägt ihn krankenhausreif. Leider zueht das ein Disziplinarverfahren nach sich und so landet sie mit Haberking in einem Keller wo sie den Jenny Flagant Fall wieder aufrollt.
Nach über 10 Jahren wird die Entführung und Zwangsprostitution von Jenny Flagant aus der Vergessenheit hervorgeholt. In einer knappen Woche lösen Haberking und Slakow den Fall, finden heraus, dass in diesem Zusammenhang auch andere Morde geschehen waren, entlarven Mörder, Maulwurf und einen korrupten Staatsbeamten, finden den vierten verschollenen Toten. Zusätzlich überreden sie den Innenminister innerhalb der Dresdner Polizeidirektion eine neue Abteilung für Cold Case Fälle zu schaffen. Nicht schlecht für zwei angebliche Versager.
Der Roman ist spannend, flott und stilsicher geschrieben. Erzählt wird auf zwei Ebenen: erstens in der Gegenwart der ermittelnden Polizisten und zweitens aus der Zeit der 90er Jahre, als Jenny Flagant und Sascha Solberg sich kennenlernten und der korrupte Psychologe und Gutachter Lukas Biermann in Dresden anfing zu arbeiten. Julius Kron hat die Atmosphäre der ersten zehn Jahre nach der Vereinigung in Dresden perfekt eingefangen. Für die meisten war es eine Zeit des Aufbruchs, der intensiven Auseinandersetzung mit den neuen Gegebenheiten, eine Zeit der Hoffnung und des Wandels. Für einige aber war es die Zeit der Goldgräber, der versteckten oder offenen Korruption. Es war das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, um an Geld ran zu kommen. Diese Zeit ist faszinierend im Rückblick. Und gleichzeitig bin ich auch froh, dass sie vorbei ist.
Fazit: Trotz einiger Schwächen und Widersprüchen in der Chronologie, kann ich diesen Thriller gerne empfehlen.

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Die Buchhandlung meiner Träume

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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Stell Dir vor, Du bist eine Leseratte. Du liest nicht leidenschaftlich gern, denn Du atmest ja auch nicht aus Leidenschaft, sondern um zu leben. Und so gehört Lesen wie Atmen unabdingbar zu Deinem Leben. ...

Stell Dir vor, Du bist eine Leseratte. Du liest nicht leidenschaftlich gern, denn Du atmest ja auch nicht aus Leidenschaft, sondern um zu leben. Und so gehört Lesen wie Atmen unabdingbar zu Deinem Leben. Wenn Du drei Wünsche das Lesen betreffend frei hättest? Welches wären die?
Die Orte der Handlungen selbst betreten, wäre ein Wunsch. Quasimodos Notre Dame, das antike Rom aus Quo Vadis, der Ballsaal im Hause Capulet, das sonnendurchflutete Gutshaus auf Tara, Hogwarts und Ligusterweg, Karthago, St. Petersburg, die Matratzengruft in Paris, die schottische Highlands, Niederkaltenkirchen. Es gibt so viele Orte, die ich in diesen einen Wunsch zusammenfassen könnte.
Zweiter Wunsch, den Du frei hättest? Die Personen aus den vielen Büchern in echt begegnen: Hermine Granger, Marius, Sulla, Caesar, Quasimodo und Esmeralda, Edward Cullen, (und wenn wir schon dabei sind, ja, auch Christian Grey) Mr. Rochester und Jane Eyre, den kleinen Maulwurf, seine Majestät den Fönig, den altrömischen Privatdetektiv Marcus Didius Falco, Nathan den Weisen, die zweite Mrs Maxim de Winter, Tigger, Winnetou, Hadschi Halef Omar, Hans Castorp, Oskar Matzerath, die beiden Erdmännchenbrüder Rufus und Ray, und ein paar Tausend andere mehr. Das wäre der zweite Wunsch.
Der dritte Wunsch? Ja, für mich wäre das, das Ende einiger Bücher so zu umschreiben, wie es mir gefällt. Scarlett erobert Rhett zurück, Esmeralda verliebt sich in Quasimodo, Anjin San John Blackthorne heiratet die schöne Mariko, Caesar überlebt die Iden des März unbeschadet, und so einige Geschichten mehr.
Und nun geschieht das Unfassbare, das Wunderbare, das Unglaubliche: die Autorin Mary E. Garner erfüllt sich diesen Traum: in ihrem Werk „Das Buch der gelöschten Wörter“ begeht sie fremde Bücherwelten, spricht mit Gestalten, wie Gwen, Lance, Geppetto, Anna Karenina, Cupido, knuddelt mit Lassie, rettet einen Hund aus dem finsteren Transsilvanien, lauscht Bambi und seinem Vater im Wald. Und wir, die Leser, erleben und handeln alle mit. Ist das nicht schön?
Interessant fand ich die Verzahnungen zwischen der realen und der fiktiven Bücherwelt, die dank Garners meisterlichem Können, genauso real wirkt wie die, in der wir leben. Es heißt nicht umsonst, die schönsten Geschichten schreibt immer noch das Leben selbst. Vielleicht gibt es mehr Berührungspunkte zwischen der literarischen und unserer Welt?
Sprachlich noch nicht ganz ausgefeilt, an manchen Stellen leichte Entgleisungen ins Triviale, wird Mary E. Garner noch an ihrem Stil etwas feilen müssen, kleine Unebenheiten ausmerzen. Aber das nur so nebenbei gesagt.
Die Gestaltung des Titelbildes fand ich sehr gelunen: Symmetrisch aufgebaut, sind im unteren Teil des Bildes Bücher und im oberen Teil Türme von London zu sehen. Durch die Symmetrie suggerieren Türme wie Bücher eine Spiegelung, weil Literatur und reale Welt sich einander einen Spiegel vorhalten.
Wir dürfen auf die weiteren Bücher Garners gespannt sein.

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Veröffentlicht am 29.04.2020

Spannend wie ein skandinavischer Krimi sein muss

Das Dorf der toten Seelen
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Camilla Sten, ein neuer Stern am skandinavischen Krimihimmel und genetisch vorprogrammiert auf Krimis – ich sage nur Viveca Sten – hat sich in ihrem Debütroman keine leichte Kost vorgenommen. Auf zwei ...

Camilla Sten, ein neuer Stern am skandinavischen Krimihimmel und genetisch vorprogrammiert auf Krimis – ich sage nur Viveca Sten – hat sich in ihrem Debütroman keine leichte Kost vorgenommen. Auf zwei Zeitebenen gebaut, damals, 1959 und in der Gegenwart. Ort der Handlung ist in beiden Zeitebenen das Dorf Silvertjän. 1959 verschwinden plötzlich spurlos alle Bewohner von Silvertjän, bis auf einen Säugling und eine grausam zugerichtete Frauenleiche. In der Gegenwartmacht sich eine junge Filmcrew auf den Weg, das Geheimnis von Silvertjän zu erforschen. Die zwei Zeitebenen alternieren, könnten jede für sich einen Roman bilden, beide steuern auf ihren eigenen Höhepunkt zu. Und doch sind sie unmittelbar und auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden. Unwillkürlich drängt sich einem der Gedanke an die Sage des Kinderfängers von Hameln auf. Aber in Hameln waren es nur die Kinder, die verschwanden während die Erwachsenen nichts dagegen tun konnten, während in Silvertjän alle Erwachsenen und Kinder, bis auf den einen Säugling, verschwunden sind. Das Geheimnis der entschwundenen Einwohner aber auch der Morde in der Gegenwart wird eigentlich nur zum Schluss gelüftet und die unheilvolle Verknüpfung der beiden Zeitebenen offensichtlich.
Die Atmosphäre im Buch verdichtet sich zunehmend, die Bedrohung damals wie heute wird immer greifbarer, die Gefahr immer akuter.
Packend zu lesen, kann man das Buch ab einem bestimmten Punkt kaum noch aus der Hand legen.
Als Bettlektüre nur für Hartgesottene zu empfehlen, für uns andere, lieber im Garten und bei Sonnenschein.

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