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Veröffentlicht am 21.11.2020

Die liebe Familie

Crazy Rich Asians
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Seit zwei Jahren sind die Uni-Professoren Rachel Chu und und Nick Young ein Paar. Zwar war noch nicht von Heirat die Rede, aber zum Sommer lädt Nick Rachel nach Singapur ein, um seine Familie kennenzulernen. ...

Seit zwei Jahren sind die Uni-Professoren Rachel Chu und und Nick Young ein Paar. Zwar war noch nicht von Heirat die Rede, aber zum Sommer lädt Nick Rachel nach Singapur ein, um seine Familie kennenzulernen. Nick ist Trauzeuge bei der Hochzeit seines besten Freundes Colin und Rachel soll ihn begleiten. Rachel ist nicht ganz sicher, ob das eine gute Idee ist, schließlich kommt sie doch gerne mit. Allerdings verläuft die Reise etwas anders als erwartet, denn die Kreise, in denen Nick in seiner Heimat verkehrt, sind anders. Um nicht zu sagen, Nicks Freunde und Familie sind reich, stinkreich.

Rachel ahnt nicht, wohin die Reise geht. Nick ist ein Meister des Unterstatements. Er ist mit seinem Reichtum so selbstverständlich aufgewachsen, dass er sich nicht einmal als reich empfindet. Vielleicht hätte er Rachel doch vorwarnen sollen. Natürlich weiß Nicks Mutter schon Bescheid bevor Rachel ankommt. Allerdings hat sie nicht durch Nick von Rachel erfahren. Und so beginnt die Gerüchteküche zu kochen und Intrigen werden gesponnen. Da auch Nicks Familie nicht vorbereitet ist, glaubt besonders seine Mutter, Rachel kann nur auf das Geld aus sein. Und so eine Goldgräberin hat in der elitären Familie Young nichts zu suchen.

Wie schnell sich Nachrichten verbreiten, die eigentlich noch garnicht für die Öffentlichkeit (besonders die Eltern) bestimmt sind, weiß eigentlich jeder, der auf dem Dorf lebt. Das scheint in Asien nicht anders zu sein als in jeder anderen Welt, auch wenn hier das Dorf geringfügig größer ist. Wenn dann auch die Familie nicht mit dem Partner ihres Sprosses einverstanden ist, sind Schwierigkeiten vorprogrammiert, besonders wenn alle denken, aber keiner offen spricht. Über diese unterschwelligen Schwingungen in der Familie berichtet der Autor auf sehr amüsante, teilweise bissige, aber teilweise auch anrührende Weise. Irgendwie sind die Reichen auch nur Menschen mit Wünschen und Gefühlen, die für ihre Kinder nur das Beste im Sinn haben, auch wenn sie manchmal etwas übergriffig sind. Die schräge Welt der „Crazy Rich Asiens“ ist wie ein exaltierter Spiegel, der einige Erkenntnisse bietet, wenn man sich traut hineinzublicken.

Veröffentlicht am 18.11.2020

Madame Katze

Die Schweigende
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Karins Mann Jens ist nach über 50 Jahren Ehe plötzlich verstorben. Für Karin und ihre drei Töchter ist die Welt nicht mehr wie sie war. Jens fehlt in jedem Moment. Karin bringt es nicht fertig, ihre Gefühle ...

Karins Mann Jens ist nach über 50 Jahren Ehe plötzlich verstorben. Für Karin und ihre drei Töchter ist die Welt nicht mehr wie sie war. Jens fehlt in jedem Moment. Karin bringt es nicht fertig, ihre Gefühle auszudrücken. Doch Jens hat vor seinem Tod einen Auftrag an Imke erteilt. Imke war immer die Tochter, die keine Probleme gemacht hat. Sie ist genau die Richtige für die Aufgabe. Geli, selbst schon verwitwet, ist gerade dabei, eine neue Beziehung aufzubauen. Und mit Anne liegen alle irgendwie im Clinch oder Anne ist es, die allen unterstellt, sie wollten ihr nichts Gutes.

Imkes Aufgabe erweist sich als spannend, aber auch schwierig, denn sie muss tief in die Vergangenheit ihrer Mutter dringen. Eine Vergangenheit, über die Karin am liebsten schweigt. Was kann damals nur geschehen sein, dass es Imkes Mutter verstummen lässt. Imkes Schwestern sind doch eher mit sich selbst beschäftigt. Geli musste den Tod ihres Mannes verwinden und auch Anne hat einen schlimmen Rückschlag hinnehmen müssen. Doch ihr Mann will sie bei einem Neuanfang unterstützen. Die Leere nach dem Tod ihres Mannes bringt Karin jedoch dazu, sich ihren Erinnerungen anzunähern. Und so machen sich Imke und Karin von unterschiedlichen Ausgangspositionen auf, um die Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht zu bringen.

Wie sie selbst schreibt, ist die Autorin durch ein Buch inspiriert worden. Wenn man dieses Buch kennt, wird man gleich eine positive Einstellung vom vorliegenden Roman finden. Auch wenn sich einiges an Annes Charakter nicht erschließt, so wird dieses kleine Manko durch die Schilderung von Imkes Suche und den Erinnerungen von Karin wettgemacht. Imke lässt nicht locker und Karin wagt es schließlich, sich der Vergangenheit zu stellen. Eine Kindheit in den 1950ern kann durchaus leichte Momente gehabt haben, wie auch Karin zum Glück erfahren hat, allerdings konnten aus heutiger Sicht Kleinigkeiten schwerwiegende Folgen haben. Die dramatischen Ereignisse sind mitreißend zu lesen und mitunter denkt man, das kann doch nicht sein. Der Roman ist fesselnd geschrieben und wie Karin selbst sagt, ist sie am Ende so klar wie schon lange nicht mehr. Mit Karin und Imke hat die Autorin fesselnde Persönlichkeiten geschaffen, deren Geschichte ausgesprochen lesenswert ist.

Veröffentlicht am 14.11.2020

Der richtige Ort

Nächstes Jahr in Havanna
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Marisols geliebte Großmutter Elisa ist plötzlich verstorben. Marisol ist untröstlich, denn ihre Großmutter hat immer davon geträumt, in ihre Heimat Kuba zurückzukehren. Nun bleibt Marisol nur noch, Elisas ...

Marisols geliebte Großmutter Elisa ist plötzlich verstorben. Marisol ist untröstlich, denn ihre Großmutter hat immer davon geträumt, in ihre Heimat Kuba zurückzukehren. Nun bleibt Marisol nur noch, Elisas letzten Wunsch zu erfüllen. Sie will die Asche ihrer Großmutter an einem geeigneten Ort auf Kuba verstreuen. Im Jahr 2017 hat sich Kuba gerade etwas geöffnet und Marisol als Amerikanerin darf in Kuba einreisen. Zum ersten Mal betritt Marisol die heimatliche Erde ihrer Vorfahren und erfährt von einem ganz anderen Leben ihrer Großmutter, dass sich mit der Flucht im Jahr 1959 jäh und extrem veränderte. Marisol lernt ihre Großmutter noch einmal völlig neu kennen.

Nachdem sich die Beziehungen zwischen Kuba und Amerika wieder etwas normalisierten, ist es für Marisol möglich, nach Kuba zu reisen. Die junge Frau ist als Journalistin tätig und sie möchte über das Land als Urlaubsziel berichten. Gleichzeitig versucht sie, mehr über ihre Großmutter zu erfahren, für die Kuba immer ein Sehnsuchtsort geblieben ist. Marisol bekommt die Gelegenheit, tiefer in das Leben ihrer Großmutter einzutauchen als sie es je für möglich gehalten hätte. Sie erfährt, dass Elisa in ihrer Jugend eine schwere Zeit erleben musste. Die Zeit der Revolution ist an der wohlhabenden Familie Perez nicht spurlos vorbeigegangen.

Der Roman ist auf zwei Zeitebenen angesiedelt. Zum einen beleuchtet er Elisas Leben im Havanna von 1958, zum anderen wird von Marisols Reise im Jahr 2017 berichtet. Zwei unterschiedliche Frauen, die sich doch so nah waren. Marisols Trauer und ihr Wunsch, ihre Großmutter besser zu verstehen, gehen einem sehr nahe. Und auch die dramatischen Ereignisse in Elisas Leben sind ergreifend geschildert. Sowohl Elisa und Marisol sind ganz da. Zwei Frauenschicksale, anhand derer man in die Geschichte Kubas eintauchen kann. Zwar wirkt der Schluss etwas bemüht, aber ansonsten ein wunderbarer Roman, der einem ein fremdes Land ein Stück näher bringt. Und die Erkenntnis, dass man mit langsamen aber stetigen Reformen vielleicht mehr erreicht als mit gewalttätigen Revolutionen, kann gerne uneingeschränkt bestätigt werden.

Veröffentlicht am 12.11.2020

Kindermord

Spiele
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Als er noch ein Kind war, hat Robert Lindström seinen Freund Max umgebracht. So lautet jedenfalls das Ergebnis der Untersuchung der Polizei. Robert war noch nicht strafmündig und wurde deshalb nicht verurteilt. ...

Als er noch ein Kind war, hat Robert Lindström seinen Freund Max umgebracht. So lautet jedenfalls das Ergebnis der Untersuchung der Polizei. Robert war noch nicht strafmündig und wurde deshalb nicht verurteilt. Doch sein ganzes Leben ist geprägt von der Tat. Als Erwachsener funktioniert er, aber viel Freude im Leben hat er nicht. Als die Journalistin Lexa ihn um ein Interview bittet, ist er in heller Aufregung. Sie will ein Buch über seinen Fall schreiben und sie zweifelt an seiner Täterschaft. Um die selbe Zeit wird ein Mädchen tot aufgefunden. Und Robert hat sich in der Nähe des Fundorts aufgehalten. Kommissar Carl Edson schöpft Verdacht.

Zum zweiten Mal ermittelt Carl Edson und wieder bekommt er es mit einem verwickelten Fall zu tun. Der Verdacht auf Robert drängt sich auf, aber kann es auch noch andere Verdächtige geben? Unklar ist, was mit dem Mädchen geschehen ist, nachdem ihre Eltern sie vermisst haben. Und warum hat sich Lexa gerade Roberts Fall ausgesucht, um darüber zu berichten. Schließlich hat Robert immer behauptet, dass er sich nicht an seine Tat erinnern kann und so kann er eigentlich keine großen Auskünfte geben. Und sehr auskunftsfreudig wirkt er auch nicht.

Wie auch im ersten Band um Carl Edson legt der Autor sehr viel Wert auf die Schilderung der Lebensumstände des vermeintlichen Täters. Das führt zu dem Eindruck, dass die Ermittlungen manchmal am Rande nebenher laufen und Carl Edson als Person sehr neutral wirkt. Dennoch packt einen die Frage, ob Robert damals wirklich der Täter war. Und natürlich will mal wissen, wieso das Mädchen umgebracht wurde. Das Buch ist sehr verschachtelt und spielt auch auf verschiedenen Zeitebenen. Führt man sich das Hörbuch, das sehr ansprechend vorgetragen wird, zu Gemüte, muss man schon sehr genau aufpassen, um jeden Wechsel mitzubekommen. Dennoch ist es interessant und spannend nach und nach die verschiedenen Schichten der Story zu durchdringen. Für mich war dieser zweite Teil etwas fesselnder als der erste.

Veröffentlicht am 10.11.2020

"Liverpool"

Die Krieger
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Nach dem Tod seiner Frau ist der Polizist Nick Marzek abgestürzt. Um sich wieder zu fangen, nimmt der die Hilfe eines Kollegen aus München an und lässt sich von Berlin an die Isar versetzen. Die Eingewöhnung ...

Nach dem Tod seiner Frau ist der Polizist Nick Marzek abgestürzt. Um sich wieder zu fangen, nimmt der die Hilfe eines Kollegen aus München an und lässt sich von Berlin an die Isar versetzen. Die Eingewöhnung bei der Mordkommission fällt ihm schwer, lenkt ihn aber von den Gedanken an seine Frau ab. Da wird Anfang 1984 ein folgenschwerer Brandanschlag auf die Münchner Diskothek Liverpool verübt. Zunächst geht die Polizei von einem Kleinkrieg rivalisierender Kiezgrößen hin. Denn kurz zuvor brannten auch Wohnwagen von Prostituierten aus. Völlig überraschend taucht dann jedoch ein Bekennerschreiben auf, das bei einer italienischen Presseagentur abgegeben wurde.

Im Untertitel heißt es „Ein Fall für Nick Marzek“, was darauf hindeutet, dass es sich hier um den ersten Band einer Reihe handeln könnte. Mit seinen 43 Jahren ist Marzek auf jeden Fall jung genug, um noch einige Fälle aufzuklären. Bei seinem ersten richtigen Einsatz in München ist er gleich mit einem besonders verzwickten Fall befasst. Der vermeintliche Krieg im Rotlichtmilieu entpuppt sich als geheimnisumwitterter Anschlag, bei dem sogar ein politischer Hintergrund zu vermuten ist. Da das Bekennerschreiben von den italienischen Polizeibehörden weitergeleitet wurde, wird Nick nach Italien geschickt. Als seine Übersetzerin reist Graziella mit, die in der Mordkommission eigentlich als Putzfrau angestellt ist.

Natürlich sind Nick Marzek und seine Kollegen frei erfunden. Der Kriminalfall um den Anschlag auf die Diskothek Liverpool allerdings nicht. Diese Geschehnisse beruhen auf einem echten Fall. Und immer, wenn man meint, der Autor hat seine Phantasie etwas zu sehr spielen lassen, dann kann nur empfohlen werden, spätestens nach Ende der Lektüre mal das www aufzusuchen, um weitere Hinweise zu finden. Man wird erstaunt feststellen, dass sich der Autor an den berichteten Tatsachen orientiert hat. Wahrheit und Fiktion hat der dabei so geschickt verwoben, dass man beinahe glauben könnte, selbst wenn auch nur beobachtend Teil der Ermittlung zu sein. Die Art der Nachforschungen sind sehr authentisch, kleinteilige Polizeiarbeit. Ob es in der realen Welt passieren könnte, dass eine Putzfrau ohne die entsprechende Ausbildung zur Übersetzerin gemacht wird, erscheint eher zweifelhaft. Allerdings bringt Graziella gerade die nötige Leichtigkeit und ein gewisses Flair, ohne das der Roman manchmal etwas zu trocken geraten könnte. Der Anschlag auf die Diskothek Liverpool hat sich irgendwie nicht in die Erinnerung eingebrannt. Die Opfer haben da allerdings etwas Besseres verdient und dieses Bessere hat der Autor auf packende Art geliefert.