Wer kennt sie nicht, die Szene in der Robert Redford Meryl Streep in “Jenseits von Afrika” die Haare wäscht? Oder wenn beide im Propellerflugzeug über die grünen Ebenen fliegen?
Der Film beruht auf dem Roman von Karen Blixen. Die Dänin war 1913 mit ihrem Mann nach Afrika ausgewandert. Trotzdem besuchte sie regelmäßig ihre Mutter zu Hause in Kopenhagen.
Die Novelle "Ein dänischer Winter” von Sanne Jellings erstreckt sich über sechs Tage im Dezember des Jahres 1929. Die Charaktere, Konflikte und Handlungen beruhen auf den Briefen und dem Werk Blixens sowie ihrer Biografie, wie Jellings im Nachwort erklärt.
Zum Inhalt:
Karen Blixen verbringt die Weihnachtsfeiertage auf dem Hof ihrer Familie. Sie leidet unter den Nachwirkungen der Syphilis und macht sich zudem Sorgen um das Fortbestehen ihrer Farm in Afrika.
Minna Kasparsson ist eine achtzehnjährige Frau, die gerade ihre Stellung verloren hat. Um ihre Mutter und ihre Schwester versorgen zu können, wird sie Hausmädchen auf dem Hof der Blixens.
Obwohl beide Frauen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammen, finden sie Gemeinsamkeiten, die sie verbinden.
Laut Wikipedia ist Karen Blixens Werk von der Sehnsucht nach einer aristokratischen Weltordnung geprägt. Dies tritt auch in einigen Szenen der Novelle klar hervor. Obwohl von Sanne Jellings realistisch beschrieben, macht es Karen Blixen für mich unsympathisch.
Zum Beispiel beklagt sich Blixen bei Minna, dass sich die Wäscheberge türmen, weil sie zu wenig Angestellte haben. Blixen zieht offensichtlich eine klare Trennlinie zwischen Herrschaft und Dienerschaft:
“Sie dachte an Farah, den stattlichen Somali, der mit seiner Rolle so untrennbar verwachsen war und damit auch mit ihr selbst, denn ein Diener war nichts ohne seinen Herrn. Farah gelang es, diesen Umstand als Selbstverständlichkeit zu betrachten und Stolz daraus zu beziehen.”
Andererseits biedert sich Blixen bei Minna an: «Sie sind arm, du lieber Himmel! Ich bin auch arm.» Auf den ungläubigen Blick des Mädchens hin fügte sie hinzu: «Die Armut ist die größte Freiheit. Auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht nicht so aussieht. Ich sage Ihnen, wirklich schlimm ist es, ein moderates Auskommen zu haben, ein Bürger zu sein. So ein Leben nimmt einem die Luft zum Atmen. Das Proletariat atmet freier, ihm gehört die Zukunft. Man muss entweder märchenhaft reich sein oder arm wie ein Bettler. Sie und ich, wir haben nichts zu verlieren. Und so sollten wir auch leben, Minna, als hätten wir nichts zu verlieren.»
Minna hatte es die Sprache verschlagen.
«Ich gebe zu, natürlich ist die Armut auch ein gewisses Hindernis, man selbst zu sein. Trotzdem ist das Einzige, was wir brauchen, Phantasie», sagte sie bedächtig. «Wer Phantasie hat, kann alles werden. (...)»
Bei den Worten hat es mir ebenfalls die Sprache verschlagen. Fast hätte ich das Buch abgebrochen. Ich fand die Äußerung Blixens vermessen, und sie klang zu sehr nach dem heutigen, zu eindimensionalen, neoliberalen Weltbild (Du kannst alles schaffen, wenn du nur willst und dich anstrengst.).
Danach folgten jedoch noch einige kluge Gedanken zu Liebe und Unabhängigkeit. Blixen gibt an die junge Frau weiter, was das Leben sie bisher gelehrt hat und ermutigt Minna, ihren eigenen Weg zu gehen.
Jellings wirft zusätzlich aus der Perspektive des Personals einen Blick auf die Familie Blixen und die damalige Gesellschaftsstruktur.
Der Prolog und der Epilog spielen in Kenia. Der Kontrast des winterlichen Kopenhagens mit der Weite und Hitze Afrikas bilden einen klaren Rahmen und integrieren die Geschichte in den bekanntesten Teil von Blixens Leben.
Es fällt mir schwer, ein klares Resümee aus dem Gelesenen zu ziehen.
Blixen, die selbst unabhängig sein wollte, hatte kein Problem mit der Kolonialisierung. Ihre eigene höhere gesellschaftliche Position stellte sie nie in Frage, kritisierte aber gleichzeitig die noch bessere Stellung der Männer. Diesen Widerspruch scheint sie nicht erkannt zu haben.
Vergleicht man die damalige Gesellschaft mit der heutigen, fällt auf, dass es inzwischen große Veränderungen gegeben hat, einige Weltanschauungen im Kern jedoch gleich geblieben sind.
Die Gespräche mit Blixen eröffnen Minna eine neue Perspektive, und sie entwickelt den Wunsch dem Leben ihren eigenen Stempel aufzudrücken, statt dem Weg des Vaters oder des Ehemannes zu folgen.
«Meinen Sie», fragte sie, «man kann heiraten und sich trotzdem treu bleiben?»
Eine gut erzählte Geschichte, die uns die weltberühmte Autorin Karen Blixen und ihre Lebenseinstellung näherbringt und uns ermutigt, jeden Tag als neues Abenteuer zu sehen.