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Veröffentlicht am 29.11.2020

Wenn aus Spiel tödlicher Ernst wird: atemberaubend spannender Psychothriller mit Knalleffekt

Raum der Angst
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„Der Mensch entwickelt sich nicht weiter, es gibt keinen moralischen Fortschritt. Der einzige Grund, weshalb wir in unseren Breiten nicht mehr morden, vergewaltigen und brandschatzen, ist der, dass es ...

„Der Mensch entwickelt sich nicht weiter, es gibt keinen moralischen Fortschritt. Der einzige Grund, weshalb wir in unseren Breiten nicht mehr morden, vergewaltigen und brandschatzen, ist der, dass es verboten ist. Aber hier (...), hier darfst du: In diesem Escape-Room ist es erlaubt. Niemand würde dir einen Vorwurf machen.“

Der populäre, aber umstrittene Psychologieprofessor Andreas Zagert hat nach strengen Kriterien sieben Probanden für ein besonderes Experiment ausgewählt: Gemeinsam sollen die Teilnehmer versuchen, Aufgaben in verschiedenen Escape-Rooms zu lösen und so die einzelnen Räume zu überwinden. Gelingt es allen Mitspielern bis zum Schluss dabei zu bleiben, erhöht sich das Honorar für jeden. Doch schon kurz nach Beginn stellen die Teilnehmer fest, dass es nicht um ein harmloses Spiel geht. Der psychologische Versuch wird zur tödlichen Gefahr, der Opfer fordert....

Marc Meller schreibt klar und gut nachvollziehbar, formuliert recht einfach mit viel direkter Rede. Er schildert parallel die aktuelle Situation im Escape-Room, die Ermittlungen der Polizei im Fall des toten Busfahrers, der die Probanden zum Schauplatz fuhr, und die Perspektive der entführten Studentin Hanna. Nach und nach werden die einzelnen Stränge zu ein und derselben Geschichte verbunden. Eine sehr fesselnde, abwechslungsreiche Erzählweise.

Der dubiose Psychologieprofessor Andreas Zagert, der Menschen gerne als Versuchsobjekte betrachtet, sie manipuliert und für seine Forschungen ohne Rücksicht auf Verluste agiert, hat sich während seiner Karriere mehr als einen Feind gemacht. Er ist eine gleichermaßen unangenehm abstoßende wie spannende Figur. Seine sieben genau ausgewählten Teilnehmer wie Michael oder Melissa repräsentieren die Eigenschaften Intuition, Intellekt, Empathie, Egoismus, Aggressivität, Gelassenheit und Logik. Sehr unterschiedliche Charaktere treffen da während des Versuchs aufeinander, da sind Konflikte naturgemäß vorprogrammiert. Hinzu kommt noch Hanna, die sich in der Vergangenheit mit Zagert angelegt hat. Insgesamt eine höchst brisante Mischung an Figuren, die unter schrecklichen, angsteinflössenden Bedingungen zur Zusammenarbeit gezwungen werden.

Werden die Teilnehmer die Rätsel lösen und überleben? Wer steckt wirklich hinter diesem grausamen Spiel? Was hat Hanna mit der ganzen Sache zu tun?
Mark Meller hat einen überaus spannenden, raffinierten Psychothriller mit ungewöhnlichem Setting konstruiert, der geschickt mit den Erwartungen des Lesers spielt. Immer wieder werden die Figuren im Escape-Room und die Leser an der Nase herumgeführt. So fesselnd, dass man einfach dranbleiben muss. Also Türen und Fenster verriegeln, Nervennahrung bereitlegen, Handy abschalten, sich für die nächsten Stunden nichts vornehmen und loslesen!

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Veröffentlicht am 21.11.2020

Eindrucksvolle, aber auch etwas steife britische Teestunde

Teatime mit Lilibet
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England zu Beginn der 30er Jahre: Eigentlich möchte die angehenden Lehrerin Marion Crawford benachteiligte Kinder unterrichten, doch dann wird sie die Gouvernante der Prinzessinnen Elizabeth und Margaret. ...

England zu Beginn der 30er Jahre: Eigentlich möchte die angehenden Lehrerin Marion Crawford benachteiligte Kinder unterrichten, doch dann wird sie die Gouvernante der Prinzessinnen Elizabeth und Margaret. Die engagierte Sozialistin setzt alles daran, ihren beiden Schülerinnen das wahre Leben fernab von Palast und königlicher Etikette zu zeigen. Doch das ist angesichts der Umstände ein schwieriges Unterfangen. Erst im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass Marions Arbeit auch ihr eigenes Leben unwiederbringlich beeinflusst und es für sie kein Zurück gibt...

Wendy Holden schreibt klar und gut verständlich, aber auch ein wenig steif. Der etwas trockene Schreibstil der Autorin passt hervorragend zur spröden, unnahbaren Atmosphäre des Königshauses, richtig emotional einnehmend ist er aber nicht. Als Leserin spielte ich eher die Rolle einer neutralen Beobachterin des Geschehens, fühlte mich aber nicht mittendrin in der Geschichte.

Protagonistin Marion Crawford, von ihren Schülerinnen liebevoll Crawfie genannt, ist eine überaus interessante, reale Persönlichkeit. Sie hat 17 Jahre ihres Lebens mit der britischen königlichen Familie verbracht. Diese bemerkenswerte, aufsehenerregende Biografie macht natürlich neugierig. So richtig warm wurde ich mit Marion allerdings nicht. Sie wirkt nicht unsympathisch, recht authentisch und ehrlich, bemüht sich sehr engagiert, für ihre Schützlinge stets das Beste zu erreichen, gibt sich aber gleichzeitig manchmal recht spröde und reserviert, nicht wirklich herzlich oder emotional.
Uneingeschränkt sympathisch und angenehm war für mich keine der dargestellten Figuren, am ehesten noch Marions Bekannte Ivy, die mit Herzblut Evakuierte unterrichtet. Eine Tätigkeit, die auch Marions Wunschvorstellung entspricht.
Vielleicht ist die Distanz zu den Figuren von der Autorin aber auch genauso beabsichtigt. Es geht in ihrem Roman schließlich nicht um das Leben von Hinz und Kunz, sondern um die Welt der königlichen Hohheiten, zu der Normalsterbliche keinen Zugang haben. Das ist keine Welt, in der ich leben möchte, kein gesundes Umfeld. Aber ein Umfeld, das Menschen ganz entscheidend prägt und das macht Holden sehr deutlich.

„Teatime mit Lilibet“ erzählt eine außergewöhnliche und sehr interessante Geschichte. Das Königshaus, die dort herrschende Atmosphäre wird eindringlich und beeindruckend klar dargestellt. Richtig emotional gefangen und gefesselt war ich von diesem Roman nicht, dazu blieben mir die Figuren zu unnahbar und fremd. Dies ist allerdings stimmig und korrespondiert mit der steifen, speziellen Lebensart des Königshauses. Schließlich sind doch gerade die Majestäten gefangen in ihrer Rolle, verfügen kaum über individuelle Entfaltungsmöglichkeiten. Der gute Ruf ist für sie wichtiger als eigene Gefühle und persönliche Verbindungen.
Der zweifelsohne unterhaltsame Roman ist nicht durchgehend spannend zu lesen, stellenweise empfand ich ihn als etwas langatmig, die Handlung plätscherte teils zu ruhig dahin. Ein Buch wie eine recht steife, königliche Teestunde mit etwas sprödem, aber durchaus schmackhaften Gebäck. Eindrucksvoll, faszinierend und nachhaltig in Erinnerung bleibend, aber so richtig wohl fühlt man sich dabei nicht.

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Klassischer Colgan: unterhaltsam, aufmunternd und nebenher eine Liebeserklärung an die Kraft von Büchern

Happy Ever After – Wo dich das Leben anlächelt
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„Manche Entscheidungen trifft das Leben für uns, manche pirschen sich langsam an, aber bei manchen weiß man noch ganz genau, in welchem Moment man sie getroffen hat“.

Zoe trifft eine besondere, lebensverändernde ...

„Manche Entscheidungen trifft das Leben für uns, manche pirschen sich langsam an, aber bei manchen weiß man noch ganz genau, in welchem Moment man sie getroffen hat“.

Zoe trifft eine besondere, lebensverändernde Entscheidung: Sie steht nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens. Das Geld ist knapp und reicht kaum für die Wohnung, ihr vierjähriger Sohn Hari spricht nicht und Haris Vater entzieht sich seiner Verantwortung. Letzter Ausweg: ein, bzw. zwei neue Jobs. Die junge Frau zieht nach Schottland, übernimmt dort den fahrenden Buchladen, da Eigentümerin Nina demnächst in Mutterschutz gehen wird, außerdem betreut sie als Au-pair die drei Kinder eines Schlossbesitzers. Doch mit der für Schottland bekannten Postkartenidylle hat Zoes neues Leben anfangs überhaupt nichts gemeinsam.

Jenny Colgan schreibt flüssig, angenehm und klar. Ohne Umschweife versetzte ich mich dadurch sofort in Zoes Geschichte und ihr neues Leben hinein.

Eine ganze Menge Personen spielen in „Wo dich das Leben anlächelt“ entscheidende Rollen. Da ist natürlich zunächst Protagonistin Zoe. Es fällt leicht, sich mit der sympathischen, netten Frau zu identifizieren. Sie ist ein sehr sozialer, ruhiger, geduldiger Mensch, der stets für alle das Beste will und daher wollte ich als Leserin das auch für sie. Ihr neuer Arbeitgeber, der ungelenke Schlossher Ramsey wirkt zwar ähnlich unnahbar wie Mr Rochester aus Jane Eyre, aber trotzdem auf ganz andere Art. Seine verschlossene, zutiefst unglückliche Tochter Mary scheint verloren und steht im völligen Gegensatz zu ihrem Bruder dem aufgeweckten, fröhlichen, ständig plappernden Patrick. Und dann ist da auch noch Zoes stummer Sohn Hari, der Zoe solche Sorgen bereitet. Eine sehr vielfältige Mischung, die verschiedenen Charaktere des Romans. Für Colgan-Fans eine nette Überraschung, dass Nina und Surinder aus dem ersten Band der Reihe zwar keine Hauptrollen spielen, aber doch Gastauftritte haben und mit den Figuren verbunden sind.

Jenny Colgan steht für Eskapismus-Romane, „rosa“ Bücher zum Wegträumen, Frauen, die einen kompletten Neuanfang wagen, um ihr Glück zu finden. Genau darum geht es auch in „Happy Ever After- Wo dich das Leben anlächelt“. Anfangs lächelt das Leben Protagonistin Zoe sehr selten an, es streckt ihr vielmehr immer wieder die Zunge heraus. Manche Ereignisse, die ihr widerfahren, vor allem auch im Zusammenhang mit Mary, sind wirklich ziemlich traurig und bedrückend. Doch Zoe gibt nicht auf. Als Leser muss man da einfach mitgehen, ihr mit vollem Einsatz die Daumen drücken, dass für sie und die anderen alles gut wird, ganz im Sinne des märchenhaften „Happy Ever After“. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar und wenig tiefgründig - Probleme klingen kurz an und werden dann viel zu schnell gelöst- aber genau das gehört einfach zu Jenny Colgan. Eine unterhaltsame, aufmunternde Gute- Laune- Geschichte voller positiver Energie. Und nebenher geht es immer wieder um besondere, manchmal magische Seelenretter: Bücher! Für Buchliebhaberinnen und alle, die sich nach sonnigen Happy Ends sehnen.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Von falschen Beziehungen und echten Gefühlen: britische Romantikkomödie zum Lesen

Aller guten Dinge sind zwei
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Aus heiterem Himmel wird Laurie von ihrem langjährigen Freund Dan verlassen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Als sie mit Kanzleicasanova Jamie im Aufzug steckenbleibt, entwickeln die beiden einen Plan: ...

Aus heiterem Himmel wird Laurie von ihrem langjährigen Freund Dan verlassen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Als sie mit Kanzleicasanova Jamie im Aufzug steckenbleibt, entwickeln die beiden einen Plan: Sie geben vor, ein Paar zu sein, um Dans Eifersucht zu wecken und Jamies Ruf und seine Aufstiegschancen in der Kanzlei zu verbessern. Schließlich gilt Laurie als äußerst integer und beliebt bei den Partnern. Doch Pläne sind dazu da, zunichte gemacht zu werden, vor allem wenn das Leben dazwischenfunkt...

Autorin Mhairi McFarlane pflegt einen locker-leichten, witzigen und angenehmen Schreibstil. Sie schildert klar und anschaulich Lauries Perspektive der Geschichte, rasch versetzte ich mich in Lauries Situation hinein und konnte mich recht gut mit der Figur identifizieren .

Mhairi Mc Farlane kennt sich aus mit Menschen, ihrem Verhalten, ihren Gefühlen, ihren Wünschen, ihren Beziehungen, ihren seelischen Verletzungen. Zwar sind ihre Figuren mitunter recht klischeebeladen und werden teilweise etwas oberflächlich und einseitig dargestellt, aber sehr oft erkennt man sich und andere auch wieder in den Charakteren, hat dabei das Gefühl, die Autorin beobachtet ihre Umgebung exakt und weiß genau, wovon sie schreibt. Bei ihren Protagonisten treten einige ziemlich tiefe, ehrliche, realistische Gefühle und erstaunlich treffende Beziehungs- und Verhaltensmuster auf. Mit Laurie, die so sympathisch, tief verletzt, authentisch und im Beruf sehr professionell rüberkommt, musste ich einfach mitfiebern und- leiden. Und unangenehme Charaktere wie Claire oder Michael gehören zu einem McFarlane-Roman immer dazu, ohne Gegenwind wäre die Geschichte ja auch langweilig.

Finden Laurie und Dan wieder zueinander? Kann eine Fake-Beziehung wirklich funktionieren?
Und kommt es für Laurie schließlich zum Happy End?
McFarlanes neuester Roman hat mich mitgenommen: Gefühlvoll, unterhaltsam und witzig wie eine typisch britische Liebeskomödie zum Lesen, Kino im Kopf. Am Ende wird zwar etwas dick aufgetragen, aber die große Liebe ist nun mal zweifelsohne sehr süß.

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Ausflug in die Kaufhauswelt zur Zeit des Ersten Weltkriegs: kurzweiliges und leichtes Hörbuch

Das Lichtenstein: Modehaus der Träume
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Willkommen im Lichtenstein, dem Kaufhaus der Berliner Familie Lichtenstein! Hier arbeiten ganz unterschiedliche Menschen: Die Söhne der Familie, Ludwig und Jacob, der ambitionierte Konfektionär Hannes ...

Willkommen im Lichtenstein, dem Kaufhaus der Berliner Familie Lichtenstein! Hier arbeiten ganz unterschiedliche Menschen: Die Söhne der Familie, Ludwig und Jacob, der ambitionierte Konfektionär Hannes Hallberg, Ladenmädchen Hedi oder Näherin Thea. Sie alle haben ein gemeinsames Interesse: Das Lichtenstein muss Erfolg haben. Doch im Jahr 1913 wirft der Krieg seine Schatten voraus und dann geschieht auch noch ein weiteres Unglück.

Marlene Averbeck schreibt leicht und unkompliziert, abwechselnd unter anderem aus der Perspektive von Thea, Hedi, Hedis Freundin der Schauspielerin Ella Winkler und Jacob Lichtenstein. So erhält der Hörer verschiedene Blickwinkel einer Geschichte, die dadurch sehr abwechslungsreich und ansprechend erzählt wird. Es fällt nicht schwer, zu den einzelnen Protagonisten, zu ihrer persönlichen Situation, einen Zugang zu entwickeln .
Sprecherin Sandra Voss hat eine sehr angenehme Stimme. Sie liest lebendig, gut betont und mitreißend. Dank ihr habe ich mich rasch in der Geschichte „verloren“.

Im Modehaus sind einige interessante Mitarbeiter beschäftigt: die talentierte Hedi, die doch so viel mehr sein könnte als ein Ladenmädchen, Thea, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und sehr an ihrer Familie hängt, Jacob, der mit seinen innovativen Vorstellungen unbedingt das Lichtenstein modernisieren möchten und Ludwig, dem ebenso am Erfolg des Lichtensteins gelegen ist, der aber konservativere Vorstellungen hat und deutlich dominanter auftritt als sein Bruder. Eine sehr spannende Personenkonstellation, die verschiedene Gesellschaftsschichten repräsentiert und so eine vielseitige Sichtweise aufzeigt. Mit einigen Figuren fiebert man sehr gerne und intensiv mit.

Aufregende Zeiten sind das. Im Lichtenstein selbst ist einiges los, Konflikte stehen an der Tagesordnung und dann kommt es auch noch zum Krieg. Ich habe es genossen, in die Geschichte einzutauchen und fühlte mich durchgehend gut und solide unterhalten. Wer von der englischen Serie „Mr.Selfridge“ angetan ist, wird dieses Szenario ebenso mögen. Ein angenehm leichtes, kurzweiliges Hörbuch für lange Handarbeitsabende oder ganz ruhige, gemütliche Stunden. Die Figuren habe ich liebgewonnen und möchte ihr Schicksal auch gerne in der Fortsetzung weiterverfolgen.

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