Authentisch und scharfsinnig
Man merkt dem Roman bereits auf den ersten Seiten an, dass hier eine meisterhafte Beobachterin am Werk ist. Bregje Hofstede konnte mich bereits nach wenigen Kapiteln mit ihrem brillanten Schreibstil in ...
Man merkt dem Roman bereits auf den ersten Seiten an, dass hier eine meisterhafte Beobachterin am Werk ist. Bregje Hofstede konnte mich bereits nach wenigen Kapiteln mit ihrem brillanten Schreibstil in den Bann ziehen, vor allem ihre Vergleiche und scharfsinnigen Beobachtungen ließen mich dabei voller Bewunderung zurück.
Genau das ist es auch, was bei mir beim Zuklappen des Buchs hängen geblieben ist, obwohl die Geschichte durchaus ein paar Schwächen hat. So bleibt die Protagonistin trotz vieler Einblicke in ihre Gedanken, Gefühle und Tagebücher merkwürdig undurchsichtig, ihren Charakter mit anderen Attributen als "introvertiert" zu beschreiben fiele mir tatsächlich schwer. Auch verstrickt sich die Autorin manchmal in Nebenerzählungen, deren Bezug zur Handlung selbst nicht immer deutlich wird.
Und dennoch kann ich für diese Schwächen keine Sterne abziehen, denn schon ab Seite 1 merkt man, dass die Autorin hier vermutlich die Persönlichste all ihrer Geschichten erzählt hat. "Verlangen" steckt voller Authentizität, Leid und Psychologie, dass alles andere in den Schatten gestellt wird. So fällt dann auch die Identifizierung mit der Protagonistin leicht, obwohl sie nicht ganz greifbar wird.
Für mich war "Verlangen" eine interessante Sezierung zwischenmenschlicher Beziehungen und ein schriftstellerisches Ausnahmewerk, das ich gern weiterempfehle.