spannender Auftakt, der viele Fragen aufwirft
In einer völlig fremden Umgebung aufzuwachen, ohne Erinnerungen an sein früheres Leben, ohne Erinnerungen an sich selbst, ohne einschätzen zu können, ob man wach ist oder schläft. Das stelle ich mir ziemlich ...
In einer völlig fremden Umgebung aufzuwachen, ohne Erinnerungen an sein früheres Leben, ohne Erinnerungen an sich selbst, ohne einschätzen zu können, ob man wach ist oder schläft. Das stelle ich mir ziemlich furchtbar vor und auch für Clear war es alles andere als amüsant. Ihre Angst ist verständlich und wer würde an ihrer Stelle wohl glauben, dass man nun ein Todesengel sein soll? Doch die schwarzen Flügel auf ihrem Rücken und die Schwingen der anderen Engel um sie herum, lassen sie langsam daran glauben, was nun ihre neue Bestimmung sein wird.
Die Seelen von Verstorbenen zurück in den Lebensstrom zu bringen, ist eine bedeutsame Aufgabe, leider aber auch nicht ganz ungefährlich, denn die Todesengel sind nicht die einzigen, die Interesse an den Seelen haben. Und zur Zeit scheint es ganz besonders bedrohlich zu sein, sich außerhalb der schützenden Akademiemauern aufzuhalten…
Autorin Sabine Schulter hat es von Beginn an geschafft, mich in die Handlung zu ziehen, neugierig zu machen und den Wunsch zu wecken, immer weiter lesen zu wollen, um noch mehr von all den Geheimnissen, den tollen Figuren und den Entwicklungen zu erfahren. Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig. Durch bildhafte Beschreibungen entsteht ein detailliertes und lebendiges Bild von den Charakteren und den Schauplätzen.
Den Aufbau der Welt mochte ich richtig gern. Am meisten erfährt man von den Engeln, die sich in verschiedene Unterarten aufteilen. Den meisten Kontakt hat man dabei zu den Todesengeln, zu denen auch Protagonistin Clear gehört. Aber auch die Schutzengel spielen eine große Rolle und sind auf unterschiedliche Weise immer wieder in die Geschehnisse eingebunden. Zu den anderen beiden Arten möchte ich hier noch nicht so viel verraten. Nicht nur optisch unterscheiden sich die Todes- und Schutzengel, auch ihre Bestimmungen sind anders geartet. Beide Aufgaben sind unglaublich wichtig und bedeutsam.
Neben den Engeln gibt es weiter übersinnliche Wesen, die zwar namentlich teilweise vorgestellt und eingeführt werden, von denen man aber insgesamt noch nicht so viel erfährt. Hier und da gibt es ein paar Einblicke, zu der einen oder anderen Art bekommt man auch kurzen Kontakt, ein bisschen was wird angedeutet, es bleibt aber auch noch viel offen und ungesagt. Es ist auf jeden Fall spannend, wie vielfältig die Welt ist und es schafft viel Raum für mögliche, zukünftige Begegnungen und Verstrickungen der unterschiedlichsten Art.
Ein besonderes Highlight waren für mich die Vellas, die auf unterschiedliche Weise und in verschiedener Intensität genutzt werden können, um die Aufgaben zu erledigen, die so anstehen. Was genau sich dahinter verbirgt, möchte ich an der Stelle nicht verraten, aber es hat die Handlung bereichert.
Die Geschichte enthält insgesamt vier Ich-Perspektiven, wobei zwei davon hauptsächlich zum Tragen kommen. Clear und ihr Teamleiter Ease führen den Leser durch die Handlung und nehmen einen mit bei ihren sehr unterschiedlichen Erlebnissen. Neben den beiden Todesengeln kommen auch die Schutzengel Lance und Aura zu Wort. Über dem jeweiligen Abschnitt steht der Name der Figur, die man begleitet, so dass man immer eine gute Orientierung hat und nichts durcheinander bringen kann. Durch die verschiedenen Herausforderungen und Aufgaben, die sie zu meistern und zu erledigen haben, fällt es aber auch so recht leicht, die Szenen auseinander zu halten. Für Clear ist alles noch sehr neu, auf sie prasseln viele Dinge ein, die ihr unbekannt waren und nebenbei muss sie auch noch sich selbst neu entdecken und herausfinden, wer sie eigentlich ist. Dass dabei nicht immer alles gut gehen kann, ist kaum verwunderlich.
Ease ist der erfahrenste der Londoner Todesengel und ein sehr interessanter Charaktere. Er ist teilweise sehr still und nachdenklich, aber auch verantwortungsbewusst, zielstrebig und hat ein gutes Herz, nur nicht immer sich selbst gegenüber.
Auch die anderen drei Todesengel sind interessante Figuren und gemeinsam ergeben sie eine ziemlich bunte und facettenreiche Mischung. Jeder bringt seine Eigenheiten mit ein, keiner wird verbogen, ich mochte das sehr.
Und auch wenn die Schutzengel nicht so im Fokus des Geschehens standen, wie die Todesengel, so erfährt man eben auch von ihnen schon das eine oder andere und ich bin sehr neugierig geworden. Hoffentlich erfährt man zu vielen Figuren im Verlauf der Reihe noch mehr, ich schätze, einige habe da wirklich spannende Geschichten zu erzählen und Facetten zu zeigen.
Im Verlauf des Buches wird es immer spannender und komplexer. Stück für Stück wird man in die Welt eingeführt und es fühlte sich an, als würde es einfach nebenbei passieren, während man die einzelnen Figuren besser kennenlernt und sie dabei begleitet, was sie so erleben und herausfinden. Es wirkte nirgends langatmig und war sehr harmonisch und fließend in das Gesamtgeschehen eingebunden. Am Ende hat man einiges erfahren, einige Zusammenhänge haben sich ergeben, es sind aber auch viele Fragen aufgeworfen worden und ich bin super gespannt, wie es weitergehen wird.
In der Unterwelt scheint es zu brodeln und es ist nicht so einfach, den Gründen auf die Spur zu kommen. Die Gefahren nehmen zu, die Ausbrüche der Bedrohungen werden mehr und intensiver. Die dadurch auftretende Anspannung ist greifbar und ich habe beim Lesen sehr viele Leute verdächtigt, die vielleicht etwas damit zu tun haben könnten. Man sieht vermutlich schon Gespenster, aber es ist einfach sehr verzwickt und noch sehr undurchsichtig. Alles könnte irgendwie möglich sein und passieren.
Fazit
Ein toller, facettenreicher Auftakt, der einen in eine interessante Welt voller übernatürlicher Wesen entführt. Obwohl es viele Informationen zu der Welt an sich, den Zusammenhängen, Fähigkeiten und Möglichkeiten einzelner Wesen, Verbündeten und Feinden gibt, wirkte es nie überladen oder langatmig. Für mich war all das Wissen sehr gut mit der Handlung und den Entwicklungen der Figuren verknüpft, so dass es stets spannend blieb, mit den Engel unterwegs zu sein. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, denn sowohl die abwechslungsreichen Figuren, als auch die wachsenden Bedrohungen und offenen Fragen machen mich sehr neugierig.