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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2017

Nicht ganz überzeugend

Blood & Bone
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„Blood & Bone“ von Mark Peterson ist der zweite Teil einer Buchserie bei der Detective Sergeant Minter ermittelt, der im Handlungsablauf zum Detective Inspector ernannt wird. Es ist kein Problem, das Buch ...

„Blood & Bone“ von Mark Peterson ist der zweite Teil einer Buchserie bei der Detective Sergeant Minter ermittelt, der im Handlungsablauf zum Detective Inspector ernannt wird. Es ist kein Problem, das Buch ohne Vorkenntnis des ersten Bands zu lesen. Auch ich kenne den ersten Band nicht. Handlungsort ist das britische Seebad Brighton. Der Brighton Pier, in Abendlicht getaucht, ist auf dem Cover zu sehen und wird im Buch zu einem der Schauplätze.

Der Autor führt den Leser zu Beginn des Buchs zurück ins Jahr 1992. Martin Blackthorn beschäftigt sich als Student mit der Erforschung der menschlichen Zellstruktur. In seinem Innern schlummern dunkle Geheimnisse. Nebenbei verdient er sich etwas Geld als Bote. Auf einem seiner Botengänge begegnet er einem zehnjährigen Jungen, dem es an Empathie mangelt. Unter einem Vorwand nimmt er den Jungen mit ins Labor zu den Tierkäfigen und fordert ihn auf, eine Maus aufzuschlitzen.

20 Jahre später wird am Bahnhof in Brighton ein großer Koffer mit einer zerstückelten Frauenleiche aufgefunden, bei der einige Teile fehlen. Ein verwirrter Obdachloser wird als Täter festgenommen. Schnell stellt sich aber heraus, dass er zwar den Koffer abgesetzt hat, aber nicht der Mörder sein kann. Unterdessen wird eine zweite, ebenfalls übel zugerichtete Leiche gefunden. Und dann verschwindet die Tochter einer bekannten TV-Moderatorin.

Der Titel ist bei diesem Krimi Programm. Für feinfühlige Leser ist er daher weniger geeignet. Obwohl die Misshandlungen während der Tat nicht im Einzelnen beschrieben werden, sondern die Funde, ergibt sich daraus vor dem inneren Auge des Lesers ein brutales Werk des Mörders. Das Buch lässt sich, auch dank einer ordentlichen Übersetzung leicht lesen, verzettelt sich aber in manchen Nebenhandlungen. So beschreibt der Autor beispielsweise die Probleme der Moderatorin in Gegenwart und Vergangenheit, die aber keinen Zusammenhang mit den Fallermittlungen erkennen lassen. Dadurch wird das Geschehen zwar unterhaltsam, aber nicht spannender. Überhaupt bleibt die Spannung eher gedämpft, weil man von Beginn an eine Ahnung hat, wer der Täter ist. Ich habe die ganze Zeit mit einer überraschenden Wendung gerechnet. Ob diese eingetreten ist, verrate ich nicht.

Bei diesem Buch erfolgen die Ermittlungen nach klassischer Art. Doch der Leser ist nicht in jeden Schritt involviert, sondern erlangt teils in Sprüngen, die sich durch Nebenhandlungen beziehungsweise Retrospektiven ergeben, rückblickend Kenntnisse über neue Ergebnisse. Für mich kam dabei die eigentliche Aufklärungsarbeit, die ich sehr gerne bei Büchern dieser Art verfolge, zu kurz. Die Beschreibung einzelner Charaktere ist dafür umso ausführlicher. Neben den schon erwähnten Problemen der Moderatorin thematisiert Mark Peterson vor allem die schwierige Jugendzeit von DI Minter, die bis in die Gegenwart seine Schatten wirft, ebenso wie das Verhältnis der Opferberaterin Vicky Reynolds zu ihrer Mutter. Beide Figuren werden dem Leser sympathisch und der Ausgang des Buchs deutet darauf hin, dass es eventuell weitere Fälle mit diesen beiden Ermittlern geben könnte.

Leider konnte mich der Krimi aufgrund des Aufbauschens von Nebensächlichem nicht vollständig überzeugen. Daher vergebe ich 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Die Charaktere wurden mir zunehmend unsympathisch

Mittelgroßes Superglück
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Die Irin Stella Sweeney, 37 Jahre, Kosmetikerin, wohnt in Dublin, ist mehr oder weniger glücklich verheiratet und hat zwei Kinder im Teenageralter. Von einem Tag auf den anderen bekommt sie eine seltene ...

Die Irin Stella Sweeney, 37 Jahre, Kosmetikerin, wohnt in Dublin, ist mehr oder weniger glücklich verheiratet und hat zwei Kinder im Teenageralter. Von einem Tag auf den anderen bekommt sie eine seltene Krankheit mit der Auswirkung, dass sie sich innerhalb kurzer Zeit mit Ausnahme des Lidschlags nicht mehr bewegen kann. Stella glaubt an Karma und sieht einen Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, in den sie kurz vorher verwickelt war. Dabei wollte sie nur einem Range Rover ermöglichen, sich in den fließenden Verkehr einzuordnen. Der Fahrer des Wagens ist ihr behandelnder Neurologe im Krankenhaus Dr. Mannix Taxlor. Ob das nun Glück ist, kann sie schlecht beurteilen. Immerhin entwickelt er eine Methode mit ihr zu kommunizieren. Zwischen beiden entsteht eine ganz besondere Beziehung, bis Mannix die Behandlung überstürzt an eine Kollegin abgibt.

Stella vermutet, dass die Ehefrau von Mannix eifersüchtig ist. Nach ihrer Genesung liest sie von der Trennung der beiden. Doch ihr mittelgroßes Superglück beginnt erst, nachdem Mannix Ausschnitte der Gespräche, die er im Krankenhaus mit Stella geführt hat in Buchform drucken lässt. Ab da ändert sich einiges in Stellas Leben. Doch das Glück wird ihr geneidet. Wie sehr und welche Auswirkungen das auf ihre Zukunft hat, ahnt sie anfangs noch nicht.

Marian Keyes lässt ihre Erzählung im Buch „Mittelgroßes Superglück“ vier Jahre nach Stellas verhängnisvoller schwerer Erkrankung beginnen, so dass der Leser darüber von Anfang an Bescheid weiß, dass die Protagonistin wieder genesen ist. Das Buch wird in der Ich-Form aus der Sicht von Stella erzählt. In der ersten Hälfte der Erzählung wechselt die Perspektive immer wieder zwischen der Gegenwart und der Zeit ihrer Erkrankung, optisch abgesetzt durch kleine Phrasen aus dem Buch, das Mannix hat drucken lassen. Im Hier und Jetzt hat Stellas Ex-Mann ein den Leser bei aller Ernsthaftigkeit eher erheiterndes Problem, das Stella allerdings zum Staunen bringt und sie Böses ahnen lässt. Die humorvollen sprachlichen Ausflüge der Autorin, die in diesem Buch mit einer locker flinken Schreibweise aufwartet, überspielen die stellenweise auftretenden ernsten Situationen.

Doch fand ich den ersten Teil der Geschichte glaubhaft und berührend, sprach mich die Fortsetzung in den weiteren Kapiteln weniger an. Das lag vor allem daran, dass Stella sich ausschließlich vermarkten und fremdleiten lässt. Ich mag kaum glauben, dass ihr so gar keine Zeit mehr blieb, um über ihre augenblickliche Situation, die Menschen die sie in Anspruch nehmen und ihr Handeln nachzudenken. Das passt nicht so ganz zu der Stella, die man vorher kennengelernt hat und zieht sich über viele Seite in die Länge. Der Klappentext nimmt schon eine Sache vorweg, die sich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Leider nimmt das aufmerksamen Lesern einen Teil der Spannung.

Ich mochte die Story zu Beginn des Buchs sehr, konnte später aber nicht mehr mit den Figuren sympathisieren, obwohl durchaus genügend Ansätze dazu da waren. Beeindruckt war ich von der Leichtigkeit mit der die Autorin eine ernste Krankheit in ihr Buch eingebunden hat. Aus vorgenannten Gründen wird das Buch nicht jedem gefallen. Da ich vorher noch keinen Roman von Marian Keyes gelesen habe, kann ich keine Vergleiche zu weiteren Werken der Autorin ziehen.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Wenig überzeugende Jugendfantasy

Bannwald
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Robin, 17 Jahre alt, gehört zum Stamm der Leonen. Die kaum mehr als 100 Mitglieder des Stamms leben in einem abgegrenzten Waldgebiet, dass vom Stamm der Tauren überwacht wird. Die Leonen haben den Tauren ...

Robin, 17 Jahre alt, gehört zum Stamm der Leonen. Die kaum mehr als 100 Mitglieder des Stamms leben in einem abgegrenzten Waldgebiet, dass vom Stamm der Tauren überwacht wird. Die Leonen haben den Tauren Abgaben zu leisten und sind von deren Willkür und uneingeschränktem Machtanspruch abhängig. Die Fantasy spielt in der Gegenwart, die Leonen wohnen aber unter mittelalterlichen Bedingungen. Sie verabscheuen es zu töten, besitzen aber Fähigkeiten der Heilkunst. Auch die Tauren verstehen sich auf Magie, die sie grundsätzlich aber nur dazu einsetzen, um ihre Macht zu mehren und alles zu töten was ihren Interessen entgegensteht. Den Menschen gaukeln sie eine ganz normale Alltagswelt vor, so dass Tauren, Leonen und weitere Sternenvölker unbemerkt in deren Gegenwart leben können. Die Tauren beeinflussen sogar die Menschen nach ihrem Willen.

Eines Tages bemerkt Robin das sie anders ist als andere Jugendliche ihren Alters, denn bei ihr machen sich Kräfte bemerkbar, über die eigentlich nur die Tauren verfügen. Der Grund liegt in ihrer Herkunft über die ihre Pflegeeltern sie nun aufklären. Nun muss Robin lernen, ihre Fähigkeiten richtig einzusetzen. Der etwa gleichaltrige Taure Emilian, den sie auf einer Flucht vor den Tauren kennenlernt, möchte ihr dabei helfen, denn er behauptet anders wie seinesgleichen zu sein. Für Robin stellt sich die Frage, ob sie ihm vertrauen kann.

So weit so gut ist der Beginn der Geschichte. Und nun könnte sich eine faszinierende Liebesgeschichte zwischen Robin und Emilian entwickeln, die vom besten Freund Robins, dem Leonen Laurin eifersüchtig gesehen wird. Der Charakter der mutigen Robin, die sich zunächst ihrem Schicksal widerstrebend entgegenstellt, es dann aber annimmt, wurde mir sympathisch. Auch Emilian passte in das Wunschbild eines Manns, den man gerne an seiner Seite für alle Zeiten finden würde, wenn man mal davon absieht, dass er schon so manche Person kurzerhand getötet hat, wie die Tauren es denn so machen. Bei Laurin war ich mir nicht ganz sicher, ob er durch seine Aktionen wirklich immer nur das Beste für Robin erreichen möchte.

Dann aber kommt das große ABER, denn mein Lesefluss wurde ständig unterbrochen durch große und kleine Fragezeichen die sich aus der Gestaltung der Welt der Sternenvölker, zu denen die Tauren und Leonen gehören, ergaben. Beim Lesen ergibt sich durch den Text für mich ein Bild der Umgebung in das sich die Figuren einfügen. Bei diesem Buch wurde das Bild jedoch nicht rund. Dazu einige Beispiele. Der Luchs und nicht der Löwe, wie es sich aus der Herleitung aus dem Lateinischen ergeben würde, ist das Stammessymbol. Allein 15 Mädchen sind im Alter von rund 14 Jahren, bei rund 100 Angehörigen des Stammes eine ungewöhnliche Altersverteilung. Um Kleidung zu kaufen ist kein Geld da, jeder besitzt nur ungefähr zwei Hosen, aber zu einem Jubelfest erscheinen die Leonen in Festkleidung. Vor allem war ich verwundert über das Ansinnen von Emilian, der Robin beweisen möchte, anders zu sein wie die übrigen seines Stamms. Doch nachdem der Stammesführer mit ihm über Robin gesprochen hat, besteht die Beweisführung für ihn nur noch darin, Robin in einer bestimmten Fähigkeit zu unterweisen. Das kann doch nicht sein ursprünglicher Plan gewesen sein.

Das Buch ist größtenteils aus der Sicht von Robin in der Ich-Form geschrieben. Grundsätzlich lässt diese Schreibform den Leser tiefer in die Gefühlswelt des Charakters eintauchen, so auch hier .Bei Sachen, über die Robin jedoch sagt, dass die Leonen sie nicht kennen, ist mir allerdings rätselhaft, wie sie an Dinge denken kann, die sie gar nicht kennt.

Spannung ist, auch dank einiger unerwarteter Wendungen, durchgehend vorhanden. Vom Schreibstil her hat die Autorin meist kurze Sätze genutzt, die die Situation stets treffend beschreiben und spannungssteigernd wirken, da so die Handlung zügig voranschreitet.

Leider konnte mich die Fantasy, wie oben ausgeführt, nicht überzeugen. Stirnrunzeln und hier und da ein amüsiertes Lächeln konnte ich mir beim Lesen nicht verkneifen und das durchbrach immer wieder die spannenden Elemente des Textflußes. Dadurch vergebe ich für dieses Buch knappe drei Sterne. Ich weiß noch nicht, ob ich die Trilogie weiterlesen werde, ob die Neugier auf die Fortsetzung den Unmut über die Umsetzung überwiegen wird.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Konnte mich nicht überzeugen

Italienische Nächte
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„Italienische Nächte“ von Katherine Webb führt den Leser zurück in das Jahr 1921. Das Cover wirkt einladend. Der Blick schweift von einem Balkon über die hügelige Landschaft Apuliens, der Blick fängt sich ...

„Italienische Nächte“ von Katherine Webb führt den Leser zurück in das Jahr 1921. Das Cover wirkt einladend. Der Blick schweift von einem Balkon über die hügelige Landschaft Apuliens, der Blick fängt sich am kräftigen Rosa des Oleanders der die Aussicht umrahmt. Doch so heiter und friedvoll ist die Geschichte leider nicht, die den Leser in diesem Buch erwartet. Bereits im Prolog wird deutlich, dass sich gewisse Dinge für die Protagonistin Clare, die sich auf der Heimreise von Italien nach England befindet, geändert haben und sie selbst an den Ereignissen der zurückliegenden Wochen gereift zu sein scheint.

Gioia del Colle ist eine Kleinstadt in Apulien. Der englische Architekt Boyd Kingsley, Ende 30, wurde von dem italienischen Grundbesitzer Leandro Cardetta, den er vor einigen Jahren in New York kennengelernt hat, damit beauftragt, Pläne für die Renovierung seines Landguts zu machen. Die 29jährige Clare wird gegen ihren Willen in den Sommerferien zu ihm zitiert, begleitet von ihrem 15jährigen Stiefsohn Pip. In der Stadt kommt es immer wieder zu Aufständen der einfachen Arbeiter gegen die Landbesitzer. Clare fühlt sich hier gar nicht wohl und Cardetta bietet ihr an, dass sie, Pip und seine Frau die nächsten Wochen auf seinem nahen Landgut verbringen können.

Parallel zu diesem Handlungsablauf lernt der Leser mit dem Arbeiter Ettore einen weiteren Protagonisten kennen. Ettore wohnt gemeinsam mit seinem kranken Vater und seiner Schwester, die ein kleines Kind hat, in Gioia del Colle in einer ärmlich eingerichteten Wohnung. Die Familie lebt hauptsächlich von seinen Einkünften als Tagelöhner. Seine Liebste ist vor ungefähr einem halben Jahr verstorben. Obwohl sein Onkel Leandro Cardetta der Arbeiterschicht entstammt, gehört er nun zur oberen Schicht und hat Ettore bereits mehrfach Arbeit angeboten, die dieser jedoch aus Stolz abgelehnt hat. Eines Tages wird Ettore schwer verletzt, ein Freund bringt ihn zum Landgut seines Onkels. Clare ist Ettore bereits in der Stadt begegnet, doch jetzt ist sie verwirrt ihn auf dem Gutshof zu sehen. Bei einem Blick in seine Augen verliebt sie sich in ihn. Doch werden ihre Gefühle überhaupt erwidert? Empfindet sie für ihren Ehemann keine Liebe mehr? Ein dunkler Schatten aus der Vergangenheit liegt seit Jahren auf ihrer Ehe. Im Laufe der Geschehnisse deckt Clare ein unfassbares Geheimnis auf.

Die Autorin hat für ihren historischen Roman die eher ungewöhnliche Zeitform des Präsens gewählt. Der Leser hat dadurch den Eindruck, die Ereignisse unmittelbar miterleben zu können. Im Stil eines allwissenden Erzählers befindet sich der Lesende nicht nur an der Seite der Handelnden, sondern erfährt auch deren Gefühle und hält mit ihnen Rückblick auf vergangene Erlebnisse.

Während Ettore immer in ärmlichen Verhältnissen gelebt hat, ist Clare als Einzelkind schon älterer Eltern wohlbehütet und umsorgt aufgewachsen. Mit 19 Jahren wurde sie die Frau von Boyd, der nach dem Tod seiner ersten Frau eine Mutter für seinen Sohn suchte und sich in sie verliebte. Clare glaubte damals, seine Liebe zu erwidern. Aber Boyd ist anscheinend nie über den Verlust seiner ersten Frau wirklich hinweg gekommen, was die Beziehung belastet. Den Wunsch nach einem eigenen Kind hat ihr Ehemann ihr bisher verweigert.

Der Leser ahnt bereits von Beginn an, dass es ein Geheimnis im Leben von Boyd gibt. Dieses Geheimnis hat mich weiterlesen lassen, weil es zumindest ein wenig Spannung in den Roman hineinbrachte. Katherine Webb hat für ihren Roman sehr gut recherchiert und die Arbeiteraufstände gegen die Landbesitzer realistisch in ihre Erzählung eingewoben. Allerdings nehmen die Kämpfe einen sehr breiten Raum in ihren Schilderungen ein.

Die spontane Liebe zwischen der biederen Mittelklassefrau Clare und dem trotzigen unbelehrbaren Ettore wirkte auf mich eher unglaubwürdig. Beide verschwenden keinen Gedanken an die möglichen Auswirkungen und handeln einzig triebgebunden, obwohl Clare mit jedem Tag die Mühen des Alltags der Landarbeiter beobachten kann und von den Kämpfen sogar angewidert ist. Clare konnte mir im Laufe der Geschichte nicht sympathisch werden. Einerseits gewinnt sie an Selbstvertrauen, gehorcht aber den Befehlen ihres Mannes und Cardettas ohne auf einer ausführlichen Erklärung für deren Handeln zu bestehen. Auch die Agitationsweise von Ettore konnte ich nicht immer nachvollziehen. Sein Stolz bringt seine Familienangehörigen, für die er verantwortlich ist, in Gefahr und seine Rachegefühle für diverse Geschehnisse in der Vergangenheit stehen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, an erster Stelle.

Leider konnte mich der Roman nicht begeistern. Für meinen Lesegeschmack war die zwar wirklichkeitsnahe Darstellung des Klassenkampfes zu langatmig und die Liebesgeschichte zwischen Clare und Ettore nicht überzeugend genug. Den Hintergrund des Geheimnisses das am Ende der Geschichte aufgedeckt wird fand ich jedoch überraschend. Daher gebe ich dem Buch 3 Sterne. Man kann das Buch lesen, muss es aber nicht.

Veröffentlicht am 09.12.2016

High Fantasy mit Steampunk-Elementen und höfischem Szenarium

Der Winterkaiser
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Maia ist erst 18 Jahre alt als er durch den Unfalltod seines Vaters, dem Elfenkaiser, und seiner Brüder zum Thronerben wird. Seine Mutter war die vierte Frau seines Vaters und aus der herrschenden Linie ...

Maia ist erst 18 Jahre alt als er durch den Unfalltod seines Vaters, dem Elfenkaiser, und seiner Brüder zum Thronerben wird. Seine Mutter war die vierte Frau seines Vaters und aus der herrschenden Linie der Kobolde. Die Ehe basierte nicht auf Liebe, sondern wurde aus politischen Gründen arrangiert. Maias Mutter verstarb früh. Lange Jahre lebte er im Exil und wurde von einem Cousin nach strengen Regeln erzogen. Schnell wird ihm klar, dass er so bald wie möglich, die Nachfolge antreten muss. Trotz seiner Flugängste besteigt er wenig später ein Luftschiff um sich so schnell wie möglich zum Regierungssitz seiner Familie bringen zu lassen.

So beginnt der Fantasyroman „Der Winterkaiser“ von Katherine Addison. In der nun folgenden Geschichte begleitet der Leser Maia bei seinen täglichen Verrichtungen. Als erstes beschließt er seine Krönung und unmittelbar darauf hat die Beerdigung seines Vaters stattzufinden. Obwohl er nicht dazu erzogen wurde, Regierungsgeschäfte zu beschließen, sagt sein Verstand ihm, dass er als zukünftiger Kaiser die Entscheidungen ab sofort zu treffen hat, was er auch direkt in die Tat umsetzt. Damit gibt er eine klare Ansage an den bisherigen Berater seines Vaters. Maia bewegt sich auf dünnem Eis, denn er hat weder das Wissen dazu, den Elfenstaat zu führen, noch kennt er vertrauensvolle Personen von denen er sich Rat holen kann.

Katherine Addison, einem Pseudonym der Autorin Sarah Monette, schafft für ihren Roman eine eigene Welt von der der Leser auf der Innenseite der Klappbroschur eine Übersichtskarte erhält. Ihre Elfen sind ein altehrwürdiges Volk, sehr höflich und haben der allgemeinen Vorstellung entsprechend spitze bewegliche Ohren. Gewöhnungsbedürftig fand ich in diesem Zusammenhang die Form „Wir“ die Maia zu benutzen hat wenn er von sich selber spricht. Es gibt Hofrituale und Gesetze die uneingeschränkt auf für den Kaiser gelten. Bei Zuwiderhandeln drohen ein schneller Tod oder Verbannung. Die Namen der Elfen folgen eigens von der Autorin erdachten Regeln die im Anhang des Buches kurz erläutert werden. Für mich war es jedoch stellenweise schwierig, die Namen ihren jeweiligen Trägern zuzuordnen und dadurch wurde der Lesefluss gelegentlich gehemmt, zumal am Hof des Kaisers und in seinem Umfeld eine stattliche Anzahl Figuren angesiedelt sind. Im Anhang gibt es daher ebenfalls ein hilfreiches Verzeichnis dazu.

Maia wirkte auf mich durchgehend unwissend und unerfahren. Ohne um seinen Vater, zu dem er nie engeren Kontakt hatte, zu trauern, ist er sofort bereit die Thronfolge anzutreten. Er ist froh darüber, seinem bisherigen Lehrer, der ihn streng erzogen hat, aufgrund seiner neuen Machtbefugnisse eine neue Rolle fern von ihm zuzuordnen mit der Folge, dass er nun niemand Vertrautes mehr an seiner Seite hat. Reglementierungen hätte er ohnehin aufgrund seiner neuen Stellung von seinem Cousin nicht zu befürchten gehabt. Jetzt steht er im Fokus ohne dass er beurteilen kann, wer für ihn oder gegen ihn ist. Sein Handeln orientiert er daher sogar an den Beobachtungen, die er am Dienstpersonal im Exil gemacht hat. Und natürlich unterwirft sich nicht jeder diesem unerfahrenen, unbekannten Kaiser. Keine Figur des Buches konnte mir sympathisch werden, dazu agierte jeder Charakter zu sehr zu seinem eigenen Nutzen.

In dieser Fantasy werden Kämpfe nicht mit Waffen ausgetragen, sondern mit Worten. Die Autorin beschreibt gerne die Art und Weise der sprachlichen Mitteilung, wodurch der Leser erst ein Bild über die weitere Bedeutung erhält. Freundschaft und Liebe sind den Elfen zur Erhaltung ihrer Stellung im gesellschaftlichen Leben nicht wichtig. Ehen werden aus politischen Gründen geschlossen. Intrigen und Ränkespiele sind an der Tagesordnung. Auch besteht eine ständige Gefahr, selbst für den Kaiser, Unwillen auf sich zu ziehen und es nicht allen recht machen zu können.

Mir persönlich war die Fantasy etwas zu ruhig, das Gebaren am Hof zu aufgesetzt. Wer klirrende Schlachten und Zaubereien mag ist bei diesem Buch leider nicht richtig. Wer eine High Fantasy mit Elementen aus dem Steampunk und ein höfisches Szenarium mit politischen Rangeleien mag ist hier willkommen.