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Veröffentlicht am 15.07.2019

Nicht so überzeugend, wie erhofft.

Geschichten der Jahreszeiten 1: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten
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MEINE MEINUNG:
Gleich nach dem Erscheinungstermin vor etwas weniger als 3 Jahren habe ich diese Geschichte schon einmal erfahren; allerdings gelesen. Damals war der Hype um das Buch ja riesig – mich persönlich ...

MEINE MEINUNG:
Gleich nach dem Erscheinungstermin vor etwas weniger als 3 Jahren habe ich diese Geschichte schon einmal erfahren; allerdings gelesen. Damals war der Hype um das Buch ja riesig – mich persönlich konnte es aber nicht so überzeugen, wie erhofft. Nun hatte ich wahnsinnige Lust, es nochmal zu lesen – aber weil ich es nicht mehr hier hatte; entschied ich mich spontan fürs Hörbuch. Ich war total neugierig, ob sich irgendwas an meiner Meinung geändert hat oder ob ich noch immer bei den 4 Sternen vom ersten Mal liege. Jetzt erzähle ich euch genau das, ganz ausführlich. Viel Spaß ?

Der Einstieg in die Geschichte ist bewusst einfach gehalten. Wir lernen unsere Hauptfigur kennen, ihre Lebensumstände und alles drum herum. Trotzdem ist diese Phase nicht unnötig in die Länge gezogen: es reicht komplett aus und sich ein Bild machen zu können und einen ersten, zarten Draht zu Maya aufzubauen. Schon nach wenigen Seiten beginnt die eigentliche Handlung und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Gaia, die Mutter aller Dinge kommt ins Spiel und entscheidet sich, wie sollte es auch anders sein, für Maya als Auserwählte. Die Idee an sich ist vielversprechend, wenn auch nicht bahnbrechend. Wie schon beim ersten Mal erhoffte ich mir nicht die innovativsten und spannendsten Plots, sondern einfach eine schöne, fantasylastige Unterhaltung – und genau das bekam ich letztlich auch. Die Idee, die vier Jahreszeiten als junge Männer darzustellen, gefiel mir sehr gut und war tatsächlich mal was Neues. Um mich richtig aus den Socken hauen zu können, fehlte es aber definitiv an Action und Spannung; überhaupt an Geschehnissen. Die gesamte Storyline ist recht vorhersehbar, wenig überraschend und stellenweise plätschert alles nur so vor sich hin. Trotzdem langweilte ich mich nur in den seltensten Fällen und konnte mich im wahrsten Sinne des Wortes treiben lassen. Eine Spannungskurve oder gar mitreißendes Tempo sucht man hier also vergeblich; nichts desto trotz gibt es ein paar wenige Momente, in denen ich mich durchaus gefesselt fühlte. Ich denke mir einfach, dass ich mir schon allein deshalb so schwer tat, weil mir die Protagonistin zu naiv war – dazu aber später mehr. Jedenfalls empfand ich das große Finale dieses ersten Bandes als durchaus gelungen und besänftigte mich in Hinsicht auf Maya doch genug, um die Handlung als rund bezeichnen zu können.

Jennifer Wolf hat einen sehr angenehmen, leicht zu lesenden Schreibstil, der verständlich und bildhaft ausfällt. Sie schafft es, mit bloßen Worten eine unheimlich authentisch, kraftvolle Atmosphäre zu erzeugen; die mich wirklich für sich gewann. Gerade die Gebiete der einzelnen Jahreszeiten haben mir enorm gut gefallen und haben mich komplett erreicht. So spürte ich manchmal ein richtiges Frösteln, wenn die Geschichte in den Winter wanderte; oder den Wind in den Haare zu fühlen glaubte, wenn der Herbst ins Spiel kam.
Dazu trug aber auch die Sprecherin, Friedel Morgenstern, ihren Teil dazu bei: ihre jugendliche, helle Stimmfarbe verleiht vor allen Dingen der Protagonistin nicht nur Authensität, sondern auch Lebendigkeit. Allgemein hat Frau Morgenstern auch ihre Betonungen gut platziert und ausgesprochen und konnte mich komplett von sich überzeugen. Sehr schöne Kombination und großes Kompliment an Stil, Sprache und Sprecherin.

Leider aber gabs für die Protagonistin wieder ein paar Pünktchen Abzug. Maya war zwar alles in allem sympathisch und liebenswert und definitiv keine Person, die ich nicht ausstehen – aber ihre grenzenlose Naivität und ihr Hang zur Zickigkeit waren phasenweise echt schwer zu ertragen und nervig. Mir war schon bewusst, dass sie diese Entscheidungen so treffen musste, um die Geschichte in die richtige Richtung laufen zu lassen; aber dieser Trotz war mir einfach zu viel. Sie handelte so unbedacht; nahm gar keine Rücksicht auf die Konsequenzen – hauptsache dagegen geschossen. Wenn es mal nicht nach ihren Kopf ging, wurde erst gebettelt. Nutzte das nichts, dann handelte sie völlig kopflos und reagierte mit Trotzigkeit und einem richtigen Sturkopf. Nichts desto trotz .. naja ich mochte sie einfach irgendwie; auch wenn ich nicht so genau betiteln kann, wieso. Wahrscheinlich wegen ihrer familiärer Ader und ihren großen Gefühlen Freunden gegenüber. Oder die unterschwellige Eifersucht, die in ihrem Inneren brodelt.
In der männlichen Hauptrolle sehe ich definitiv Nevis; auch wenn noch einige andere eine wichtige Rolle innehaben. Nevis jedenfalls gefiel mir enorm gut!! Seine düstere, distanzierte Art machte mich sofort neugierig und ließ ihn zu einem sehr interessanten Charakter werden. Mit ihm wurde es jedenfalls niemals langweilig und freute mich stets aufs Neue, wenn er seine Auftritte hatte. Aber auch er hatte seine Phasen – besonders seine Entwicklung ging mir zu rasch; zu aprupt und zu überstürzt. Das hätte man vielleicht alles ein kleines bisschen langsamer angehen können – meines Erachtens nach.
Alle anderen Figuren sind weitestgehend gut ausgearbeitet und klar voneinander zu unterscheiden. Es gab einige, die mich wirklich überzeugten – aber auch den ein oder anderen, der mich echt aufregte [wobei ich denke, dass genau das das Ziel derjenigen war].

FAZIT:
„Morgentau – Die Auserwählte der Jahreszeiten“ von Jennifer Wolf ist eine süße, unterhaltsame Geschichte mit ein paar deutlichen Schwächen. So gefiel mir beispielsweise die Protagonistin noch weniger als beim ersten Mal lesen – und auch die fehlende Spannung und die Vorhersehbarkeit störte mich etwas. Dafür fand ich Stil, Sprecherin und vor allen Dingen die damit einhergehende Atmosphäre wirklich großartig und definitiv besser, als ich sie in Erinnerungen hatte! Für mich oberer Durchschnitt; nicht mehr und nicht weniger. Ich fühlte mich jedenfalls gut unterhalten und kann mir durchaus vorstellen, die Reihe weiter zu verfolgen.

Veröffentlicht am 20.10.2021

Relativ klischeehaft und in der Mitte etwas langatmig

Perfectly Broken (Bedford-Reihe 1)
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Der Einstieg in die Geschichte ist wirklich nicht weiter schwierig, dafür thematisch gesehen sehr schwere Kost. Wir lernen unsere Protagonistin Brooklyn in ihrem alten Leben kennen, gemeinsam mit ihrer ...

Der Einstieg in die Geschichte ist wirklich nicht weiter schwierig, dafür thematisch gesehen sehr schwere Kost. Wir lernen unsere Protagonistin Brooklyn in ihrem alten Leben kennen, gemeinsam mit ihrer großen Liebe Thomas und dürfen die beiden inmitten ihres Glücks begleiten. Der große Knall kommt aber fix, denn die zwei werden auseinander gerissen; vom Schicksal höchstpersönlich. Thomas stirbt. Ein sehr berührender, und zutiefst bedrückender Start, der einem die Trauer, die in Brooklyn herrscht, wirklich nahe bringt und nachempfinden lässt. So schafft es Sarah Stankewitz, den Leser direkt an die Handlung zu binden und seine Gefühle zu beeinflussen.
Nach dem Zeitsprung geht es dann etwas weniger turbulent weiter, doch nicht weniger emotional. Wir erleben, wie schwer es ist, wieder Fuß zu fassen und nach so einer Trägodie weiterzumachen. Die Gefühle wurden sehr intensiv und authentisch transportiert Die Problematiken von Hinterbliebenen sehr realistisch geschildert und alles in allem einfach sehr berührend eingefangen und wiedergegeben. Doch kaum erscheint Chase auf der Bildfläche, lässt die Glaubwürdigkeit der Geschichte etwas nach – zumindest ist das mein Empfinden gewesen. Und nicht nur die Glaubwürdigkeit, sondern auch die innige Bindung zu Brooklyn geriet in Mitleidenschaft. Es gibt plötzlich sehr viel Drama, sehr viele Zufälle und der Spannungsbogen, er beinah nur von Emotionen lebte, flacht zunehmend ab. Mir fehlte leider das Knistern zwischen den Figuren. So konnte ich die fliegenden Funken leider nicht greifen und verlor so nach und nach das Interesse daran, zu erfahren, wie es mit ihnen weitergeht. Es gab zwar immer wieder kleinere Plots, die wirklich ganz niedlich waren, aber das reichte schlicht nicht aus. Trotz gewissen süßen Passagen, fesselte es mich längst nicht mehr so, wie es anfangs noch der Fall war und das ganze wurde zunehmend klischeehafter. Auch wenn Snow, der Hund von Brooklyn immer wieder für kurze Schmunzler sorgen konnte und das Geschehen auflockerte, wollte mich die Geschichte nicht mehr in ihren Bann ziehen. Eben weil die Gefühle für mich fehlten. Obwohl die oben genannte Trauer natürlich nicht von jetzt auf gleich verflog, rückte sie doch in den Hintergrund und verblasste neben der Sache mit Chase und Brooklyn total. Der große Twist folgt dann ebenso vorhersehbar, sodass die Überraschung komplett ausbleibt. Lediglich der Part, wie das Ganze auffliegt, war ganz interessant ausgearbeitet und hat mich durchaus fesseln können. Auch das was darauf folgt, ist, im Vergleich zum Rest packender. Denn auch wenn die Handlung nichts Neues ist, ist sie doch schön in Worte gefasst und deutlich emotionaler abgewickelt. Durch schöne Einfälle der Autorin hebt sich das letzte Drittel definitiv vom mittleren Teil ab und kann einiges an Kritik auffangen, wenn auch nicht alles davon. Gen Ende hin musste ich sogar das ein oder andere Tränchen verdrücken, schlicht weil es so schön war. Mir fällt einfach kein anderes Wort ein, um es zu erklären. Es war schön, und herzerwärmend und einfach berührend. Weil plötzlich auch die Trauer wieder in den Vordergrund rückte und wieder mehr Raum einnahm. Und die ein oder andere Überraschung tat sich ebenfalls noch auf. Nichts weltbewegendes, aber ehrlich gelungen und eine willkommene Abwechslung. Ein stimmiges Ende war es also allemal; so wurden alle Fragen zufriedenstellend beantwortet und obwohl nach dem Twist alles recht schnell ging, hatte ich nicht das Gefühl, dass irgendwas überstürzt wurde. Ich bin jedenfalls sehr glücklich mit dem Schluss und kann nun doch positiv auf „Perfectly Broken“ zurückschauen.

Die Charaktere haben, genau so wie die Handlung, ihre Höhen und Tiefen. Beide haben ihre Glanzmomente, aber auch ihre Schattenseiten. So war es zum Beispiel Brooklyn, die mich immer wieder an den Rande der Verzweiflung trieb. Einerseits fand ich sie unheimlich stark, absolut bemitleidenswert nach ihrem Verlust und sehr authentisch und glaubhaft. Sie offenbarte ihre Emotionen so packend und so herzzerreißend, so ehrlich und so voller Schmerz, dass man gar nicht anders konnte, als sie in die Arme schließen und fest drücken zu wollen. Doch neben all der Sympathie, die ich für sie empfand, war da auch etwas an ihr, was mich einiges an Nerven kostete. Ihre flatterhaften Sprünge zwischen todunglücklich und am Boden zerstört; und bis über beide Ohren verliebt, kamen so prompt und oft, dass es einem selbst enorm schwer fiel, sie so richtig nachzuempfinden. Meine eigene Gefühlswelt konnte sich gar nicht so schnell anpassen, wie sie ihre Emotionen wechselte und irgendwann knickte ich schließlich ein und konzentrierte mich auf eine Seite an ihr. Ansonsten will ich aber ehrlich kein schlechtes Wort über sie verlieren, weil ich mich einfach nicht 100% in sie hineindenken konnte – weil mir da die Erfahrung fehlt (zum Glück!). So bin ich rückblickend doch ganz glücklich mit der Besetzung, eben weil Brook ihr Herz am rechten Fleck trug und so mutig war, sich einem Leben ohne ihre große Liebe zu stellen. Keine Selbstverständlichkeit. Und Sarah Stankewitz hat mit Brooklyn eine wirklich realistische Persönlichkeit geschaffen, die glaubhaft denkt und handelt und doch ihre Schwächen hat und an ihnen arbeitet. Die Entwicklung von ihr kann sich nämlich definitiv sehen lassen.
Chase hingegen gefiel mir auf ganzer Linie. Zwar hat es eine geraume Weile gedauert, bis ich eine Bindung zu ihm hergestellt hatte, doch als dies dann geschehen war, klappte es zwischen uns enorm gut. Ich fand ihn von vorn herein sympathisch und attraktiv, sehr lebendig und realistisch und in seinem Tun und Denken größtenteils nachvollziehbar. Er hatte mehrere verschieden Facetten an sich und sie alle harmonierten mieinander und standen in keinem Widerspruch. So konnte er einfühlsam und ruhig sein, aber auch laut und charakterstark. Er stand für sich und seine Lieben ein und zeigte eine Loyalität, die man bewundern muss. Manchmal bewies er jedoch falsches Pflichtgefühl und tat sich gewisse Dinge an, die er so niemals tun müsste. Dinge, die er nicht verdient hat. Wer das Buch gelesen hat, wird sicher wissen, wovon ich spreche – wer nicht, der muss das Buch wohl noch lesen 😉 Kurz um: Chase war ein durch und durch positiver Kerl, sehr empathisch und liebenswert und eine große Bereicherung für die Geschichte – und für Brooklyn. Sein Kampfgeist und sein großes Herz machen ihn zum perfekten Good Guy und auch wenn sich dahinter noch mehr verbirgt, überwiegt seine liebe Seite.
Und obwohl ich beide Figuren mochte und obwohl mir die beiden doch ans Herz gewachsen sind, wollte die Dynamik nicht so recht in Fahrt kommen. Die Dialoge waren zum Teil wirklich schön, aber es funkte nicht – es berührte mich nicht und ich konnte die Emotionen nicht spüren – diese Verliebtheit, von denen jedes NA-Buch lebt und die so essentiell ist. Ich spürte die Innigkeit zwischen Brooklyn und ihrer besten Freundin, ich spürte sie zwischen Chase und seinem besten Freund, ich spürte sie zwischen Brooklyn und deren Mutter; aber nicht zwischen den beiden Hauptfiguren. Sehr schade. Dafür habe ich jetzt bereits angeteasert, dass mir die Nebenfiguren alle wirklich gut gefallen haben. Sie alle waren auf ihre Art und Weise authentisch und im Gesamten sehr abwechslungsreich und vielschichtig. Sogar die ein oder andere Entwicklung konnte ich bei ihnen feststellen und kann deshalb nur von ihnen schwärmen.

Der Schreibstil von Sarah Stankewitz überzeugt durch eine sehr dichte Atmosphäre und sehr bildhafte Szenen. Ich fühlte mich innerhalb der Geschichte sehr wohl, fand mich problemlos zurecht und sah mich vor meinen inneren Augen oft neben Chase oder Brooklyn sitzen. Die Erzählform ist leicht und locker, trotz der teils schweren Themen, die behandelt werden. Die Emotionen, sofern sie da waren, erreichten mich und wurden intensiv und realistisch transportiert. Auch die Aufteilung des Buches in Form der zwei unterschiedlichen Perspektiven, tut der Geschichte und den beiden Hauptfiguren sehr gut weil sie für mehr Tiefgang und Greifbarkeit sorgen. Vieles wurde durch die Augen des anderen verständlicher und die Handlung oft noch lebendiger. In Sachen Erzählstil und Wortwahl gibt es schlicht nichts zu kritisieren, außer die fehlende Spannung zwischen Brook und Chase. Da hätte ich mir einfach noch ein wenig mehr gewünscht.

FAZIT:
Schlussendlich kann ich sagen, dass es wohl nicht mein größter Fehler war, das Print-Buch auszusortieren. „Perfectly Broken“ von Sarah Stankewitz war nichts Außergewöhnliches, sondern einfach bekanntes New Adult mit wenig Unvorhersehbarkeiten. Besonders während des mittleren Teils des Buches fehlte es an mitreißenden Geschehnissen und einnehmenden Emotionen. Dafür gab es davon während des Einstiegs und während des letzten Drittels wieder etwas mehr. Alles in allem konnte mich das Buch gut unterhalten, mal mehr, mal weniger, aber alles in allem keine schlechte Geschichte, sondern einfach schon ein wenig abgedroschen. Ich hab mich letztlich für einen gesunden Mittelweg entschieden und wer noch nicht allzu viel New Adult gelesen hat, hat sicher Freude daran.

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Veröffentlicht am 20.10.2021

Schöne Geschichte für Zwischendurch

Burning Bridges
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Der Einstieg in die Geschichte fiel nicht weiter schwer. Wir treffen auf die junge Studentin Ella, deren Leben in geregelten Bahnen verläuft, jedoch bald, durch die Trennung von ihrem jahrelangen Freund, ...

Der Einstieg in die Geschichte fiel nicht weiter schwer. Wir treffen auf die junge Studentin Ella, deren Leben in geregelten Bahnen verläuft, jedoch bald, durch die Trennung von ihrem jahrelangen Freund, aus den Angeln gehoben wurde. Ich muss sagen, Ella und ich wurden leider keine besten Freunde. Wir verstanden uns gut, aber sie handelte mir doch zu oft zu unbedacht und kopflos und verspielte sich so einiges an Glaubwürdigkeit. Sie vertraute in meinen Augen viel zu schnell und machte sich zu wenig Gedanken über die Folgen ihres Handelns. Besonders am Anfang und zum Ende hin kam das extrem durch und ließ mich manchmal fast ein wenig genervt zurück. Das heißt jetzt nicht, dass ich Ella durchweg furchtbar fand, im Gegenteil. Sie war eigentlich eine wirklich sympathische Persönlichkeit mit Witz und Charme und den richtigen Werten. Ich konnte auch, trotz aller Unstimmigkeiten, ganz gut mit ihr mitfühlen und war fast durchgehend gut unterhalten mit ihr an meiner Seite. Ein bisschen weniger Naivität und ich bin mir sicher, wir hätten uns angefreundet – so sehe ich uns, jetzt rückblickend, eher als Bekannte, die sich gut verstanden; mehr aber leider nicht. Mir fehlte auch eine gewisse Entwicklung ihrer Persönlichkeit, etwas mehr Tiefgang und die ganze Sache hätte vielleicht auch schon wieder anders ausgesehen. Außerdem – im Klappentext steht, sie wäre gebrochen. Das habe ich während all den 14 Stunden Hörbuch nicht so wahrgenommen.
Ches hatte es dabei kaum leichter bei mir. Er war zwar ein sehr attraktiver Protagonist, wies mir persönlich aber zu viele Klischees auf. Im Grunde bediente er so ziemlich jedes Klischee, das mir so spontan einfällt zu BadBoys. Er war geheimnisvoll, unfassbar muskulös, düster und verbarg ganz viel Dunkles. Im Laufe der Geschichte werden seine Hintergründe dann näher erklärt und es macht vieles, was er denkt und tut logischer, aber das täuschte nicht über die bereits bekannten Wesenszüge hinweg. Wie schon bei Ella, war er mir auch keineswegs unsympathisch – ich fand ihn zum Teil sogar richtig interessant und mysteriös, aber eben auch alles andere als erfrischend. Ein wenig mehr Besonderheit hätte ihm und seiner Person sicherlich gut getan. Lassen wir das aber außen vor, so trug auch Ches sein Herz am rechten Fleck und war, Überraschung! – kein schlechter Mensch. Ihr merkt, so richtig überzeugt bin ich weder von der weiblichen, noch von der männlichen Hauptfigur – aber eben auch nicht wirklich enttäuscht. Es hält sich die Waage, würde ich sagen.
Bei den Nebenrollen verhielt es sich etwas anders. Die Clique, in der Ella sich bewegt, ist absolut authentisch, sehr humorvoll und authentisch. Ich musste immer wieder herzhaft lachen und auch dieses „old school“-Ding, was sie da in Form ihrer Brettspielabende am Laufen haben, hat mir super gut gefallen. Das war dann endlich mal was richtig außergewöhnliches. Aber sie alle, sowohl die Männer als auch die Frauen, stachen zu wenig aus der Masse an Persönlichkeiten heraus. Das muss absolut nichts schlechtes sein – was es hier auch nicht ist; aber es fällt halt auf wenn man mal einen Blick auf die Gesamtheit wirft. Trotzdem mochte ich Summer & Co total und kann sagen, dass sie rückblickend besser gefielen als Ches und Ella.

Der Schreibstil von Tami Fischer ist sehr locker, sehr leicht und 100% verständlich. Man kommt unheimlich schnell voran und hat überhaupt keine Probleme, sich in die Geschichte hinein zu versetzen und sich davon gefangen nehmen zu lassen. Die Atmosphäre ist einnehmend und dicht, aber auch abwechslungsreich und vielfältig. Die Autorin hat es geschafft, sowohl die humorvollen wie auch die actionreichen und spannenden Szenen gleichermaßen authentisch und stimmungsvoll rüber zu bringen. Ich hatte stets ein sehr klares Bild von den Szenen und den beteiligten Figuren vor Augen und fühlte mich stellenweise ein wenig an das Falir von der Green Valley Love Reihe erinnert – es gibt auch hier definitiv einen Wohlfühlfaktor, obwohl hier eine deutlich düstere Thematik bedient wird und das Ganze lang nicht so idyllisch ist.
Die beiden Sprecher Lisa Müller und Matthias Hinz ergänzen den ohnehin sehr angenehmen Stil noch zusätzlich, indem sie sehr klar und deutlich, aber auch spannend erzählen. Ich hatte zu Beginn ein paar Minuten lang Probleme, der weiblichen Stimme zuzuhören weil sie doch sehr deutlich spricht und ich mich anfangs ein wenig an eine Lehrerin erinnert fühlte, die einem Grundschüler alles extra langsam und verständlich erklärt. Aber schon nach wenigen Sätzen hatte ich mich dran gewöhnt und konnte ihr genau so gut folgen wie der männlichen Stimme, welche wiederum von Anfang an wunderbar passend für Ches war und ihm eine eigene Note einhauchte. Hier gibt’s absolut nichts zu meckern – sowohl Autorin als auch Sprecher haben einen fantastischen Job gemacht und werden von mir sicher noch weitere Male gelesen/gehört.

Die Idee, die hinter „Burning Bridges“ steckte, überzeugt. Die Idee, eine von Trennungsschmerz geplagte Studentin auf einen mysteriösen, scheinbar gefährlichen Typen treffen zu lassen, ist zwar keine Neuerfindung des Genres, aber verspricht doch einiges an Spannung. Ich war also umso neugieriger, wie das Grundgerüst aufgebaut und die Idee umgesetzt wurde. Ich hab mir fast ein bisschen was in die Dark Romance Richtung vorgestellt, aber diese Hoffnung wurde nicht erfüllt.
Der Einstieg fiel zwar leicht, war aber nicht unbedingt vollgestopft mit Spannung. Die Geschichte hat einige Zeit Anlauf gebraucht, bis sie in Schwung kam und selbst danach war es keineswegs so, dass ich es nicht mehr weglegen konnte. Das Ganze war angenehm, war okay. Es gab immer wieder Momente, in denen man dachte „jetzt! jetzt gehts los“ aber es flachte dann doch wieder ab und ging fast plätschernd weiter. Die großes Wendepunkte des Buches hätten detaillierter und ausführlicher ausgearbeitet und dargestellt werden sollen, um voran zu kommen. Einige sehr seltsame Zufälle trugen auch nicht dazu bei, dass sich Besserung einstellte. Es gab doch die Ansätze! Es gab doch einige Möglichkeiten, die Spannungskurve nach oben zu treiben. Aber die wurden nicht genutzt. Zur Mitte hin ging es dann mal kurzzeitig bergauf mit der Spannung als endlich Ches großes Geheimnis gelüftet wurde (relativ unspektakulär, meiner Meinung nach) aber schon nach wenigen Seiten rutschte die Handlung wieder in den bereits mehr als bekannten NA-Bereich ab. Es gab kaum Überraschungen, kaum packende Momente. Die Emotionen wollten mich auch nicht wirklich erreichen, sondern blieben dauerhaft auf Abstand. Es fehlte an Knistern und Kribbeln, an wahrhaftigen Gefühlen, um packen zu können. Ich glaube, es als „plätschernd“ zu beschreiben passt schon extrem gut. Es floss halt so vor sich hin, wies einige kleinere Hürden auf, die sich dann als spannende Passagen zeigten, aber die waren schnell umschifft.
Der Aufbau, in Form des ruhigen Starts, nimmt dem Buch schon viel an Geschwindigkeit. Dabei passierte ja doch einiges zu Beginn, es war einfach nur noch nicht allzu interessant. Und zum Teil auch unrealistisch. Der mittlere Part, der dann ein wenig mehr Tempo aufwies, verblasste dann irgendwie. Es hätte mehr Wow-Effekt gebraucht um den langsamen Einstieg vergessen zu machen. Und, was ich fast am wichtigsten finde: das Ende hätte so viel mehr Glaubwürdigkeit vertragen. Was war das für eine kopflose Aktion von Ella? Der Plan, den sie da verfolgte, erschloss sich mir leider gar nicht und empfand ich einfach nur als dämlich. Natürlich war das Finale irgendwie spektakulär, aber weil sich die Protagonistin selbst in diese Situation manövrierte, hielt sich das Mitleid in Grenzen und ich konnte viel zu wenig mitfiebern und mitleiden.
Kurz um: ich hatte mir von der Idee einfach mehr versprochen. Mehr von allem. Es hätte das Potential gehabt, aber die Umsetzung war nur durchschnittlich. Kein schlechtes Buch – nein! Aber auch sehr weit weg vom Highlight; als was es ja viele zuvor bezeichnet hatten. Da wäre mehr drin gewesen. Und es wäre mehr nötig gewesen, um auch nur annährend an die 5 Sterne heran zu kommen.

FAZIT:
„Burning Bridges“ von Tami Fischer ist ein Roman, der unheimlich viel Potential gehabt hätte. Die endlosen Möglichkeiten, die hier gegeben waren, wurden für mein Empfinden fast komplett ignoriert. So hatte man dann lediglich eine, vor sich hin plätschernde Story, die nicht mal auf emotionaler Ebene wirklich begeistern kann. Dieses Debüt war dabei keineswegs schlecht, aber die Erwartungen lagen einfach höher und die Sache mit der recht naiven Protagonistin machte es nicht besser. Ich fühlte mich alles in allem ganz gut unterhalten, aber wir sind meilenweit vom Highlight entfernt. Dafür hätte es mehr von Gefühlen, von Spannung, von Action, von Undurchsichtigkeit gebraucht. So sah man einfach alles schon kommen und das eher mäßig spektakuläre Ende ließ die Bewertung nochmal eine Stufe nach unten rutschen. Schade. Ich werde Band 2 noch eine Chance geben, aber wird das wieder nichts, darf die Trilogie ausziehen.

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Veröffentlicht am 19.11.2020

Ein furchtbarer Protagonist macht den Lesespaß zunichte.

Vicious Love
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L. J. Shen’s Schreibstil liest bzw. hört sich wunderbar leicht und flüssig. Obwohl ihre Art des Erzählens recht derb und wenig zimperlich ausfällt, gab es keinerlei Stolpersteine oder gar Verständnisprobleme. ...

L. J. Shen’s Schreibstil liest bzw. hört sich wunderbar leicht und flüssig. Obwohl ihre Art des Erzählens recht derb und wenig zimperlich ausfällt, gab es keinerlei Stolpersteine oder gar Verständnisprobleme. Ich kam sehr schnell voran und konnte mir die einzelnen Szenen bildhaft vor Augen führen. Allgemein schien dieser etwas gröbere Stil einfach auch perfekt zur Handlung und vor allem zu den Charakteren zu passen. Die Autorin versteht sich darauf, Emotionen zu übertragen, lebendige Dialoge zu gestalten und den Leser mit der vorherrschenden Atmosphäre in ihren Bann zu ziehen.
Auch die Gliederung, in Form der zwei unterschiedlichen Perspektiven sprach für diesen Roman. Wir können uns so ein deutlich klareres Bild der Figuren machen und verstehen so manch Handlung durch geschickt platzierte Gedankengänge umso besser.
Die beiden Sprecher, Karen Kasche und Christian Scheibhorn, sind ebenfalls sehr glücklich gewählt und passen gut zu den zwei Hauptfiguren. Ich muss zugeben, dass ich oft eher der Fan von weiblichen Sprechern bin, doch hier hielten sich die beiden die Waage – sowohl ihre, wie auch seine Stimmfarbe überzeugten mich und hauchten Emilia und Vicious zusätzliches Leben ein. Besser hätte man es meiner Meinung nach nicht machen können.

Die Charaktere an sich hingegen hatten es etwas schwerer. Vicious ist ein Arschloch durch und durch und derart arrogant und überheblich, dass es einem als Leser schon beinah weh tut. Seine ganze Art und Weise, sein Verhalten, sein Auftreten und seine Aussagen stießen bei mir auf nichts als Unverständnis. Obwohl sich im Laufe des Buches definitiv eine Besserung einstellte, möchte ich kaum behaupten, dieser Mann hätte eine Entwicklung durchgemacht. Allein schon im Vergleich von „damals“ und „nach dem Zeitsprung“ gab es keinen spürbaren Reifeprozess, was ich unheimlich schade fand, denn genau da lag Vicious‘ Potential. Er hätte, aufgrund seines attraktiven Äußeres ein wirklich interessanter, vielschichtiger und geheimnisvoller Charakter sein können mit einiges an Tiefe – so war er einfach nur ein reicher Vollpfosten mit einer recht dramatischen Vergangenheit, die jedoch nicht alles auffängt, was er verbockt.
Emilia hatte ebenfalls einiges an Potential im Gepäck und im Großen und Ganzen gefiel sie mir soweit auch sehr gut – sie konnte durch Sympathie, Liebenswürdigkeit und Authensität glänzen und ihre bedingungslose Liebe und Aufopferung ihrer Schwester gegenüber spielte ihr ebenfalls ein paar Pluspunkte ein – doch es fällt schwer, sie allgemein nachzuvollziehen bzw. sich mit ihr zu identifizieren. Sie ließ sich in meinen Augen viel zu schlecht behandeln und sich zu viel gefallen. Ihre Gefühle bildeten oft nur unzählige Fragen in meinem Kopf und obwohl sich in Hinsicht auf Vicious etwas Besserung bemerkbar machte, war es doch schwer, mit Emilia mitzufühlen. Trotzdem – und das möchte ich nochmal betonen: sie war keine schlechte Protagonistin, sondern schlicht in Bezug auf ihre Gefühlswelt etwas weniger nachvollziehbar, als man es ich generell wünschen würde.
Randfiguren gab es verhältnismäßig wenig. Da waren vor dem Zeitsprung deutlich mehr beteiligte Persönlichkeiten, als danach. Und sie alle alle ausreichend detailliert und ausschweigend dargestellt. Da sie ohnehin keine allzu tragende Rolle spielten, war besonders viel Tiefgang gar nicht nötig und deshalb wurde er von mir auch nicht vermisst.

Die Idee mit dem Auftakt der Sinners of Saint Reihe ist eindeutig keine Neuerfindung des Rads. Das Grundgerüst ist bekannt und meist sind es solche Geschichten dann, die von den Emotionen leben sollten. Da die aber nur schwerlich nachzuempfinden waren, ging die Handlung irgendwie mit ihnen unter. Trotzdem gab es über all die 11 Stunden zu keinem Moment so etwas wie Langeweile. L.J. Shen hat irgendwas eingebaut, was fesselt – und es lässt sich schlicht nicht benennen. Das Buch war interessant, plotreich und rasant erzählt, die Spannung deutlich spürbar und alles in allem gut durchdacht. Klar, typisch für das Genre stoßen wir hier auf sehr viel Drama, sehr viel Tragödien und so manche Übertreibung – aber das alles war wunderbar verpackt und unterhaltsam zu lesen.
Es fällt enorm schwer, ein richtiges Urteil über die Handlung zu bilden, wenn man so hin und her gerissen ist. Eigentlich war es nichts besonderes; aber das Bekannte wurde so niedergeschrieben, dass es einen doch auf gewisse Weise mitreißen konnte. Ich bin mir 100% sicher, wenn die Emotionen und vor allem die Verbindung zum Hauptcharakter gestimmt hätte, hätte das Buch ein Highlight werden können – so war es einfach nur nette Unterhaltung, die von Passage zu Passage mal mehr und mal weniger nervig war.
Auch das Ende konnte dann nichts mehr herausreißen, weil es doch sehr klischeehaft, vorhersehbar und abgedroschen wirkte. Schön verpackt, aber eben nichts, was einen großartig überraschen oder begeistern könnte. Da hätte ich mir vielleicht noch ein wenig mehr Einfallsreichtum gewünscht und mehr Wow-Effekt, um am Ende nochmal was „rausreißen“ zu können.

FAZIT:
„Vicious Love“ von L.J. Shen ist ein stetiges Auf und Ab der Gefühle – aber nicht der Geschichte gegenüber, sondern dem Buch ganz allgemein. Einerseits ist der Schreibstil wirklich gut gewählt, einfach und flüssig zu lesen und passend für diesen Roman. Andererseits ist der Protagonist ein solches Ekelpaket, dass man schon nach dem ersten Kennenlernen am liebsten einfach abbrechen würde. Einerseits sind die Sprecher ein Segen für das Hörbuch, weil sie einen wirklich tollen Job machen; andererseits ist die Grundidee des Buches einfach schon zu „bekannt“ um noch richtig überraschen zu können. Aber gleichzeitig fesselt sie auch auf ihre Art und Weise. Eine echt schwere Entscheidung – aber wenigstens ist mir schon jetzt klar, dass ich Band 2 eine Chance geben möchte. Ich vergebe, aufgrund meinen Schwankungen ganz einfach die goldene Mitte. Es war nett, aber zum Teil auch echt anstrengend und nervig.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Sehr komplexe Handlung und eher schwaches Worldbuilding

Nightrunner
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Schon während des Einstiegs werden dem Leser zwei Dinge klar: 1) dieses Geschichte hat Pfeffer. Sie wird sehr rasant erzählt und ist voller Plots und Twists. 2) Die Handlung ist deutlich komplexer, als ...

Schon während des Einstiegs werden dem Leser zwei Dinge klar: 1) dieses Geschichte hat Pfeffer. Sie wird sehr rasant erzählt und ist voller Plots und Twists. 2) Die Handlung ist deutlich komplexer, als es der Klappentext vermuten lässt. In gewisser Weise beißt sich das ganz schön, denn obwohl sich der Schreibstil wunderbar leicht und flüssig lesen lässt, kommt man einfach nicht voran. Es bedarf einer Menge Konzentration, um dem Geschehen folgen zu können. Lukas Hainer hat mit „Nightrunner – vergiss, wer du warst“ einen Urban Fantasy Roman erschaffen, der wahnsinnig viel beinhaltet. So viel, dass es an manchen Stellen etwas überladen wirkt. Zu Beginn kommt man noch ganz gut mit. Der Sprung in die Geschichte ist sehr interessant und spannend und man lernt die beiden Protagonisten nach und nach kennen. Auch Erklärungen gibt es so einige, die ganz nebensächlich eingebunden wurden. Doch bald schon nimmt der Input Überhand. Es kommen unzählige, verschiedene Gruppierungen ins Spiel, die sich alle irgendwie bekriegen. Von Husaren über Amerikaner bishin zu Engeln trifft man hier alles und dabei den Überblick zu behalten, fiel mir persönlich manchmal sehr schwer. Und die Frage, die man sich als Leser permanent stellt: worauf soll das alles hinauslaufen? Lange Zeit herrschte deshalb nichts als Leere in meinem Kopf, weil mir einfach nicht einleuchten wollte, worauf ich mich gefasst machen muss. Obwohl so vieles geschieht und es zu keiner Sekunde langweilig wird, wurden nur wenige Fragen beantwortet – stattdessen kamen immer wieder neue dazu und dieser Schlüsselpunkt, an dem sich die Puzzleteile endlich zusammensetzen sollten, rückte in immer weitere Entfernung. Oftgab es kleinere Plots, die nicht nur mein Vorstellungsvermögen, sondern auch keinen Horizont überstiegen. Ich verstand einfach nicht, was das zur allgemeinen Auflösung beitragen sollte. Und so entstand neben der actiongeladenen, mitreißenden Storyline ein gewisses Chaos in meinem Kopf. Ich fieberte mit, keine Frage. Die Leben, die Evelyn und Leonow jeweils führten, war vollgepackt mit allerlei interessanten, vielschichtigen Elementen. Als sich die Wege der beiden dann auch noch kreuzen, wurde es zunehmend packender. Sicher, man will wissen, worauf alles abzielt – man will verstehen, was gewisse Plots sollten und wie am Ende dann alle Fäden zusammenlaufen. Doch dadurch, dass man derart aufmerksam sein musste und deshalb nur schleppend voran kam, trübte den Lesespaß an einigen Stellen doch sehr.
Die lang ersehnte Auflösung war dann nicht minder spannend. Im Gegenteil, der Nebel lichtete sich und vieles machte plötzlich Sinn. Die Action nahm von Seite zu Seite mehr zu und auch in Sachen Kampf gab es einiges zu erleben. Denn da wiederum hat es Lukas Hainer wirklich meisterhaft geschafft, zu überzeugen. Die Kampfszenen sind fulminant, gewaltätig, mutig und authentisch. Man spürte während des Lesens den Hass, der untereinander herrschte und in manch einer Situation meinte man, das Erzittern des Erdbodens unter den eigenen Füßen zu spüren. Nichts desto trotz blieb nach dem Beenden des Buches eine gewisse Enttäuschung zurück. Für mich persönlich waren nicht alle Fragen beantwortet und so manch ein Zusammenhang erschloss sich mir bis zuletzt nicht. Übrigens: am Ende werden einem nochmal zwei Fakten klar: 1) der Titel passt irgendwie nicht so recht zum Buch und 2) da könnte, rein theoretisch doch noch eine Fortsetzung kommen?

Dies könnte jedoch auch dem Schreibstil geschuldet sein – zumindest im weitesten Sinne. Denn obwohl sich der Stil sehr gut und verständlich lesen ließ, mangelte es leider an Greifbarkeit. Das Worldbuilding ist nicht 100% ausgereift, ebenso wie es die Charaktere nicht sind. Es fehlte an den nötigen Beschreibungen, um die Vorstellungskraft des Lesers zu erreichen und so entstand schon recht früh das Gefühl von Nebel im Kopf, der sich einfach nicht lichten wollte. Dabei ist die Art, wie Lukas Hainer erzählt, keineswegs schlecht. Er hat ein immenses Tempo vorgelegt und trotzdem gerät man als Leser, rein auf den Lesefluss bezogen, nicht ins Straucheln. Ich bin mir sicher, wäre das Setting sowie die Charaktere und auch die Handlung ganz allgemein weniger „verwaschen“ und „chaotisch“ dargestellt gewesen, wäre alles weniger kompliziert und somit leichter zu verfolgen gewesen.
Ein weiterer Faktor, der diese Komplexität schürte, war die Gliederung. An und für sich sind mehrere Perspektiven immer positiv. Auch hier gewährten sie einige tiefere Einblicke in die Begebenheiten und Beweggründe der Charaktere. Trotzdem stiften die unterschiedlichen Figuren auch Verwirrung und jedes Mal wenn man meinte, endlich alles durchschaut zu haben, wechselte der Protagonist wieder und das Spiel begann von vorn.

Die Charaktere bestachen in den ersten Momenten noch durch Einzigartigkeit. Beide unterscheiden sich doch deutlich voneinander und auch von der Masse an Figuren, die man als Leser im Laufe der Zeit kennenlernt. Evelyn, das Mädchen, das vom Fliegen träumt und Leonow, der inmitten eines Waldes in eine Jagd gerät und seine große Schwester, und somit alles, was ihm von seiner Familie noch geblieben ist, zurücklassen muss. Eine gute Basis, aus der man als Autor hätte einiges herausholen können; doch leider wurde dies nicht zur Gänze geschafft. Sowohl Evelyn als auch Leonow wirkten sehr oberflächlich, konnten kaum Tiefgang aufweisen und es fällt einem grundlegend schwer, sich die beiden vor Augen zu führen. Die Problematik, dass hier zu viele verschiedene Gruppierungen auftreten, wirkt sich also auch auf die Protagonisten aus. Wo gehören sie hin? Gegen wen haben sie sich gewendet? Wer ist Freund, wer Feind? Was sind sie überhaupt? Mensch? Maschine? Engel? Man weiß es nicht und das Geheimnis um die zwei Jugendlichen blieb zu lange verschlossen.
Leonow hatte dabei noch einen etwas besseren Stand, als Evelyn. Er wirkte irgendwie noch sympathisch, irgendwie lebensecht und menschlich; während Evelyn von Anfang an gefühlt nur Fragen aufwirft. Dazu kommt, dass Leonow noch eine gewisse Entwicklung an den Tag legte. Seine Entscheidungen und Gedankengänge waren nachvollziehbarer, wenn auch nicht immer einleuchtend. Evelyn war für mich ein verschlossenes Buch – und wenn man einmal genau darüber nachdenkt, nimmt sie nicht einmal einen Bruchteil der Hauptrolle ein, die Leonow besetzt. Er führt uns durch das zerstörte Wien, durch die Geschichte und Evelyn ist eher der Klotz am Bein.
Dazu kommt, dass im Laufe der Zeit auch noch andere Protagonisten ans Licht kommen. So spielen also auch noch andere Figuren eine tragende Rolle spielen; denn auch sie haben ihre eigenen Kapitel erhalten. Das alles spielte den beiden eigentlichen Protagonisten nicht gerade in die Karten; im Gegenteil – sie stehlen ihnen schlicht die Show. Ich kann, trotz aller Kritik, aber nicht behaupten, dass ich, besonders mit Leonow nicht mitgefühlt und mitgelitten habe; es fehlte einfach nur der richtige Zugang zu ihm, um sich bedingungslos auf ihn einlassen zu können. Evelyn bleibt da leider außen vor: sie erreichte mich nicht und begeisterte erst recht nicht. Auch die anderen Figuren wie Lyskom, Kurt und Maria wollten so gar keine Gefühle in mir wecken. Schade. So hatte ich mir das Ganze nicht vorgestellt.

FAZIT:
„Nightrunner – vergiss, wer du warst“ von Lukas Hainer ist ein durchaus spannender Fantasy-Roman. Das Grundgerüst der Geschichte ist enorm einfallsreich, interessant und voller Potenzial. Leider ist die Handlung zu komplex geworden, um so richtig verständlich zu sein. Das Worldbuilding leidet extrem unter den fehlenden Infos und auch die Charaktere weisen einige, eher negative Eigenschaften auf und sind allgemein zu blass geblieben, um sie ins Herz schließen zu können. Dafür ist die Geschichte voller Action, Rasanz, düsterer Stimmung und Kampf und der Schreibstil lesefluss-technisch sehr gelungen. Denn obwohl das Verständnis der Handlung gegenüber fehlte, sprach die Art, wie der Autor erzählt, doch positiv ins Auge. Es ist unheimlich schwer, ein entgültiges Fazit zu ziehen. Es war kein schlechtes Buch, es ist spannend, voller interessanter Elemente und mit einem angenehmen, verständlichen Schreibstil versehen. Doch es gab einige deutliche Kritikpunkte, die nicht zu ignorieren sind. Ich würde sagen: Mittelfeld. Da ist noch einiges an Luft nach oben.

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