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Veröffentlicht am 19.11.2020

Schatten über Elwenfels

Winzerfluch
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Britta Habekost nimmt uns Leser mit ihrem zweiten Pfalz-Krimi „Winzerfluch“ wieder mit in das kleine Weindörfchen Elwenfels. Wer sich gern von Büchern zu neuen Urlaubsorten inspirieren lässt, wird hier ...

Britta Habekost nimmt uns Leser mit ihrem zweiten Pfalz-Krimi „Winzerfluch“ wieder mit in das kleine Weindörfchen Elwenfels. Wer sich gern von Büchern zu neuen Urlaubsorten inspirieren lässt, wird hier allerdings nicht auf der Landkarte fündig. Und das ist auch gut so! Elwenfels soll ein gut gehütetes Geheimnis für Eingeweihte bleiben.

Privatdetektiv Carlos Herb ist schon seit einigen Monaten wieder in Hamburg. Ein Auftrag hat ihn damals in das Örtchen gebracht und ihn zu seinem eigenen Erstaunen sehr verändert. Dass er nun drei Pfälzer zufällig im Hamburger Stadion trifft, ist schon ein großes Glück und noch mehr, als Karl, Willi und Otto, die drei Urgesteine ihn nach Elwenfels mitnehmen. Seine Ankunft steht unter keinem guten Stern, denn kaum angekommen, wird Charlotte unter Mordverdacht festgenommen. Alle Indizien sprechen dafür, dass sie ihren Ehemann um die Ecke brachte. Verdenken könnte man es ihr nicht, aber jeder Elwenfelser weiß, Charlotte ist unschuldig und Carlos soll es richten.

Unterstützt von allen Dorfbewohnern, die noch nie allzu viel von Obrigkeiten und der Polizei gehalten haben, versucht Carlos Charlottes Unschuld zu beweisen und den wahren Mörder zu präsentieren, auch wenn er sich mit amerikanischen GI’s und der Bundeswehr anlegen muss.

Was dann kommt ist wieder ganz große Klasse. Von der ersten Seite an funktioniert das Kopfkino, dass das Autorenpaar Habekost bei ihren Lesern entfachen. Die Mischung aus humorvollem Regionalkrimi, der nicht mit pfälzischen Dialektsprüchen spart, dazu ein wenig zauberhaftes Flair und Mystik und immer wieder spitzzüngige Anspielungen und Sprüche - es einfach ist wunderbar gelungen.

Die pfälzischen Regiokrimis haben meinen Nerv getroffen. Ich bin inzwischen mit den Dorfbewohnern vertraut und habe sie bildlich vor mir und immer mehr merke ich den Suchtfaktor den die Autoren bei mir ausgelöst haben. Man möchte nicht aufhören zu lesen und ist ärgerlich, wenn das Buch schon wieder durchgelesen ist. Vielleicht liegt es am Körnchen Sehnsucht nach der Heilen Welt, die Elwenfelser Geschichten in mir wecken. Denn wenn Erwin wieder mit dem Traktor durch das Dorf fährt, ist die Welt wieder in Ordnung.

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Veröffentlicht am 16.11.2020

Elfstedentocht

Die Tote in der Gracht
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Die Elfstedentocht – das berühmte Schlittschuhrennen auf den zugefrorenen Grachten gehört zur nationalen Identität Frieslands. Endlich scheint es nahezu 20 Jahre nach dem letzten Rennen 1997 wieder genügend ...

Die Elfstedentocht – das berühmte Schlittschuhrennen auf den zugefrorenen Grachten gehört zur nationalen Identität Frieslands. Endlich scheint es nahezu 20 Jahre nach dem letzten Rennen 1997 wieder genügend Eis und Kälte zu geben. Mitten in den Vorbereitungen stürzt eine junge Journalistin von der Brücke in eine Gracht und ertrinkt. Auch die beiden hinzugeeilten Retter können nichts mehr ausrichten.

Griet Gerritsen und Pieter de Vries nehmen den Unfall auf und bald schwant den erfahrenen Beamten, dass es nicht so eindeutig ist, wie der erste Anschein glauben machen möchte. Die Journalistin arbeitete an Story, mit der sie sich Feinde machte und die beiden Retter waren auch nicht unbedingt zufällig am Ort.

Die Niederlande sind nicht allzu oft Schauplatz eines Kriminalromans und das reizte mich wieder am neuen Krimi von Jan Jacobs. Er mischt auf so unterhaltsame Weise niederländische Eigenheiten und Spracheinsprengsel in seine Geschichte, dass der Krimi auch auf dieser Ebene sehr gelungen ist. Von der Elfstedentocht hatte ich schon mal gehört, was für eine wichtige Rolle sie einnimmt war mir neu. Außerdem bietet das eisige Rennen auch einen aufregenden Hintergrund für die Ermittler, die statt einem zweideutigen Unfall nun noch Hinweise über ein altes, nie aufgeklärtes Verbrechen finden. Mir gefällt es, wenn ich im Buch auch ein gewisses Maß an privaten Verwicklungen und Empfindlichkeiten der Hauptfiguren erfahre, die die Protagonisten lebendig und konturiert erscheinen lässt, ohne dass das der Kriminalfall dabei in den Hintergrund gerät. Das gelingt dem Autor sehr gut. Dabei sind seine Ermittler keine tadellosen Helden, Menschliches ist ihnen nicht fremd und dazu gehören auch Versagen oder persönliche Defizite. Eben richtige Figuren mit Ecken und Kanten an denen man sich auch reiben kann.

Ganz toll fand ich die Atmosphäre des winterlichen Hollands eingefangen, eisig draußen und doch mit holländischer Behaglichkeit drinnen, die sie auch einstellt, wenn Griet in ihrem Hausboot den Feierabend verbringt.

Ein wirklich spannender Krimi und eine lohnenswerte Entdeckung, wenn man Jan Jacobs noch nicht kennt.

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Metting war überall

Die Wahrheit über Metting
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Tomás Lebesanft wächst in einem kleinen Provinzstädtchen auf. Seine Eltern betreiben ein Altenheim und so denkt der kleine Tom lange, dass es nur alte Menschen gibt. Es sind die bleiernen 60/70iger Jahre, ...

Tomás Lebesanft wächst in einem kleinen Provinzstädtchen auf. Seine Eltern betreiben ein Altenheim und so denkt der kleine Tom lange, dass es nur alte Menschen gibt. Es sind die bleiernen 60/70iger Jahre, die Schule geprägt von reaktionären Lehrern, deren Ausbildung noch von vergangenen Zeiten überschattet wurde. Er ist Legastheniker, was damals als „zurückgeblieben“ interpretiert wird. Eine weiterführende Schule wird ihm verwehrt. Sein bester Freund ist ebenso Außenseiter, Filip, der als Zigeunerjunge bezeichnet wird. Vermisst irgendjemand in der Schule ein Teil, wird sofort Filips Schultasche durchsucht. Vorurteile, die von den Lehrern sogar noch befeuert wurden.

Die Ehe der Eltern ist seltsam unterkühlt, genau wie sein Verhältnis zu ihnen. Es gibt nur eine Person, die Tom wichtig ist, Marieluise die ins Altersheim der Eltern zieht. Eine alte Dame, aber jung in ihren Ansichten und Toms Bezugsperson und seine erste Liebe.

30 Jahre später kehrt Tom in sein Heimatstädtchen zurück….

Für mich war dieser Roman eine Zeitreise in meine eigene Vergangenheit, Schulzeit in der gleichen Zeit mit ähnlichen Erfahrungen. Da wurden Erinnerungen wach, die mich schmerzlich berührten. Es sind vor allem die kleinen Beobachtungen die Tom Liehr so wunderbar schildern kann und die einprägsame Bilder hervorrufen. Die selbstherrlichen Charaktere der braven Bürger - man ist ja schließlich wieder wer – die zu üblen Vorurteilen gegenüber Fremden führen. Ein dunkler Teint, ein fremd klingender Name reicht zur Ausgrenzung schon aus. Das alles ist mir aus der Erinnerung nur allzu vertraut.

Der Autor schreibt sehr einfühlsam, für mich auch mit Emotionen verbunden. Das liegt sicher an meiner Generation, ich bin nicht sicher, ob jüngere Leser das ebenso spüren. Aber für alle Leser gleich interessant ist die Menschlichkeit des Romans. Es ist ein Loblied auf die Freundschaft, ein Geschichte über das oft schmerzhafte Erwachsenwerden und ein Zeitbild aus der Provinz gleichermaßen.

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Alpenkrimi

Den letzten Gang serviert der Tod
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Am Ruhetag des Sternerestaurants Hubschmidts treffen sich die Mitglieder des Kochclubs „Les Treize Plats“ zum regelmäßig zelebrierten gemeinsamen Kochen und Dinieren. Doch dieses Mal geht es einiges schief. ...

Am Ruhetag des Sternerestaurants Hubschmidts treffen sich die Mitglieder des Kochclubs „Les Treize Plats“ zum regelmäßig zelebrierten gemeinsamen Kochen und Dinieren. Doch dieses Mal geht es einiges schief. So treffen Kommissar Jennerwein und sein Team auf drei Leichen inmitten der brodelnden Töpfe.

Ein mehr als komplexer Fall und die Zeugenaussagen bringen kein Licht ins Dunkel. Auch die Spuren in der Küche sind eher verwirrend, als erhellend.

Das ist wieder einmal ein ganz typischer „Maurer“, witzig, ironisch und skurril. Wenn Situationen mit Spitzweg-Bildern verglichen werden und auch gleich die passenden Titel bekommen, wie „Der Saucenschlecker – Öl auf Leinwand 1856“ habe ich sofort die passenden Bilder vor Augen. Eine große Rolle spielen heimische Pilze, eines der Opfer scheint über einem Pilzgericht zusammengebrochen zu sein. Der berühmte Pilzmaler Siegfried Schlatt ist daher auch in diesem Drama involviert, allerdings durch den Genuss diverser Zubereitungen berauschender Schwammerl kein zuverlässiger Zeuge.

In diesem Krimi wartet der Autor mit derart ausgefallenen Wendungen auf, dass es mich fast schwindlig machte. Dabei sitzen die Dialoge und die aberwitzigen Szenen sind auf den Punkt gebracht. Hier spürt man Maurers Profession als Kabarettist. Der Krimi blieb bis zum furiosen Schluss spannend und bis fast zum letzten Kapitel hatte ich keine Ahnung, wer der Täter sein konnte. Dabei steht schon ziemlich früh fest, dass er nur im Kreis des Kochclubs zu finden ist.

Ich bin immer wieder erstaunt, was für einen Kosmos an Figuren sich Jörg Maurer ausdenken kann. Die einzelnen Protagonisten sind dabei ebenso abgedreht wie die Geschichte, wirken aber erstaunlich real und lebensecht. Außerdem gefiel mir, dass auch alte Bekannte aus der Serie, wie Ursel Grasegger, die ehemalige Bestatterin, ihren Auftritt bekommt.

Jennerwein muss zur Hochform auflaufen und wird sogar zwangsweise zum Actionheld bis er endlich den Fall abschließen kann.

Ein ganz besonders witziger Einfall sind die regelmäßig eingestreuten Internet Bewertungen des Lokals, die sich als Running Gag durch die Geschichte ziehen. Es gab wirklich keine Seite, die mich nicht zum schmunzeln oder zum hell auflachen brachte.

Auch im 13. Band hat die Krimireihe nichts von ihrer Frische verloren und bekommt eine ausgesprochene Empfehlung.

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Veröffentlicht am 29.10.2020

Verführung pur

Wundervolle Weihnachtsbäckerei
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Dieses wunderschöne Buch aus dem Brandstätter Verlag ist die ideale Einstimmung für die Vorweihnachtszeit. Bevor man aber mit den Rezepten loslegt, sollte man sich die Zeit nehmen für die liebevolle Gestaltung ...

Dieses wunderschöne Buch aus dem Brandstätter Verlag ist die ideale Einstimmung für die Vorweihnachtszeit. Bevor man aber mit den Rezepten loslegt, sollte man sich die Zeit nehmen für die liebevolle Gestaltung des Buchs. Es fängt mit dem handlichen Format an, dann gefielen mir noch die wertige Halbleinenbindung und die feine Goldprägungen des Titels besonders.

Das Buch ist reich mit stimmungsvollen Fotos illustriert und kleine Vignetten schmücken fast jede Seite.

Aber nun zu den Rezepten. Es gibt eine fundierte Einführung zu wichtigen Backutensilien und bei den Tipps finden auch geübte Bäckerinnen noch Anregungen. Die Autorin bevorzugt Dinkelmehl, man kann aber Weizenmehl verwenden. Bei einem Rezept (Sablès) habe ich beide Varianten ausprobiert und kann Frau Baumgärtner beipflichten: Dinkelmehl verleiht den Plätzchen einen besonders nussigen Geschmack.

Viele Plätzchen sind auch außerhalb der Weihnachtsbäckerei eine Bereicherung für die Tee- oder Kaffeestunde und wie die Mokkaschiffchen oder die Zitronen-Cremetörtchen fast schon kleine Patisserie-Kunstwerke. Die Mokkaschiffchen und die Russian Tea Cakes haben übrigens bei meiner Familie großen Anklang gefunden und die kleinen Tea Cakes waren dazu noch sehr fix und einfach zubereitet.

Außer den Rezepten machen die kleinen Geschichten und Gedichte richtig Lust immer wieder im Buch zu blättern.

Ein stimmungsvoller Auftakt in die Vorweihnachtszeit und Schatzkästlein für Weihnachtsbäckerei, aber auch Anregungen für kleine Backkunstwerke für’s ganze Jahr habe ich in diesem Buch gefunden.

Absolut empfehlenswert und auch als besonderes Geschenk bestens geeignet.

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