Kleinstadt-Vibes und große Gefühle
Sweet like youDas Kennenlernen der Figuren stellte mich als Leser vor keine großen Hindernisse. Cassie wirkt von Anfang an sympathisch, wenn auch etwas steif und gehetzt. Das mag vor allen Dingen daran liegen, dass ...
Das Kennenlernen der Figuren stellte mich als Leser vor keine großen Hindernisse. Cassie wirkt von Anfang an sympathisch, wenn auch etwas steif und gehetzt. Das mag vor allen Dingen daran liegen, dass wir sie zunächst inmitten ihres Büroalltags in New York erleben und dann mit ihr gemeinsam nach Honey Springs reisen; wo natürlich von der Hektik der Großstadt nichts mehr spürbar ist. Mir gefiel die Darstellung von Cassie’s Wesenszügen und auch, wenn sie anfangs noch nicht so recht in die Idylle passte, hatte ich doch dauerhaft eine Verbindung zu ihr. Und gerade der Punkt, dass sie sich nur langsam aklimatisiert und nicht Knall auf Fall ankommt und direkt perfekt ins Bild passt, fand ich großartig. Eine wirklich realistische Ausarbeitung, die eine ebenso realistische Entwicklung mitbrachte, die mich begeisterte. So war Cassie anfangs zwar noch „auf dem Sprung“ und fand vieles, was in dieser Kleinstadt passiert, ungewöhnlich – aber auch das sprach für die junge Frau. Ich fand sie also nicht nur sympathisch, sondern auch sehr lebensecht und greifbar, sehr liebenswürdig und herrlich tollpatschig. An mancher Stelle tappte sie vielleicht in das ein oder andere Fettnäpfchen zu viel; aber insgesamt sorgte sie mit ihren Fauxpas für charmante, lustige Unterhaltung. Doch neben den Oberflächlichkeiten, konnte ich auch ein kleines bisschen Tiefe bei ihr entdecken. Sie hatte definitiv ein großes Herz, zeigte wahre und lebendige Emotionen und catchte mich mit Authenzität.
Nick hatte es nicht wirklich schwerer als Cassie. Er ist ein durch und duch guter Kerl, mit einem großen Herz und viel Humor. Jemand aus der Lesegruppe beschrieb ihn als nett; und obwohl das meist einen faden Beigeschmack hat, war es hier nicht so und passte bei Nick doch echt gut. Er war zuckersüß, durchaus attraktiv, nicht auf den Kopf gefallen und absolut loyal. Mir gefiel nicht nur der Umgang mit Cassie, sondern auch mit den anderen Stadtbewohnern und er brachte mich das ein oder andere Mal zum schmunzeln; einfach weil er so herrlich bodenständig und sympathisch und niedlich ist. Niedlich. Noch ein Wort das kein Mann je hören will; aber er benahm sich einfach so und deshalb schloss ich ihn auch schon während den ersten Seiten tief ins Herz.
Trotzdem finde ich, dass die Charaktere im Gesamten eher oberflächlich behandelt wurden. Die kurzen Einblicke in die Vergangenheiten reichten nicht wirklich aus, um Tiefgang zu erzeugen. Mich störte das aber hier allgemein nicht so sehr, wie es sonst der Fall wäre. Die ganze Geschichte sprüht nicht gerade vor tiefschürfenden Themen(dazu gleich mehr), sodass ich das bei den Figuren auch nicht vermisste. Die Randfiguren jedenfalls fand ich ausreichend ausgearbeitet und soweit detaillreich, um sie problemlos unterscheiden und mir bildlich vorstellen zu können. Nicht alle treffen dabei auf Sympathie; aber das war auch gar nicht nötig, um den Lesespaß am Laufen zu halten.
Und nun zur Idee, bzw zur Handlung. Schon bei Lesen des Klappentextes entwickelten sich bei mir automatisch gewisse Erwartungen. Das klang so herrlich locker und leicht, nach einem richtigen Wohlfühl-Buch ala „Redwood Love“ oder „Green Valley Love“. Und mit genau diesen Erwartungen bin ich auch an die Geschichte ran gegangen. Die Idee, hinter „Sweet like you“ ist denkbar schlicht, hat aber einige süße Elemente, die es für mich erfrischend machten. Ich meine.. habt ihr schon mal ein Buch über Bienen und Honig gelesen? Und selbst wenn, wette ich, dass sie nicht so charmant war, wie „Sweet like you“. Alles in diesem Buch harmoniert miteinander und schon beim ersten Betreten des kleinen Städtchens fühlte ich mich direkt zu den Gilmore Girls versetzt. Aber fangen wir vorn an:
Der Einstieg in die Geschichte ist kinderleicht. Wir lernen Cassie, wie gesagt, inmitten ihres Büros in New York kennen und erhalten einen kurzen Einblick in ihre Arbeit. Doch schon bald geht’s nach Honey Springs und die eigentliche Story beginnt. Mir gefiel der Gedanke, mit der Protagonistin gemeinsam die ersten Schritte in dieser Stadt machen zu dürfen und obwohl Cassie schon mal kurz dort gelebt hat, fühlt es sich eben so an, als wären wir zusammen mit ihr zum ersten Mal dort. Dass wir dann aber relativ schnell auf ihre erste große Liebe treffen, lässt den Eindruck von „fremd“ recht schnell verblassen. Trotzdem war es sehr interessant mitzuerleben, wie herrlich schrullig die Bewohner von Honey Springs tatsächlich sind und was sie für eine eingeschworene Gemeinschaft bilden. Die erfolgreiche New Yorkerin wird plötzlich Bürgermeisterin einer Kleinstadt. Dass das nicht von Anfang an rund laufen kann, ist jedem im voraus klar. Und die Bewohner machen es Cassie zum Teil echt schwer. Ich fand aber, dass das alles mehr charmant als böse rüber kam und den Unterhaltungswert einfach nach oben trieb. Denn schmunzeln kann man hier definitiv viel.
Während der ersten Hälfte war ich auch noch vollauf begeistert, konnte mich vom Geschehen bespaßen lassen und fühlte mich herrlich wohl in Honey Springs. Gerade die Kleinigkeiten machen die Stadt einfach aus. Doch obwohl sich daran bis zum Ende nichts änderte, wurde es mir ab einem gewissen Punkt einfach zu ruhig. Es plätscherte vor sich hin; war süß, war voller Wohlfühlmomenten, war lustig. Aber eben alles andere als spannend. Ich hätte mir dann doch vielleicht ein kleines bisschen Drama gewünscht; oder zumindest ein paar kleine Wendungen und Überraschungen. So war alles sehr vorhersehbar und eintönig.
Der Schluss kam dann auch sehr schnell und binnen weniger Seiten überschlugen sich die Ereignisse und schon war quasi alles wieder vorbei. Für mein Empfinden ging das einfach viel zu schnell. Gerade in Anbetracht der ganzen Ruhe, wirkte das Finale dieses Buches total überstürzt. Nichts desto trotz war das Ende dann im gesamten stimmig und rundete die Geschichte schlussendlich dann ab. Auch wenn ich mir einfach ein bisschen mehr versprochen hatte, war das Buch alles andere als langweilig.
Und zu guter letzt noch ein paar Worte zum Schreibstil; denn man soll ja stets mit was positivem enden: Robyn Neeley schreibt in der Erzählerperspektive, was zumeist relativ viel Distanz hervorruft. Doch die Autorin hat es geschafft, mich dennoch am Leben und an den Gefühlen der Figuren teilhaben zu lassen. Sie erzählt sehr simple, aber dennoch atmosphärisch. Ich konnte mir eine jede Szene bildlich vor Augen führen und war, trotz Perspektive ein Teil von Honey Springs. Ihr ist es auch geglückt, mich emotional zu packen und mich aufgrund der Leichtigkeit einfach wunderbar zu unterhalten. Robyn Neeley besitzt einen ganz tollen Humor, der weder zu viel, noch zu wenig war und mich tatsächlich immer wieder zum Schmunzeln brachte. Der Lesefluss war darüber hinaus auch echt angenehm und die Seiten flogen nur so dahin.
FAZIT:
„Sweet like you“ von Robyn Neeley ist eine, im wahrsten Sinne des Wortes, süße Geschichte mit einigen erfrischenden Elementen und ganz viel Charme. Zwei rund herum sympathische und stimmige Charaktere führen uns durch Honey Springs und laden immer wieder zum Verweilen ein. Deshalb wars zum Teil doch erstaunlich schwer, das Buch mal aus den Händen zu legen. Obwohl sehr viel Ruhe und Vorhersehbarkeit herrscht, ist es doch keineswegs langweilig – aber eben auch nicht das absolute Highlight. Wichtig war für mich, dass ich mich gut unterhalten und wohl fühlen konnte und das ist der Autorin mit süßen Kleinigkeiten und viel Emotionen gelungen. Lediglich der Schluss hätte vielleicht ein bisschen weniger überstürzt abgehandelt werden können. Ich freu mich trotzdem sehr auf Band 2.