Wiederholt sich die Geschichte?
Ein Deutsches LebenDiese Frage scheint gerade in dieser Zeit berechtigt zu sein, wenn man sich die derzeitige Entwicklung der Politik in Europa und Amerika anschaut. In diesem Sachbuch geht es ganz speziell um die Biografie ...
Diese Frage scheint gerade in dieser Zeit berechtigt zu sein, wenn man sich die derzeitige Entwicklung der Politik in Europa und Amerika anschaut. In diesem Sachbuch geht es ganz speziell um die Biografie von Brunhilde Pomsel sowie die anschließende analytische Auseinandersetzung des Mitautors Thore D. Hansen. Die Interviewaufzeichnungen aus dem Jahr 2013 entstanden im Rahmen eines Filmprojektes, aus denen Herr Hansen einen Teil der Aufzeichnungen in diesem Buch verfasste. Im Jahre 1911 wurde Frau Pomsel geboren, wuchs mit vier jüngeren Brüdern in Berlin auf und erzählt ihren Lebenslauf von ihrem Elternhaus bis zum Zeitpunkt des Interviews. Schwerpunkt der Aufzeichnungen sind die Jahre 1933 bis 1945. In dieser Zeit findet der berufliche Aufstieg von Brunhilde Pomsel statt, der sie bis in die Regierungskreise von Adolf Hitler führte. Als junge Frau begann sie ein Volontariat bei einer Berliner Zeitung. Dort blieb sie nach dem Volontariat nicht, weil ihr das Gehalt zu wenig war. Klare Vorstellungen von einem Gehalt veranlassten Frau Pomsel auf eine weitere Suche. Sie arbeitete bei einem jüdischen Rechtsanwalt, beim Berliner Rundfunk und gelangte durch Beziehungen in das Propagandaministerium von Joseph Goebbels. Ab 1942 arbeitete sie als eine von mehreren Sekretärinnen für Joseph Goebbels. Sie erzählt von ihrer Arbeit im Ministerium und welchen Bezug sie zu der damaligen Politik hatte und rechtfertigt ihr Handeln in der damaligen Zeit.
Thore D. Hansen schrieb unkritisch die Aufzeichnungen von Brunhilde Pomsel, die im Rahmen eines Filmprojektes entstanden sind. Das Buch wie auch der Film wurden im April 2017 veröffentlicht. Im Anschluss der knappen 130 Seiten langen Aufzeichnungen bekommt man einen Einblick von einer Frau, die nicht näher der Machteliten der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges bekommen konnte. Häufig fragt man sich, warum verschloss man die Augen vor der Realität? Warum haben Menschen wie Brunhilde Pomsel nicht die Courage gehabt, sich für die Politik, die Konzentrationslager oder für die Zielinteressen von Adolf Hitler und Joseph Goebbels zu interessieren. Der Autor dieses Buches lässt aber die Aufzeichnungen von Brunhilde Pomsel nicht unbegründet. In einem anschließenden Essay behandelt er analytisch und ausführlich die Aussagen von Frau Pomsel. Er hinterfragt und vergleicht die damaligen Entwicklungen und Interessen der Nationalsozialisten mit der heutigen politischen Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt. Rechtsextreme und Populisten in Gruppierungen und Parteien in der Gegenwart zeigen anhand ihrer Ziele und Handlungen Parallelen zu der Zeit der Nationalsozialsten zwischen 1933 und 1945. Brunhilde Pomsel ist eine Figur von vielen, die aufgrund ihres Desinteresses, Egoismus und Schuldabweisungen Menschen wie Hitler und Goebbels und deren Anhänger an der Macht agieren lassen, statt die Augen aufzumachen, und mit anderen Gegnern gegen die Gräueltaten und diktatorischen Ziele zu handeln.
Dieses Sachbuch rüttelt auf, spätestens dann, wenn man noch nicht von den politischen Entwicklungen seit 2015 aufgerüttelt wurde. Thore D. Hansen verdeutlicht in dem Buch, dass jetzt noch der Zeitpunkt besteht, das Ruder herumzureißen, um Anhängern von Anti-Demokratie, Populismus, Gewalt und Hass, aber auch gegen Ungleichheit, einseitigen Wirtschaftsinteressen sowie Umweltzerstörungen und kriegerischen Auseinandersetzungen entgegen zu wirken. Besonders gut haben mir die Ausführungen im Essay von Seite 154 bis 160 gefallen, um nochmal verdeutlichen, dass die Geschichte sich wiederholen kann, wenn man nicht gegen die derzeitige weltweite und nationalen Politikentwicklungen entgegensteuert. Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Gegenwart, die zum Diskutieren und Handeln auffordert. Viele Fragen entstehen, aber man muss Lösungen für diese Fragen finden. Am besten fängt man bei sich selbst an.