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Veröffentlicht am 23.02.2017

Zirkuserinnerungen

Mein Herz ist ein wilder Tiger
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1916 in Berlin geboren, im Zirkus Busch aufgewachsen, verliert die zweijährige Lotta Pignot ihre Eltern bei einem Rad-Akrobatikunfall. Die Zirkusdirektorin und die italienischen Pausenclowns Luigi und ...

1916 in Berlin geboren, im Zirkus Busch aufgewachsen, verliert die zweijährige Lotta Pignot ihre Eltern bei einem Rad-Akrobatikunfall. Die Zirkusdirektorin und die italienischen Pausenclowns Luigi und Zagarollo nehmen sich der kleinen Lotta an. Als sich für sie ein Engagement in einem Berliner Varieté anbietet, muss sie ihren Namen ändern. Ab sofort heißt die Kleine Elisabeth Lanz. Später lernt sie ihren Mann kennen und lieben und reist als die Schlangenfrau Elly Simon mit ihm und seinen Tigern rund um die Welt. Jetzt, mit über 100 Jahren lebt sie im Berliner Seniorenstift an der Bergstraße.
Hier arbeitet der aus Somalia geflohene John Mbete seit drei Jahren als Betreuer. Die Beiden freunden sich an, Elly erzählt ihre Geschichte und die Beiden geben sich für kurze Zeit Halt und Geborgenheit.

Als Kind habe ich die Besuche im Zirkus geliebt und auch heute noch gehe ich hier und da in den Festbau des Circus Krone und lasse mich durch Menschen, Tiere, Sensationen überraschen.
Ich kann mir Elly sehr gut in ihrer Rolle als Kontorsionistin vorstellen. Die Autorin bringt Ellys Angst,als sie von einem der Tiger verletzt wird und sich im KKH fragt, ob sie je wieder auftreten kann, sehr gut rüber. Ich spüre ihre Anspannung, als sie in Rio de Janeiro ankommen und alles so ganz anders ist als in Berlin. Ihr Mann Hans, der mit seinen Tigern umgeht wie mit den eigenen Kindern, die er nie gehabt hat, hat die Gabe, ihr sämtliche Ängste zu nehmen. Ich war in dieser Geschichte beim Lesen die Dritte im Bunde und bin mit den Beiden um die halbe Welt gereist. Ich bin auch noch an Ellys Bett gesessen, als sie John ihre Geschichte erzählt. Auch seine Geschichte finde ich hochspannend und hoch brisant. Genau so, wie es gerade in unseren Breiten zugeht.

Das einzige, was für mich nicht so in die Geschichte von Elly, Hans und John passt, ist Kirsten Landmann mit ihren privaten Problemen und ihre Mutter Franziska Schlemmer, die ein Bett im Zimmer von Elly Simon bekommt. Sie hat mich aus der Zirkusmanege und aus Somalia immer wieder „rausgezogen“.

Ich habe mich in die faszinierende Welt des Zirkus entführen lassen mit starken Männern, waghalsigen Kunststücken, liebenswerten Clowns und vielen Tieren. Und ich bekam einen Einblick in die trostlose Zukunft eines Landes wie Somalia, aus der die jungen Menschen fliehen um nicht in den Kriegswirren zugrunde zu gehen.

Ein wunderbares Buch, nicht nur für Zirkusliebhaber.

Veröffentlicht am 21.02.2017

Vom Untergang einer Nordseeinsel

Fluch über Rungholt
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Auf Rungholt, einer kleinen Nordseeinsel geht es bügelhoch her. Ausschweifungen und Sünden, Verschwendungs- und Spielsucht, Eitelkeit – Pfarrer Rierd Asmus wird seiner Schäfchen nicht mehr Herr. Als kurz ...

Auf Rungholt, einer kleinen Nordseeinsel geht es bügelhoch her. Ausschweifungen und Sünden, Verschwendungs- und Spielsucht, Eitelkeit – Pfarrer Rierd Asmus wird seiner Schäfchen nicht mehr Herr. Als kurz nacheinander zwei junge Frauen eines unnatürlichen Todes sterben und dann auch noch ein Mann in einem Salzbottich tot aufgefunden wird, verdächtigt man einen Fremden – den Zeitreisenden Shahid.

Franziska Steinhauer nimmt mich mit in das Jahr 1362, wo angeblich im Januar eine Sturmflut die Nordseesiedlung Rungholt und ihre Bewohner unter sich begraben hat.

Shahid, ein Zeitreisender mit spektakulärem Gedächtnis, taucht in Rungholt auf. Er ist sich sicher, dass die beiden jungen Frauen keines natürlichen Todes gestorben sind. Durch seine Methoden macht er sich verdächtig und die Bewohner haben schnell ihn als den Mörder in Verdacht. Er ist so ein ganz anderer „Ermittler“, der hier auch seine eigene Geschichte kurz erzählt.

Auch die weiteren Personen sind so menschlich und natürlich gezeichnet, die Örtlichkeiten so naturgetreu wiedergegeben, dass ich schnell mitten in der Geschichte drin bin. Ich meine den Schmutz auf den Straßen und am Markt riechen zu können, meine die Hitze in der Salzsiederei auf meiner Haut zu spüren und laufe mit den Pferden sehr vorsichtig durch die Torfregion um nicht einzusinken. Der Unterschied zwischen den wenigen durch das Salz reich Gewordenen und dem armen hart arbeitenden Volk kommt sehr gut rüber. Die Behandlung der Untergebenen und auch des kleinen Kindes eines Salzsiedereibesitzers und seiner Frau haben mich etwas entsetzt. Dass die Frauen damals überhaupt keine Rechte, sondern nur dem Manne untertan zu sein hatten, kann ich heute kaum noch verstehen, wird in der Geschichte sehr klar heraus gestellt.
Leid getan hat mir Pfarrer Asmus, der einen sehr schweren Stand in seiner Gemeinde hat und es nicht verwinden kann, wie sich alles zum Negativen verkehrt.

Vielleicht liegt es an der damaligen Zeit, dass ich außer mit Shahid mit keiner der Personen richtig „warm“ geworden bin. Er hat mich mit seiner so ganz anderen Art gefesselt und beim Lesen gehalten.

Für mich besonders interessant finde ich die Seiten nach der Geschichte. In Legende und Wahrheit erfahre ich vieles aus der vergangenen Zeit und auch über Rungholt. Und wer mag, kann sich in den Informationen zur Zeitgeschichte mit weiterem Lesestoff versorgen.

Für alle, die mittelalterliche Geschichten mit interessanten Figuren und einem guten Plot mögen – hier bitte zugreifen.

Veröffentlicht am 10.02.2017

Spannender und interessanter Spreewald

Spreewaldtod (Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner 2)
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Ein Urlauber, der schon früh mit seinem Paddelboot unterwegs ist, findet in einem Fließ einen toten jungen Mann. Wie die aus ihrem letzten Fall immer noch psychisch angeschlagene Polizeiobermeisterin Klaudia ...

Ein Urlauber, der schon früh mit seinem Paddelboot unterwegs ist, findet in einem Fließ einen toten jungen Mann. Wie die aus ihrem letzten Fall immer noch psychisch angeschlagene Polizeiobermeisterin Klaudia Wagner zusammen mit ihrem Partner Peter Demel, der Alltagswaffe aus Königs Wusterhausen, den sie immer noch als ihren „Feind“ ansieht, schnell ermittelt, handelt es sich um einen rumänischen Saisonarbeiter, der auf einem der vielen Gurkenfelder beschäftigt war. Als dann eine junge Rumänin erschossen wird, stellt sich die Frage: Warum werden diese jungen Leute gejagd?

Ich bin zurück im Spreewald, wo ich im vergangenen Jahr meinen ersten Fall mit Kriminalobermeisterin Klaudia Wagner und dem Team der Kripo Lübben gelöst habe.
Klaudia hat immer noch stark mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen, die so plötzlich über sie herein bricht, wie ein Schwarm Mücken im Spreewald. Und immer noch hängt sie mit ihren Gedanken an ihrem Exmann Arno und dessen neuer Frau, die jetzt ihren Platz eingenommen hat.
Ich freue mich, die alten Bekannten wieder zu treffen: die alte Frau Nowak, Uwe Michalke, den Vermieter von Klaudia mit Tochter Annalene, Bahnu und dem Baby, Herrn Schieschick und Wibke von der SpuSi. Es ist, wie in Urlaub zu fahren und gute Bekannte wieder zu treffen.

Es ist kein Muss den ersten Band dieser Serie zu kennen, aber für´s Verständnis, gerade was Klaudia betrifft, wäre es bestimmt besser.

Das Buch liest sich leicht und flüssig. Die vielen Dialoge lockern den Fall auf und machen das Lesen sehr angenehm. Klatsch und Tratsch der Dorfidylle und hier und da ein Scherz lockern die Atmosphäre auf. Die Protagonisten wirken lebensecht und haben ihre Ecken und Kanten. Besonders leide ich gerade mit Uwe Michalke und seiner Tochter Annelene, die den Tod ihrer Mutter nicht verwinden kann. Das ich die Ermittler auch privat etwas näher kennenlerne, gefällt mir richtig gut. Der Kriminalfall ist sehr undurchsichtig, Spannung baut sich ab der ersten Seite auf und erst zum Schluss klärt sich alles auf. Ich war zwischendurch auf einer ganz anderen Fährte, aber die Ermittler haben sich nicht hinters Licht führen lassen.

Christiane Dieckerhoff lässt nach dieser eher ruhigen Geschichte Raum für weitere Fälle für Klaudia und Demel und ich hoffe sehr, dass ich bald mehr aus Lübben und dem Spreewald zu lesen bekomme. Vielen Dank für einige spannende und sehr interessante Lesestunden.

Veröffentlicht am 29.01.2017

Kulinarisch spannend

Gefährliche Empfehlungen
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Bei der Einweihungsfeier des neuen Firmensitzes des Gastroführers „Guide Gabin“ in Paris durch Xavier Kieffers Freundin Valerie Gabin stellt man nach einem kurzen Stromausfall fest, dass die Ausgabe eines ...

Bei der Einweihungsfeier des neuen Firmensitzes des Gastroführers „Guide Gabin“ in Paris durch Xavier Kieffers Freundin Valerie Gabin stellt man nach einem kurzen Stromausfall fest, dass die Ausgabe eines seltenen Buches aus dem Jahr 1939, eine Leihgabe der Nationalbibliothek entwendet wurde. Nach einem Mord schaltet sich sogar der französische Präsident ein und Kieffer bittet, sich auf die Spuren nach dem 1939er Gabin zu begeben. Dabei wird es turbulent und Kieffer muss nicht nur einmal um sein Leben fürchten.
Neben der Geschichte, die im Hier und Jetzt spielt, gibt es auch immer wieder Berichte von Captain Jonathan Fisher und Sergeant Richard „Ricky“ Grünbaum, von den letzten Tagen des Kriegsjahres 1944 in Frankreich.
Der luxemburgische Koch und Restaurantbesitzer Xavier Kieffer muss tief in die französische Geschichte hinein schnuppern um die Zusammenhänge zu erkennen.

Obwohl es in der Geschichte einige Tote gibt, liest sich dieser 5. Fall für Xavier Kieffer relativ leise und unaufgeregt, was ich persönlich mag. Spannung baut sich immer wieder auf, kann sich aber für mich nicht durchgängig halten. Der Abschluss und die Aufklärung des „Falles“ kam für mich zu explosionsartig und etwas konstruiert rüber.

Dafür lerne ich etwas über den Ablauf in einer Gourmetküche. Bei der Aufzählung der vielen Köstlichkeiten aus der luxemburgischen und französischen Küche und dem Küchenlatein am Ende des Buches läuft mir das Wasser im Mund zusammen.
Die Zusammentreffen mit seiner Freundin Valerie lockern die Geschichte immer wieder auf.

Bei Kieffers Abendspaziergang und bei der Fahrt vom TeleLux-Gebäude zum Lokal lerne ich seine Stadt ein klein wenig kennen und mein Interesse ist geweckt. Vielleicht fahre ich auch mal nach Luxemburg.

Ich habe mich gefreut, dass ich auch mal wieder etwas von Kieffers Nichtfreund Esteban zu lesen bekam. Die Roboter seiner neue Gastrokette müssen allerdings noch etwas geschult bzw. nachgebessert werden.

In meinen Augen reicht dieser 5. Fall nicht an die vorhergehenden Abenteuer von Xavier Kieffer heran. Trotzdem hatte ich einige interessante Lesestunden, die sich jeder mit diesem kulinarischen Krimi mal gönnen sollte.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Gute kriminelle Unterhaltung

Fastenopfer
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Aschermittwoch in Altötting. Nach einem mehr als feucht-fröhlichen Karnevalsausklang erwacht Kriminalberkommissar Max Kramer in seinem Bett etwas ungläubig neben der Staatsanwältin. Er kommt aber sofort ...

Aschermittwoch in Altötting. Nach einem mehr als feucht-fröhlichen Karnevalsausklang erwacht Kriminalberkommissar Max Kramer in seinem Bett etwas ungläubig neben der Staatsanwältin. Er kommt aber sofort zu sich, als ihm sein Kollege Kriminalhauptkommissar Fritz Fäustl mitteilt, dass es in Altötting einen Toten gibt. Unter dem Gemälde von Graf Tilly in der Kapelladministration ist Benefiztums-Verwalter Rainer Schutt-Novotny an seinem Arbeitsplatz mit einem Messer im Bauch gefunden worden. Es bleibt den Ermittlern also keine Zeit die Nachwehen der vergangenen Nacht auszukurieren.

Der locker-leichte, humorige Schreibstil macht es mir leicht, in die Geschichte hinein zu finden. Die beiden Kommissare passen als Team gut zueinander. Manchmal etwas begriffsstutzig, aber immer sehr bemüht, saugen sie die Informationen, die nicht allzu üppig sind, auf und ich hatte manchmal den Eindruck, dass ich mit meinen Recherchen weiter bin, als die Beiden. Trotzdem schaffen sie es die Spuren richtig zu deuten und dem Mörder endlich auf die Spur zu kommen.

Bei den bayrischen Ausdrücken, die hier und da ganz leicht und für Jedermann verständlich einfließen, macht sich ein angenehmer Lokalkolorit breit. Dazu tragen auch die Beschreibungen von Altötting bei.

Die Protagonisten lerne ich im Laufe der Geschichte immer besser kennen, da sie farbig und genau gezeichnet sind. Besonders gefällt mir die Novizin Maria-Evita, die ehemalige Freundin von Kommissar Kramer, die trotz Klosterlebens auf Nougatschoki steht und PunkRock hört. Auch die Haushälterin von Monsignore Joseph Hirlinger, Petronilla Schosi, hat sich mit ihrer schroffen Art schnell in mein Herz geschlichen. Auch die anderen Personen haben ihre guten und schlechten Seiten, nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau und sind somit sehr menschlich.

Die Geschichte baut sich mit einer gewissen Spannung von Anfang an schlüssig auf, bringt einige Wendungen zutage und löst sich nachvollziehbar auf. Zwischendurch gibt mir der Autor mit kleinen Andeutungen Rätsel auf, die sich nach und nach auflösen.

Wer einen superspannenden Krimi zum Nägelkauen (wie Kommissar Kramer) sucht, der ist hier nicht richtig. Wer sich durch einen Krimi sehr gut unterhalten lassen und einige interessante Lesestunden haben möchte, der sollte dieses Buch lesen.