Über Schwabbelbäuche und Lebenslügen..
„Ganz ehrlich. Heiraten heißt nicht, dass man glücklich ist. Besonders, wenn man plötzlich einfach denjenigen heiratet, mit dem man mit dreißig eben zusammen ist, nur weil es alle anderen auch tun." [S. ...
„Ganz ehrlich. Heiraten heißt nicht, dass man glücklich ist. Besonders, wenn man plötzlich einfach denjenigen heiratet, mit dem man mit dreißig eben zusammen ist, nur weil es alle anderen auch tun." [S. 46]
Tori Bailey ist auf dem besten Weg eine mustergültige, von der Gesellschaft anerkannte 30+ Frau zu werden: sie ist erfolgreich in ihrem Job, hat eine langjährige Beziehung mit einem gutaussehenden Mann, einen tollen Freundes- und Familienkreis und ist eine "große Nummer" bei Instagram und Co. Einziges Problem: der Mann will nicht. Weder heiraten, noch Kinder in die Welt setzen. Aber darauf kommt es im Leben letztlich doch an oder etwa nicht?
So "locker-flockig" wie sich das im ersten Moment anhört, ist das Buch bei Weitem nicht. Unsere liebe Tori muss einige tiefe Täler durchschreiten und durch viel Brackwasser waten bevor sich das berühmt berüchtigte Licht am Ende des Tunnels zeigt.
Ich persönlich mag solche Bücher, kann aber sehr gut verstehen wenn Leute schreiben, dass ihnen das Buch zu realistisch war oder bestimmte Inhalte sie "runtergezogen" haben. Auch mit Holly Bournes kritischem Blick auf "social media" wird sich der ein oder andere sicherlich schwertun, weil es zwar realitätsnah, stellenweise eben auch sehr überberspitzt dargestellt wurde.
„Ich drücke auf Veröffentlichen und lasse mich ins nasse Gras sinken, warte auf die ersten Likes. Darauf, dass mein Handy zum Leben erwacht. Mir gefällt, wie ich auf diesem Foto aussehe. Ich mag, wie diese Tori ist. Diese Tori hat Freundinnen und ein Leben, und sie schert sich um nichts, und sie hat Spaß, und wünschst du dir nicht, du könntest sie sein?“ [S. 61]
Mich hat das Buch auf eine Art und Weise angesprochen und bewegt, wie ich es selten erlebt habe. Holly Bournes Schreibstil hat spitze Ecken und selbst diese Ecken haben noch weitere Ecken. Und auch ihren direkten, trockenen und schonungslosen Humor liebe ich sehr; typisch britisch und schneidend scharf.
"Ich vergesse immer wieder, dass die Leute es nicht mögen, wenn man ihnen die Wahrheit ins Gesicht sagt. Sie mögen die Wahrheit im Fernsehen oder niedergeschrieben, damit sie sie in ihrem eigenen Tempo konsumieren und verdauen können. Aber wenn man im Gespräch aufrichtig ist, verhalten sich alle, als hätte man im überfüllten Bus gefurzt und dabei herzhaft in ein Eiersandwich gebissen." [S.156]
Inhaltlich vereint "War´s das jetzt" in erster Linie alles, was eine Frau in den Dreißigern bewegt, an-, umtreibt und quält. Ich habe mich so oft in Tori wiedererkannt; habe mit ihr gelacht, geweint und mitgelitten. Das Buch ist wie ein Gespräch mit der besten Freundin, die dich an den Schultern packt, anbrüllt und kräftig durchschüttelt, weil du dein Leben einfach nicht auf die Reihe kriegst.
Also definitiv kein Wohlfühlbuch in das man, mit einer Tasse heißen Tee auf dem Schoß und Schokolade an den Fingern, gepflegt hineintauchen kann. Ganz im Gegenteil. Holly Bourne orientiert sich am wahren Leben und das schmeckt ab und an nunmal bitter und kann hin und wieder auch kräftig zubeißen. Das Entscheidende ist, dass wir zurückbeißen und nicht unter die Räder kommen, und genau das vermittelt dieses Buch. Dass wir alle Helden anstatt Opfer sein können, vorausgesetzt wir haben den Mut dazu.
„Lieber verloren als gefangen…“ [S. 35]