Nostalgisch
Die Augsburger Puppenkiste hat Generationen von Kindern begleitet. Jimm Knopf, Urmel, oder Die Katze mit Hut, sind nur einige der Figuren, die ich kenne und liebe. Über die Entstehungsgeschichte des Puppentheaters ...
Die Augsburger Puppenkiste hat Generationen von Kindern begleitet. Jimm Knopf, Urmel, oder Die Katze mit Hut, sind nur einige der Figuren, die ich kenne und liebe. Über die Entstehungsgeschichte des Puppentheaters wusste ich allerdings bisher noch gar nichts.
In Herzfaden begleitet der Leser ein zwölfjähriges Mädchen, dass mit ihrem Vater eine Aufführung der Augsburger Puppenkiste besucht hat. Ein recht mürrisches Mädchen, das sich viel zu alt fühlt für solches Kasperletheater und gar nicht versteht, warum der Vater sie hier hin geschleppt hat. Sie läuft weg und verläuft sich in den Tiefen des Gebäudes, auf dem Dachboden findet sie dann Marionetten und unter ihnen deren Schöpferin, Hatü, die Tochter des Gründers der Puppenkiste. Diese erzählt ihr nun ihre Lebensgeschichte.
Der Leser erfährt die Entstehungsgeschichte der Augsburger Puppenkiste aus den Erzählungen von Hatü. Man taucht tief ein in die Zeit des zweiten Weltkrieges, es gibt sehr persönliche Erfahrungsberichte über die erlebte Ausgrenzung der Juden, das Ausharren im Luftschutzkeller, die Kinderlandverschickung, immer mit Blick auf das künstlerische Schaffen von Vater Walter. Nach dem Krieg dann der schwierige Neustart, gegen alle Widerstände, angetrieben von der fast manischen Liebe zum Theater, zu den Marionetten.
Das Buch ist eine Art Biografie, unterbrochen von den fiktiven Erlebnissen auf dem Dachboden im Heute. Wenn ich ehrlich bin habe ich etwas anderes erwartet, ohne genau zu wissen was eigentlich. Die Rahmenhandlung um das kleine Mädchen hatt einige Fragezeichen bei mir zurück gelassen, ich verstehe nicht ganz, warum der Autor diese Form gewählt hat. Wahrscheinlich ist es eine Metapher für die Macht der Fantasie und soll erklären, wie die Kleine mit der Ausnahmesituation des Verlaufens zurecht kommt. Das muss aber jeder Leser für sich selber raus finden.
Das Buch ist sprachlich schön geschrieben und dadurch leicht und schnell zu lesen. Die erzählten Fakten sind natürlich stark von persönlichen Einflüssen geprägt und vielleicht etwas verklärt dargestellt, kommen sie doch von einer liebenden Tochter.
Mir hat das Buch einen nostalgischen Einblick in die Entstehungsgeschichte hinter dem Puppentheater gegeben, einen Blick auf die Menschen, die die Puppen erschaffen und sie zum Leben erwecken. Diese Menschen lassen den Zuschauer glauben, das dieses Stück Holz auf der Bühne lebt und Gefühle hat, sie lassen die Puppen eine Geschichte erzählen, die das Herz des Zuschauers erreicht. Das ist die wahre Kunst.
Ein Buch mit Erinnerungen für Erinnerungen und ein Grund mal wieder in den alten Folgen zu stöbern.