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Veröffentlicht am 27.05.2021

Ein bisschen Wahrheit und eine Funken Magie ergeben das perfekte Buch

Der Junge, der das Universum verschlang
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Trent Dalton erzählt auf rund 550 Seiten einen relativ kurzen Ausschnitt aus dem Leben des Eli Bell, der sich immer wieder mit der Frage beschäftigt: Was macht einen guten Menschen aus?
Das Schicksal meint ...

Trent Dalton erzählt auf rund 550 Seiten einen relativ kurzen Ausschnitt aus dem Leben des Eli Bell, der sich immer wieder mit der Frage beschäftigt: Was macht einen guten Menschen aus?
Das Schicksal meint es nicht gut mit Eli Bell. Sein Vater hat mit Panikattacken und Alkoholismus zu kämpfen, die ihn und seinen Bruder fast umgebracht haben, seine Mutter und deren neuer Partner dealen mit Drogen und sein Babysitter ist der reale Slim Holliday, ein verurteilter Mörder, der bereits zwei mal aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. All das ist vermutlich nicht die beste Grundlage um erwachsen zu werden, doch Eli zeigt enorm viel Mut und eine riesen Dosis Kampfeswillen.
Dalton, der eigentlich Journalist ist, überrascht in seinem Debütroman mit einer wunderschönen Sprache, die den Leser:innen in die Geschichte eintauchen lässt und an die Seiten fesselt. Nicht nur die Handlung veranlasst einen dazu immer weiter zu lesen, denn trotz der vielen Seiten, wird das Buch nie langweilig, auch der Schreibstil sorgt dafür, dass man am liebsten Stunden und Tage in dem Roman verbringen möchte. Dalton schafft es genau den richtigen Ton für Eli Bell zu treffen. Einerseits von Anfang an enorm erwachsen und reif, anderseits an manchen Stellen derb und vulgär, wie es bei dieser Lebensgeschichte nicht anders zu vermuten war. So webt Dalton in seine bildhafte, poetische Sprache immer wieder diese Ecken und Kanten, an denen sich die Leser:innen stoßen um zu merken, was für eine tragische Geschichte, sie hier eigentlich lesen und erleben.
Dieser Roman zeigt eine ganz besondere Coming-of-Age-Geschichte eines einzigartigen Protagonisten, der die große Frage aufwirft, was gut und böse ist, ob man sich gegen sein eigenes Schicksal stellen kann und ob das Umfeld in dem man groß wird unbedingt auch die eigene Zukunft sein muss.

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Veröffentlicht am 17.12.2020

So viel mehr als nur Gay-Romance

The Music of What Happens
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The Music of What Happens bietet so viel mehr als das Cover und der Titel vermuten lassen. Ich bin an das Buch herangegangen mit der Vermutung eine kitschige Gay-Romance zu lesen. Die habe ich auch bekommen, ...

The Music of What Happens bietet so viel mehr als das Cover und der Titel vermuten lassen. Ich bin an das Buch herangegangen mit der Vermutung eine kitschige Gay-Romance zu lesen. Die habe ich auch bekommen, jedoch auch so viel mehr. Konigsbergs Roman ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die die Leserinnen packt und bis zum Ende nicht mehr loslässt. Nach dem Aussteigen fühlt man sich immer noch leicht schwindelig, das Buch hinterlässt auf jeden Fall seine Spuren.
Am Ende des Romans gibt der Verlag Triggerwarnungen, die für diesen Roman auf jeden Fall nötig sind, auch wenn ich sie nicht gelesen habe, um mich nicht zu spoilern. Konigsberg spricht wichtige Themen an, die nicht nur die LGBTQ+-Gemeinde betreffen. Dies macht er mit brutaler Ehrlichkeit und einer Heftigkeit, dass man manchmal das Buch für eine Weile zur Seite legen muss, um das Gelesene erstmal zu verdauen. Vor allem, wenn man sich selbst in diesen Situationen wiederfindet, ist es erschreckend, wie realistisch die Gefühle und Gedanken der Protagonisten geschildert sind, sodass man sich als Leser
in Gedanken macht, was der Autor vielleicht alles schon durchmachen musste.
Auf diese Szenen folgen jedoch wieder Szenen, die einem ein Pflaster auf die aufgerissenen Wunden legen und einen fest in den Arm nehmen, damit man ja nicht zerbricht, an dem eben Miterlebten. Sensibel und einfühlsam lässt der Autor die Leser*innen tief in die Gefühle der Protagonisten eindringen und uns an ihrem Heilungsprozess teilhaben.
Das alles ist verpackt in einem angenehmen und leicht verständlichen Schreibstil, der exakt auf die beiden Protagonisten passt und sie sofort nahbar und sympathisch macht. Man wünscht den beiden Jungs nur das Beste, lacht und weint mit ihnen und will sie am Ende eigentlich gar nicht verlassen. Obwohl das Ende ziemlich schnell kommt und viele Fragen offen bleiben, wirkt das Buch doch nicht unvollständig.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Möglicherweise der neue Jugendbuchhit?

The Loop. Das Ende der Menschlichkeit (The Loop 1)
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"The Loop" ist ein High-Tech-Gefängnis in dem die minderjährigen Insassen als Stromversorgung diesen. Und wenn sie nicht gerade der täglichen, sechs Stunden andauernden Folter unterzogen werden, bei der ...

"The Loop" ist ein High-Tech-Gefängnis in dem die minderjährigen Insassen als Stromversorgung diesen. Und wenn sie nicht gerade der täglichen, sechs Stunden andauernden Folter unterzogen werden, bei der ihre gesamte Energie aus ihrem Körper gesaugt wird, müssen sie als Versuchskaninchen herhalten, um an ihnen die neuesten Gadgets zu testen, die später dann, in die Körper der Modifizierten eingebaut werden, natürlich nur wenn man es sich leisten kann.
Aber plötzlich funktioniert der perfektionierte Tagesablauf im Loop, gesteuert von der KI Happy, nicht mehr reibungslos und bei den Insassen geht das Gerücht um, dass ein neuer Krieg bevorsteht!

The Loop ist der brandneue dystopische Jugendroman von Ben Oliver, der mich von Anfang an gepackt hat und bis zur letzten Seite (und darüber hinaus) nicht losgelassen hat.
Olivers Stil ist perfekt für die Geschichte des 16-jährigen Luka und seine Gedanken. Oliver spricht durchaus schwierige und wichtige Themen an, ohne dabei zu kompliziert oder anstrengend zu werden. Gleichzeitig schreibt er über Jugendliche, Slums und Gangs ohne in der Sprache anfällig zu werden. Er hat den genauen Punkt getroffen, der für dieses Buch perfekt passt. Vielleicht ist das was Geschieht an dem einen oder anderen Punkt unrealistisch, aber hier bekommt der Roman von mir den Actionbonus, solange es nicht zu "overpowered" ist und gut aussieht, lass ich ihm da etwas Freiheit.

Der Roman spricht viele wichtige Themen an, auf die wir uns derzeit gerade zubewegen. Unter anderem (ohne zu viel zu spoilern) spricht die KI Happy die Gerichtsurteile, ein Algorithmus entscheidet über Leben und Tod (oder den Loop, der vermutlich schlimmer ist als der Tod). Zu welchen Problemen diese Art der Entscheidungsfindung, nicht nur im Justizwesen, führen kann, wurde durchaus schon erforscht.

Ich kann den zweiten Band kaum erwarten und werde mir bis dahin vermutlich weiter den Kopf zerbrechen, was da jetzt eigentlich genau passiert ist!

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Großartige Science-Fiction, der es an nichts fehlt

Ace in Space
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Danai ist Pilotin, doch als der Konzern für den sie fliegt, ihr befiehlt auf unschuldige Zivilisten zu schießen desertiert sie und schließt sich der Jockey-Gang ihrer Mutter an. Von da an geht es für sie ...

Danai ist Pilotin, doch als der Konzern für den sie fliegt, ihr befiehlt auf unschuldige Zivilisten zu schießen desertiert sie und schließt sich der Jockey-Gang ihrer Mutter an. Von da an geht es für sie um krasse Stunts, Videos und Likes, Likes, Likes! - Oder gibt es doch wichtigeres im Leben?

Das AutorInnen-Duo hat einen Roman geschaffen, der zwar oft leicht und spaßig wirkt, aber trotzdem wichtige Themen thematisiert, die sich auch auf die aktuelle Zeit auslegen lassen. Gleichzeitig ist der Roman wichtig für den Gender-Aspekt in der Belletristik, denn der Roman ist gegendert und spricht auch einige damit zusammenhängende Themen an, ohne, dass dies in irgendeiner Form störend auffällt.

Einen Minuspunkt gibt es dann doch, da es (für mich zumindest) am Anfang sehr lang gedauert hat, bis ich mich in der Welt und der neuen Sprache zurecht finden konnte.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Eine Komposition von einem Roman

Der letzte Satz
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Robert Seethaler begleitet Gustav Mahler auf seiner letzten Schifffahrt von New York nach Europa. Dabei blickt der schon sehr schwache Mahler zurück auf sein ereignisreiches Leben voll Erfolg, Liebe, Enttäuschungen ...

Robert Seethaler begleitet Gustav Mahler auf seiner letzten Schifffahrt von New York nach Europa. Dabei blickt der schon sehr schwache Mahler zurück auf sein ereignisreiches Leben voll Erfolg, Liebe, Enttäuschungen und Schmerzen.

Gustav Mahler wird in diesem kurzen Roman von verschiedensten Seiten beleuchtet. Der Leser lernt ihn kennen als melancholischen Menschen, der seit seiner Kindheit schon wusste, dass ihm ein Leben voll Krankheit und Schmerzen bevorsteht, der nun, mit gerade einmal 50 Jahren, dem Ende seines Lebens entgegenblickt. Andererseits erfährt der Leser auch von der launischen Seite, des jungen Komponisten, der nicht still sitzen kann und sein Abbild nicht in einer Büste verewigt sehen möchte. Und neben diesen Seiten, darf auch der verzweifelte Liebhaber, der liebende Vater und der strenge Direktor, der das Beste aus seinem Ensemble herausholen möchte, nicht fehlen.

All diese Facetten des Leben Mahlers präsentiert Seethaler sprachlich ähnlich einer Komposition. Seine Worte klingen wie Musik und fließen angenehm und leicht beim Lesen, wie von eine angenehme Symphonie von einem meisterhaften Orchester. Wieder einmal zeigt sich, dass Seethaler ein Meister des biographischen Erzählens ist, dessen Wortgewandheit im deutschen Sprachraum kaum ein anderer Autor gleich kommt.

Der Roman gibt zwar nicht viele Fakten über Mahler und sein Leben wieder, jedoch lernt der Leser viel über die Gedanken und Gefühle Mahlers. Der Roman porträtiert nicht nur einen Komponisten, sondern auch dessen Zeit, berühmte Zeitgenossen, sowie den Antisemitismus, der schon im Kaiserreich Österreich vorhanden war.

Die Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2020 erhielt Robert Seethaler für diesen Roman zurecht, denn er ist ein sprachliches Meisterwerk, das leicht verständlich ist und an dem es nichts auszusetzen gibt.

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