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Veröffentlicht am 20.12.2020

Verstörend

Der Mädchenwald
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Elissa hat eine Leidenschaft fürs Schachspielen und ist mit ihren 13 Jahren inzwischen richtig gut. Mit ihrer Mutter fährt sie zu einem Kinderschachtunier und wird dort entführt. Man verfrachtet sie in ...

Elissa hat eine Leidenschaft fürs Schachspielen und ist mit ihren 13 Jahren inzwischen richtig gut. Mit ihrer Mutter fährt sie zu einem Kinderschachtunier und wird dort entführt. Man verfrachtet sie in ein Verlies in einem Waldgebiet und Elissa ahnt, dass sie nicht das erste Mädchen ist, dass hier gelandet ist. Neben ihrem Entführer, der mit ihr nur in einer gruseligen Flüsterstimme spricht, wird sie zu ihrem Erstaunen von einem Jungen namens Elijah besucht. Elissa schöpft Hoffnung, dass die heimlichen Besuche des Jungen ihre Rettung sein könnten. Der Junge scheint mit seinen Eltern in einer abgeschiedenen Hütte im Wald zu leben, kennt weder Handys noch Internet und wirkt irgendwie gestört.

Elissa versucht ihre Situation durch ihre Fähigkeiten, die sie sich durch das Schachspielen erworben hat zu verbessern. Das fand ich interessant. So bekommt sie z.B ein besseres Raumgefühl, als sie sich ihre Zelle in Schachfelder einteilt. Auch versucht das sehr analytisch denkende Mädchen immer wieder versteckte Nachrichten an die Außenwelt zu schicken. Sie ist unglaublich schlau und mutig und man kann kaum glauben, dass sie erst 13 Jahre alt sein soll,

Dieser spannende Thriller hat mich als Hörbuch wirklich überzeugt. Er wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, und für jeden Protagonisten gibt es einen eigenen Sprecher. Eine Erzählstimme ist natürlich die von Elissa. Hinzu kommen die Perspektiven von Elijah und der Polizistin Mairéad. Alle 3 Sprecher machen einen großartigen Job und man mag das Hörbuch kaum unterbrechen. Tanja Geke, Monika Oschek und Gerrit Schmidt-Foß haben dieses Hörbuch gemeinsam eingesprochen, und man merkt das sie Profis auf ihrem Gebiet sind.

Die Geschichte wird zum Ende hin immer spannender, und die Auflösung hält so manche Überraschung bereit. Lediglich die Frage, warum gerade Elissa als Entführungsopfer ausgewählt wurde, ist mir nicht klar geworden. Trotzdem ein spannender Hörgenuss, den ich empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Die Kraft der Liebe

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
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"Wenn Du mich heute wieder fragen würdest" von Mary Beth Keane ist, soviel sage ich schon einmal vorneweg, für mich ein Jahreshighlight. Erschienen ist diese wunderbare Romeo und Julia Adaption im sehr ...



"Wenn Du mich heute wieder fragen würdest" von Mary Beth Keane ist, soviel sage ich schon einmal vorneweg, für mich ein Jahreshighlight. Erschienen ist diese wunderbare Romeo und Julia Adaption im sehr besonderen Eisele Verlag, der nur wenige sehr ausgesuchte Bücher pro Jahr produziert.

Es geht um 2 Familien, die Gleesons und die Stanhopes, die man als Leser über 40 Jahre ihres Lebens begleiten darf. Francis Gleeson und Brian Stanhope sind Kollegen bei der New Yorker Polizei. Sie gehen gemeinsam auf Streife , und haben ähnliche Träume, wie sich ihr Leben entwickeln sollte. Beide wünschen sich ein Haus in einem bezahlbaren Vorort, wo sie eine Familie gründen können und ein zufriedenes Leben mit einer Frau und Kindern. Für Francis läuft erst einmal alles wunschgemäß. Er heiratet seine Fraundin Lena, sie ziehen in ein Häuschen in den Vorort Gillam, von dem Brian ihm immer erzählt hat, und er wird Vater von 3 Töchtern. Als Brian in das Haus gegenüber zieht, macht sich Lena Hoffnung, sich mit Brian's Frau Anne schnell anzufreunden, doch Anne lässt sie nicht an sich heran. Mehrere Fehlgeburten haben ihr zugesetzt. Auch wenn ihr einziges Kind Peter im Alter ihrer jüngsten Tochter Kate ist, wünscht sie keinen Kontakt und hat offenbar psychische Probleme. Auch die Ehe von Anne und Brian macht keinen glücklichen Eindruck. Kate und Peter freunden sich dennoch an und sind von Beginn an unzertrennlich, bis eine furchtbare Tragödie passiert.

Erst als Erwachsene finden Kate und Peter wieder zueinander, doch die Vergangenheit hat ihre Spuren hinterlassen.

Dieser wunderbare Roman ist wirklich ein Genußbuch, dass mich von Anfang an begeistern konnte und das in mir die unterschiedlichsten Emotionen hervorgerufen hat. Ja, ich musste tatsächlich auch weinen, was mir bei Büchern nicht sehr oft passiert, aber ein Indiz dafür ist, dass die Autorin es geschafft hat mich aufs Innerste zu berühren. Die Charaktere sind absolut authentisch beschrieben und dadurch, dass die Autorin abwechselnd die Perspektiven ihrer Hauptakteure einnimmt, kann man sich wunderbar in sie hineinversetzen. Trotz vieler Schicksalschläge ist der Grundtenor in diesem Buch immer optimistisch, und das hat mir sehr gefallen. Mary Beth Keane schreibt tiefsinnig, ohne jemals ins Kitschige abzugleiten. Sie hat einen ruhigen aber dennoch sehr lebendigen Schreibstil. Die Familien müssen so einige Schicksalsschläge verarbeiten, aber auch das hat Keane toll gemacht, sie wachsen daran.

Wieviel Romeo und Julia in der Geschichte steckt, muss jeder für dich selbst entscheiden. Ich kann diesen tollen Roman auf jeden Fall nur wärmstens empfehlen.

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Das Leben, so wie es ist

Lied der Weite
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Der amerikanische Autor Kent Haruf, der leider 2014 schon verstorben ist, widmet sich in seinem Buch "Lied der Weite", dem Leben in der fiktiven amerkanischen Kleinstadt Holt in Colorado. Seine Protagonisten ...

Der amerikanische Autor Kent Haruf, der leider 2014 schon verstorben ist, widmet sich in seinem Buch "Lied der Weite", dem Leben in der fiktiven amerkanischen Kleinstadt Holt in Colorado. Seine Protagonisten sind ganz normale Leute, die kein spektakuläres Leben leben. Es sind vielmehr Viehzüchter, Lehrer, Schüler, alte Damen, deren Leben er schnörkellos, präzise und irgendwie bodenständig beschreibt.

Er fokussiert sich auf 7 Charaktere dieser kleinen Stadt und schreibt aus deren Perspektiven. Die Leben seiner Figuren sind schon deshalb miteinander verwoben, weil sie alle in einer Kleinstadt leben, in der Jeder Jeden kennt und ein Geheimnis nicht lange ein Geheimnis bleibt.

Da ist die 17jährige Victoria, die ungewollt schwanger geworden ist und von ihrer lieblosen Mutter auf die Straße gesetzt wird. Sie wendet sich in ihrer Not an ihre Lehrerin, die die Idee hat, sie bei zwei älteren Viehzüchtern, die ein tristes Junggesellendasein führen, unterzubringen.Es gibt aber auch die Perspektive des Highschoollehrer's Tom Guthrie, der sich mit dem ungehörigen und respektlosen Verhalten eines Schülers auseinandersetzen muss und die Sichtweise seiner zwei kleinen Söhne, die nicht wissen wieso sich die eigene Mutter den ganzen Tag im abgedunkelten Zimmer aufhält und nicht für sie da sein kann. Doch auch ihre Sichtweise wird gehört, ebenso wie die zwei alten Junggesellen von Kent Haruf eine Stimme bekommen.

Die Geschichte ist leise und so gefühlvoll erzählt, dass man Tränen in den Augen hat, sei es vor Rührung oder manchmal vor Schreck. An anderer Stelle ist es brutal, weil der Autor mit einer Präzision jede Kleinigkeit beschreibt und das auch bei unschönen Momenten z. B. als ein Pferd obduziert wird ,um herauszufinden, woran es erkrankt war. Man kann sich durch den Schreibstil Haruf's einfach wunderbar in die Menschen, die er porträtiert und die Situationen , die er beschreibt, hineindenken.

Ich habe den Roman kaum aus der Hand legen können und ihn in kürzester Zeit zu Ende gelesen. Es hat mir einfach wahnsinnig gut gefallen.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Eine Kleinstadt hält den Atem an

Der Sprung
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Endlich habe ich es geschafft den 2. hochgelobten Roman der Schweizerin Simone Lappert zu lesen. "Der Sprung" handelt von einer jungen Frau, die eines Tages auf dem Dach eines Hauses steht und eine Kleinstadt ...

Endlich habe ich es geschafft den 2. hochgelobten Roman der Schweizerin Simone Lappert zu lesen. "Der Sprung" handelt von einer jungen Frau, die eines Tages auf dem Dach eines Hauses steht und eine Kleinstadt in der Nähe von Freiburg in helle Aufregung versetzt. Schnell ist die Polizei alarmiert, die versucht, die Frau von ihrem vermeintlichen Selbstmordversuch abzubringen. Derweil finden sich auf dem Platz vor dem Haus immer mehr Schaulustige ein, und das Ganze entwickelt sich zu einer Art morbidem Volksfest. Da werden Handyfotos geschossen und ein Jugendlicher schreit "Nun spring doch endlich". Picknickstühle werden hervorgeholt und der kurz vor der Pleite stehende Tante Emma Laden macht den Umsatz des Jahres.

Zu Beginn hat mich die Vielzahl der Protagonisten, es sind 10 Figuren um genau zu sein, noch sehr verwirrt. Jedes Kapitel ist überschrieben mit dem Namen der Person, in deren Leben wir als Leser gerade hineinschauen können. Es scheinen zunächst wahllose Geschichten zu sein, doch nach und nach entdeckt man, dass jeder Einzelne eine Verbindung zu der Frau auf dem Dach hat. Das hat Simone Lappert wirklich fantastisch hinbekommen. Bemerkenswert ist, dass die vermeintliche Selbstmörderin selbst gar nicht zu Wort kommt.

Bei den Figuren hat man das Gefühl einen Querschnitt der Gesellschaft dieses kleinen Ortes zu erleben. Nicht nur nahestehende Personen der Frau auf dem Dach kommen zu Wort, wie z.B ihre Schwester und ihr Freund, nein auch andere Personen, deren Leben in irgendeiner Form durch dieses" Ereignis" berührt wird. In gewisser Weise hält uns die Autorin mit ihren Charakteren einen Spiegel vor, denn wie oft bilden wir uns ein vorschnelles Urteil von einem Menschen, ohne zu wissen, welche Geschichte hinter seinem Verhalten steckt.

Mich hat das Buch sehr berührt und es hat riesigen Spaß gemacht zu sehen, wie die Autorin die ganzen losen Enden in ihrem Roman zu einem stimmigen Ganzen verwoben hat. Es lohnt sich die ersten 50-60 Seiten durchzuhalten, in denen einen die Vielzahl der Figuren vielleicht noch überfordert. Danach merkt man als Leser, dass man es tatsächlich schafft, den Überblick nicht zu verlieren und die Geschichte beginnt einen Sog zu entwickeln, dem man sich nicht entziehen kann.

Simone Lappert hat einen sehr detailreichen, bildhaften Schreibstil und durch die vielen Protagonisten und deren Schicksale bekommt man auch ein Gefühl der Stimmung und Atmosphäre, dieses warmen Maitages, der so viele Leben verändern wird.

Ich kann den Roman nur wärmstens empfehlen und werde die Autorin sicher weiterhin im Auge behalten.

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Veröffentlicht am 16.10.2020

Raus aus dem Großstadtwahnsinn

Bergsommer
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Katharina Afflerbach hat in ihrem erfolgreichen Großstadtleben irgendwann gemerkt, dass sie feststeckt im täglichen Hamsterrad und wohl kurz vor dem Burnout steht.

Mutig beschließt sie Job und Wohnung ...

Katharina Afflerbach hat in ihrem erfolgreichen Großstadtleben irgendwann gemerkt, dass sie feststeckt im täglichen Hamsterrad und wohl kurz vor dem Burnout steht.

Mutig beschließt sie Job und Wohnung zu kündigen, um sich an ihrem Sehnsuchtsort in den Bergen auf einer Schweizer Alp aine Auszeit zu nehmen. Als Städterin hat sie keine Ahnung, was genau auf sie zukommt und stößt gerade in der Anfangszeit ihres ersten Alpsommers ständig an ihre Grenzen. Aber Katharina ist zäh und gibt so schnell nicht auf. Sie lernt jeden Tag sich neuen Herausforderungen zu stellen, und nachdem der wahrscheinlich schlimmste Muskelkater ihres Lebens überwunden ist, fällt ihr die viele körperliche Arbeit nicht mehr ganz so schwer.

Es macht riesigen Spaß und ist an keiner Stelle langweilig an Katharina's Erlebnissen teilhaben zu dürfen. Ihr ruhiger, unaufgeregter Schreibstil gefällt mir sehr. Selbst bei Wind und Wetter gibt es keine Ausreden. die Arbeiten die anstehen, müssen erledigt werden. Auf der Alp ist man ein Team, dass Hand in Hand zusammenarbeitet. Die sympathische Mittdreißigerin ist nicht nur zuständig für das Melken der Ziegen und Kühe und das Ausmisten natürlich. Nein, in jedem Jahr müssen z.B auch die Zäune neu gesetzt werden, d.h. , zu Beginn des Bergsommers werden sie aufgestellt und zum Ende wieder abgebaut. Auch das Holzen und Heuen gehört dazu, und mit Schmunzeln habe ich gelesen, dass sie Autorin besonders einen Faible für das Arbeiten mit der Motorsäge entwickelt hat. Die Zeit auf der Alp tut ihr gut und erdet sie, so dass sie trotz geplanter Selbstständigkeit nach ihrem 1.Bergsommer eine Wiederholung auch in den beiden Folgejahren plant.

Die 3. Saison bei ihrer Sommerfamilie in den Bergen stellt durch einen Schicksalsschlag, den die Autorin erleiden muß, eine besondere Herausforderung dar. Und doch ist ihr Fazit hinterher, dass die Alp gerade in ihren schwärzesten Stunden der richtige Ort für sie war.

Die Erlebnisse von Katharina Afflerbach über den wohl "schönsten Arbeitsplatz der Welt" sind wirklich lesenswert und haben mich schwer beeindruckt. Wunderschöne Fotos im Mittelteil des Buches, machen die Geschichte noch persönlicher und das Schwitzerdütsch, dass die Autorin immer mal wieder in ihren Text miteinfließen lässt (mit Übersetzung), ist auch ganz bezaubernd. Die Lektüre war inspirierend und unterhaltsam, und man gewinnt als Leser ein anderes, ganz neues Verständnis für die Landwirtschaft in den Bergen, dass sich einem als Tourist nicht erschließt.

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