Roman | Ein amerikanischer Familienroman über Freundschaft, Liebe und die Höhen und Tiefen einer Ehe
Wibke Kuhn (Übersetzer)
Eine moderne Romeo-und-Julia-Geschichte
Als die Gleesons und die Stanhopes in dieselbe Nachbarschaft ziehen, scheinen die Weichen für ein freundschaftliches Miteinander gestellt, sind die beiden Familienväter zudem Kollegen bei der New Yorker Polizei. Lena Gleeson fühlt sich in der neuen Gegend ein wenig einsam und versucht mit Anne Stanhope Freundschaft zu schließen. Doch deren kühle, distanzierte Art verhindert jeden Kontakt. Erst ihre Kinder bringen die Gleesons und die Stanhopes wieder miteinander in Verbindung. Lenas jüngste Tochter Kate und Annes einziger Sohn Peter sind von Anfang an unzertrennlich. Aber ihre aufkeimende Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, als eine Tragödie beide Familien für lange Zeit auseinanderreißt.
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Peter und Kate wachsen als Nachbarn auf und sind als Kinder eng befreundet, obgleich die beiden Familien sich nicht nahestehen. Nach einem furchtbaren Ereignis zwischen den beiden Familien werden Peter ...
Peter und Kate wachsen als Nachbarn auf und sind als Kinder eng befreundet, obgleich die beiden Familien sich nicht nahestehen. Nach einem furchtbaren Ereignis zwischen den beiden Familien werden Peter und Kate auseinandergerissen und finden sich erst als Erwachsene wieder. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden wird immer wieder von der Vergangenheit überschattet.
Auch wenn ich dank Klappentext und positiver Rezensionen hohe Erwartungen an dieses Buch hatte, hat die Geschichte diese alle erfüllt und sogar übertroffen. Mary Beth Keane schafft es meisterlich, eine Spannung in diesem Familiendrama aufzubauen und durch die gesamte Geschichte zu halten. Das Schicksal von Peter und Kate und ihrer jeweiligen Familien wartet mit zahlreichen Tragödien auf, aber die Geschichte wirkt zu keinem Zeitpunkt überladen. Ich hatte nie das Gefühl, dass die Ereignisse sich überschlagen, es wird allem genau das richtige Maß an Raum und Zeit gewidmet.
Besonders begeistert hat mich die Entwicklung der einzelnen Figuren, die man so intensiv kennenlernt und die man über so viele Jahre hinweg begleitet. Trotz aller Widrigkeiten und eigener Schwächen schaffen es alle Figuren auf ihre Art, Stärke zu beweisen. Selten habe ich außerdem so ein toll geschriebenes Ende gelesen – das hat das Leseerlebnis perfekt abgerundet.
Auch wenn ich die Verbindung zu Romeo und Julia nur bedingt knüpfen würde, war die Geschichte der Gleesons und der Stanhopes auf jeden Fall eine Lesehighlight in diesem Jahr. Absolute Leseempfehlung!
„Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ von Mary Beth Keane ist ein vielschichtiger Familienroman. In ihrem Kern ist die story eine Neuinterpretation einer Shakespeare’schen Tragödie.
Die Geschichte ...
„Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ von Mary Beth Keane ist ein vielschichtiger Familienroman. In ihrem Kern ist die story eine Neuinterpretation einer Shakespeare’schen Tragödie.
Die Geschichte beginnt in den 1970er Jahren, Nordamerika ist das gelobte Land, ob für Iren, Polen oder andere Einwanderer. Man kann aufsteigen. Und so beschließt Francis Gleeson aus Irland eines Tages, Cop in New York zu werden. Bei der Polizei trifft er auf den Kollegen Brian Stanhope, der angibt, eigentlich „auch Ire“ zu sein. Der harte Job fordert seinen Tribut, und so zieht das frischgebackene Ehepaar Gleeson aus der Großstadt in den verschlafenen Vorort Gillam. Francis‘ Frau Lena fühlt sich als junge Mutter einsam und allein; umso größer ist ihre Freude, als nebenan die Stanhopes ihre Zelte aufschlagen. Doch Brians Frau Anne verhält sich abweisend. Die nächste Generation soll die Fehler der Eltern nicht wiederholen, und so verlieben sich die Nachbarskinder Peter und Kate ineinander. Doch es kommt zu einer Katastrophe, die zunächst alles überschattet…
Vorab:
Dieses Buch ist kein Feelgood – Roman, es gibt ernste und schwere Themen. Die Geschichte ist aber wirklich mitreißend, im Guten wie im Schlechten. Die Figurenzeichnung ist das wirklich Beeindruckende - es sind echte Menschen mit Stärken und Schwächen, die von Mary Beth Keane in Szene gesetzt werden:
"Das Droehnen des Fernsehers setzte Peter irgendwie mehr zu als die Tatsache, dass seine Mutter seit einer Woche nicht mehr runtergekommen war, und er wachte desorientiert auf, mit einem Gefühl von Panik, als haette er seinen Wecker verschlafen und den Bus verpasst."
Auch die Erzählstruktur mit ihren Rückblenden konnte mich überzeugen; kaleidoskopartig kristallisiert sich allmählich ein Gesamtbild heraus. Geschickt umschifft Mary Beth Keane alle Klischeeklippen, nie verkommt ihre tragische Saga zu seichter Sick-Lit, obwohl es an traurigen (und glücklichen!) Momenten -wie ich echten Leben eben- nicht mangelt.
Die storyline deckt mehrere Jahrzehnte ab, es wird nicht nur an der Oberfläche gekratzt. Daher bleiben gewisse Längen im plot nicht aus, dieses Manko wird aber durch den Facettenreichtum der Geschichte wieder wettgemacht; trotz der Tiefgründigkeit der Ereignisse ist das Ende der story hoffnungsvoll, und so schließt man das Buch nach Beenden der Lektüre mit einem guten Gefühl.
Wenn du mich heute wieder fragen würdest von Mary Beth Keane
Ich mag die Geschichte von Romeo und Julia. Man mag sich nun fragen, warum? Kein Happy End, zieht einen runter, und eventuell muss man sogar ...
Wenn du mich heute wieder fragen würdest von Mary Beth Keane
Ich mag die Geschichte von Romeo und Julia. Man mag sich nun fragen, warum? Kein Happy End, zieht einen runter, und eventuell muss man sogar weinen. Und trotzdem zieht mich die Geschichte schon in den Bann, seit ich sie das erste Mal las. Seitdem gab es eine Menge Adaptionen des Stoffes in Filmen, Büchern, Musikvideos und Liedtexten. Und ja, alle haben eine Gemeinsamkeit. Egal in welcher Zeit sie spielen, viele davon haben trotzdem ein tragisches Ende, weil einige meinen, dass der Reiz der Geschichte genau dieses Ende ausmacht, um aufzuzeigen, dass eine Fehde zwischen Familien nicht so sein darf. Also überlegte ich mir, dass es doch auch mal nett wäre, ein fröhlicheres Ende der Geschichte zu erleben. Und trotzdem, die Tragödie, die beide Familien auseinandertreibt, die muss irgendwie stattfinden. Doch wie schafft man es, eine völlig neue Geschichte zu schreiben, die in unserer heutigen Zeit spielt, mit unseren menschlichen Problemen, die trotzdem rüberbringt, dass es darin ein Paar gibt, dessen Liebe die Familien unbedingt verhindern wollen? Und überhaupt, würde die Geschichte gelingen, wenn die Geschichte Alltagsprobleme und andere Probleme vom Heute beschreibt? JA, das tut es. Nun will ich gar nicht vergleichen. Jede Geschichte ist eigenständig, und hat nichts miteinander zu tun. Bis auf, wie schon erwähnt, Peter und Kate, unsere Hauptprotagonisten u.a., die sich von Geburt an kennen, und immer mehr Gefühle füreinander entwickeln.
Hier also nun die Geschichte, die uns das Buch erzählt:
Ein lebensverändernder Moment? Die gibt es immer. Im Grunde genommen verändert jeder einzelne Moment und jede Sekunde unser Leben. Denn wenn wir in dieser Sekunde etwas Anderes täten, dann würden Ereignisse anders laufen. Man kann diese Momente des Schicksals in allen Bereichen des Lebens ansiedeln, aber geben wir es zu, der Bereich der Liebe ist am interessantesten und wichtigsten. Und tatsächlich ist es so: Wenn wir uns in der Liebe für jemanden entscheiden, dann ist es eine Schicksalsentscheidung. Auch wenn die Welt um uns herum uns davon abrät mit einem bestimmten Menschen zusammen zu sein, so ist es manchmal nicht zu verhindern. Und wieso sollte es das auch? Immerhin sollten wir doch in unserem Heute jeden lieben dürfen, den wir lieben möchten. Und trotzdem. Viele Geschichten und Bücher der Vergangenheit haben uns gelehrt, dass es eben nicht so ist, dass man automatisch lieben darf, wen man will, sondern manchmal dafür kämpfen muss. Kate und Peter sind solche Menschen. Von Kindheit an, erst Nachbarn, dann erste zarte Gefühle, dürfen sie diese nicht ausleben, da es zwischen den Familien einen Zwist gibt. Doch so einfach ist das Ganze nicht. Denn beide können nicht aus ihrer Haut, und erst recht nicht aus ihren Familien. Oder doch? Was noch dazukommt, ist, dass man nicht weiß, woher der Zwist rührt. Denn eigentlich sind die beiden Väter Kollegen bei der Polizei, und die beiden Mütter könnten sich ebenfalls anfreunden, da alle im selben Alter sind, jung verheiratet, nun ein Haus haben, und die ersten Kinder Einzug halten. Doch Anne, Peter Mutter, benimmt sich merkwürdig, will keinen Kontakt in dieser kleinen Vorstadt, in der sonst alle gut miteinander umgehen. Und dann, eines Abends, als Kate und Peter 14 sind, da passiert eine Tragödie, die beide Familien noch mehr voneinander zu trennen scheint. Erst recht, die beiden mittlerweile Jugendlichen. Wie das Ganze dann weitergeht, muss man selbst erlesen. Denn das Buch handelt nicht nur von den beiden, sondern führt uns tief hinein in die Vergangenheiten und die Gegenwart der Eltern (Francis und Lena bei Kate, und Brian und Anne bei Peter), so wie von Kate und Peter selbst.
Cover und Titel:
Obwohl das Cover minimal ist, und einem am Anfang nicht viel sagen mag, finde ich, dass es sehr passend ist. Und das nicht nur, weil es mich an „Zwei Häuser waren-gleich an Würdigkeit-
Hier….naja im lieblichen Gillam eben“ erinnert. Die Linie verbindet beide Häuser, und zeigt somit an, dass beider Schicksale für ein ganzes Leben miteinander verknüpft sind. Symbolisch ist das alles sehr schön. Die Fragen des Buches manifestieren sich im Titel. Es geht darum, was wir tun, wie wir uns entscheiden, und ob wir eine Entscheidung wieder so treffen würden, wenn wir das Ergebnis erahnen könnten, oder gar wissen. Das Buch ist wie eine Straße des Schicksals, die sich durch die Leben von zwei Familien windet. Und die Schicksalsfäden verbinden alle miteinander.
Fazit und Gedanken zum Buch:
Der Fokus liegt nicht nur auf der Liebesgeschichte von Kate und Peter, sondern vielmehr auch auf der Geschichte beider Familien, deren Vergangenheit und Gegenwart, was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Natürlich werden dabei auch Themen wie die Liebe zu seinen Eltern, das Pflichtgefühl ihnen gegenüber behandelt. Die Lieber einer Mutter zu ihrem Kind, Eltern zu ihren Kindern, dass sie wollen, dass diese das Richtige tun, obwohl es das Falsche ist. Die Liebe zur Familie, und die Liebe, die man für sich selbst empfindet, die manchmal etwas zu groß ausfällt, und manchmal auch gar nicht vorhanden ist. Und die Selbstliebe, die man erst wieder erlernen muss, nachdem einem alles genommen wurde. Geschwisterliebe. Liebe, die gar keine ist, und nur als diese verwechselt wird. Und wohl alle Facetten und Arten von Liebe, die im menschlichen Leben eben vorkommen. Im Buch gibt es ein Sammelsurium an Liebe. Aber natürlich auch Hass und Schuld und Vorwürfe. Denn wo Liebe ist, sind diese Dinge meist nicht weit, egal in welcher Form.
Das Buch zeigt einem, dass Romeo und Julia Geschichten nicht immer mit romantischen nächtlichen Besuchen und Balkonszenen zu tun haben. Nicht mit jungen Mädchen die auf den Balkonen stehen, und jungen Männern, die ihnen in Sommernächten unter den Balkonen Liebesworte zuflüstern. Nicht jede Romeo Julia Geschichte muss mit tragischen Todesfällen enden, und doch, ist jede Geschichte, die einem verbietet zu lieben, wen man will, irgendwie tragisch. Hier wird geschafft, dass uns eine Geschichte erzählt wird, die, trotz, dass sie nicht immer präzise und explizite Beschreibung hat, trotzdem sehr gut rüberkommt. Wir lesen eher Andeutungen und die reichen auch völlig aus. Das Buch kommt also ohne große Worte aus, die Liebe zwischen Kate und Peter ist trotzdem spürbar. Ganz leise schleicht sie sich ein, ist aber doch immer da, von Anfang an.
Die Protagonisten sind nicht übergezeichnet, sie sind keine Helden, sondern einfach Menschen, mit all ihren Schwächen, aber auch Stärken. Menschen, die einem in der Nachbarschaft begegnen könnten, mit Schicksalen, die genauso passieren könnten. Und ich bin sicher, das ist genau ein Teil dessen, was diese wundervolle Authentizität im Roman ausmacht, in der wir uns mal wiedererkennen, und mal nicht, oder uns abwenden, ob der Dinge, die passieren. Das Buch ist menschlich, und wenn ich das so schreibe, meine ich, es strahlt eine gewisse Menschlichkeit aus, in all ihren Facetten, in den Gefühlen und Emotionen der Protagonisten, in ihrem Tun, Wirken, und ihrem Agieren. Selbst wenn wir manche menschliche Regung manchmal nicht verstehen, so gibt es für alles Erklärungen, und wir können uns selber Gedanken machen, wie wir selbst in einigen Fällen entscheiden würden. So kann man nicht alles, aber einiges besser nachvollziehen, weil es einen an das eigene Leben erinnert. Denn die Lebensläufe sind hier nicht realitätsfremd, sondern nah an der Realität. Im Grunde genommen ist es eingeteilt in drei große Lebensabschnitte. Die Kindheit, die Jugend und das Jungsein, und das Erwachsenenleben. Und jeder Abschnitt spiegelt etwas wieder, was uns so nicht bekannt vorkommt. Kinder die zu viel nachdenken, Jugendliche die nicht fröhlich und rebellisch sind, und Erwachsene, die sich ihre Jugendlichkeit in einigen Dingen bewahrt haben, trotz der ganzen Erwachsenenbelastungen. Doch das Buch birgt auch einen steten Kampf, den wir führen müssen. Das Leben in all seinen Facetten ist nicht immer nur leicht, und manchmal muss man um die kämpfen, die man liebt. Denn im Gegensatz zu unserem Paar aus dem lieblichen Verona, geht es für Kate und Peter weiter mit einem Leben voller Schwierigkeiten, Altlasten…… und Dingen, die sich ihnen versuchen in den Weg zu stellen. Dies, und der Alltag, sind die Dinge die aufgezeigt werden, und uns sagen, dass man mit genug Kampfgeist alles schaffen kann, wenn man bloß füreinander da ist.
Meine eigens in mir konzipierte Protagonistenpsychologin, die ich ja gerne mal raushängen lasse, war auf jeden Fall dauerhaft beschäftigt, und hat irgendwie doch nicht immer Lösungen gefunden. Schwierig in diesem Buch, aber auch schön, dass es so tiefgehend ist, dass man nicht für alles eine Lösung findet, weil es ist, wie es ist, und man sich damit abfinden muss.
Ein Buch über das Leben mit allen möglichen Schicksalsschlägen und Konstellationen, Zwiespälte, Pflichtgefühl, Missentscheidungen, der Momente, die Ereignisse auslösen, wo eines zum anderen führt, vergangene und verlorene Gelegenheiten und Zeit, zu spätes Handeln, sich seine Fehler selbst zu verzeihen, Schuld, Vergebung, und darüber, dass jeder an allem Schuld hat und niemand an nichts, denn nicht immer kann man in Schuld und Nichtschuld einteilen, das es auch noch Grau gibt, wo manche nur Schwarz und Weiß sehen. Und immer wieder sind es die einzelnen Sekunden und Momente, die Auswirkungen auf unser Restleben haben, und die gibt es zuhauf im Buch. Entscheidungen, selbstgetroffene, und solche, die man uns abnimmt, und welche, über die man sich hinwegsetzt. Und Menschen die das Falsche tun, obwohl sie das Richtige tun wollen.
Es geht langsam voran, schleichend, nicht mit einem großen Knall, und trotzdem fühlt man die erwachende Liebe genauso erblühen, wie das Erwachsenwerden der beiden. Und ist es nicht auch so, dass Menschen für uns quasi wie ein Zuhause sein können? Ein Ort, an dem wir uns wohlfühlen, wenn wir mit demjenigen zusammen sind? Kate ist solch ein Ort für Peter, und das merkt er schon recht früh. Dass daraus dann Liebe entsteht, ist wünschenswert, und auch für Kate fühlt das Gleiche. Diese Atmosphäre, spannt sich über den Roman, in dem wir uns fragen, warum zwei Menschen, die sich gegenseitig guttun, nicht zusammen sein dürfen. Das Buch lässt einen zwiespältig zurück. Man versucht die Elternteile zu verstehen, kann es aber teilweise nicht, versucht zu ergründen, warum die aufkeimende Liebe von Kate und Peter schon gleich im Keim erstickt werden soll, und warum die Erwartungshaltung der Eltern so ist. Der Fokus liegt hier nicht auf der Geschichte des Paares Kate und Peter, sondern auch auf ihrer Umwelt, und den Menschen drumherum. Er liegt auf der Gesamtheit der Zusammenhänge, wie alles miteinander verknüpft ist, wie ein Moment, eine Sekunde unser Leben verändern kann, und was uns ausmacht, wie wir zu dem werden, was wir sind. Denn das Schicksal wird hier großgeschrieben.
Es ist wie als ob man mit dem Buch, im übertragenen Sinne, mitwachsen würde. Als die Protagonisten Kinder sind, ist man selbst wieder Kind, jugendlich fühlt man sich dann beim Lesen, während Peter und Kate diese Phase mitmachen. Man ist auf einmal wieder in der Schule, in Vereinen, macht seinen Abschluss, steht im Beruf, ist auf einmal selber erwachsen, und somit dort angekommen, wo man beim Anfang des Buches gestartet ist. Eine kleine Altersrundreise. Die Ereignisse durch die Jahrzehnte hindurch, die hat man auf einmal wieder direkt vor Augen, wenn sie kurz erwähnt werden, und man sie selbst miterlebt hat. Es ist ein wenig eine Selbstreflexion, die das Buch hinterlässt, es hallt in einem Selbst nach, und lässt einen all die Dinge hautnah erleben, fast so, als sei man überall selbst dabei. Das führt zu Gänsehaut, Tränen, Wut aber auch Freude, und einem Nachhall in uns. Und egal, ob man sich gerade in den 70 ern, 80 ern, den 90 er Jahren, der Jahrtausendwende befindet, oder gar im Heute, die Atmosphären der Jahrzehnte sind so toll beschrieben, dass man sich direkt in ihnen wähnt, und das, egal ob man sie schon erlebt hat, oder nur davon gehört. Die Zeit ist nicht dauerhaft chronologisch. Wir landen mal in der Vergangenheit, der Gegenwart, um dann wieder Rückblenden einer anderen Figur zu lesen. Doch alle Zeiten und Schicksale verweben sich so miteinander, dass sich daraus ein Gesamtbild ergibt, ein verwobenes Gesamtschicksal, das sie alle miteinander verbindet in dieser Geschichte. Die ganze Geschichte braucht ein bisschen, bis sie sich entfaltet und wirkt, wenn sie es dann aber tut, dann mit voller Ladung, und wenn man dann richtig in ihr drin ist, verbinden sich am Ende alle Stränge miteinander. Und trotz, dass die Geschichte einen so in den Bann zieht, dass man sie am liebsten auf einmal lesen würde, nur um zu wissen, wie alles endet und ausgeht, so ist es auch eine Geschichte deren Abschnitte Zeit brauchen.
Wie eine Perlenkette reihen sich hier Schuld und Nichtschuld aneinander, Ereignisse, die zu anderen Ereignissen führen, die dann wiederum zu erneuerten Ereignissen führen, die jemanden schuldig sprechen. Und wer ist am Ende schuld? Bei welchem Teil der Perlenkette fangen wir an, jemandem die Schuld zuzuschieben, wenn der vielleicht gar nichts dafür kann, weil seine Schuld, die Reaktion auf eine andere Schuld ist, weil ihm etwas angetan wurde, wo ein anderer Schuld dran ist? Oder ist jeder gar so sehr für sich selbst verantwortlich, dass er jede Schuld sühnen muss? Was können aber Kinder für die Schuld ihrer Eltern, und die Eltern sind vielleicht selbst Opfer von irgendwas geworden? Gar nicht so leicht und einfach. Und überhaupt. Derjenige, der ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Ist nicht jeder von uns an irgendwas schuld, weil wir etwas getan haben? Mal mit minimaler, andere vielleicht mit maximaler Wirkung. Und vielleicht hilft das Buch ja auch dabei, die Welt ein bisschen weniger Schwarzweiß zu sehen, sondern auch auf die Grautöne zu achten. Zu hinterfragen, und aufzupassen. Nicht jeden gleich zu verurteilen, weil die Lage für einen klar ist, denn man weiß ja eigentlich nie, was hinter einer Sache steckt. Das Buch zeigt, wie sehr unsere Eltern uns formen, und wie sehr sie Einfluss auf unser Leben nehmen. Eines der großen Themen im Buch ist auch die Vergebung. Und es gibt eine Menge im Buch, dass vergeben werden muss, sollte, oder so scheint, dass man es nicht vergeben kann. Wir erfahren ein Intermezzo aus richtigen und falschen Entscheidungen. Das Buch ist voll von ihnen, und man steht ständig am Scheideweg von genau diesen, um sich zu überlegen, in welche Richtung man geht. Manchmal ist das gut, aber manchmal werden wir Zeuge, wie die falschen Entscheidungen getroffen werden, von denen man sich am Ende fragt, ob sie vielleicht doch richtig waren, und man sein Ziel nicht gradlinig erreicht hat, sondern mit einer Menge Umwegen und Abzweigungen.
Ich mag dieses leise sanfte im Roman, das uns nicht mit voller Gewalt auf die Handlung mit all ihren Einzelheiten stößt, damit wir es auch wirklich wahrnehmen, sondern alles Geschehene leicht berührt, und uns so Platz für die eigenen Gedanken lässt, obwohl die Handlung im Roman doch trotzdem abläuft, und Dinge geschehen. Die Szenerien sind meist nur leicht angedeutet, wir werden nicht plump darauf gestoßen, was genau passiert, und trotzdem ist der Schreibstil genau so, dass er das richtige Kopfkino bereitet, und man genau weiß, worum es geht, und was die Charaktere machen und denken.
Was im Buch wundervoll rüberkommt ist diese tiefe Sehnsucht nacheinander, die man atmosphärisch fast die ganze Zeit fühlt. Und das schon in der Zeit der Jugend von Kate und Peter. Selbst wenn sie getrennt sind, denken sie fast immer bis sehr oft aneinander, was der andere gerade tut und macht, wie es ihm geht. Das Leben was beide ohne einander zu haben leben, ist wie eine leere Hülle eines Lebens, die erst wieder mit Leben gefüllt werden kann, wenn beide sich wiederhaben. Es ist ein Schattenleben, an dem wir teilhaben. Aber vor allem zeigt das Buch auch, wie bedingungslos eine Liebe sein kann, wie selbstlos, wie sehr man gemeinsam durch gute und schlechte Zeiten gehen kann, durch Krankheiten, und selbst durch genau die Zeiten, in denen andere es miteinander nicht mehr aushalten und sich auseinanderleben.
Ich gebe zu, bei dieser Lektüre mal wieder eine Menge Tränen vergossen zu haben. In einzelnen Szenen, ob einiger Sätze, Abschnitte oder wegen der Taten der Charaktere. Tränen der Wut, Ungerechtigkeit, des Mitgefühls, der Vergebung, des Zorns, aber auch der Hoffnung und Freude. Damit bringt das Buch einen wieder mal in ein Gefühlskarussell, zeigt aber auch auf, dass das Leben nicht nur aus Freude oder Problemen besteht, sondern dass es auch die zarten Zwischentöne der Hoffnung gibt. Und dass auch in Unglücken Glück liegen kann, das man findet, und sich manchmal gar nicht so bewusst dessen ist. Dass Vergebung manchmal nötig ist. Und damit ist die Geschichte genau so bunt wie das Leben, mit all seinen Karussellumdrehungen. Es zeigt Menschlichkeit, Fehler, Zugeständnisse, aber auch, dass Liebe eines der größten Gefühle ist, das eine Menge anderes ins Abseits drängen kann, und einem Kraft gibt. Also Vorsicht, denn mit einem großen Bäm und Wow, schleicht sich das Buch dann doch ganz langsam beim Lesen in euer Herz, und eure Gehirnwindungen und Gedanken, so dass es euch nicht mehr loslässt. Zumindest war das bei mir so.
Heutiges Rezensionslied, weil ich es passend fand:
„'Cause we were just kids when we fell in love…….not knowing what it was…..I will not give you up this time. But darling, just kiss me slow….your heart is all I own…..and in your eyes, you're holding mine.“
Es geht in dem Roman um zwei Familien, die auf verschiedene Arten miteinander verwoben und untereinander verbunden sind.
Die Gleesons und die Stanhoppes sind Nachbarn in dem beschaulichen New Yorker Vorort ...
Es geht in dem Roman um zwei Familien, die auf verschiedene Arten miteinander verwoben und untereinander verbunden sind.
Die Gleesons und die Stanhoppes sind Nachbarn in dem beschaulichen New Yorker Vorort Gillam. Die Gegend, in der sie wohnen ist ruhig und beliebt.
Die Familienväter Brian und Francis sind zudem Kollegen bei der New Yorker Polizei und deren Kinder Kate und Peter sind seit sie sich kennen befreundet. Aus dieser Zuneigung und Freundschaft wird Liebe.
Eine Liebe, die auf die Probe gestellt wird.
Durch eine Katastrophe.
Durch ein tragisches Ereignis.
Durch einen kurzen, einschneidenden Moment, der für beide Familien alles ändert.
Bei den Familienmüttern sieht es etwas anders aus. Da will es nicht so recht klappen. Lena Gleeson, die sich tagsüber mit ihrem Baby recht allein fühlt, würde sich gerne mit Anne Stanhoppe anfreunden, aber Anne wirkt unnahbar, desinteressiert und abweisend.
Es geht in „Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ um viele basale und bedeutsame Themen, die von Mary Beth Keane wunderbar unaufdringlich und unaufgeregt in die Geschichte eingeflochten werden.
Sie geht auf Familienzusammenhalt, Umgang mit Schicksalsschlägen, Verlust, Vernachlässigung, Gewalt, Schuld und Entschuldigung, Krankheit, psychische Probleme und Alkoholismus ein und beschreibt alles nachvollziehbar, realistisch und psychologisch stimmig.
Die Autorin zeichnet lebendige, gut ausgearbeitete und authentische Charaktere, die wir in all ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität, sowie mit Ecken und Kanten kennenlernen und begleiten und die sich im Verlauf der Geschichte entwickeln und verändern.
„Wenn du mich heute wieder fragen würdest“ ist Familienroman, Liebesroman und Coming of Age Geschichte, die mich nicht zuletzt wegen den überraschenden Wendungen, sondern auch wegen ihrer Vielschichtigkeit und Tiefgründigkeit fesselte.
Das Buch ist berührend, bewegend und kurzweilig und es liest sich flüssig.
Die Autorin erzählt unaufgeregt, feinfühlig und emphatisch, eindringlich, aber nicht aufdringlich und hat eine klare und detailreiche Sprache.
Trotz ihrer ruhigen Erzählweise erschafft sie eine intensive und dichte Geschichte, was ich bemerkenswert finde.
An Humor fehlt es der Geschichte, die zum Nachdenken anregt, übrigens auch nicht.
Es macht großen Spaß, nach und nach die einzelnen Puzzleteile zusammenzufügen, so dass sich schließlich ein vielschichtiges und tiefgründiges Bild erkennen lässt.
Ich könnte mir die gleichermaßen dramatische wie hoffnungsvolle Geschichte sehr gut verfilmt vorstellen.
"Wenn Du mich heute wieder fragen würdest" von Mary Beth Keane ist, soviel sage ich schon einmal vorneweg, für mich ein Jahreshighlight. Erschienen ist diese wunderbare Romeo und Julia Adaption im sehr ...
"Wenn Du mich heute wieder fragen würdest" von Mary Beth Keane ist, soviel sage ich schon einmal vorneweg, für mich ein Jahreshighlight. Erschienen ist diese wunderbare Romeo und Julia Adaption im sehr besonderen Eisele Verlag, der nur wenige sehr ausgesuchte Bücher pro Jahr produziert.
Es geht um 2 Familien, die Gleesons und die Stanhopes, die man als Leser über 40 Jahre ihres Lebens begleiten darf. Francis Gleeson und Brian Stanhope sind Kollegen bei der New Yorker Polizei. Sie gehen gemeinsam auf Streife , und haben ähnliche Träume, wie sich ihr Leben entwickeln sollte. Beide wünschen sich ein Haus in einem bezahlbaren Vorort, wo sie eine Familie gründen können und ein zufriedenes Leben mit einer Frau und Kindern. Für Francis läuft erst einmal alles wunschgemäß. Er heiratet seine Fraundin Lena, sie ziehen in ein Häuschen in den Vorort Gillam, von dem Brian ihm immer erzählt hat, und er wird Vater von 3 Töchtern. Als Brian in das Haus gegenüber zieht, macht sich Lena Hoffnung, sich mit Brian's Frau Anne schnell anzufreunden, doch Anne lässt sie nicht an sich heran. Mehrere Fehlgeburten haben ihr zugesetzt. Auch wenn ihr einziges Kind Peter im Alter ihrer jüngsten Tochter Kate ist, wünscht sie keinen Kontakt und hat offenbar psychische Probleme. Auch die Ehe von Anne und Brian macht keinen glücklichen Eindruck. Kate und Peter freunden sich dennoch an und sind von Beginn an unzertrennlich, bis eine furchtbare Tragödie passiert.
Erst als Erwachsene finden Kate und Peter wieder zueinander, doch die Vergangenheit hat ihre Spuren hinterlassen.
Dieser wunderbare Roman ist wirklich ein Genußbuch, dass mich von Anfang an begeistern konnte und das in mir die unterschiedlichsten Emotionen hervorgerufen hat. Ja, ich musste tatsächlich auch weinen, was mir bei Büchern nicht sehr oft passiert, aber ein Indiz dafür ist, dass die Autorin es geschafft hat mich aufs Innerste zu berühren. Die Charaktere sind absolut authentisch beschrieben und dadurch, dass die Autorin abwechselnd die Perspektiven ihrer Hauptakteure einnimmt, kann man sich wunderbar in sie hineinversetzen. Trotz vieler Schicksalschläge ist der Grundtenor in diesem Buch immer optimistisch, und das hat mir sehr gefallen. Mary Beth Keane schreibt tiefsinnig, ohne jemals ins Kitschige abzugleiten. Sie hat einen ruhigen aber dennoch sehr lebendigen Schreibstil. Die Familien müssen so einige Schicksalsschläge verarbeiten, aber auch das hat Keane toll gemacht, sie wachsen daran.
Wieviel Romeo und Julia in der Geschichte steckt, muss jeder für dich selbst entscheiden. Ich kann diesen tollen Roman auf jeden Fall nur wärmstens empfehlen.