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Veröffentlicht am 05.12.2020

Kochen ist kein Hexenwerk

Emmi kocht einfach
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Wer Kinder hat, die erwachsen werden und ausziehen, der hofft, dass sie sich eigenständig ernähren und sich auch mal selbst etwas Leckeres auf dem Herd zubereiten können, vor allem, wenn sie sich nicht ...

Wer Kinder hat, die erwachsen werden und ausziehen, der hofft, dass sie sich eigenständig ernähren und sich auch mal selbst etwas Leckeres auf dem Herd zubereiten können, vor allem, wenn sie sich nicht in der Nähe von „Hotel Mama“ niederlassen. Da wir Christiane Emma Prolics Kochblog schon eine Weile verfolgen und inzwischen einige der Empfehlungen nachgekocht haben, haben wir unserem Nachwuchs jedem eines von ihren Büchern als „Küchennachschlagewerk“ mit ins Gepäck gegeben, um die Nahrungsverwertung sicherzustellen.
Das Buch startet mit einem persönlichen Vorwort, wo die Autorin schon so einige Tipps und Tricks zum Besten gibt, die selbst alten Kochhasen hilfreich sind. U. a. geht es da ums Schneiden von Roten Beeten, Fettentfernung aus Soßen, das Soßenbinden, das Erkennen von frischen Eiern, der Umgang mit Fleisch, Brühen, Fonds, Gewürzen und Kräutern, Ölen, Käse, welche Küchenhelfer, Messer und Vorräte hilfreich sind.
Die Gliederung geht von Salaten, über Beilagen, Eintöpfe, Suppen, Hauptgerichte, Nudel- und Reisgerichte, Quiches, Tartes, Süßspeisen, Desserts bis hin zum Backen. Eine Zutatenliste, ein Saisonkalender sowie ein Rezeptregister runden dieses Buch wunderbar ab, zumal die benötigten Lebensmittel überall erhältlich sind.
Mit „Emmi kocht einfach“ gelingt auch Anfängern mühelos eines der 75 gut durchdachten Rezepte. Ob es die Gemüsequiche ist, der Caesars Salat oder auch die Bananen-Schoko-Muffins, hier wird jeder fündig, der sich selbst bekochen will und nicht unbedingt ein Küchenprofi ist. Die Rezepte sind ausführlich beschrieben und lassen auch einen Laien sein Erfolgserlebnis haben, wenn die erste selbstgekochte Mahlzeit auf dem Tisch steht.
Ein tolles Einsteigerkochbuch, das in Studentenbuden und Kleinhaushalten gute Dienste leistet. Empfehlenswert!

Veröffentlicht am 05.12.2020

"Der Mensch ist nichts anderes, als was er selbst aus sich macht." (Jean-Paul Sartre)

Stella Fortuna
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1920 kommt Mariastella Fortuna im Dorf Ievoli im italienischen Kalabrien zur Welt. Aufgrund des frühen Todes ihrer älteren Schwester erbt sie deren Vornamen und damit ist das Schicksal für ihr weiteres ...

1920 kommt Mariastella Fortuna im Dorf Ievoli im italienischen Kalabrien zur Welt. Aufgrund des frühen Todes ihrer älteren Schwester erbt sie deren Vornamen und damit ist das Schicksal für ihr weiteres Leben besiegelt, denn Stella neigt leider dazu, dem Tod oftmals die Stirn bieten zu müssen. Für viele wirkt sie sonderbar oder gar verflucht, doch eigentlich besitzt sie nur einen unermüdlichen Lebenswillen, der sie wie ein Stehaufmännchen immer wieder zurückholt unter die Lebenden. Sie kümmert sich rührend um ihre kleine Schwester Cettina und beschützt sie vor ihrem Vater Antonio, in dessen Augen Frauen minderwertige Wesen sind und der sich deshalb seiner Frau Assunta mehr als einmal aufzwingt. Als die Familie vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Amerika auswandert, hofft Stella, dort endlich mehr Eigenständigkeit zu erhalten. Leider hat ihre Familie einschließlich Cettina gar kein Verständnis dafür, was die beiden eng verbundenen Schwestern über lange Zeit entfremden soll…
Juliet Grames hat mit „Die sieben oder acht Leben der Stella Fortuna“ einen unterhaltsame historische Familiensaga vorgelegt, die dem Leser eine sehr eigenwillige und selbstbewusste Frau vorstellt. In ihrem Roman verarbeitet die Autorin nicht nur Teile ihrer eigenen Familiengeschichte, sondern lässt den Leser auch an einer spannenden vergangenen Zeitepoche teilhaben. Mit flüssigem und bildhaftem Erzählstil wird die Handlung aus Sicht von Stellas Enkelin berichtet, die das schicksalhafte Leben ihrer über 90-jährigen Großmutter vor dem Leser ausbreitet und dabei die Brücke vom Beginn in Italien bis zum Jetzt in Amerika schlägt. Der Alltag in einer von Traditionen geprägten Familie, deren Vater entweder durch Abwesenheit glänzt oder sich der Mutter aufdrängt und sein Frauenbild verdeutlicht, prägt Stellas Sicht auf die Welt und Lebensanschauung ebenso, wie die mehrfach vorkommenden Nahtoderfahrungen, von denen sie sich immer wieder wie durch ein Wunder erholt. Mit dem Umzug nach Amerika steht Stella vor der Herausforderung, nicht nur die Heimat hinter sich und ein völlig neues Land an sich heranzulassen, sondern muss als Tochter italienischer Einwanderer so manche Hürde nehmen, um dort Fuß zu fassen. Doch all das ist nichts gegenüber dem widerlichen und missbräuchlichen Verhalten ihres Vaters, der die Familie immer und immer wieder tyrannisiert. Als Leser sind einige Dinge nur schwer zu verdauen, leben wir doch heute in einer Zeit, wo wir uns viele Freiheiten gewährt werden und wir über uns selbst bestimmen können. Da wirkt Stellas Leben fast schon wie in einem Gefängnis. Ihr langjähriger Zwist mit ihrer jüngeren Schwester ist zudem eines der Geheimnisse, die ebenfalls nach und nach offenbart werden.
Die Charaktere sind sehr glaubwürdig und lebendig in Szene gesetzt und wirken mit ihren Eigenschaften sehr realitätsnah, so dass es dem Leser leicht fällt, sie zu beobachten, sie bei ihren Erlebnissen zu verfolgen und mitzufühlen. Stella wird es von Geburt an nicht leicht gemacht, ein eigenständiger Mensch zu sein, denn man verabreicht ihr den Namen einer Toten. Zahlreiche Unfälle lassen sie beinahe sterben, doch immer wieder steigt sie wie Phönix aus der Asche empor, um noch ein wenig eigenwilliger, selbstsicherer und trotziger zu werden. Mutter Assunta sowie Schwester Cettina bleiben ihren alten Traditionen treu und nehmen wenig Rücksicht auf die Gefühle von Stella. Antonio ist ein Ekel, dem man gern mal eins überbraten würde wegen seiner frauenfeindlichen Ansichten.
„Die sieben oder acht Leben der Stella Fortuna“ ist ein interessanter Einblick in das Leben einer italienischen Familie, die in die USA auswandert. Vor allem aber lernt man mit Stella eine Frau kennen, die sich vom Schicksal nicht unterkriegen und verbiegen lässt. Aufgrund des biografischen Hintergrunds sehr persönlich, spannend und lesenswert!

Veröffentlicht am 28.11.2020

Auf der Jagd nach Caesar

Der Spiegelmann
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Fünf Jahre ist es her, seit Jenny Lind auf dem Weg von der Schule nach Hause entführt und nie gefunden wurde. Nun hängt sie ermordet an einem Klettergerüst auf einem Spielplatz mitten in Stockholm. Sofort ...

Fünf Jahre ist es her, seit Jenny Lind auf dem Weg von der Schule nach Hause entführt und nie gefunden wurde. Nun hängt sie ermordet an einem Klettergerüst auf einem Spielplatz mitten in Stockholm. Sofort wird Kommissar Joona Linna auf den Fall angesetzt, der von dem Anblick des Leichenfunds tief erschüttert ist. Ein Augenzeuge namens Martin ist kaum vernehmungsfähig, da er selbst seit einem Unfall traumatisiert ist und unter Angstzuständen sowie Psychosen leidet. Das der Leiche zugefügte Brandzeichen auf dem Hinterkopf lässt bei Joona im Kopf alle Alarmglocken schrillen, denn er ist sich sicher, dass es noch mehr Opfer geben wird. Um Martin zu einer halbwegs brauchbaren Aussage zu bringen und endlich Einzelheiten über den Mord zu erfahren, wendet sich Joona an den Hypnotiseur Erik Maria Bark. Joona muss dem Täter unbedingt schnellstmöglich das Handwerk legen, denn schon bald gibt es eine weitere Vermisste….
Das Autorenduo Lars Kepler hat mit „Der Spiegelmann“ den achten Fall ihres Kommissars Joona Linna vorgelegt, der auch diesmal wieder mit einem spannend konstruierten Plot die Nerven des Lesers bis zum Zerreißen anspannt. Der flüssige, leicht düstere und bildhafte Erzählstil hat ein flottes Tempo und baut so recht schnell Spannung auf. Der Leser heftet sich sofort bei Beginn an Joonas Fersen, um mit ihm nicht nur den Tatort zu besuchen, sondern sich auch den Ermittlungen anzuschließen, um den perfiden Mörder zur Strecke zu bringen. Sowohl wechselnde Perspektiven als auch unvorhergesehene Wendungen schrauben den Spannungsbogen immer weiter in die Höhe, während Joona dem nächsten Mord unbedingt zuvorkommen will. Neben den doch recht fragwürdigen Behandlungsmethoden des psychisch kranken Augenzeugen wird die Story auch interessant durch den unsichtbaren Täter namens „Caesar“, der ab und an in Erscheinung tritt und durch seine Brutalität beim Leser ein unheimliches Gänsehautfeeling verursacht, während man alles wie einen Film vor Augen hat. Das Ende bietet zudem eine Überraschung, die man nicht kommen sieht.
Die Charaktere sind recht intensiv in Szene gesetzt, so dass sie mit ihren menschlichen Eigenschaften schnell überzeugen können und den Leser einfangen. Joona Linna ist kein Mann, der konventionelle Wege geht. Mit seiner Begabung, sich in den Täter hineinzuversetzen und seinem Gefühl zu folgen, eckt er oft an. Linna ist zäh, aber auch feinfühlig, was ihn immer wieder gefühlsmäßig in Schwierigkeiten bringt. Martin ist ein seelisches Wrack durch zwei Schicksalsschläge. Die Schuld frisst ihn auf und lässt ihn den Verstand verlieren. Ebenso überzeugen die weiteren Protagonisten mit ihren Episoden innerhalb der Geschichte.
„Der Spiegelmann“ sorgt mit seinem spannenden Fall wieder einmal für schlaflose Nächte, denn das Duo Kepler weiß, wie es seine Leser einzufangen hat. Fesselnd und rasant jagt man durch Stockholm und ist am Ende sowohl erschöpft wie atemlos. Verdiente Leseempfehlung für einen packenden Thriller, der sehr kurzweilige Lesestunden beschert!!!

Veröffentlicht am 26.11.2020

“Eine Reise wird besser in Freunden als in Meilen gemessen.” (Tim Cahill)

Zeit der Pfirsichblüte
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20 Jahre ist es her, seit Anna ein Studienjahr in der spanischen Stadt Barcelona verbracht und dort nicht nur ihre große Liebe gefunden hat, sondern auch einen einschneidenden Schicksalsschlag durchleben ...

20 Jahre ist es her, seit Anna ein Studienjahr in der spanischen Stadt Barcelona verbracht und dort nicht nur ihre große Liebe gefunden hat, sondern auch einen einschneidenden Schicksalsschlag durchleben musste. Seither war sie nie wieder dort, obwohl die Gedanken an damals sie nicht loslassen. Inzwischen ist sie seit 9 Jahren in einer Beziehung mit Viktor, die jedoch nur noch vor sich hindümpelt. Als Viktor ihren gemeinsamen Urlaub absagt, lässt Anna sich von ihrer besten Freund Carina dazu überreden, einen Frauenurlaub mit ihr zu unternehmen, ausgerechnet nach Barcelona. Kaum wieder in Spanien, holen Anna die alten Erinnerungen ein, und sie durchstreift mit ihrer Freundin nicht nur die aufregende Metropole Barcelona sowie die zauberhaften Pfirsichplantagen, auf der sie damals gearbeitet hat, sondern beginnt auch damit, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, während sie alte Freunde wiedersieht und einer schrecklichen Vermutung nachspürt, die ihr Leben damals so verändert hat….
Anja Saskia Beyer hat mit „Zeit der Pfirsichblüte“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der vor der farbenprächtigen Kulisse Barcelonas auch eine Schicksalsgeschichte präsentiert. Der flüssig-leichte, bildhafte und emotionale Erzählstil lässt den Leser schnell an die Seite von Anna schlüpfen, um sie in den Frauenurlaub und bei ihren Erinnerungen zu begleiten. Die Geschichte wird über zwei Zeitebenen erzählt, so dass der Leser zum einen in der Gegenwart mit Anna und Carina befindet, zum anderen im Jahr 1999, als Anna in Barcelona studiert, Raffael, Pablo und Inez kennengelernt und mit ihnen gemeinsam Zeit verbracht hat. Die Autorin greift ein ernstes Thema auf, dass sich zwar hauptsächlich während des Franco-Regimes in Spanien zugetragen hat, wohl aber auch nach dem Sturz des Diktators noch für viele weitere Jahre so praktiziert wurde und dabei sehr viele Frauen ins Unglück gestürzt hat, die teilweise bis heute verzweifelt auf der Suche sind. Das Thema wurde zwar gut und gefühlvoll in die Handlung integriert, jedoch nur oberflächlich angerissen, was bei einem Unterhaltungsroman allerdings völlig in Ordnung ist. Durch die wechselnden Zeitebenen erfährt der Leser nach und nach, was damals Ungeheuerliches passiert ist, wobei ihm nach und nach die Haare zu Berge stehen und die Gefühle Achterbahn fahren. Freundschaft ist ebenfalls ein wichtiger Punkt in dieser Geschichte, die die Autorin anhand von Carina, aber auch von Pablo wunderbar umgesetzt hat. Die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Anna und einem Protagonisten hätte nicht unbedingt sein müssen, da es vom Hauptthema ablenkt, welches schon einiges an Raum einnimmt. Sehr schön sind die farbenprächtigen Beschreibungen von Barcelonas Highlights, den kulinarischen Genüssen und der Pfirsichblüte, die dem Leser ein schönes Kopfkino bescheren, während er gleichzeitig dem Duft von Gewürzen, Kaffee und Früchten nachspürt.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, menschliche Ecken und Kanten machen sie glaubwürdig und authentisch. Der Leser fühlt sich ihnen schnell verbunden und kann ihre Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen. Anna ist eine Frau, die lange Zeit die Erinnerungen verdrängt hat. Sie ist freundlich, hilfsbereit, stellt ihr Licht aber unter den Scheffel und lässt sich von Viktor herabsetzen, ohne dagegen vorzugehen. Erst im Verlauf der Handlung wird sie mutiger, stärker und selbstbewusster, was ihr einen sympathischen Anstrich gibt. Ihre Freundin Carina ist eine echte Perle, die Anna nicht nur unterstützt und für Optimismus sorgt, sondern ihr vor allem zur Seite steht. Pablo ist ein ehrlicher und aufrechter Mann, der für einige Zeit nicht so durchschaubar ist. Doch auch Fynn, Raffael, Naia und Inez besetzen wichtige Positionen in dieser fesselnden Geschichte.
„Zeit der Pfirsichblüte“ ist eine unterhaltsame und leicht sommerliche Geschichte, die dabei einiges an Emotionen hervorruft. Lebendig erzählt, so dass man die Zeit vergisst. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.11.2020

Leonores Emanzipation

Die Frauen vom Nikolaifleet – Der Traum von Übersee (Die Kolonialwaren-Saga 1)
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1899 Hamburg. Schon seit ihrer Kindheit ist der gutgehende Kolonialwarenladen ihres Vaters Leonores absoluter Lieblingsplatz. Nicht nur der Duft exotischer Gewürze, auch der stetige Strom von Kunden, die ...

1899 Hamburg. Schon seit ihrer Kindheit ist der gutgehende Kolonialwarenladen ihres Vaters Leonores absoluter Lieblingsplatz. Nicht nur der Duft exotischer Gewürze, auch der stetige Strom von Kunden, die ihre Einkäufe tätigen, lassen die junge Frau sich lebendig fühlen. Allerdings ist Leonores Bruder Carl für die Übernahme des Geschäfts vorgesehen, während sie den Bäckerssohn Mathias heiraten soll, um mit ihm eine Familie zu gründen. Doch Leonores Herz schlägt nicht für Mathias, während Carl seine Zukunft eher in Amerika sieht. Durch die Begegnung mit dem Künstler Julius tritt die Liebe in Leonores Leben, dessen wohlbetuchte Familie über die Verbindung allerdings nicht sehr erfreut ist. Aber Leonore kämpft um ihre Liebe und auch für die Übernahme des Kolonialladens, als Carl die Familie verlässt….
Katharina Lansing hat mit „Die Frauen vom Nikolaifleet-Der Traum von Übersee“ den Auftakt für ihre historische Trilogie vorgelegt, der nicht nur ins alte Hamburg entführt, sondern auch eine unterhaltsame Geschichte für den Leser bereithält. Der locker-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil gewährt sofort Eintritt ins 19. Jahrhundert, um dort Leonore und ihre Familie kennenzulernen und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Diese lebt seit dem Tod der Mutter mit ihrem Vater und ihrem Bruder, kümmert sich als Frau um alle Belange des Haushalts und wird gemäß den damals herrschenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten recht klein gehalten und bevormundet. Das Patriarchat des Vaters ist streng und unbeugsam, doch neben vielen Schwierigkeiten spielen das Schicksal Leonore das eine oder andere in die Hände, um daran zu wachsen, ihre Unterwürfigkeit abzulegen, immer mehr aus sich herauszukommen und selbstsicherer zu werden, während sie sich gegen das Rollendenken ihres Vaters auflehnt und Widerstand leistet. Die farbenfrohen Beschreibungen lassen den Leser nicht nur durch Hamburg wandeln, sondern auch den Kolonialwarenladen in Augenschein nehmen. Der Spannungsbogen ist im Mittelfeld angesiedelt und verharrt dort auch bis zum Ende. Einige überraschende Wendungen hätten der Geschichte gutgetan, um dies zu ändern.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig in Szene gesetzt, überzeugen mit realistischen Eigenschaften und lassen den Leser nahe an sich herankommen. Leonore ist eine junge Frau ihrer Zeit, der zu Beginn noch der Mut fehlt, sich gegen das damals herrschende Rollenbild aufzulehnen. Sie ist hilfsbereit, liebenswürdig, aufgeweckt, aber auch sehr zurückhaltend. Doch sie wandelt sich, als es darum geht, für ihre Überzeugungen und Träume zu kämpfen. Nach und nach entwickelt sie Selbstbewusstsein, was ihr bei ihrem Widerstand gegenüber ihrem Vater zugutekommt. Eine große Unterstützung dabei ist ihre ältere Freundin Sophie, die ihr ins Gewissen redet und ihr den buchstäblichen Tritt versetzt, um die Dinge in die Hand zu nehmen. Bruder Carl ist ein egoistischer und rücksichtsloser Zeitgenosse, unter dem Leonore einiges zu erleiden hat, aber auch ihr Vater denkt nur an sich und behandelt Leonore respektlos wie eine Dienstbotin. Ebenso spielen Julius, dessen Familie und Isabel gewichtige Rollen innerhalb der Geschichte.
„Die Frauen vom Nikolaifleet-Der Traum von Übersee“ ist ein historischer Roman, der mit einem Mix aus Familie, Liebe, Widerstand und Emanzipation vor der Kulisse des alten Hamburgs aufwartet und für einigen Unterhaltungswert sorgt. Verdiente Leseempfehlung für diesen Einstand!