Lass dich nicht verbiegen, bleib dir selbst treu.
Wenn ich die Augen schließeNorah ist gut in der Schule, beliebt, hat viele Freunde und ist mit dem begehrtesten Jungen der Schule zusammen. Sie geht auf Partys, sieht dabei verdammt gut aus und genießt die neidische Blicke der anderen. ...
Norah ist gut in der Schule, beliebt, hat viele Freunde und ist mit dem begehrtesten Jungen der Schule zusammen. Sie geht auf Partys, sieht dabei verdammt gut aus und genießt die neidische Blicke der anderen. Doch nach einem schlimmen Autounfall ist nichts mehr, wie es war. Sie hat Erinnerungslücken, nicht viele, aber vor allem fehlen ihr die Erinnerungen an ihre Gefühle. Sie weiß nicht mehr, wie sie zu Pizza steht, was ihre Lieblingsfarbe ist, welche Gefühle sie für ihre Katze hegt. Sie kann sich an fast alles Erinnern, aber die Emotionen dazu fehlen. Das schlimmste ist, dass ihre derzeitigen Emotionen so gar nicht zu den Bildern ihrer Erinnerung passen wollen. Wer war Norah und wer ist sie jetzt? Um das rauszufinden, erstellt sie eine Ausprobierliste und macht sich daran, sich selbst wieder neu kennenzulernen.
Grundsätzlich hat mir die Idee total gut gefallen. Wer ist man eigentlich ohne Gefühle und Meinungen zu den Dingen, die man erlebt hat? Die Bewertung des Erlebten machen sie erst zu Erinnerungen und formen den Menschen, der man am Ende ist (und sein will).
Norah bekommt sozusagen einen Systemneustart. Sie hat die Möglichkeit, alles noch einmal zum ersten Mal zu erleben und wird dazu gezwungen, vergangene Entscheidungen und Handlungen zu hinterfragen und neu zu bewerten. Diese Umstände geben viel Potenzial für eine spannende und interessante Geschichte, doch mich konnte sie einfach nicht packen. Es bleibt alles zu sehr bei Norah, in ihrem Kopf, es passiert nicht viel. Ihre Überlegungen und Erlebnisse sind zwar ganz schön mitzuverfolgen, aber es war mir insgesamt einfach zu wenig.
Der Perspektivwechsel zwischen Norah und Sam hat für mich auch nicht so ganz gepasst. Es wurde Norahs Geschichte erzählt und Sams spielte nur eine untergeordnete Rolle. Ich hatte das Gefühl, es gab die zweite Perspektive nur, um eine zweite Perspektive zu haben, aber nicht, weil unbedingt noch Sams Geschichte erzählt werden musste. Sams Geschichte hat nämlich eigentlich ebenso viel Potenzial, wie Norahs, bleibt aber eher flach und konnte mich kaum berühren – und das, trotz der schweren und wichtigen Thematik…
Die meisten anderen Charaktere bleiben farblos und ohne Tiefe, das hat mich aber gar nicht so sehr gestört, weil es wirklich um Norah ging, um ihr Innerstes und um den Kampf um ihr wahres Ich. Sie beginnt, sich selbst und ihre früheren Entscheidungen mehr und mehr zu hinterfragen und es kommen ein paar wirklich essenzielle Einsichten zutage, was mir richtig gut gefallen hat. Leider ist letzten Endes sehr schnell klar, wohin die Geschichte führen wird. Sie wird sehr geradlinig erzählt und konnte mich kaum überraschen.
Der Schreibstil der Autorin ist wie immer angenehm zu lesen, da gibt’s nichts zu meckern. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und auch die Dialoge fand ich soweit authentisch.
Die Idee und die Thematik fand ich super spannend und auch die Message ist gut und kann genauso auch beherzigt werden. Die Autorin hat sich ein wichtiges Thema vorgenommen und sie in eine kreative Idee gepackt. Einzig die Umsetzung konnte mich nicht 100% überzeugen.