Das Buch „Palast der Finsternis“ ist ein aufregendes Jugendabenteuer mit Horrorelementen, definitiv nicht für zarte Gemüter geschrieben. Realität und fiktive Passagen mischen sich zu einer sehr gelungenen Geschichte, die teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart spielt.
Anouk, die rotzige Außenseiterin, ist mit vier weiteren Jugendlichen von New York nach Paris geflogen, um eine archäologische Sensation zu erforschen. Es handelt sich um einen unterirdischen Palast, dessen Bau vom Marquis Frédéric du Bessancourt im 18. Jahrhundert vor der Französischen Revolution begonnen wurde und in den der Marquis beim Sturm auf die Bastille mit seiner Familie floh. Ein unterirdischen Versailles soll es sein, eine der wichtigsten Entdeckungen in Europa dieses Jahrhunderts.
Was sich zunächst als aufregendes und gut organisiertes Abenteuer für die Jugendlichen darstellt zeigt sich schnell als tödliche Falle. Nichts ist wie es scheint, nachdem Anouk und ihre Begleiter den unterirdischen Palast betreten haben, kämpfen sie um ihr Leben auf der Suche nach einem Ausweg aus Labyrinth-artigen Räumen und Gängen. Fallen, Täuschungen uralte dunkle Wesen und Schlimmeres lauern am Weg, und die Organisatoren der Tour scheinen auch nicht das zu sein, was sie vorgaben zu sein.
Mit viel Spannung wird der Leser gemeinsam mit der kleinen Gruppe Jugendlicher durch den unterirdischen Palast getrieben. Bildhaft und mit viel Detailliebe beschreibt der Autor die morbide Pracht, die in den Räumen herrscht, ausgeklügelt gemeine Fallensysteme lassen an Horror-Räume von Altmeister Edgar Allan Poe denken, und die Jagd durch das Palais du Papillon ist so treibend, dass die Seiten nur so fliegen. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, dass man als Leser lange Zeit genauso ahnungslos wie die Protagonisten ist.
Das Buch erzählt eine Geschichte aus zwei Perspektiven in zwei Zeitebenen. Eine davon ist die Expedition, bei der man in der Jetztzeit Anouk begleitet, der zweite Handlungsstrang spielt zu Zeiten der Französischen Revolution. Hier lebt man gemeinsam mit Aurélie zunächst im Chateau Bessancourt, später nach dem Sturm auf die Bastille im unterirdischen Palast, der damals auch schon gespenstische Züge hatte.
Skurrile Dinge passieren in beiden Zeitebenen, und der Vorhang wird spannungsfördernd jeweils nur ein ganz kleines Stückchen gelüftet.
„Wenn andere dich Abend weinen sehen, ist es, als besäßen sie einen Teil von dir. Es ist, als hätte man sich ein Stück weit geöffnet, und sie hätten durch den Panzer geblickt…“
Die Französische Revolution ist nur der Rahmen, das Buch lebt von der Jagd durch den unterirdischen Palast mit all seinen Schrecken in der Gegenwart und vom Versuch, dem Palast zu entfliehen, in der Vergangenheit.
Die beiden Protagonistinnen Anouk und Aurélie sind lebensecht und glaubwürdig gezeichnet. Beide sind Kämpferinnen, die ihre Umgebung mitreißen können. Man nimmt Anouk ihren Trotz ab, ihre Abschottung vor anderen und ihre harte Schale, genauso wie Aurélie als besorgte junge Frau gut ankommt.
Sprachlich ist das Buch angemessen einfach geschrieben. Viel Spannung steckt in den kurzen und leicht überschaubaren Sätzen, keine anspruchsvollen Bandwurmsätze - das hätte der Geschichte nicht gut getan.
Ich war schnell durch mit der Geschichte, und obwohl ich mit ab der Hälfte etwas weniger atemlose Jagd und mehr Erklärung gewünscht hätte hat es mich sehr gut unterhalten.