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Veröffentlicht am 24.12.2020

Sprachlich großartiges Buch über die Macht und die Unbarmherzigkeit der Natur

Tiger
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Ein sprachlich großartiges Buch, dass die Macht und die Unbarmherzigkeit der Natur einerseits und die Anpassungsfähigkeit der Lebewesen, in dieser Natur zu überleben, sehr eindrucksvoll beschreibt.

Allerdings ...

Ein sprachlich großartiges Buch, dass die Macht und die Unbarmherzigkeit der Natur einerseits und die Anpassungsfähigkeit der Lebewesen, in dieser Natur zu überleben, sehr eindrucksvoll beschreibt.

Allerdings hat das Buch einige abrupte Perspektivwechsel. die es mir als Leserin nicht gerade einfach machten und ich fragte mich immer wieder, wie das alles zusammenhängen könnte - außer eben über die Tatsache, dass es immer um die titelgebenden Tiger ging. Aber keine Angst: Es gibt schon einen Zusammenhang - er eröffnet sich aber erst ganz zum Schluss!

Der Prolog startet im tiefsten Winter in Sibirien - ein Wilderer hält sich nicht an die unausgesprochenen Regeln der Taiga - und wird von einem Tiger getötet. Danach Szenenwechsel. Wir lernen Frieda in England kennen. Eine geniale Wissenschaftlerin. Aber leider auch durch ein traumatisches Erlebnis und durch ihre Kindheit in Heimen geprägt und so morphinsüchtig geworden. Deshalb verliert sie ihren Job als Forscherin und landet als Tierpflegerin in einem etwas seltsamen Zoo. Dort hält eines Tages ein Tiger Einzug. Und dann kommt es zu einer dramatischen Situation - und? Szenenwechsel nach Sibirien. Gebiet des Amurtigers. Dort lebt Tomas in einem Reservat, dass sein Vater leitet. Auch Tomas ist eine verletzte Seele - und steht komplett unter der Fuchtel seines Vaters. Aber er ist ein genialer Fährtensucher. Und bei einer Expedition findet er die Fährte einer großen Tigerin... und kurz danach: Wieder Szenenwechsel! Aber immer noch in Sibirien. Edit lebt als Tochter eines Schamanen in einem kleinen Dorf in Sibirien. Die Russen bestimmen inzwischen das Leben - obwohl der Zusammenbruch der Sowjetunion auch alle bisher gültigen Strukturen zerstört hat. Der Wodka scheint das Wichtigste zu sein. Und das Überleben. Irgendwie. Diese Geschichte entwickelt sich langsam und zeigt eindrucksvoll, wie mühsam und gefährlich das Überleben in der Wildnis ist. Denn Edit wird sich auf eine lange Reise in die Taiga begeben. Erst im letzten Kapitel wird klar, wie die Geschichte über die Tiger zusammengehalten wird. Das geht dann alles ein wenig schnell und gerät im Vergleich zu den Kapiteln davor etwas weniger eindringlich. Aber im Endeffekt passt es.

Im Gedächtnis geblieben sind mir von diesem Roman die eindrucksvollen Beschreibungen der Natur. Und der Überlebenswille von Mensch und Tier in einer eigentlich feindlichen Umgebung. Großartig.

Ein Buch für lange Winterabende, wenn draußen kein Schnee fällt (sonst könnte man Angst bekommen...) und man sich in eine große weiße Weite sehnt. Und danach sicher ganz froh ist, Zentralheizung und einen gefüllten Kühlschrank zu haben. Ganz schön profan - aber das Buch berührt nicht nur die großen Gefühle, sondern zeigt auch eindringlich, wie sehr jedes Lebewesen kämpfen muss, um zu überleben. Auch heute noch.

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Veröffentlicht am 29.11.2020

Gut geschriebene Unterhaltung über einen Neustart auf Sylt

Muscheln, Gold und Winterglück
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Romy geht es eigentlich gut. Eigene Goldschmiedewerkstatt, liebevolle Eltern, leidenschaftliche Beziehung. Aber leider ist das Haus, in dem sich ihre Werkstatt und ihre Wohnung befinden plötzlich Einsturzgefährdet. ...

Romy geht es eigentlich gut. Eigene Goldschmiedewerkstatt, liebevolle Eltern, leidenschaftliche Beziehung. Aber leider ist das Haus, in dem sich ihre Werkstatt und ihre Wohnung befinden plötzlich Einsturzgefährdet. Ihre Eltern gehen nicht offen mit dem Verschwinden ihres Adoptivbruders um. Und ihr Freund ist eigentlich verheiratet und will sich seit einem Jahr nicht trennen..... Also doch nicht so toll.

Und so landet Romy über einige Umwege auf Sylt. Sie kann ihre Schmuckstücke auf einem Wintermarkt verkaufen und die Wohnung einer Goldschmiedin übernehmen, die den Winter auf Teneriffa verbringen will. Soweit so gut - als Übergang. Doch dann sieht sie am Strand einen Mann, der genau so aussieht wie ihr Adoptivbruder. Aber dessen Zwillingsbruder war doch angeblich bei der Geburt verstorben? Und zusätzlich hat Romy Probleme mit ihren Eltern, die ausweichend auf ihre bohrenden Nachfragen antworten. Und dann passiert noch einiges mehr....



Wie immer in den Büchern von Stina Jensen geht es recht turbulent zu. Es gibt ein Wiedersehen mit Protagonisten und Nebenfiguren aus vorhergehenden Büchern (Sandra, Ole, Inga, Antonia usw.) und deren Geschichte wird auch ein wenig weiter erzählt. Und das liebe ich sehr! Ich mag es total, wenn Autoren einen eigenen Kosmos erschaffen. Und diesmal sogar auf einen Mord hinweisen, den es noch gar nicht in Buchform gibt. Ich muss also weiterhin alle Bücher von Stina Jensen lesen! Und nochmals einige Nächte opfern - Lesen statt Schlaf. Aber das ist schon in Ordnung!

Dieser Roman wird in spannender und ereignisreicher Form alle Probleme von Romy lösen. Dabei ist alles aber weder flach noch kitschig -- die Autorin schreibt sehr modern. Da gibt es ungewollte Schwangerschaften, One-Night-Stands, Partner*innen mit Kindern aus früheren Beziehungen, Scheidungen - nichts Geschöntes - aber alles so positiv, dass ich es gerne lese und voller Optimismus mit den Protagonisten in die Zukunft schaue!

Zusätzlich gibt es natürlich viel Sylt-Flair. Ich mag die Nordsee und die Inseln dort - also fand ich auch das sehr schön.

Wer die Romane von Stina Jensen noch nicht kennt - unbedingt kennenlernen!

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Sehr spannend, sehr geheimnisvoll - sehr gute Unterhaltung

Letzte Spur: Ostsee
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Schon ziemlich lange habe ich meine Nachtruhe nicht mehr einem Buch geopfert. Bei diesem Buch war es soweit. Ich war ungefähr bei der Hälfte - und dann musste ich den Rest in einem durch lesen. Am Ende ...

Schon ziemlich lange habe ich meine Nachtruhe nicht mehr einem Buch geopfert. Bei diesem Buch war es soweit. Ich war ungefähr bei der Hälfte - und dann musste ich den Rest in einem durch lesen. Am Ende war es 4.30 Uhr - und ich war geflasht.

Es gibt sehr viele Verwicklungen, sehr viele Fährten - und sehr viele falsche Fährten. Letzteres ist (im Nachhinein betrachtet) vielleicht ein bisschen zu viel - aber während des Lesens stört es nicht. Und alles löst sich folgerichtig aus.



Gekauft habe ich das Ebook eher zufällig: Ich bin an den Worten "Ostsee" und an der Kurzbeschreibung hängen geblieben. Da ich letztes Jahr an der Ostsee war, hatte ich Lust, zumindest lesend dorthin zurück zu reisen. Die Geschichte spielt in Rerik, zwischen Wismar und Rostock, direkt an der Küste. Und es fängt mit einem spannenden Prolog an. Danach geht es eine Weile lang etwas gemächlich weiter - aber dann gibt es die erste Tote. Kurz danach die nächste Tote. Und dann beginnen die Ermittlungen. Ansatzweise. Allerdings sieht kaum jemand die Zusammenhänge - der Leser ist also klar im Vorteil. Was frustrierend sein kann. Insgesamt geht es um eine verschwundene Schwedin, die seit 12 Jahren verschwunden ist und um eine Frau, die quasi wie ihr Zwilling aussieht. Und um den Sommer, in dem die Frau verschwand. Und um den Sommer jetzt, in dem die Menschen, die damals die junge Frau kannten, immer oder wieder in Rerik sind.

Hauptperson ist Johanna Arnold, genannt Ann, eine 26jährige Studentin, die Journalistin werden möchte. Bisher geht sie allerdings noch nicht so sehr professionell vor. Aber da es wohl eine Reihe werden soll, wird sich Ann sicher noch entwickeln.

Wer einen spannenden Krimi mit Ostsee-Flair lesen möchten - der sollte sich dieses Buch möglichst schnell besorgen. Passt auch zum Urlaub an der Ostsee.

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Veröffentlicht am 14.11.2019

Aquitaine & Austern im Winter

Winteraustern
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Austern - das essen die Franzosen traditionell zur Weihnachtszeit. Und so ist die Vorweihnachtszeit die Hochsaison für Austernzüchter. So ist es auch im Bassin d´Archachon im Südwesten Frankreichs, ...

Austern - das essen die Franzosen traditionell zur Weihnachtszeit. Und so ist die Vorweihnachtszeit die Hochsaison für Austernzüchter. So ist es auch im Bassin d´Archachon im Südwesten Frankreichs, bei Bordeaux.

Der Vater von Luc Verlain war auch Austernzüchter in der Region. Sein Sohn ist ein berühmter Kommissar geworden - eigentlich in Paris - aber derzeit in Bordeaux. Denn der Vater ist unheilbar erkrankt und der Sohn ist zurückgekommen in seine Heimat. Und hat in seiner Kollegin Anouk eine neue, vielversprechende Liebe gefunden.

Aus Nostalgie fahren Luc und sein Vater mit der Gendarmerie raus zu den Austernbänken. Die Gendarmerie macht Jagd auf Austerndiebe. Denn die Meeresfrüchte sind teuer und beliebt. Und Luc und sein Vater wollen einfach nur in Erinnerungen schwelgen an alte Zeiten. Da macht die Gendarmerie eine grausame Entdeckung.....

Dieser inzwischen dritte Fall von Luc Verlain bietet wieder viel französisches Lokalkolorit. Diesmal nicht sonnig-heiter sondern es ist Winter und eiskalt in der Aquitaine. Das gute Leben mit viel Wein, viel Austern und viel gutem Essen lassen sich die Menschen jedoch nicht verbieten. Auch nicht direkt nach Todesfällen. So stellt man sich das vor in Frankreich: Jeden Tag Wein, Champagner und gutes Essen.
Da ich selbst einige Sommer in Korsika verbracht habe, bin ich aus meiner Erfahrung geneigt, das zu glauben. Es ist für uns Deutsche schon erstaunlich zu sehen, wie viel Geld Franzosen für gutes Essen und Wein ausgeben. Und immer muss es Champagner sein - Sekt geht gaaar nicht.

Mich hat dieser Krimi wieder sehr gut unterhalten. Auf eine gewisse Weise ist es ein Wohlfühl-Krimi (wegen Wein und so) und die Liebe kommt auch nicht zu kurz. Aber natürlich gibt es auch einen verzwickten Fall und es ist spannend.

Ich mag diese Krimireihe sehr - und ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht.

Austern mag ich persönlich übrigens gar nicht (außer überbacken) - aber nach der Lektüre habe ich doch ein wenig Lust bekommen, es noch einmal mit den Austern zu probieren. Aber wenn - dann nur die aus der Aquitaine.

Veröffentlicht am 18.10.2019

Ein fast vergessener Schatz der amerikanischen Literatur

Ein anderer Takt
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Dieser Roman erschien erstmal 1960 und wurde jetzt neu aufgelegt. Und das ist richtig und wichtig. Einerseits aufgrund der literarischen Qualität des Romans. Andererseits aufgrund der Thematik ...

Dieser Roman erschien erstmal 1960 und wurde jetzt neu aufgelegt. Und das ist richtig und wichtig. Einerseits aufgrund der literarischen Qualität des Romans. Andererseits aufgrund der Thematik des Romans - von Gleichberechtigung sind Afroamerikaner nämlich weiterhin weit entfernt.

Der Roman spielt in einem fiktiven Südstaaten-Staat, der im Jahre 1957 von allen Afroamerikanern (im Buch noch Neger genannt) verlassen wird. Dies geschieht alles innerhalb von wenigen Tagen. Und die (weiße) Bevölkerung ist ratlos. Beim täglichen Plausch auf der Veranda des kleinen Ladens wird gemunkelt und jeder hat so seine eigenen Anmerkungen. Außerdem kommen in verschiedenen Kapiteln verschiedene Personen zu Wort, die alle irgendwie mit der (vermeintlich) zentralen Figur dieses "Auszugs" zusammenhängen.

Und so wird ein Panorama einer Kleinstadt im Süden der USA entworfen, das vielleicht typisch ist. Einige Bewohner sind liberal und hoffen auf eine Zukunft ohne Rassenprobleme. Einige hängen noch an den alten Ideen der Südstaaten. Einige verfolgen kommunistische Gesellschaftsvisionen. Einige möchten die Gesellschaft von oben verändern. Und alle stehen einigermaßen fassungslos vor der Tatsache, dass quasi "mit den Füßen" abgestimmt wurde - die Afroamerikaner sind einfach gegangen. In den Norden, keiner weiß genau wohin.

Die möglichen Gründe für den "Auszug" werden eher subtil vermittelt und angedeutet in den Erzählungen der einzeln Personen in den einzelnen Abschnitten. Ebenso subtil wird ein Portrait der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser Zeit dargestellt. Sehr gut hat mir die Stimmung gefallen, die im Roman vermittelt wird. So ein wenig wie bei Carson McCullers, die ich sehr schätze.

Erzählt wird vom Autor konsequent aus Sicht der "weißen" Bevölkerung. Was einerseits verwundert - denn der Autor war Afroamerikaner - andererseits ein interessanter literarischer Schachzug ist. Eine Rolle gespielt haben mag auch, dass der Autor in einem weitgehend "weißen" Umfeld aufgewachsen ist, was Wohnort und Schule betrifft - das steht in der Einführung.

Die ausgiebige Einführung in des Werk des Autors steht am Anfang des Romans. Vielleicht ist diese zu ausgiebig geraten - und vieles wird im Nachwort noch einmal erzählt. Daher diese Einführung besser erst am Ende lesen.
Immerhin weiß ich dadurch jetzt, dass ich die späteren Werke des Autors nicht mehr lesen möchte (sie erscheinen mir zu abgedriftet) aber dieses frühe Werk empfehle ich uneingeschränkt!