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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2017

wunderschön

Im Schatten das Licht
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Ich schätze mal das 90 % der Leute, die diese Rezension lesen von Jojo Moyes „Ein ganzes halbes Jahr“ kennen. Entweder das Buch oder den Film. Und die meisten finden die Geschichte toll und schwärmen als ...

Ich schätze mal das 90 % der Leute, die diese Rezension lesen von Jojo Moyes „Ein ganzes halbes Jahr“ kennen. Entweder das Buch oder den Film. Und die meisten finden die Geschichte toll und schwärmen als Lieblingsbuch davon. Aber ganz ehrlich. „Im Schatten das Licht“ ist noch eine ganze Ecke besser, finde ich. Obwohl es eines ihrer früheren Werke ist und 4 Jahre vor ihrem bekanntesten Buch geschrieben wurde, ist es handwerklich und emotional ein richtiger Knüller. Aber der Reihe nach.

Ich rate unbedingt dazu, den Klappentext gar nicht oder nicht so genau zu lesen. Denn leider verrät er viel zu viel vom Verlauf der Handlung.
Die 14-jährige Sarah hat nur noch ihren Großvater Henri und ihr Pferd Boo. Der Großvater war vor vielen Jahren in Frankreich ein erfolgreicher Reiter und versucht seiner Enkelin alles beizubringen, was sie wissen muss, um an einer französischen Dressurreitschule genommen zu werden. Aber dann erleidet er einen Schlaganfall und das Mädchen gerät zufällig in die Obhut der Anwältin Natasha, die gerade die Scherben ihrer gescheiterten Ehe zusammenkehrt. Mehr verrate ich absichtlich nicht, um euch die Spannung nicht zu nehmen.

Es ist eine Geschichte über die Liebe, über Sehnsüchte und Träume, über verpasste Gelegenheiten und neue Chancen… und auch eine über Pferde, die Liebe zu ihnen und das Dressurreiten. Aber es ist auch für alle lesbar die eben NICHT Reiten und für die ein Pferd nicht unbedingt das wunderbarste Wesen auf Erden ist. Dieses Buch muss man unvoreingenommen lesen und sich davon einsaugen lassen. Die Hauptdarsteller in diesem Buch sind glaubwürdig und voller Tiefe und Gefühl beschrieben. Sie agieren wie Menschen, die man kennen möchte, die man versteht, auch wenn sie Fehler machen. Mit denen man leidet und bangt, die einem ein Lachen entringen und ja, ich gebe es zu, mir auch zwei, drei Tränen entlockt haben. Das Buch hat einige sehr ergreifende Szenen, es scheut auch vor Herz und Schmerz nicht zurück. Dennoch hat mein Kitsch-Warngerät nie wirklich ausgeschlagen. Dazu war es einfach zu schön, zu spannend, zu lebendig. Klar weiß man, wie es ausgehen wird. Aber der Weg dorthin ist so schön beschrieben; Jojo Moyes findet die treffenden Worte für die wichtigen Dinge im Leben. Ich bin total begeistert von diesem Buch und empfehle es mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht.

Veröffentlicht am 19.02.2017

intensiv und spannend

Außer sich
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Das Buch beginnt eine ganze Weile nach der Vergewaltigung von Romy. Keiner hat ihr damals geglaubt. Sie war sehr betrunken und ihr Angreifer als Sohn des Sheriffs durch einen guten Leumund geschützt. Und ...

Das Buch beginnt eine ganze Weile nach der Vergewaltigung von Romy. Keiner hat ihr damals geglaubt. Sie war sehr betrunken und ihr Angreifer als Sohn des Sheriffs durch einen guten Leumund geschützt. Und es war seine erste Tat dieser Art. Zumindest ist Romy die erste, die ihn beschuldigt hat. Weil keiner ihr glaubt, baut sie einen inneren und äußeren Schutzschild um sich auf. Der äußere sind hässliche Klamotten, immer perfekter Lippenstift und Nagellack beides in abwehrendem auffälligen Signalrot. Ihr innerer Schutzschild ist u.a. die Ablehnung jedes anderen jungen Mannes, die Ablehnung von Hilfe und von Freunden und ein großes Schweigen über den Vorfall und ihren Schmerz. Auch die Mutter und ihr neuer Freund können oder wollen ihr nicht helfen.

Romy ist einsam und tief verletzt. Und obwohl man ihre Angst und ihre Verletzung mit Händen greifen kann, spürt man auch, dass sie stark ist und dass das Erlebnis sie nicht brechen konnte, auch wenn sie es nicht schaffte, sich beim ersten Mal zu wehren. Gerade als es scheint, als könnte sie zumindest teilweise einen Neuanfang beginnen, verschwindet Penny, die früher ihre beste Freundin war. Und Romy begreift, dass sie nicht weiter klein beigeben darf und dass die Drohungen des Sheriffsohnes und die Verachtung der Mitschüler nichts sind gegen das Verschwinden von Penny.

Die Autorin findet einen so authentischen und intensiven Ton, die Gefühle von Romy zu beschreiben, dass ich vom ersten Satz an von der Geschichte gefangen war. Mir gefiel die Idee, dass sie mit Signalfarben STOPP signalisiert. Mir gefiel ihre zarte Annäherung an den dunkelhäutigen Leon, der wie sie in einem Lokal jobbte. Mir gefiel die Art, wie Courtney Summers Romy’s Stärke und ihre wachsende Wut auf den Sheriffsohn beschreibt. Ich will nicht zu viel verraten, denn es ist wirklich spannend und beklemmend zugleich, zu lesen, wie Romy nach der Wahrheit sucht, wie sie sich auf ihre ganz eigene Art zu wehren versucht.

Es ist ein Buch, welches vom Verlag eine Altersangabe von 14-17 Jahren hat. Aber es ist ein richtiges All-Age-Buch. Ich bin schon weit über die Zielgruppe hinaus – und ich war begeistert davon. Ob ich es wirklich einer 14-jährigen schon in die Hand drücken würde, habe ich schon überlegt. Es ist teilweise sehr aufwühlend.

Von mir eine unbedingte Leseempfehlung. Ein tolles Jugendbuch. Ich hoffe, dass bald noch mehr von der Autorin übersetzt wird.

Veröffentlicht am 14.02.2017

toller All-Age-Roman

Creature. Gefahr aus der Tiefe
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Ich fühlte mich zuallererst von dem wildromantischen Cover angezogen. Da habe ich noch nicht geahnt, dass hier das Buch „Moby Dick“ Pate für eine ganz neue Geschichte stand. Eine, die nicht auf der Erde ...

Ich fühlte mich zuallererst von dem wildromantischen Cover angezogen. Da habe ich noch nicht geahnt, dass hier das Buch „Moby Dick“ Pate für eine ganz neue Geschichte stand. Eine, die nicht auf der Erde spielt sondern auf einem fremden Planeten. Aber doch eine, die Parallelen sucht und mehr Ähnlichkeiten zu Melvilles Roman hat, als es auf den ersten Blick wohl scheint.

Man muss „Moby Dick“ nicht gelesen haben, um Gemeinsamkeiten zu finden. Ich kenne die Geschichte vom großen Wal natürlich. Aber ehrlich gesagt vom Film und Erzählungen, nicht vom Lesen des Buches. Aber es steht bei mir im Schrank und im Nachhinein habe ich ein paar Vergleiche angestellt. Und dennoch funktioniert Creature ganz eigenständig und das auch noch hervorragend. Das liegt zum einen an Morton Rhues tollem Schreibstil. Auch wenn das Buch ab 14 Jahren ist, so kann man es als Erwachsener sehr gut lesen und ist weder gelangweilt noch ist die Sprache zu kindlich. Das All-Age-Prädikat kann ich hier ohne Gewissensbisse vergeben. Zum anderen sind die Hauptdarsteller allesamt interessante und vielschichtige Charaktere, die trotz ihrer Jugend die nötige Tiefe besitzen, damit aus einer spannenden Abenteuergeschichte mehr wird. Nämlich eine Story, die von Freundschaft und Vertrauen handelt, von Angst und dem Mut sie zu überwinden, von Ungerechtigkeit, von einem harten Mann und Jugendlichen, die im entscheidenden Moment versuchen, das richtige zu tun.

Und es ist noch eine gehörige Portion Action dabei und die Prise SF ist so unterhaltsam in die Handlung verpackt, dass sie sich nicht mit der ganz profanen Jagd eines Meeresungeheuers auf einem einfachen Fangschiff reibt, sondern einfach nur Spaß zu lesen macht.

Ein tolles Jugendbuch, welches die Eltern doch gleich mitlesen sollten.

Veröffentlicht am 06.02.2017

leise und eindringlich

Der Ruf der Bäume
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Tracy Chevalier hat einen ganz eigenen Erzählstil, den ich schon aus ihren allerersten Büchern, z.B. „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ sehr schätze. Unaufgeregt und als Meisterin der leisen Töne zeigt ...

Tracy Chevalier hat einen ganz eigenen Erzählstil, den ich schon aus ihren allerersten Büchern, z.B. „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ sehr schätze. Unaufgeregt und als Meisterin der leisen Töne zeigt sie sich auch in ihrem neuen Buch „Der Ruf der Bäume“. Es handelt sich um eine generationsübergreifende Familiengeschichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im ländlichen Nordamerika. Das junge Ehepaar Goodenoughs wagt die Planwagenreise in den verheißungsvollen Westen, kommen aber nur bis Ohio, wo sie schließlich eine kleine Apfelplantage gründen. Aber das Leben ist nicht leicht und schmerzliche Verluste und Streit bis hin zur Gewalt zerrütten die Ehe und belasten die ganze Familie. Dies ist auch einer der Gründe, warum Sohn Robert sein Glück in Kalifornien sucht. Er folgt dem Ruf der Mammutbäume und hofft dort auf mehr Glück. Aber geprägt von seinen Kindheitserfahrungen ist er ein Mensch, der sich schwer mit Nähe und Vertrauen tut und auf andere Art ist auch sein Leben ein schweres.

Durch Briefe und Perspektiv- und Zeitsprünge erhält der Leser tiefe Einblicke in das Innere einer amerikanischen Familie. Die menschlichen Abgründe und Verwicklungen werden ebenso eindringlich wie nüchtern beschrieben. Die Tragik und Dramatik liegt in den Schicksalsschlägen, die die Familie erschüttern, auch in den Unbillen der Natur und den unerfüllten Wünschen der Protagonisten, die letztendlich alle nicht aus ihrer eigenen Haut können.

Das Buch hat mich auf stille Weise gefesselt und begeistert. Ich mag den menschlich einfühlsamen Ton, den Tracy Chevalier auch dann trifft, wenn sie über die Schwächen der Protagonisten schreibt . Es ist ein ruhiges trauriges Buch. Ich habe es sehr gerne gelesen.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Leseempfehlung

Das Haus in der Nebelgasse
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Matilda Gray ist eine Heldin so liebenswert und lebensnah, wie ich sie von Susanne Goga kenne und schätze. Sie lebt im London des 20. Jahrhunderts das typische Leben einer jungen Lehrerin. Die durften ...

Matilda Gray ist eine Heldin so liebenswert und lebensnah, wie ich sie von Susanne Goga kenne und schätze. Sie lebt im London des 20. Jahrhunderts das typische Leben einer jungen Lehrerin. Die durften ja damals nicht heiraten und da ihr einziger Bruder im Ausland im Kriegseinsatz ist, wohnt sie im Haus der verwitweten Mrs. Westlake, die sie mütterlich und hilfsbereit in allen Lebenslagen unterstützt und der ruhende Pol dieser Geschichte ist. Das seltsame Verschwinden einer ihrer Schülerin weckt Matildas Neugier und sie entwickelt einen Spürsinn und eine kriminalistische Schläue, die bald zu ersten Ergebnissen führen. Was folgt ist ein regelrechtes Krimi-Puzzle in dem Matilda mit Hilfe des sympathischen Dr. Fleming Stück für Stück der Lösung des Rätsels auf den Grund geht. Der Leser kann sie dabei wunderbar begleiten und mit ihr ein Abenteuer erleben, wie man es der braven Lehrerin erst gar nicht zugetraut hätte.

Die Inkredenzien dieses Romans sind wie immer fein ausgewogen. Neben den interessanten Haupt-Charakteren und den diversen, teils sehr amüsanten Nebendarstellern, quillt das nebelverhangene Flair des alten London aus jeder Seite und man gelangt in so manchen alten Keller und blättert auch mal in alten Kirchenregistern und schnuppert die Luft der Themse und der Londoner Universität gleichermaßen. Eine würzige Prise Geschichte gemixt mit Unterhaltung.

Das letzte Drittel zieht der Spannungsbogen gewaltig an und ich konnte das Buch kaum mehr zur Seite legen. Die bittersüße, zarte Liebesgeschichte passt harmonisch in die Geschichte und ist frei von Kitsch aber dennoch voller Gefühl.

Mein Fazit: Ein wunderbarer neuer Roman von Susanne Goga. Vergnügliche Lesestunden garantiert. Wie immer eine dicke Leseempfehlung und auch als Geschenk wunderbar geeignet.