Heute leben wir
Heute leben wirIn Kriegszeiten geht es ums nackte Überleben. Jeder, egal ob Mann, Frau oder ein Kind, kann zur Gefahr werden. Überall herrscht Chaos und Verderben und der Tod lauert hinter jedem Haus, jedem Baum und ...
In Kriegszeiten geht es ums nackte Überleben. Jeder, egal ob Mann, Frau oder ein Kind, kann zur Gefahr werden. Überall herrscht Chaos und Verderben und der Tod lauert hinter jedem Haus, jedem Baum und in jeder Straße. Man muss wachsam sein, Schutz suchen und sich unauffällig benehmen, um dem Elend zu entgehen. So wie die Bevölkerung Tag für Tag in Angst lebt, so suchen Soldaten pausenlos nach neuen Opfern. Juden sind die Hassobjekte. Sie gilt es zu jagen, zu schänden und zu töten.
Renée ist Jüdin. Sie ist vielleicht sieben Jahre alt, hat ihre Familie im Krieg verloren und flüchtet, wie so viele andere auch, vor den deutschen Soldaten. Glücklicherweise kommt sie zunächst in einem Heim und später bei einem Pfarrer unter, doch als sich die Deutschen dem Städtchen nähern, sieht er sich dazu gezwungen Renée amerikanischen Soldaten anzuvertrauen. Er hofft, dass sie das Mädchen sicher fortbringen, doch ahnt er nicht, dass sich unter der U.S. Uniform deutsche SS-Soldaten verstecken. Während der Autofahrt durch die Wälder merkt Renée schnell, dass sie in die Hände der falschen Männer geraten ist und ahnt, dass dies ihr Ende sein wird. Nach einiger Zeit halten sie an und beide Soldaten zwingen Renée zum Ausstieg, gehen mit ihr ein paar Schritte weiter in den Wald hinein und wollen sie exekutieren. Die Waffe des Soldaten Matthias ist bereits auf das Mädchen vor ihm gerichtet, als dieses sich plötzlich zu Matthias umdreht, ihm in die Augen schaut und für einen kurzen Augenblick die Welt still steht. Renées Blick durchbohrt Matthias, lässt ihn den Atem anhalten und führt zu einer unverhofften Handlung, die selbst Matthias in eine Schockstarre versetzt. Hier wendet sich das Blatt, fortan wird es einen neuen Menschen Matthias geben und fortan muss auch er ums nackte Überleben kämpfen.
Bücher in denen es um den Krieg geht sind immer sehr bedrückend, emotional und aufwühlend. „Heute leben wir“ ist in diesem Punkt nicht anders, jedoch ist es eines der wenigen Bücher, bei denen man die Charaktere unglaublich schnell in sein Herz schließt und von der ersten Seite an mit ihnen mitfiebert und selber den Atem anhält, wenn sich der Feind ihnen nähert. Renée sticht hier besonders heraus, da sie für ihr junges Alter schon sehr erwachsen wirkt und eine schnelle Auffassungsgabe besitzt. Matthias ist ebenfalls ein wertvoller Charakter, da er eine große Veränderung durchlebt und der Leser ihn hierbei begleitet.
Generell hat es die Autorin bewältigt niveauvolle, eigenwillige und originelle Charaktere in die Story einzubauen. Auch wird nicht alles in dem Buch haarklein beschrieben, so das die Phantasie des Lesers gefordert wird, was ich sehr anregend finde. Der Schreibstil der Autorin ist gut, so dass sich das Buch flüssig lesen lässt und sie findet die richtigen Worte, um das schreckliche Kriegsszenario und all die Situationen, in denen sich die Protagonisten befinden, gut einzufangen. Gut finde ich auch, dass der Fokus fast ausschließlich auf die Protagonisten und ihre Erlebnisse gelegt wird und man sich als Leser nicht noch durch die ganze „Hitler-Nazi-Thematik“ kämpfen muss. Somit handelt es sich bei dem Buch tatsächlich um einen bewegenden und fesselnden Roman und nicht um ein weiteres Sachbuch, welches den Krieg, Judenhass etc. erklären will.