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Veröffentlicht am 07.03.2017

Pageturner trotz einiger Kritikpunkte

Der Kuss der Lüge
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Am Tag ihrer Hochzeit reißt Lia aus. Die älteste Tochter der Königshauses Morrighan will nicht heiraten, schon gar keinen sicherlich abscheulichen Prinzen, den sie nie zuvor gesehen hat. Gemeinsam mit ...

Am Tag ihrer Hochzeit reißt Lia aus. Die älteste Tochter der Königshauses Morrighan will nicht heiraten, schon gar keinen sicherlich abscheulichen Prinzen, den sie nie zuvor gesehen hat. Gemeinsam mit ihrer Dienerin und Freundin Pauline ergreift sie die Flucht. Die beiden Mädchen reisen durchs halbe Land und finden schließlich Zuflucht in einem kleinen Ort, in dem sie als Schankmädchen in einer Herberge anheuern. Für Lia ist es eine komplett neue Erfahrung, vom Leben einer Prinzessin mit allen Annehmlichkeiten, aber auch Zwängen und Einschränkungen zu einem Leben voll harter Arbeit, aber auch persönlicher Freiheit. Sie ist fest entschlossen, niemals zurückzukehren und ihr Leben in Zukunft selbst zu bestimmen.

Kurz nach den beiden Mädchen tauchen zwei fremde Männer in dem kleinen Ort auf. Was Lia nicht weiß: beide sind auf der Suche nach ihr. Der eine soll sie töten, der andere ist der Prinz, den sie eigentlich hätte heiraten sollen. Aus unterschiedlichen Gründen suchen nun beide ihre Nähe und Lia fühlt sich auch zu beiden hingezogen. Doch zwischen ihnen stehen so viele Geheimnisse…

Ich bin bei Jugendfantasybüchern meist ziemlich skeptisch, je höher sie gehypt werden, umso mehr. Doch „Der Kuss der Lüge“ hat mich positiv überrascht, das war für mich ein echter Pageturner.

Die Autorin lässt geschickt offen, welcher der beiden jungen Männer der Attentäter und welcher der Prinz ist. Lia hält sie sowieso beide für normale Reisende, der Leser weiß somit schon mehr, aber eben auch nicht genau, welcher der beiden nun welches Ziel verfolgt. Es gibt immer wieder Kapitel aus Sicht der beiden, die dann eben mit „Der Attentäter“ oder „Der Prinz“ überschrieben sind. Obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe, Hinweise zu entdecken, war ich bis zur Auflösung nicht sicher, wer nun wer ist.

Gegen Ende ändert sich die Geschichte und hier hatte sie für mich leider auch einige Längen, hier hätten ein paar Straffungen meiner Meinung nach gutgetan. Eigentlich war die Handlung auch vorher schon nicht spektakulär, hat mich aber durch das Rätsel der Identität der beiden Männer sehr gut unterhalten. Als die Auflösung dann da war, flachte die Story für mich etwas ab, der Fokus verschiebt sich auf die Gabe, über die Lia verfügt und die vorher kaum eine Rolle gespielt hatte.

Es handelt sich um den Auftaktband einer Trilogie. Da dieser erste Teil eigentlich mitten in der Handlung endet, ist es schön, dass der zweite Band bereits für Mai 2017 angekündigt ist und ich hoffe, dass der Verlag auch den dritten Band dann schnell herausbringen wird, im Original ist er bereits erschienen.

Im Nachhinein habe ich durchaus einige Kritikpunkte, beim Lesen selbst hat das Buch allerdings doch einfach einen gewissen Sog auf mich ausgewirkt.

Veröffentlicht am 24.02.2017

Überzeugende Mischung

Diabolic (1). Vom Zorn geküsst
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Diabolics sind künstlich geschaffene, menschenartige Wesen, die nur zu einem Zweck gezüchtet werden: als persönliche Leibwächter hochrangiger Eigentümer. Sie werden auf einen Menschen geprägt und für diesen ...

Diabolics sind künstlich geschaffene, menschenartige Wesen, die nur zu einem Zweck gezüchtet werden: als persönliche Leibwächter hochrangiger Eigentümer. Sie werden auf einen Menschen geprägt und für diesen tun sie dann alles, sie räumen jede Bedrohung aus dem Weg. Gefühle kennen sie nur für diesen einen Menschen, dem sie gehören, ansonsten gehören Emotionen nicht zu ihren genetisch verankerten Eigenschaften.

Nemesis ist eine Diabolic und gehört der jungen Sidonia, der Tochter eines Senators. Sidonia sieht Nemesis jedoch mehr als Freundin an und traut ihr durchaus auch menschliche Gefühle zu. Als eines Tages alle Diabolics zum Tode verurteilt werden, da ihre Eigenschaften sie einfach zu gefährlich für die Allgemeinheit machen, widersetzt Sidonias Familie sich dem Beschluss und lässt Nemesis am Leben. Natürlich darf niemand hiervon wissen, gilt der Senator doch aufgrund seines Interesses an Wissenschaft und Technik sowieso schon als Ketzer und ist dem Kaiser ein Dorn im Auge.

Eines Tages wird Sidonia an den Kaiserhof zitiert. Ihrer Mutter ist klar, dass ihre liebenswerte, freundliche und offene Tochter in dieser Schlangengrube nicht bestehen könnte und so ersinnt sie einen Rollentausch. Sie schickt Nemesis an Sidonias Stelle und unter deren Namen an den Hof. Für Nemesis keine einfache Aufgabe, denn um als Mensch durchzugehen, muss sie Emotionen vortäuschen und sogar Schwäche. Wird sie damit durchkommen oder auffliegen? Und wie wird die Zeit am Hof sie verändern? Steckt doch noch etwas anderes in ihr als die Killerin ohne Herz und Gefühle?

Der Science Fiction Anteil des Buches ist relativ gering. Die Geschichte spielt zwar größtenteils im Weltraum und auf Raumschiffen, aber das merkt man bei der Lektüre kaum. Einige technische Details werden zwar erwähnt und sind auch durchaus wichtig für die Gesamtlogik der Geschichte, aber der Fokus liegt auf den Figuren.
Im Vordergrund steht die Frage, was ein Wesen zum Menschen macht? Sidonia behandelt Nemesis von Anfang an wie eine menschliche Freundin und nicht wie ein künstlich erzeugtes Wesen. Nemesis selbst sieht sich anders, doch sie durchläuft im Verlauf der Handlung hier eine große Veränderung.

Der Klappentext verrät meiner Meinung nach zu viel im Hinblick auf die zweite Hauptfigur des Buches: Tyrus, den Neffen des Kaisers. Schon bei seinem ersten Auftritt hatte ich einen Verdacht, der sich aber erst viel später wirklich bestätigt hat. Der Klappentext nimmt diese Überraschung leider schon vorweg.

Obwohl auch einige andere Wendungen vorhersehbar waren, gab es doch auch genug Überraschungen, um das Buch wirklich spannend zu halten!
Mich hat die Geschichte richtiggehend gefesselt und ich habe das Buch an einem Wochenende verschlungen! Für mich war es genau die richtige Mischung aus gut durchdachter Story, spannenden Wendungen, interessanten und glaubwürdigen Figuren und einer schönen, überzeugenden Lovestory!

Veröffentlicht am 03.01.2017

Eine außergewöhnliche Frau

Die Frauenburg
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Die junge Loretta hat eine besondere Gabe. Sie spürt, wenn ihr nahestehenden Personen Unheil droht. So kann sie als junges Mädchen das Leben des Kurfürsten Balduin von Trier retten – und das Schicksal ...

Die junge Loretta hat eine besondere Gabe. Sie spürt, wenn ihr nahestehenden Personen Unheil droht. So kann sie als junges Mädchen das Leben des Kurfürsten Balduin von Trier retten – und das Schicksal dieser beiden Menschen bleibt für lange Zeit verknüpft.

Doch zuerst muss Loretta heiraten, sie bekommt Kinder und wird früh zur Witwe. An dieser Stelle geschieht etwas historisch Außergewöhnliches. Nicht der jüngere Bruder ihres Mannes wird zum Regenten der Grafschaft ernannt, bis Lorettas ältester Sohn mündig ist und sein Erbe antreten kann, sondern Loretta selbst. Fortan muss sich Loretta in einer Welt durchsetzen, die Frauen höchstens ein Gehirn in Erbsengröße zutraut und wenig Vertrauen in die Fähigkeiten einer Frau als Herrscherin zeigt. Doch mit Balduin hat sie einen mächtigen Verbündeten – aber auch ihren größten Feind!

Ich habe schon die ersten beiden Bücher der Autorin gelesen und war sehr gespannt auf das neue Werk. Es spielt, wie schon „Blut und Seide“, wieder in der Grafschaft Sponheim, allerdings einige Jahrzehnte später und die beiden Bücher haben auch ansonsten nichts miteinander zu tun. Einige Namen der Adelsfamilien kommen dem Leser vielleicht aus „Blut und Seide“ bekannt vor, aber es handelt sich um einen anderen Zweig der Familie.

Das Buch beruht auf historischen Fakten, Loretta von Starkenburg-Sponheim hat wirklich gelebt und ihr außergewöhnliches Leben bietet sich als Romanstoff geradezu an.
Die Autorin hat sich offensichtlich akribisch eingearbeitet – die Fülle an historischem Hintergrundwissen war zwar einerseits sehr interessant, mir andererseits aber streckenweise fast zu viel. Aber man muss auch nicht die Verwandtschafts- und Herrschaftsverhältnisse aller erwähnten Figuren im Detail nachvollziehen, denn eigentlich dreht sich die Geschichte nur um einige wenige Hauptpersonen. Loretta und Balduin natürlich allen voran sowie deren kompliziertes Verhältnis miteinander. Und dann gibt es noch Lorettas Haushalt mit mehreren interessanten Nebenfiguren und natürlich die Gegner und Widersacher.

Neben den detaillierten historischen Fakten im Buch merkt man meiner Meinung nach auch, dass die Autorin im Hauptberuf Psychologin ist. Das Denken und Handeln ihrer Figuren im Buch ist immer genau ausgearbeitet und wirkt auf mich sehr glaubwürdig, gerade in ihre Frauenfiguren kann man sich immer sehr gut hineinversetzen oder zumindest nachvollziehen, warum sie etwas tun oder lassen.

Insgesamt wieder ein spannender und intensiver historischer Roman, der hoffentlich bald auch als Print-Ausgabe erscheint, damit noch mehr Leser in den Genuss dieser Geschichte kommen!

Veröffentlicht am 03.01.2017

Vier Menschen - eine Geschichte

bleiben
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Vier Menschen erzählen ihre Geschichten. Vor vielen Jahren sind sich diese vier Menschen in einem Zug nach Italien begegnet. Max, Paul, Felix und Juliane. Teilweise ist daraus mehr entstanden, Paul und ...

Vier Menschen erzählen ihre Geschichten. Vor vielen Jahren sind sich diese vier Menschen in einem Zug nach Italien begegnet. Max, Paul, Felix und Juliane. Teilweise ist daraus mehr entstanden, Paul und Juliane haben geheiratet, Max und Felix sind seitdem befreundet. Dann begegnen sich eines Tages, viele Jahre später, Felix und Juliane wieder und beginnen eine Affäre miteinander. Dadurch setzt sich eine Kette von Ereignissen in Gang, die keiner von ihnen vorhersehen konnte.

Das Buch erfordert Aufmerksamkeit beim Lesen. Vier Menschen erzählen ihre Lebensgeschichte. Jeder von ihnen tut dies zu einem anderen Zeitpunkt und gegenüber einer anderen Person, in einer Art Gespräch, ohne dass das Gegenüber ebenfalls eine Stimme erhält. Zu Beginn fand ich diese Perspektive etwas ungewohnt ist und es dauerte ein bisschen, bis ich mich hineingefunden hatte, wer hier wann wem erzählt oder beinahe beichtet. Sobald man sich da aber hineingefunden hat, entwickeln die Story einen starken Sog. Zum einen gibt es immer wieder Verbindungspunkte zwischen den einzelnen Geschichten der Vier, zum anderen schweifen sie auch immer wieder in ihre jeweils eigene Vergangenheit ab und auch diese Erzählungen sind für sich schon sehr interessant, lehrreich und unterhaltsam.

Und über allem ruht ein Geheimnis, dem man erst langsam nach und nach auf die Spur kommt, wenn die einzelnen Geschichten immer mehr zusammenlaufen und sich am Ende verbinden. Vier verschiedene Menschen, vier Leben, vier Schicksale, vier Sichtweisen auf das Geschehen – und am Ende eine ganze besondere Geschichte.

Ich habe schon die vorherigen Bücher der Autorin gelesen und bin jedes Mal wieder fasziniert von ihrer Art, zu erzählen, sowohl vom Stil als auch vom Aufbau ihrer Geschichten her. Jedem Leser von anspruchsvoller Unterhaltung empfehle ich die Bücher gerne von ganzem Herzen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Diese seltsame, wilde, überbordende Zeit

Als wir unsterblich waren
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November, 1989, Ost-Berlin. Alex wird von ihrer Freundin Meike mit auf die Straße hinausgezogen, mitten hinein in den unglaublichen Taumel der fallenden Mauer. Im Gedränge werden die beiden getrennt, Alex ...

November, 1989, Ost-Berlin. Alex wird von ihrer Freundin Meike mit auf die Straße hinausgezogen, mitten hinein in den unglaublichen Taumel der fallenden Mauer. Im Gedränge werden die beiden getrennt, Alex stürzt beinahe, doch gerade noch rechtzeitig fängt sie ein junger Mann auf und kämpft sich mit ihr hinaus aus der feiernden Menge. Für die beiden ist es Liebe auf den ersten Blick, obwohl die zurückhaltende Alexanda mit so etwas nie gerechnet hätte.

Doch als sie Oliver ihrer Großmutter Momi, mit der sie zusammenlebt, vorstellen will, reagiert die alte Frau voller Entsetzen und erleidet einen Herzinfarkt. Alex kann nicht verstehen, was passiert ist, warum Olivers Anblick so etwas Schreckliches auslösen konnte, doch sie ist voller Furcht, den einzigen Menschen zu verlieren, der für ihre ganze Familie ist. Erst nach und nach kann der behandelnde Arzt Momi und Alexandra überzeugen, dass sie sich der Vergangenheit stellen müssen, die Momi so lange in sich vergraben hat.
Dies ist die Rahmenhandlung in der bewegenden Zeit des Mauerfalls und der Wende.

Doch noch viel fesselnder ist die Geschichte, die sich dazwischen langsam aufbaut und auf der eindeutig der Fokus des Buches liegt. Sie beginnt im Jahre 1912, natürlich auch in Berlin. Paula ist immer mit ihrem älteren Bruder Manfred und dessen Freunden unterwegs. Sie ist verliebt in seinen Freund Clemens, doch der sieht in ihr lange nur die kleine Schwester seines Freundes. Harry hingegen, ein weiteres Mitglied der Clique, ist verliebt in Paula, er erkennt jedoch, dass sie seine Gefühle nicht erwidert. Diese Gruppe junger Leute ist so voller Leben, voller Träume und Ideale, sie treten der SPD bei und wollen die Welt verändern. Insbesondere Clemens ist trotz seiner wohlhabenden Herkunft ein vehementer Unterstützer der Arbeiterbewegung, was in seinem Elternhaus gar nicht gern gesehen wird.

Doch verhindern können sie den aufziehenden Weltenbrand nicht, der Strudel der Ereignisse ergreift sie alle und reißt sie mit sich, treibt sie zusammen und weiter auseinander, als sie es sich in den sorglosen Sommern am Wannsee je hätten vorstellen können.

Ich habe viele Bücher gelesen, die in der Zeit des Ersten Weltkriegs spielen und auch viele, die schildern, wie es zum Zweiten kommen konnte, doch selten hat mich eines so berührt wie „Als wir unsterblich waren“. Diese Gruppe junger Menschen, die eine bessere Welt für alle wollen, die dabei so viele Illusionen und Hoffnungen verlieren und Träume aufgeben müssen, so viele Verluste erleiden… es ist kein heiteres Buch, es zeigt, was Menschen sich im Großen und Kleinen antun können. Ich habe beim Lesen mitgelitten und geweint, nicht nur mit Paula und Clemens, sondern auch mit den vielen anderen Figuren, die so echt und lebensnah wirken, dass sie allesamt in meiner Vorstellung ganz deutlich vor mir standen. Ihre unbedingte Freundschaft und Treue zueinander, trotz aller Umstände und unterschiedlicher Ansichten, hat mich wirklich tief bewegt.