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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2020

Ein vielschichtiger Krimi

Weites Land
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Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden ...

Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden will. Er hat voll Enthusiasmus eine Stelle im staatlichen Gesundheitsdienst angetreten, nur um feststellen zu müssen, er sich nur mit Papierkram herumschlagen muss, während im Westen Kanadas Mitglieder eines kleinen First-Nations-Stammes an einer rätselhaften Krankheit sterben.

Gemeinsam mit Sandy, der Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums, versuchen Philipp und Lou der mysteriösen Krankheit rund um Fort Fraser auf die Spur zu kommen. Die Mitglieder der First-Nation sind aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Weißen misstrauisch und Philipp wird von ihnen als „zu weiß“ wahrgenommen.

Schnell scheint ein möglicher Verursacher ausfindig gemacht zu sein: Der Bau einer Pipeline, die durch das Land der First-Nation führen soll. Die Bewohner dort sind zwiegespalten: Die einen stehen dem Bau positiv gegenüber, die anderen lehnen sie vehement ab. Gehen hier die Betreiber der Pipeline buchstäblich über Leichen?

Meine Meinung:

Von Nicole Bachmann habe ich bislang noch keinen Krimi gelesen. Dieser hier ist der zweite einer Reihe rund um die Berner Epidemiologin Lou Beck. Die Autorin greift hier gleich mehrere brisante Themen auf. Rücksichtlose Ausbeutung der Natur, überheblicher Umgang mit den Menschen der First-Nations, der seit Jahrhunderten so stattfindet und ein Mehrklassengesundheitssystem, das die Ureinwohner benachteiligt.

Ein eher ruhiger Krimi, dem es aber nicht an Spannung fehlt. Langsam wird der Leser in die, uns Europäern unbekannte Welt von Kanadas First-Nation herangeführt. Der Durchschnittseuropäer kennt ja nur die Weiten des Landes, seine unberührte Natur (Ist sie das wirklich?) und die Jagd auf Bären oder Elche.
Auch diese touristische Nutzung wird hier kritisch angesprochen.

Interessant ist auch wie Philipp, in der Schweiz ein anerkannter Geriater, nach Kanada kommt, um dort seine Wurzeln zu suchen. Seine Herkunft scheint in der Schweiz keine Rolle zu spielen, hier in Kanada sehr wohl.

Gut gelungen ist das Vermitteln das Wissen um die First-Nation. Das war mir bis jetzt so nicht bekannt.

Die Charaktere sind gut entwickelt. Manchmal habe ich Philipp nicht ganz verstanden, denn er suhlt sich immer wieder in Selbstmitleid. Sein Phlegma,das dann von Wut und Zorn abgelöst ist, macht aus ihm eine interessante Persönlichkeit. Erst gegen Ende des Buches wird sein eigentliches Problem offenbar. Lou Beck wirkt zu Beginn ein wenig naiv, wenn sie ausschließlich Winterklamotten eingepackt hat. Ein Blick in das www hätte ihr gezeigt, dass es auch in Kanada ziemlich warm sein kann. Sie kommt mit völlig falschen Erwartungen an, läuft aber dann zur Höchstform auf.

Ich denke, ich werde den Vorgänger „Endstation Bern“ und den Nachfolger „Schöner sterben in Bern“ lesen

Fazit:

Ein vielschichtiger Krimi aus dem Hause Emons, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 17.12.2020

Ein interessanter Einblick

Eisenbahn-"Romantik"?
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Viele Leser kennen die TV-Reihe „Eisenbahn-Romantik“ des deutschen Fernsehens, in denen Hagen von Ortloff die Zuseher auf Reisen mit der Bahn in der ganzen Welt mitnimmt. Während man den Erzähler kennt, ...

Viele Leser kennen die TV-Reihe „Eisenbahn-Romantik“ des deutschen Fernsehens, in denen Hagen von Ortloff die Zuseher auf Reisen mit der Bahn in der ganzen Welt mitnimmt. Während man den Erzähler kennt, weiß man eigentlich nicht, wer die ganze Arbeit im Hintergrund macht. Mit diesem Buch soll ein wenig der Schleier gelüftet werden: Michael Mattig-Gerlach produzierte mit seinem Team bei den Reisedokumentationen für das SWR-Fernsehen zusätzlich jene Eisenbahn-Filme. Interessanterweise ist Michael Mattig-Gerlach gar kein erklärter Eisenbahn-Fan. Aber, vielleicht ist dieses Buch auch deswegen so interessant, weil er das Thema nicht mit den leuchtenden Augen eines Lokführers (oder wie Hagen von Ortloff so treffend sagt,) „Puffer-Küssers“ angeht.

Die zahlreichen Reisen, die ihn kreuz und quer durch den ganzen Globus führ(t)en, beschreibt er u.a. in folgenden Kapiteln:

Faszination Eisenbahnen
Für Eisenbahn-Romantik unterwegs in Afrika und Südamerika
Durch das wilde Afrika
Mit Eisenbahnen in Europa und Asien
Der Siegeszug der Drohnentechnik
Eisenbahn-Liebesgrüße aus Russland
Warum der Stress auf vier Kontinenten?

Dabei lässt der Autor auch die Strapazen, die Unwägbarkeiten und die oftmalige Unzuverlässigkeit der Eisenbahnen nicht aus.

Sein Statement „Eisenbahnen tun nie, was man von ihnen erwartet.“ scheint sich öfter zu wiederholen.

In manchmal berichtet er, in fast schon distanziert zu nennender Weise, von seinen Dokumentationen, die nicht ursächlich mit der Eisenbahn zu tun haben. Über den Genozid an den Indigenen Völkern Brasiliens etwa, die nicht vor mehreren hundert Jahren geschehen sind, sondern z.B. durch den Raubbau am Regenwald nach wie geschieht.

Zahlreiche Fotos, die man nicht so häufig zu sehen bekommt, ergänzen dieses Buch, in dem die viel beschworene Eisenbahn-Romantik nicht immer spürbar ist.

Fazit:

Ein gelungenes Buch, das den verklärten Blick auf alte Eisenbahnen ein wenig schärft. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Trotzen wir dem Virus

Pandemische Welt-Schau in Karikaturen
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Seit März 2020 geht uns allen die Corona-Pandemie gehörig auf die Nerven. Leider ist ein Ende noch nicht wirklich abzusehen, auch wenn ein Impfstoff in Reichweite zu sein scheint.

Der Benevento-Verlag ...

Seit März 2020 geht uns allen die Corona-Pandemie gehörig auf die Nerven. Leider ist ein Ende noch nicht wirklich abzusehen, auch wenn ein Impfstoff in Reichweite zu sein scheint.

Der Benevento-Verlag hat nun einen repräsentativen Querschnitt von über 400 Arbeiten, von mehr als 100 Cartoonisten aus 53 Ländern herausgebracht.
Über manche Karikaturen konnte ich herzlich lachen (z.B. Über das Hamstern von WC-Papier). Bei anderen ist mir das Lachen im Hals stecken geblieben.

Wenn es nun gilt durch dieses verrückte, verkorkste und anstrengende Jahr 2020 durchzutauchen, so gibt es auch einen Hoffnungsschimmer: Solange man über eine Gefahr lachen kann, ist man darin noch nicht umgekommen. (aus dem Prolog) Dem ist wohl nichts hinzuzufügen!

Fazit:

Das hochwertig gestaltete Buch ist auch als Geschenk gut geeignet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Zum 200. Todestag eines Mythos

Der Mythos Napoleon
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Der Todestag von Napoleon Bonaparte jährt sich am 05. Mai 2021 zum 200. Mal. Anlass für Johannes Willms, einem der bekanntesten Napoleon-Kenner, ein weiteres Buch über den Mythos jenes Generals, der viele ...

Der Todestag von Napoleon Bonaparte jährt sich am 05. Mai 2021 zum 200. Mal. Anlass für Johannes Willms, einem der bekanntesten Napoleon-Kenner, ein weiteres Buch über den Mythos jenes Generals, der viele Jahre lang Europa mit Kriegen überzogen hat, zu schreiben.

Was macht ihn also aus, den „Mythos Napoleon“?

In drei großen Teilen begibt sich der Autor auf Spurensuche, zitiert aus der umfangreichen Korrespondenz und lässt Zeitgenossen zu Wort kommen. Wie kommt es, dass aus dem einstmaligen Revolutionär, Politiker ein Spieler und Heiland wird?

Der Mythos
Das Evangelium
Die Apotheose

Eingehend schildert Johannes Willms, wie es Napoleon gelang, seinen eigenen Mythos zu entwickeln, der ihm die Macht in Frankreich wie auch Europa verschaffte und auch bei seinem Scheitern 1815 nicht wirklich zerstört wurde. In seiner Verbannung auf St. Helena hat Napoleon weiter an seinem Mythos gearbeitet. Da ihm kritische Geister gefehlt haben, suhlt er sich teilweise in Selbstmitleid und andererseits in Größenwahn.

Fazit:

Allzu viel Neues erfährt der Leser nicht, denn zahlreiche Autoren haben Napoleon mehrfach durchleuchtet. Allerdings ist es faszinierend, wie es dem Mann aus Korsika gelungen ist, auch 200 Jahre nach seinem Tod, Autoren und Leser gleichermaßen in den Bann zu ziehen. Hier kann ich, vor allem wegen der ausgiebigen Recherche 4 Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Eine Leiche zum Skiopening kann keiner brauchen

Die Tote im Stadl
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Der Wiener Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer will im schönen, winterlichen Bad Kleinkirchheim wieder zu seinem Idealgewicht finden und hat sich selbst ein ambitioniertes Sportprogramm und einen kalorienreduzierten ...

Der Wiener Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer will im schönen, winterlichen Bad Kleinkirchheim wieder zu seinem Idealgewicht finden und hat sich selbst ein ambitioniertes Sportprogramm und einen kalorienreduzierten Speiseplan verordnet. Dass das dem Genussmenschen dann doch nicht ganz so behagt, ist verständlich. So ist er heilfroh, dass eines Morgens das Mobiltelefon klingelt und er von seinem Chef den Auftrag erhält, hier in Kärnten in einem Mordfall zu ermitteln, denn der örtlich zuständige Kriminalbeamte hat sein skifahrerisches Können sträflich überschätzt und liegt mit Knochenbrüchen im Krankenhaus.
Und so lässt Kerschbaumer seine Diätpläne fahren und eilt an den Tatort. Swetlana Kastelic, ein junges slowenisches Zimmermädchen ist ermordet aufgefunden worden. Gemeinsam mit den Kollegen aus Bad Kleinkirchheim, Volker Feiersinger und Hilde Hofgärtner beginnt er mit den Ermittlungen. Dabei kommt es auf einiges Fingerspitzengefühl an, denn erstens war Swetlanas Arbeitsplatz das Hotel Pulracher, eines der ersten Hotels am Platz und zweitens steht die Eröffnung der Wintersaison vor der Tür. Ein Mord, so sind sich alle einig, macht hierbei, wie man so schön sagt, „keinen schlanken Fuß“.

Durch seine einheimischen Ermittlungspartner erfährt Wendelin allerlei Wissenswertes rund um Bad Kleinkirchheim und kann daraus seine Schlüsse ziehen. Swetlana hat nicht nur als Zimmermädchen gearbeitet, sondern hat den männlichen Gästen (natürlich vorbei an Steuern und der Chefin) den einen oder anderen Zusatzdienst gewährt.

Liegt darin das Mordmotiv? Oder sind es doch die Ausbaupläne der Hoteliers? Immerhin führt eine Spur in den Süden.

Meine Meinung:

Mir hat dieser Krimi gut gefallen, denn er nimmt den Tourismus und seine Auswüchse ein wenig auf die Schaufel. Einerseits will man seinen Gästen, die angeblich urtümlich, kärntnerische Atmosphäre bieten, andererseits können einige Hotelbesitzer den Rachen nicht voll genug bekommen und planen eine touristische Weiterentwicklung mit der Errichtung von weiteren Hotels.

Gut gelungen ist der Aufbau des Buchs. Die Ermittlungen erstrecken sich über zehn Tage und genau so viele Abschnitte hat der Krimi. Jeder der Ermittlungstage beginnt mit einem Wetter und einem Pistenbericht. So liest am Tag neun zum Beispiel:

„Eine Gruppe holländischer Snowboarder geriet in Streit mit einer Gruppe Skifahrer aus dem Niedersächsischen. Erst ging es um die vermeintliche Zerstörung der Pisten durch herabrutschende Snowboarder, dann um Fußball, schließlich um die Frage ob Heineken ein ernst zu nehmendes Bier sei. Zwei Skifahrer trugen seitdem ein Pflaster im Gesicht, ein Snowboarder lispelt ein wenig.“

Darüber musste ich herzlich lachen.

Der Schreibstil ist humorvoll, wenn auch nicht extrem spannungsgeladen - Ein Wohlfühlkrimi, also für den Leser, nicht für die Leiche. Wie erfahren einiges über Land und Leute. Besonders die Kärntner Schmankerl haben es dem Autor angetan. Hier merkt man, dass der Autor schon einige Reiseführer geschrieben hat. Er geht auf die Besonderheiten des Ortes Bad Kleinkirchheim ein und macht den Leser auf regionale Kleinigkeiten aufmerksam, die einem sonst durch die Lappen gehen könnten.
Herrlich, wie er Wendelin Kerschbaumer austrickst, als der sich im Rampenlicht des Fernsehteams wähnt. Dabei hat es das Journalistenteam auf Kaiser Franz abgesehen. Hier in Kärnten natürlich Klammer nicht Beckenbauer.

Gelungen sind auch die Charaktere. Allen voran Kordula Kastelic, Swetlanas Oma, die trotz ihres Alters und ihres beachtlichen Vermögens ein strenges Regiment führt. Mirko, Swetlanas Bruder, gibt den etwas beschränkten Muskelmann, der von seiner Umgebung immer wieder ein wenig unterschätzt wird.

Fazit:

Stefan Maiwald präsentiert einen Krimi, der sich nicht nur wohltuend von den blutrünstigen Krimis abhebt, sondern ordentlich Humor mitbringt. Mit Wendelin Kerschbaumer hat er einen Ermittler geschaffen, der von mir aus gerne weitere Fälle lösen darf. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.