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Veröffentlicht am 29.03.2019

Feuer und Eis - unterhaltsam und aufrüttelnd zugleich

Das Feuer der Erde
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Feuer und Eis – Gegensätze und doch so eng miteinander verbunden.


Bereits im Titelbild verschmelzen diese beiden Komponenten zu einem treffenden Einblick ins Buch und einmal geöffnet, ist man auch schon ...

Feuer und Eis – Gegensätze und doch so eng miteinander verbunden.


Bereits im Titelbild verschmelzen diese beiden Komponenten zu einem treffenden Einblick ins Buch und einmal geöffnet, ist man auch schon mitten im Geschehen:

15. Februar 2029, Beardmore Gletscher, Antarktis
Die Temperatur hätte niedriger sein müssen. Georgina Finley registrierte es mit einer gewissen Unruhe. Ihre Sinne stellten sich scharf.

Mit einem spannenden, flott geschriebenen Einstieg entführt Leo Aldan den Leser geschickt in einen Wettlauf zwischen ehrlich beunruhigten Wissenschaftlern und skrupellosen Politikern sowie Konzerndirektoren.

Georgina Finley, eine junge Forscherin, entdeckt ungewöhnliche seismographische Aufzeichnungen und studiert die Auswirkungen der Erderwärmung auf die Antarktis, auf die Vulkane, die unter dem Eis nur schlummern? Mit wissenschaftlich untermauerten Daten will sie die Menschen wachrütteln, doch machthungrige Industriebosse stellen sich ihr in den Weg.

Die Figuren sind sehr gut skizziert und authentisch ins Geschehen eingebettet, rasch gewinnt der Leser Zu- oder Abneigung zu jeder einzelnen Person, nur einer scheint sich nicht einordnen zu lassen…

Durch einen packenden Erzählstil ist die Geschichte lebendig und fesselnd, die Handlung ein guter Mix aus Realität und Fiktion. Zum Thema recherchierte interessante Details, wie z.B. das Methanhydrat, sind unauffällig eingeflochten, ohne jemals belehrend zu wirken.

Ein Lesevergnügen von der ersten bis zur letzten Seite - mit einem unerwarteten Ende - für alle, die eine Mischung aus Fakten und Unterhaltung schätzen.

Veröffentlicht am 26.03.2019

Delia - eine moderne Ärztin im antiken Rom

Das Schicksal der Medica
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Gerlinde Friewald entführt uns mit ihrem Roman „Das Schicksal der Medica“ ins antike Rom, 63 vor Christus.

Sehr raffiniert ist der Prolog als Rückblende gewählt, in dem Delia kurz von sich selbst erzählt, ...

Gerlinde Friewald entführt uns mit ihrem Roman „Das Schicksal der Medica“ ins antike Rom, 63 vor Christus.

Sehr raffiniert ist der Prolog als Rückblende gewählt, in dem Delia kurz von sich selbst erzählt, ihrer strengen Erziehung durch den Vater und ihre Leidenschaft für Heilkräuter und Medizin. Darin gipfelt Delias Wunsch und Ziel: „Ich möchte meine Geschichte erzählen, die Erinnerungen aufflammen lassen, noch einmal alles fühlen und durchleben“.

Dann tauchen wir auch schon ein ins Geschehen:

Delia folgt dem Ruf des Arztes Asklepiades, um sich mit ihm über neue wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen. Gleichzeitig wird sie dort ihren geliebten Marcus Aponius wiedersehen, zweifelnd, ob ihre Liebe die zwei langen Jahre der Trennung überdauert hat.

Während Delia Marcus´ Familie kennenlernt und das verwinkelte Rom, dessen Kontrast zu ihrer Heimatstadt Alexandria größer nicht sein könnte, werden die politischen Unruhen immer heftiger, ein Umsturz steht bevor. Leichen im Kanalnetz, flammende Reden von Catilina – was kommt da noch auf die junge Ärztin zu?

In einem sehr angenehmen Stil, sachlich, nüchtern, schnörkellos, schildert die Autorin Delia als emanzipierte, ehrgeizige Frau, die unbeirrt ihren Weg geht. Die Medica besticht überdies durch Charme und Witz, wodurch sie schnell die Sympathie ihrer Gastgeber gewinnt.
Sehr detailliert und bestens recherchiert werden die einzelnen Episoden des ereignisreichen Italien-Aufenthaltes dargestellt, wodurch der Leser die beiden Hauptfiguren Delia und Marcus schnell ins Herz schließt. Besonders interessant und ansprechend ist die Schreibtechnik in diesem Buch: ein Mix aus der Ich-Perspektive durch Delia und neutralem Erzählstil für Episoden, bei denen sie nicht persönlich zugegen war.

Das geschickt gewählte Ende lässt alle Möglichkeiten offen und den Leser auf weitere Einblicke in das spannende Leben der modernen Medica hoffen…

Veröffentlicht am 07.12.2020

Wo andere Urlaub machen

Föhnlage
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Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ...

Während eines Konzertes in einem bayrischen Alpen-Kurort stürzt ein Mann direkt auf einen Zuhörer im Publikum. Beide sind tot. Und Kommissar Jennerwein übernimmt die Ermittlungen. War es Mord, Selbstmord, ein Unfall? Viele Gedanken werden überprüft auf Logik und Relevanz, Spekulationen unter den Einheimischen verbreiten sich wie der Wind, denn „Ratschkathln“ gibt es genug.

Mit viel Humor und einer treffenden Schreibweise setzt Maurer diesen ersten Krimi seiner „Jennerwein-Serie“ in Szene. Der Leser begleitet Ermittler und Bewohner des Dorfes durch spannende und recht unterhaltsame Episoden, die durchwegs für kurzweilige Lesestunden sorgen. Nicht knallharte Fakten und akribisch recherchierte Daten stehen hier im Mittelpunkt, sondern Wortwitz und Augenzwinkern, insbesondere, wenn es darum geht, dem Leben da und dort ein Schnippchen zu schlagen, das Gesetz ein wenig vorteilhaft zu interpretieren und einen Seitenblick auf Österreicher und Italiener zu werfen. Jennerweins Team ist eine kunterbunte, sympathische Gruppe, die man gerne bei einem weiteren Fall trifft und auch die Dorfbewohner mit ihren Ecken und Kanten passen gut ins Bild.

Insgesamt ist Föhnlage also eine tolle Mischung aus Spannung, Witz und ein wenig Sarkasmus, flott zu lesen und somit allemal eine Empfehlung wert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2024

Zwei Sommer auf Island

Der Sommer der Islandtöchter
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Hannah entschließt sich im Sommer 2018, mit ihrem dreijährigen Sohn Max ein Sabbatical auf Island zu verbringen, weit weg von Lüneburg, das sie nur noch mit einer gescheiterten Ehe verbindet und mit einem ...

Hannah entschließt sich im Sommer 2018, mit ihrem dreijährigen Sohn Max ein Sabbatical auf Island zu verbringen, weit weg von Lüneburg, das sie nur noch mit einer gescheiterten Ehe verbindet und mit einem schmerzlichen Karriereende.

Vierzig Jahre zuvor, im Sommer 1978, reist Monika mit ihren Eltern zu einer befreundeten isländischen Familie, während ihr Verlobter in Deutschland bleibt, um seine Karriere voranzutreiben. Auf der Insel lernt sie einen sympathischen Fabrikarbeiter kennen, der aber ohne Frage weit unter ihrem Stand ist.

Abwechselnd erzählt Karin Lindberg auf zwei Zeitebenen diese beiden schönen Geschichten, weckt Neugierde darauf, zu erfahren, was tatsächlich bei Monikas Islandaufenthalt geschehen ist und welchen Zusammenhang es womöglich mit der Jetztzeit geben könnte. Fein charakterisierte Figuren begegnen dem Leser, allerdings fällt es besonders Hannah schwer, ihre Gefühle zuzulassen. Sie muss noch lernen, weniger auf ihren Kopf und mehr auf ihren Bauch zu hören. Ob sie das schaffen kann, verrät der Lauf der Handlung, welche anfangs ein wenig vor sich hinplätschert, aber dann von Kapitel zu Kapitel besser und emotionaler wird. Gut gefällt mir der isländische, sehr freundschaftliche Lebensstil, die raue Landschaft des Nordens kommt allerdings für Kenner von Karin Lindberg diesmal ein wenig zu kurz.

Ein sehr angenehm dahinfließender Schreibstil begleitet den Leser auf zwei Reisen nach Island. Die Geschichten rund um Hannah und Monika sind diesmal eher einfach, aber durchaus unterhaltsam und lesenswert.

Veröffentlicht am 13.07.2024

Nur Dienstboten

Im Herzen des Sahel
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Die fünfzehnjährige Faidé verlässt ihr ärmliches Dorf in Nordkamerun, um in der Stadt Geld zu verdienen, damit sie ihre Mutter und ihre jüngeren Geschwister unterstützen kann. Schon bald merkt das junge ...

Die fünfzehnjährige Faidé verlässt ihr ärmliches Dorf in Nordkamerun, um in der Stadt Geld zu verdienen, damit sie ihre Mutter und ihre jüngeren Geschwister unterstützen kann. Schon bald merkt das junge Mädchen, dass man auf Menschen wie sie herabsieht, Dienstboten wie Menschen zweiter Klasse behandelt, junge Hausmädchen oft Freiwild für die Männer im Haus sind. Eine schwierige Phase in Faidés Leben beginnt, zumal sie sich noch in den falschen Mann verliebt.

Klimakrise, Boko Haram und eklatante Standesunterschiede baut Djaïli Amadou Amal in diesen sehr persönlichen Roman ein. Hauptsächlich geht es aber darum, wie ein junges Mädchen für sein Leben und Überleben sorgt und trotzdem immer wieder Prügel vor die Füße bekommt, weil in der Sahelzone andere Gesetzte gelten, keine Gleichberechtigung herrscht zwischen Arm und Reich, Christ und Muslim, Mann und Frau. Treffend beschreibt die Autorin Faidés Situation und führt dem Leser eine fremde Welt vor Augen. Trotz der sehr realistischen Szenen und der Tatsache, dass wahre Vorkommnisse Pate stehen für diese Geschichte, bleibt sie mir doch über weite Strecken fremd, kann mich das Schicksal der gut charakterisierten Figuren nicht wirklich berühren. Interessant und aufschlussreich ist sie aber allemal.

Ein ungewöhnlicher Roman über den Überlebenskampf in Kamerun, wenn man zu den Ärmsten der Armen gehört, eindrücklich und informativ erzählt.