Profilbild von giannadanarosa

giannadanarosa

Lesejury Star
offline

giannadanarosa ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit giannadanarosa über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2020

Die Stern-Bringer

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
0

Jojo Moyes ist seit „Ein ganzes halbes Jahr“ eine meiner meistgelesenen Autorinnen. Ihre Bücher haben einen ganz eigenen Stil, eine eigene Tiefgründigkeit und behandeln jedes Mal relevante Themen, die ...

Jojo Moyes ist seit „Ein ganzes halbes Jahr“ eine meiner meistgelesenen Autorinnen. Ihre Bücher haben einen ganz eigenen Stil, eine eigene Tiefgründigkeit und behandeln jedes Mal relevante Themen, die das Leben von Frauen in der Gegenwart oder der Vergangenheit prägen.
„Über uns der Himmel, unter uns das Meer“ ist mein absolutes Lieblingsbuch von ihr, deswegen war es von Beginn an klar, dass ich auch „Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ lesen würde. Immerhin nimmt sie sich hier wieder einer historischen Tatsache an und erzählt darauf beruhend eine fiktionale Geschichte.

Inhalt:
USA, Kentucky, die 1930er Jahre: Eine Gruppe unerschrockener Frauen hat es sich in der abgelegenen Kleinstadt Baileyville zur Aufgabe gemacht einem Projekt der First Lady folgend eine mobile Bibliothek zu gründen. Da es in und um Baileyville viele Menschen gibt, die aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen oder aber wegen ihres abgelegenen Wohnorts keine Bibliothek besuchen können, reiten die Frauen bei Wind und Wetter auf Pferden oder Maultieren durch die Berge und bringen die Bücher zu ihnen nach Hause. Bei den Bewohnern Baileyvilles stoßen sie dabei auf viel Widerstand. Die Stadt ist geprägt von starren Konventionen und Geschlechterrollen, denen die Packhorse Library in vielerlei Hinsicht nicht nachkommt.
Eine der Frauen ist die Engländerin Alice. Sie stammt aus einer wohlhabenden Familie und ist dennoch eine Außenseiterin in der Gesellschaft, in die sie geboren wurde. Sie verliebt sich in Bennett, einen jungen Amerikaner, oder glaubt es zumindest. Um den Zwängen ihrer Herkunft zu entfliehen, folgt sie ihm in seine Heimat. Doch dort werden all ihre Hoffnungen zu Nichte gemacht. Ihr Schwiegervater ist nicht nur ein reicher Minenbesitzer sondern auch ein Tyrann, in dessen Haus sie fortan leben muss. Gleichzeitig hat Bennett keinerlei Interesse an körperlicher oder emotionaler Nähe zu ihr. Erst als Alice beginnt für die Packhorse Library Bücher auszuliefern, das neue Land auf eigene Faust zu erkunden und Freundschaft zu den anderen Frauen zu schließen, findet sie langsam zu sich selbst.
Außerdem ist da Margery O’Hare, eine unverheiratete und alleinlebende Frau aus einer verrufenen Familie, die verwegen ist und es wagt sich gegen die Geschlechterklischees aufzulehnen. Sie und ein paar weitere, durchweg liebenswerte Charaktere, die alle auf ihre Art gegen die Fesseln ihrer Zeit zu kämpfen haben, machen die Packhorse Library zu einem ganz besonderen Ort.

Meine Meinung:
„Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ ist in erster Linie kein Liebesroman, sondern ein Buch über Freundschaft und über’s Frausein in einer Zeit, in der Menschen allein wegen ihres Geschlechts extrem limitierte Möglichkeiten hatten.
Es hat mir unglaublich gut gefallen, wie gekonnt die Nebenhandlungen mit der Hauptgeschichte verwoben wurden. Das Schicksal jeder einzelnen Bibliothekarin wurde auf seine Weise erzählt. Keine von ihnen war nur ein plumper Nebencharakter. Sie alle hatten ihre Daseinsberechtigung und sie alle haben gleichermaßen versucht ihre Grenzen zu überwinden. Dabei ging es um Familie, um Ansehen, um Rassismus, um Trauer und schließlich auch um Recht. Gerade diesen Teil fand ich besonders gelungen, weil das Schwarz-Weiß-Denken der Gesellschaft daran so gut deutlich wurde. Auch heute findet man schließlich immer noch diese Denkweisen, dass man Frauen in vorgefertigte Rollenbilder einteilt: das gute und das böse Mädchen, der unschuldige Engel und die eiskalte Hexe.
Nicht nur die Freundschaften der Bibliothekarinnen haben mein Herz berührt, sondern auch die Beziehungen, welche die Frauen zu den Empfängern der Bücher aufgebaut haben. Die Bücher der Packhorse Library waren für viele der Menschen die einzige Möglichkeit, um an Bildung zu gelangen, einem tristen Alltag oder einer schwierigen Familiensituation zu entfliehen. Deswegen hat mir auch der englische Originaltitel des Buchs so gut gefallen.
„The Giver of Stars“ - Die Stern-Bringer. Weil Bücher manchmal wie Sterne am Nachthimmel in einer ziemlich dunkeln Realität sind. Aber auch den deutschen Titel finde ich gut gewählt.
Durch den Prolog wurde ein straffer Rahmen geschaffen und je weiter die Handlung voranschritt, desto mehr hat sie an Fahrt aufgenommen. Ab einem gewissen Punkt konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte hatte Tiefgründigkeit und Spannung, leise und laute Momente und das alles in genau der richtigen Dosis. Aber auch, wer gerne Liebesgeschichten liest, kam auf seine Kosten. Man kann also zusammenfassend sagen: Es hat wirklich an rein gar nichts gefehlt.


Fazit:
„Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ hat mich auf sehr vielen Ebenen berührt. Die Geschichte strahlt so viel Wärme und Menschlichkeit aus und kann definitiv mit „Über uns der Himmel, unter uns das Meer“ konkurrieren. Es handelt sich zweifelsfrei um ein Buch, das man nicht nur einmal liest. Bei mir wird es definitiv nicht das letzte Mal gewesen sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.12.2020

Rausch und Melancholie im Neonlicht

City of Girls
0

Ich bin schon seit Monaten in den Buchhandlungen um „City of Girls“ herumgeschlichen und habe mich immer wieder dagegen entschieden. Grund dafür waren einige durchschnittliche bis eher schlechte Rezensionen, ...

Ich bin schon seit Monaten in den Buchhandlungen um „City of Girls“ herumgeschlichen und habe mich immer wieder dagegen entschieden. Grund dafür waren einige durchschnittliche bis eher schlechte Rezensionen, die ich im Vorfeld gelesen hatte und mich in Kombination mit dem stolzen Preis von 17€ für ein Paperback immer wieder abschrecken konnten.
Ich kann schon einmal vorweg nehmen: Was bin ich froh, dass mich dieses Buch am Ende doch verführt hat!

Inhalt:
New York, Anfang der Vierzigerjahre:
Nachdem sie wegen schlechter Leistungen vom College geflogen ist, wird Vivian Morris, eine neunzehnjährige Jungfrau aus wohlhabendem und spießbürgerlichem Elternhaus, nach New York zu ihrer Tante Peg verbannt.
Peg Buell ist das Schwarze Schaf der Familie. Sie verfolgt einen exzentrischen Lebensstil und führt ein kleines Theater auf dem Times Square, das mit minderwertigen Vorstellungen gerade so über die Runden kommt und dessen Bewohner und Angestellte lieber dem Nachtleben frönen als sich mit dem Ernst ihrer Zeit zu beschäftigen. Das alles scheint genau das zu sein, wonach sich Vivian ihr ganzes Leben lang gesehnt hat und so stürzt sie sich umgehend und ohne Rücksicht auf Verluste in den Strudel der New Yorker Clubszene. Nun verbringt sie ihre Zeit nicht mehr mit faden College-Studentinnen, sondern mit glamourösen Revuegirls, Tänzern, Schauspielern und - ach ja - Männern, Männern und nochmals Männern. Die Großstadt und Vivians Welt scheinen sich immer schneller und noch schneller zu drehen bis das wilde Treiben plötzlich in einer Katastrophe sein jähes Ende nimmt.

Meine Meinung:
„City of Girls“ wird von der Stimme einer alten Frau erzählt. Es ist Vivian selbst, die am Ende ihres Lebens für eine gewisse Angela ihre Biographie in einen Brief packt. Der Leser erfährt erst sehr spät im Buch, wer genau Angela ist und noch viel wichtiger: Wer Angelas Vater war.
(An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich sofort wusste, wer Angelas Vater war. Schon bei seinem ersten Auftritt war es mir klar. Das hat dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch getan.)
Der Schreibstil ist wunderbar bildlich, atmosphärisch und in Teilen philosophisch. Man wird mitten hineingezogen in das bunte, lasterhafte New York kurz vor dem zweiten Weltkrieg. New York generell wird so schillernd und organisch beschrieben, dass man sich fast schon grämt, wenn man, so wie ich, noch nie dort war.

Dieses Schillern und der Überfluss an Leben, den der erste Teil der Geschichte vermittelt, wird vom Fischer-Verlag wunderschön im deutschen Cover transportiert. Das Cover muss ich an dieser Stelle noch einmal besonders hervorheben. Es ist für mich mühelos eines der Top Drei Cover 2020. Obwohl die dargestellte Szene nichts direkt mit „City of Girls“ zu tun hat, erinnert sie doch irgendwie an Vivian, ihre Freundin Celia und deren Eskapaden. Vermutlich ist es sogar dieses Cover, das letztendlich den Ausschlag zu meinem Kauf gegeben hat. Ich wollte es einfach unbedingt in meinem Regal sehen.

Die teils so schlechten Rezensionen kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Da ist oft von „langweilig“ die Rede. Für mich war das Buch eher soghaft. Durch die autobiographische Erzählform gibt es natürlich wenig künstlich konstruierte Spannung. Das Buch ist eben wie das Leben selbst, eine Aneinanderkettung von Ereignissen, die sich manchmal gegenseitig bedingen.
Die Protagonisten sind außergewöhnlich und zumeist liebenswert gezeichnet, selbst dann noch, wenn sie objektiv betrachtet keine guten Menschen sind.
Vivian fand ich dabei am spannendsten. Obwohl die jüngere Version von ihr so naiv und in vielerlei Hinsicht auch ziemlich dumm ist, versteht man sie und ihren Wunsch nach Freiheit in dieser doch so engstirnigen Zeit. (Obwohl sie mir zu keinem Zeitpunkt leid getan hat.)
Oft habe ich auch gelesen, dass sich Rezensent*innen über den übermäßigen Fokus auf Vivians Sexualleben beschweren. Dabei gab es wenige explizite Sexszenen, vom Rest wurde nur erzählt und das auch nicht unbedingt der Sexualität wegen, sondern weil Vivians bewusste Entscheidung für ein promiskuitives Leben (entgegen der gesellschaftlichen Normen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts) ein wichtiger Teil ihrer Charakterentwicklung ist. Sie hat sich später ja auch in anderen Bereichen vom gängigen Frauenbild ihrer Zeit abgewandt. Außerdem kommt es mir manchmal so vor, als ob es selbst heute noch Menschen gibt, die es sogar einer Buchfigur vorwerfen ein solches Leben zu führen und das finde ich - kurz gesagt - unmöglich.

Wie der Titel schon sagt, legt das Buch seinen Fokus auf die Frauen in der Geschichte. Auf ihre Beziehungen untereinander und zu Männern, welche in den meisten Fällen kaum mehr als Statisten sind. Es geht um die Gefühle von Frauen, um die Bedürfnisse von Frauen und darum zu sein, wer man nun eben ist. Unabhängig davon, wer man vielleicht hätte werden sollen.

Einen kleinen Kritikpunkt am Plot von „City of Girls“ habe ich: Nachdem die große unweigerliche Katastrophe geschehen ist und Vivians Existenz in Scherben liegt, beginnt ein ruhigerer, melancholisch-philosophischer Teil des Buchs, in dem Angela und der Leser Vivian durch die Kriegsjahre ihr Erwachsenenleben begleiten. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Teil noch etwas detailreicher erzählt wird. Hier fliegt man nämlich geradezu durch die Jahre und auch in die Zeit, die Vivian mit Angelas Vater verbracht hat, hätte ich mir noch ein paar ausführlichere Einblicke gewünscht. Ich hatte teilweise den Eindruck, als ob hier ein bisschen zu viel erzählt und zu wenig gezeigt wurde.
Das Ende von Vivians Lebensgeschichte und damit auch dem Brief an Angela fand ich übrigens hochemotional. Ich war wirklich sehr ergriffen.

Fazit:
„City of Girls“ ist eine glanzvolle, abwechslungsreiche, manchmal leise und manchmal laute Geschichte über Freundschaft, Liebe, Familie, Glück und den Verlust von alledem. Ich werde sie bestimmt noch öfter lesen, weil in dem tiefen Graben zwischen dem Rausch und der Melancholie New Yorks so ein wohliges Gefühl von Wärme und Zufriedenheit zurückbleibt.
Es ist ein ganz und gar besonderes Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2020

Bittersüß. Bildgewaltig. Brillant.

Daisy Jones and The Six
0

Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, ...

Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, weil das hier so verdammt großartig ist.

Inhalt:
„Daisy Jones and the Six“ erzählt die Geschichte der Rockband „The Six“ und der Sängerin Daisy Jones, die es Ende der Siebzigerjahre mit ihrem Album „Aurora“ zu Weltruhm brachte. Jahrzehnte später macht es sich die Autorin zur Aufgabe durch Interviews mit den Bandmitgliedern und ihren Weggefährten herauszufinden, was damals geschehen ist. Wie es zu dem rasanten Aufstieg und dem mindestens so rasanten Ende der Band kam.
Es geht um die Beziehung der Bandmitglieder untereinander, um den Leadsänger Billy Dunne und seine Familie, um Billy und Daisy und ihre Zusammenarbeit, um Vaterfiguren, um Familie, um Liebe und Sucht und um Rockmusik. Es ist so, so, so gut.

Meine Meinung:
Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll.
Ich habe nie ein Buch wie dieses gelesen. Dr Erzählstil in Interviewform ist einzigartig. Vor dem Lesen, hatte ich noch Sorge, dass ich damit nicht zurechtkommen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Die Stimmen der Bandmitglieder in meinen Kopf haben die Geschichte so real gemacht. Wenn ich nicht schon vorher gewusst hätte, dass die Band fiktiv ist, wäre ich beim Lesen ins Zweifeln gekommen.
Die Sache ist aber vor allem die: Wenn man „Daisy Jones and the Six“ liest, wünscht man sich die Band wäre echt und man könnte irgendwie diese Songs hören.
Manchmal saß ich beim Lesen da und dachte nur: „Gebt mit diese Schallplatte!“
Am Ende des Buchs befinden sich nämlich die Liedtexte aller Tracks aus dem Album „Aurora“. Jedes Mal, wenn ein Titel genannt wurde, hatte ich das Bedürfnis den entsprechenden Text nachzuschlagen. Und durch das Lesen des Texts hat man noch einmal so viel erfahren, was die Charaktere im Buch nicht gesagt haben. Was zwischen den Zeilen lag. Es war, als hätte das Buch durch diese Songs noch einmal eine ganz neue Zwischenebene bekommen. Ich habe es so gefühlt und ich hätte es so gerne gehört. Selbst der Schmerz, den ich manchmal beim Lesen empfunden habe, war auf seine Weise schön.
Außerdem waren da diese Szenen, die so wundervolle Bilder in meinem Kopf ergeben haben. Das Fotoshooting in der Wüste, das LA der Siebzigerjahre, Daisy wie sie in einem wunderschönen Kleid mit blutenden Füßen zugedröhnt im Pool treibt.

Die Charaktere waren allesamt großartig. Sie waren so rund, so menschlich. Jeder von ihnen. Man musste sie allein schon für ihre Menschlichkeit und ihre Schwächen lieben.
„Daisy Jones und the Six“ ist ein Buch über’s Leben und was darin alles kaputt gehen kann. Und darüber, wie man trotz all der Kaputtheit trotzdem weitermacht. Es ist voller kluger Zitate, die ich mir unbedingt merken wollte. Ich bin gar nicht hinterher gekommen, sie alle zu markieren. Vor allem die starken Frauen habe ich geliebt. Daisy, Camila und Karen, die alle drei auf ihre Art und Weise in einer männerdominierten Welt für ihre Träume gekämpft haben.
Ich hätte nie gedacht, dass ein Buch, in dem es über so große Strecken um Drogenkonsum geht, mir so viel geben kann. An dieser Stelle darf auf eine kleine Warnung nicht fehlen: Wenn man absolut keine Bücher lesen will, in denen Drogenkonsum ein wesentliches Thema ist, dann sollte man von dieser Geschichte besser die Finger lassen. Ich möchte aber anmerken, dass man sich dann etwas ganz Wundervolles entgehen lässt!

Fazit:

Alle Sterne dieses Himmels für „Daisy Jones and The Six“. Es ist ab heute eines meiner Lieblingsbücher EVER. Im Internet bin ich darauf gestoßen, dass es bald eine Miniserie zum Buch geben soll. Der Cast ist bereits bekannt und ich finde ihn perfekt! Ich hoffe so sehr, die Show und vor allem die Musik sind es am Ende auch. Ein weiterer Grund, warum ich 2021 nicht erwarten kann!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.11.2020

#betrunkenvorwonne

Aller guten Dinge sind zwei
0

Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl ...

Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl die Protagonisten meist ein ganzes Stück älter sind als ich.
„Vielleicht mag ich dich morgen“ gehört zu meinen All-time-Highlights. Und auch ihr neuster Roman „Aller guten Dinge sind zwei“ hat mich nicht enttäuscht.

Inhalt:
Laurie, 36, Anwältin für Strafrecht in einer Großkanzlei, die eher einer Schlangengrube gleicht, wird nach 18 Jahren Beziehung von ihrem Freund Dan verlassen. Das Ende dieser Liebe wirft Laurie völlig aus der Bahn. Die Hypothek für das Haus, die zumeist giftigen Kollegen und ihre verkorkste Familiengeschichte - mit Allem muss sie sich plötzlich allein herumschlagen. Außerdem ist da auch noch die neue Frau in Dans Leben, die alles zu haben scheint, wovon Laurie immer geträumt hat.
Lauries Kollege Jamie Carter ist fünf Jahre jünger, sieht unverschämt gut aus und wird in der Kanzlei wie ein Aussätziger behandelt. Ein zweifelhafter Ruf als Aufreißer und Egomane eilt ihm voraus. Trotzdem ist es sein erklärtes Ziel zum Partner befördert zu werden.
Als Laurie und Jamie eines Abends gemeinsam im Aufzug stecken bleiben und daraufhin in einer benachbarten Bar landen, entsteht die Idee, eine Beziehung vorzutäuschen, um auf diese Weise ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Jamie will Chef werden und Laurie ihren Mann zurück.
Aber wie Lauries beste Freundin Emily warnt: „Es ist eine Lüge und Lügen gehen schief."

Meine Meinung:
Mhairi McFarlane ist ihrem altbekannten Stil treugeblieben. Trockener Humor und Zynismus. Außerdem hat sie einen schier unerschöpflichen Vorrat an Wortwitzen. Das typisch Britische kommt dabei so richtig gut rüber. Wie bereits erwähnt, lese ich ihre Bücher deswegen gerne auch auf Englisch. Leider trifft die deutsche Übersetzung in diesem Fall nicht immer ins Schwarze. Oft kann ich das verstehen. Noch öfter aber auch nicht. Manchmal frage ich mich auch, warum man gewisse Ausdrücke nicht einfach im Englischen belässt.
Ich meine "hashtag" trunkenvorwonne?
Wer sagt das? Wer schreibt das? Also ich nicht. Hätte man nicht wenigstens sowas wie "hashtag" besoffenvorglück daraus machen können? Das wäre wenigstens ein bisschen näher an der Realität gewesen.

Ich habe die Charaktere in „Aller guten Dinge sind zwei“ geliebt. Laurie ist eine echte Powerfrau, die sich in einer Männerdomäne durchkämpft. Gleichzeitig wurde ihr Leid und ihre Trauerarbeit nach dem plötzlichen Beziehungsaus so bildlich und vielschichtig dargestellt. Ich habe sie sehr gemocht. Sie war so herrlich unperfekt. Ihre Stärken und Schwächen wurden in ihren Facetten greifbar gemacht. Das lag auch daran, dass ihre Vergangenheit so gut beleuchtet. Das Selbstmitleid, das sie manchmal an den Tag legt, hat mich nicht gestört. Im Gegenteil. Ich fand, das sie dazu ja auch berechtigt war, nachdem 18 Jahre vor die Hunde gegangen sind.
Jamie ist ebenfalls grandios gewesen. (Auch wenn er mich irgendwie an JAMES aus „Vielleicht mag ich dich morgen“ erinnert hat. Dunkelhaariger, märchenhaft gutaussehender Mann mit Katze, das hatten wir doch schon?) Am Anfang wird man als Leser mit dem vorurteilsbehafteten Klischee konfrontiert, das ihm zugesprochen wird. Es ist wie eine Hülle, die man mit jeder neuen Seite weiter abstreift.
Und dann sind da ja auch noch die Nebencharaktere. Cheers to Bharat, Hattie und Di. Es war mir ein Fest. Ganz besonders hervorheben muss ich aber Emily. Die beste Freundin ist ja immer so eine Rolle in Liebesromanen, die schnell in die Bedeutungslosigkeit abdriftet. Das war hier gar nicht der Fall. Im Gegenteil. Emily hatte sogar ihre eigene kleine Geschichte.

Die Ereignisse im Laufe des Plots haben perfekt ineinander gegriffen. Ganz automatisch hat sich die Geschichte entfaltet und wirkte dabei überhaupt nicht konstruiert, obwohl das ganze Thema zugegeben ziemlich realitätsfern ist.

In Mhairi McFarlanes Büchern werden trotz all dem Humor und der Flapsigkeit zumeist tiefgreifende Themen angesprochen. Das gefällt mir besonders gut. In diesem Fall war es die Frage nach der Großen Liebe und die nach Familie und was das beides eigentlich ist.
Als Laurie realisiert hat, wer ihre wirklich Große Liebe ist, war das ein so herzerwärmend glorreicher Moment.
Natürlich bekommt man am Ende, das was auf der Verpackung steht. Einen Frauenroman zum Lachen und Mitfiebern. Keine große Literatur. Aber dafür genau die richtige Dosis an Ernsthaftigkeit.

Fazit:
Ich warte heute schon sehnsüchtig auf Mhairi McFarlanes nächstes Buch und bleibe ganz bestimmt eine treue Leserin. Wer eine gemütliche Buchreise nach England unternehmen will, ist hier genau richtig. Tausend Sterne für Mhairi, nicht ganz so viele für die deutsche Übersetzung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2020

Neues aus dem Roberts-Universum

Am dunkelsten Tag
1

Ich bin ein riesiger Fan von Nora Roberts und habe in den letzten Jahren unzählige Bücher von ihr gelesen. Gleichzeitig kann ich aber auch verstehen, dass jemand Kritik an ihren Geschichten äußert.
Wenn ...

Ich bin ein riesiger Fan von Nora Roberts und habe in den letzten Jahren unzählige Bücher von ihr gelesen. Gleichzeitig kann ich aber auch verstehen, dass jemand Kritik an ihren Geschichten äußert.
Wenn man sich für einen Nora-Roberts-Roman entscheidet, dann sollte man sich von Anfang darüber im Klaren sein, was man bekommt. Das ist nämlich für gewöhnlich (zumindest bei den „stand alones“) immer das Gleiche: Eine Mischung aus Crime und Romance mit waschechten Bösewichten, die manchmal so krank sind, dass es nicht leicht ist, sie auszuhalten. Gleichzeitig typisch amerikanische Protagonisten. Die Männer sind gerne mal Polizisten, Detektive oder Ex-Soldaten. Die Frauen meist kämpferisch, unabhängig und emanzipiert. Außerdem ein sehr detaillierter Schreibstil, den manch einer vielleicht als langatmig bezeichnen würde. Nora Roberts erzählt gerne Nebengeschichten, die mit dem eigentlichen Plot nur lose zusammenhängen. Ich persönlich liebe genau diese Eigenschaften ihrer Bücher und auch für „Am dunkelsten Tag“ sind sie wieder einmal zutreffend.

Inhalt:
Im Jahr 2005 kommt es in einem Einkaufszentrum in Portland zu einem Amoklauf. Drei Jugendliche erschießen über neunzig Menschen und verletzen etliche andere schwer.
Unter ihnen ist Simone, die damals erst fünfzehn ist und von einer öffentlichen Toilette aus den ersten Notruf absetzt. Außerdem sind da der College-Student Reed, der einem kleinen Jungen das Leben rettet und die Polizistin Essie, die einen der Angreifer erschießt und damit viele weitere Opfer verhindert.
Ihren Lebensgeschichten und denen einiger anderer folgt das Buch über lange Zeit. Sie sind nämlich eng miteinander verwoben.
Auch Jahre später können die Überlebenden des Amoklaufs nicht zur Ruhe kommen, denn obwohl die Schützen gestorben sind, gibt es immer noch jemanden, der keine Ruhe gibt.

Meine Meinung:
Das Cover passt perfekt in die deutsche Reihe dieser Romane. Das Bild auf der Front hat meine Vorstellung von Reeds Haus auf der Insel genau getroffen.
Wie bereits angedeutet, liebe ich Noras Art zu schreiben und normalerweise waren die deutschen Übersetzungen auch immer sehr gelungen. Bei „Am Dunkeslten Tag“ ist das nicht immer der Fall. In den ersten Kapiteln klang es an manchen Stellen fast so, als hätte die Übersetzerin den Satz in Google Übersetzer eingespeist. Später wurden diese Sätze aber immer seltener. Prinzipiell bin ich zufrieden mit dem Schreibstil.
Trotzdem habe ich in den ersten Kapiteln so viel geweint, wie vielleicht noch bei keinem Roman dieser Autorin. Ihre Darstellung des Amoklaufs und die Schicksale der Menschen haben mich so berührt. Man sollte unbedingt ein Taschentuch bereit halten!
In „Am Dunkelsten Tag“ gibt es sehr viele unterschiedliche Charaktere, aber als Leser kann man sie gut auseinander halten, weil das Buch so umfangreich ist. Auch das ist ja grundsätzlich typisch für Nora Roberts. Ich fand Simone, ihre Großmutter CiCi, Reed und Essie sehr gelungen. Ich konnte sie greifen und sie gehören definitiv zu meinen Lieblings-Protagonisten im Roberts-Universum. Auf Platz 1 schaffen sie es zwar nicht (Da steht für immer Prinzessin Adrianne aus „Gefährliche Verstrickungen“), aber definitiv unter die Top 5.
Nora Roberts kann allerdings nicht nur gut über Familienclans und die Polizei schreiben, sondern auch über Menschen mit gestörten Gedanken. Man erfährt im Buch recht früh, wer der eigentliche Bösewicht ist. Und dieser hat es ziemlich in sich.

ACHTUNG KLEINER SPOILER

Ich musste bei den Morden an der Mutter und den Großeltern wirklich schlucken. Das war richtig schwer zu lesen. Vor allem die Mutter hat mir so schrecklich leid getan. Auch, wenn es nur eine Geschichte ist. Allein die Vorstellung ist so abgrundtief traurig.

Fazit:
„Am Dunkelsten Tag“ hat alle Zutaten, die ein richtig guter „Roberts-Roman“ braucht. Wenn man diese Bücher liebt, dann liebt man sie einfach. Das Buch hat mich tief berührt, aber auch an den richtigen Stellen wütend und traurig gemacht. Am Ende war ich wehmütig, mich von den Figuren verabschieden zu müssen, weil sie mir über die vielen Seiten hinweg so vertraut geworden sind.
Also alles genau so, wie es sein sollte. :)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere