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Veröffentlicht am 12.11.2022

Die Schuld reicht weit...

Als die Welt zerbrach
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Die gutsituierte, über 90jährige Gretel Fernsby führt in einem noblen Villenviertel in London ein beschauliches Leben. Als in das Appartement unter ihr neue Bewohner einziehen, befürchtet sie nichts mehr, ...

Die gutsituierte, über 90jährige Gretel Fernsby führt in einem noblen Villenviertel in London ein beschauliches Leben. Als in das Appartement unter ihr neue Bewohner einziehen, befürchtet sie nichts mehr, als das das harmonische Gefüge der Hausgemeinschaft gestört werden könnte. Noch ahnt sie nicht, das damit viel Fürchterlicheres ausgelöst werden wird...
Ich habe mich für dieses Buch aufgrund der Buchvorstellung und nicht basierend auf der Information, das es sich hier quasi um die Fortsetzung von "Der Junge im gestreiften Pyjama" handelt, entschieden. Denn zu letzterem hatte ich nach dem Lesen und auch jetzt noch eine etwas widersprüchliche Meinung. Glücklicherweise hinterlässt "Als der Tag zerbrach" bei mir einen stimmig-überzeugenderen Eindruck.
Fasziniert bin ich von dem überaus fesselnden Schreibstil des Autors, der, gerade durch das Unausgesprochene, was der Leser aber unbedingt erfahren möchte, die Spannung extrem hochhält aber dadurch auch keine Lücken entstehen lässt. Unablässig nähert er sich damit der finalen Auflösung zu. In Verlauf setzt sich Gretels Leben, geschildert aus ihrer Sicht, immer mehr zusammen. Dabei überzeugt die alte, recht harmlos wirkende, Dame vor allem im Alltag der Gegenwart mit sehr pointierten, zum Teil fast bissigen Bemerkungen, die sehr deutlich machen, dass ihr das Leben und Mitmenschen keine Angst mehr machen können. Es offenbart, zunächst nur andeutungsweise, jedoch auch das Grauen, welches sie erleben musste, und die Schuld, welche sie fast erdrückt. Und einmal mehr wird deutlich, dass man seiner Vergangenheit nicht entkommen kann.
Trotz aller Begeisterung störten mich an der ganzen Geschichte doch einige Aspekte.
"Gretel", auch anders ausgesprochen, ist und bleibt für mich ein typischer deutscher Name. Umso verwunderlicher, dass das Deutsche in ihr nicht bereits dadurch erkannt wurde. Auch der Aspekt zu ihrer Tochter sowie damit zusammenhängende Wohnortwahl hätten meiner Meinung nach etwas näher beleuchtet werden können. Besonders diese Nähe hätte nicht unbedingt sein müssen, das Ganze wirkt auf mich irgendwie unvollständig.
Begeistert wiederrum bin ich von der Sprecherin Elisabeth Günter. Sie schafft es die jeweiligen Rollen mit einem derartigen Nachdruck sowie feinsten (Gefühls) Nuancen der jeweiligen Person zugeordnet, zu sprechen, das ich diese regelrecht vor mir sehen kann. Teilweise kam ich mir dadurch nicht nur als Zuschauer bzw. Zuhörer der Szene vor sondern fast wie mitten im Geschehen.
Unschlüssig bin ich mir auch weiterhin zu der Verknüpfung zu dem Vorgängerband "Der Junge im gestreiften Pyjama". Vor allem mit dem dort thematisierten Schicksal des Jungen stellt sich mir die Frage, ob in Fiktion alles möglich sein muss.
"Als der Tag zerbrach" ist bis auf die benannten Abschnitte ein Buch, welches mich sehr gefesselt hat hat und welches ich, vor allem in der Hörbuchversion sehr gern weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 06.01.2022

Die Stunde der Frauen!

Der Friesenhof
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Nach dem Tod des Vaters stehen die Schwestern Gesa und Hannah mit ihrer Mutter allein mit dem Bauernhof da, den nach allgemeiner Sichtweise nur ein männliches Oberhaupt weiterführen kann. Als bereitete ...

Nach dem Tod des Vaters stehen die Schwestern Gesa und Hannah mit ihrer Mutter allein mit dem Bauernhof da, den nach allgemeiner Sichtweise nur ein männliches Oberhaupt weiterführen kann. Als bereitete dies nicht bereits genug Probleme beansprucht Günther, der Mann der dritten Schwester Helga den Hof für sich bzw. verlangt bei Ablehnung seines Ansinnen die Auszahlung des ihr zustehenden Erbes.
Auch wenn Günther sich um das Wohl des Friesenhofes besorgt zeigt und er die Frauen ob der harten Arbeit angeblich entlasten will, wird schon zeitig sehr deutlich, dass es ihm nur um Macht, Besitz und Geld geht. Das Günther den Hof bekommt, wollen Gesa und Hannah allerdings unbedingt verhindern. So unterschiedlich sie beide vom Charakter sind, so verbindet sie das gemeinsame Ziel, auch ohne ein männliches Oberhaupt den Hof weiter zu führen. Ein sehr mutiger Entschluss, müssen sie gegen Vorurteile und eingefahrene Ansichten ankämpfen und demzufolge um sich zu behaupten noch mehr leisten, als es ein Mann müsste. Was in heutigen Zeiten der Emanzipation so selbstverständlich scheint, ist damals definitiv ein "Außenseitermerkmal" und das wird durch Gesas zum Teil sehr impulsiven Handlungen noch verstärkt.
Ich lese sehr gern Bücher, welche die Schicksale und Lebensumstände der Menschen damals mit einer spannenden Story verknüpfen. "Der Friesenhof" ist so ein Buch, es liest sich angenehm flüssig und dementsprechend zügig; ich war sofort von der Geschichte gefangen. Es werden so viele Themen miteinander verwoben und trotz allem Leids, der Kampf ums Überleben im Krieg und in den Nachkriegsjahren blicken die Menschen, auf das Wesentliche fokussiert, nach vorn. Man spürt regelrecht den Aufbruch in eine neue Zeit, in der Frauen das Ruder übernehmen können.
Im Vordergrund der Geschichte stehen dabei immer die Akteure, auch wenn ich sehr gern noch etwas mehr über die Tätigkeiten im Kontor erfahren hätte.
Natürlich darf auch eine Liebesgeschichte nicht fehlen, da gibt es mit Gesa und Keno sowie Hannah und Pawel gleich zwei leider recht komplizierte Fälle.
Es ist sehr schlimm, wie stark Vorurteile gegen andere, wie Flüchtlinge und Zwangsarbeiter, verwurzelt sind. Daran hat sich bis heute, im Gegensatz zur Emanzipation der Frau, auch noch nicht viel geändert.
Nachdenklich lassen mich Gesa und Kuno zurück. Zum einem ist es rühmlich, das er Verantwortung übernimmt bzw. "nur" Happy Ends wären auch zu unglaubwürdig und kitschig, aber für Gesa tut es mir sehr leid. Leider ist das Ende im Vergleich zum gesamten Buch recht kurz gefasst.
Neugierig macht mich auf jeden Fall der Ausblick in den Teehandel einsteigen zu wollen. Ich denke man darf auf die Fortsetzung gespannt sein - und bei einem weiteren Band kann ich auch mit dem abrupten Ende leben..
Und noch etwas ist mir positiv aufgefallen: als geborener Städter war es für mich sehr interessant und informativ, das typische Begriffe wie die Bezeichnungen eines Bauernhofes oft im Zusammenhang erklärt werden.
Fazit: Ein fesselndes und spannendes Buch - ich freue mich auf die Fortsetzung! Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 08.01.2021

Liebe verjährt nicht...

Als die Nacht begann
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Hat ein Heckenschütze die junge Studentin auf der Friedrichsstrasse erschossen? Wenn ja, warum? Jan Tommen und sein Ermittlerteam ermitteln fieberhaft und dennoch treten sie auf der Stelle bis ein weiteres, ...

Hat ein Heckenschütze die junge Studentin auf der Friedrichsstrasse erschossen? Wenn ja, warum? Jan Tommen und sein Ermittlerteam ermitteln fieberhaft und dennoch treten sie auf der Stelle bis ein weiteres, aus der Ferne erschossenes Opfer aufgefunden wird. Doch wo liegt die Verbindung?
Das Buch liest sich sehr flüssig und man ist rasch im Geschehen. Alexander Hartung gelingt es hervorragend den Leser auf falsche Fährten zu lenken. Auch das Motiv überzeugt. Auf mich wirkt die Story gut durchdacht und ich kann dieses Buch weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 09.12.2020

Warum aus ihm wurde wie er wahr…

Caligula
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Simon Turney lässt Caligulas jüngste Schwester Livilla in diesem Buch seinen Werdegang schildern – für mich eine sehr interessante Perspektive. Bisher kannte ich Caligula nur als tyrannischen Herrscher, ...

Simon Turney lässt Caligulas jüngste Schwester Livilla in diesem Buch seinen Werdegang schildern – für mich eine sehr interessante Perspektive. Bisher kannte ich Caligula nur als tyrannischen Herrscher, der vor allem durch kaltblütige Grausamkeit sowie inzestöse Beziehungen zu seinen Schwestern von sich reden machte. Die Schilderungen aus Livilla‘s Sicht relativieren dieses Bild, vor allem wird deutlich, was für diese (spätere) Verhaltensausprägung verantwortlich war. Vorerst formte vor allem das Leben bei der Urgroßmutter, als auch Vielzahl der Intrigen gegen seine Familie den jungen Gaius stark, dessen Verhalten letztendlich bis dahin nur vom Überlebensgedanken beseelt war. Als Kaiser gelang es ihm später immer weniger, die Maske der Beherrschung vor den Ausbruch seiner Gefühle zu heben. Auch weitere Schicksalsschläge wie der Ehebruch seiner Frau als auch der Tod seiner Lieblingsschwester Drusilla setzten ihm Zusehens zu. Fast wird es verständlich, warum aus ihm wurde, als was er letztendlich in die Geschichte einging. Sicher kann dies nicht als Entschuldigung für sein Verhalten gelten, jedoch versucht dieses Buch Erklärungen dazu zu geben.
Auch wenn ich anfänglich einige Einstiegsschwierigkeiten hatte, zog mich das Buch zunehmend in seinem Bann. Fiktion und historische Begebenheiten wie Personen wurden sehr gelungen zu einer stimmigen Geschichte verwoben, die den Leser mit Livillas beobachtender Erzählweise regelrecht in der Zeit versetzt. Geschichtlich interessierten Lesern kann ich dieses Buch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Clara's Schicksal

Die Pianistin
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Meiner Meinung nach ist Beate Rygiert wie beabsichtigt hervorragend gelungen, Clara’s Schicksal „…fühl- und erlebbar zu machen.“ (Nachwort, Seite 363)
Als Leipzigerin kam ich bereits sehr früh mit Clara ...

Meiner Meinung nach ist Beate Rygiert wie beabsichtigt hervorragend gelungen, Clara’s Schicksal „…fühl- und erlebbar zu machen.“ (Nachwort, Seite 363)
Als Leipzigerin kam ich bereits sehr früh mit Clara und Robert Schumann in Verbindung. Von ihrem strengen Vater sowie Robert’s Leiden wusste ich, umso beeindruckender ist diese Geschichte, die teils biografisch, teils mit Fiktion verknüpft ein Bild dieser starken und kämpferischen Frau aufzeigt.
Nach dem langen und harten Streit mit dem Vater um ihr Liebesglück versucht sie desillusioniert den Spagat zwischen Ehefrau, Mutter und Künstlerin zu meistern, was zu Lasten ihrer Karriere und auch Gesundheit geht. So ist es eine Erlösung als sich dieses Kapitel mit einer Versöhnung mit sich selbst an Robert’s Sterbebett schließt und sie diese Chance nutzt an ihre Karriere als Pianistin anzuknüpfen.
Es ist somit nicht nur die Geschichte einer romantischen Liebe, sondern auch die, einer Liebe in schwierigen Zeiten als auch einer großartigen Künstlerin, die die Autorin sehr sensibel zeichnet.
Dieses Buch ist eine geglückte Hommage an eine starke Frau, das ich sehr gern weiterempfehle.

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