Ein Haus, in dem Geschichten lebendig werden
Lias und der Herr der WellenInhalt:
Als Lias mit seinen Eltern das erste Mal das ihnen überlassene Haus seiner Tante Hermine betritt, ist er leidlich begeistert. Für dieses Quartier hat er seine alte Schule und die wenigen Freunde, ...
Inhalt:
Als Lias mit seinen Eltern das erste Mal das ihnen überlassene Haus seiner Tante Hermine betritt, ist er leidlich begeistert. Für dieses Quartier hat er seine alte Schule und die wenigen Freunde, die er hatte, verlassen? War es das wert?
Beim Erkunden der Räumlichkeiten stellt sich heraus, dass einige der Räume verschlossen sind. Über ihnen hängen hölzerne Schilder und auf einem steht sogar etwas geschrieben: Der Herr der Wellen. Voller Neugierde durchwandert Lias kurz darauf ohne seine Eltern die Flure. Er findet eine Bibliothek und ein Buch, dass seine Großtante Hermine, der das Haus zuvor gehört hat und die schon seit einiger Zeit spurlos verschwunden ist, einst geschrieben hat, und es trägt genau den gleichen Titel wie das Schild über der Tür: Der Herr der Wellen.
Immer wieder bemerkt Lias, dass Fenster und Türen plötzlich wie von Geisterhand zuschlagen. Dielen quietschen und bald schon wird ihm bewusst, dass das Haus ihm etwas mitteilen möchte. Kann es wirklich sein, dass das Gebäude lebt? Es scheint sogar so, als hätte es ihm geholfen, einen Schlüssel zu finden, der in der Lage ist, die Tür mit dem hölzernen Schild zu öffnen.
Das, was Lias kurz darauf erlebt, scheint wie ein großes Abenteuer. Denn kaum hat er die Schwelle zum Raum überschritten, schließt sich die Tür auch schon wieder hinter ihm. Der Boden des Raumes bewegt sich und erst, als Lias flehend darum bittet, dass das Haus ihn freigibt, lässt sich die Klinke drücken. Doch hinter der Tür befindet sich nicht mehr der Flur. Stattdessen landet Lias mitten auf dem Deck eines großen Schiffes …
Meinung:
Akram El-Bahay erzählt in seinem neuen Roman die Geschichte eines dreizehnjährigen Jungen, der nach einem Umzug mit seinen Eltern in das Haus seiner Großtante Hermine plötzlich ein wahres Abenteuer erlebt. Nicht nur, dass das Haus zu leben scheint, es steckt auch voller Geschichten.
Nach dem Durchschreiten der Tür findet sich Lias auf Deck eines Schiffes wieder. Er begreift, dass er mitten in einer der Geschichten seiner Großtante gelandet ist. Das ist alles ganz schön aufregend. Bald schon erfährt er, dass Hermine nicht einfach nur die Gegend verlassen hat. Nein, sie ist in Wahrheit in einer ihrer Geschichten gefangen und nur Lias scheint in der Lage zu sein, sie zu retten. Während Lias also alles tut, um die Großtante zu finden, spitzt sich die Lage dramatisch zu, denn seine Eltern überlegen derweil das alte Haus zu verkaufen. Es zu renovieren scheint viel zu teuer. Ständig knarzt und quietscht etwas. Sogar die Rohre fallen auseinander. Und das gerade jetzt, wo Lias, das Haus lieben gelernt hat und mitten im größten Abenteuer seines Lebens steckt.
Akram El-Bahay beweist in seinen Büchern immer wieder ein großes Erzähltalent. Seine Geschichten wimmeln voller fantastischer Ideen, interessanten Wesen und großen Abenteuern.
In „Lias und der Herr der Wellen“ erschafft der Autor z.B. Perlentaucher, Sturmfresser, Meermönche und das geschwätzige Meer. Hier gibt es Klabauter, die eine große Kunstfertigkeit besitzen, aber auch sehr reizbar sind, wenn ihnen das Pfeifenkraut ausgeht und Wortsammler, die sich immer auf der Suche nach den schönsten Wörtern befinden, um sie einzufangen und damit zu handeln. An einer Stelle kostet Lias ein Glas Wasser. Er erhofft sich nicht viel und ist dennoch begeistert. Denn Wasser ist in der Welt des Herrn der Wellen ein Getränk, das genauso schmeckt, wie man es am liebsten mag. Z.B. nach Erdbeere und Orange.
Zentrales Thema in „Lias und der Herr der Wellen“ ist die Liebe und die Leidenschaft für Geschichten und Abenteuer. Worte können so viel stärker und mächtiger sein, als ein Schwert oder ein Degen. Sie können verzaubern.
Neben dieser wundervollen Botschaft zeigt der Autor aber auch anhand des alten Hauses, dass sich hinter einem ersten Eindruck oft mehr verbirgt als er offenbart. Zwischen dem Haus und Lias entsteht ziemlich schnell eine ungewöhnliche und schöne Freundschaft. Beide lernen sich mit Hilfe der gegebenen Mittel (Lias redet, das Haus antwortet, indem es Türen, Fenster und Gegenstände bewegt) zu verständigen. Gemeinsam kämpfen sie dafür, die Großtante zu retten. Doch wird das möglich sein? Auf seiner Reise lernt der Junge viele neue Freunde kennen. Er reist mit einer Karawane, begegnet einer skeptischen Wortfischerin.
Schon beim Lesen vorheriger Bücher des Autors ist mir aufgefallen, dass Akram El-Bahay nicht nur mit unglaublich vielen Ideen daherkommt, sondern es auch meisterlich versteht, den Leser auf eine falsche Fährte zu führen. Und glaubt mir, dass gelingt ihm auch hier.
Fazit:
Akram El-Bahay hat mit „Lias und der Herr der Wellen“ erneut bewiesen, dass ihm seine fantastischen Ideen nie ausgehen. Hier dient ein magisches Haus als Sprungbrett zum Eintauchen in fantastische Welten.
Das Parallelreich fantastischer Gestalten kommt bedeutungsschwanger daher und ist äußerst kunstfertig ausgestaltet. Der Autor kreiert eine mitreißende Handlung, die viele überraschende Wendungen bereithält. Akram El-Bahay versteht es einfach, sein Lesepublikum in den Bann zu ziehen.
„Lias und der Herr der Wellen ist ein Buch“ für junge und ältere Abenteurer die auf der Suche nach einer unglaublich fantasievollen Geschichte sind. Akram El-Bahay vermittelt in seinem Buch die Liebe zum Geschichtenerzählen; den Zauber und die Macht der Worte.