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Veröffentlicht am 24.12.2020

Als Dichter grandios, als Mensch schwierig

Der lange Weg nach Weimar
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Udo Weinbörner lässt uns in seinem zweiten Schiller-Buch am weiteren Leben des Schriftstellers teilhaben.

Nachdem Friedrich Schiller nun als Regiments-Medicus die Herzogliche Pflanzschule, wie man die ...

Udo Weinbörner lässt uns in seinem zweiten Schiller-Buch am weiteren Leben des Schriftstellers teilhaben.

Nachdem Friedrich Schiller nun als Regiments-Medicus die Herzogliche Pflanzschule, wie man die Militärakademie gemeinhin nannte, absolviert hat, und seinen Dienst in der Herzoglich Württembergischen Armee tut, flieht er 1782 gemeinsam mit Andreas Streicher aus Württemberg, weil ihm der Herzog, wegen mehrmaligen unerlaubten Entfernens von der Truppe, mit Schreibverbot und Festungshaft droht.

Andreas Streicher wird im Leben Schillers noch mehrmals eine große Rolle spielen, den er unterstützt den Dichter wo und wie immer es möglich ist. Nach weiteren Stationen der Flucht - Schiller gilt als ja fahnenflüchtig - findet er nun in Bauerbach ein wenig Ruhe, um seine „Luise Millerin“ zu beenden und „Don Karlos“ zu beginnen.
Schiller ist de facto mittellos und immer abhängig von spendablen Freunden.

Erst in den Jahren 1789-1799 gelingt ihm eine wirtschaftliche Konsolidierung. Die Heirat mit Charlotte von Lengenfeld ermöglicht den sozialen Aufstieg. Dennoch gibt er mehr Geld aus als er verdient, wird Vater von mehreren Kindern und schreibt unentwegt an seinen Stücken. Sein ohnehin angegriffener Gesundheitszustand - er leidet an Malaria und Tuberkulose - wirft ihn mehrfach nieder. 1805 stirbt er in Weimar.

Meine Meinung:

Udo Weinbörner hat hier den Menschen Friedrich Schiller in den Mittelpunkt gestellt. Einen Menschen, der auf mich nicht sehr sympathisch wirkt. Er ist rücksichtslos, schroff und stößt einige wohlwollende Zeitgenossen vor den Kopf. Wie er mit Andreas Streicher oder den Wolzogens umgeht, ist eigentlich unmöglich. Er häuft Schulden über Schulden an, immer in der Hoffnung bzw. Gewissheit, dass sie von irgendjemanden beglichen werden. Mehrmals kann er sich nur mit Mühe dem Schuldturm entziehen. Immer wieder findet er einen Gönner, der ihm mit Geld aushilft.

Auch seinem Verhalten Frauen gegenüber kann ich wenig abgewinnen. Er geht mehrere Verhältnisse mit verheirateten Frauen ein. Es mag der Zeit geschuldet sein, in der Frauen wie ein Stück Ware an ihre (meist) vermögenden Ehemänner verschachert werden, egal ob eine Zuneigung besteht oder nicht. Schiller nützt die Gunst der einsamen Herzen weidlich aus.

Interessant ist sein zwiespältiges Verhältnis zu Goethe dargestellt. Es hat den Anschein, dass Schiller auf seinem Kollegen die Herkunft aus wohlhabendem Haus und seine Anstellung als Geheimrat (mit entsprechendem Salär) neidisch ist. Einerseits will er ihn kennenlernen und heischt nach dessen Aufmerksamkeit, andererseits spricht er verächtlich über ihn, weil es lange zu keinem Zusammentreffen kommt. Das erinnert mich ein wenig an die Fabel „Der Fuchs und die Weintrauben“.

Das Buch zeigt von penibler Recherche. Viele Zitate und Auszüge aus überlieferten Briefen bringen uns Zeit und Zeitgeist näher. Zahlreiche Abbildungen ergänzen diesen historischen Roman rund um Friedrich Schiller und seinem langen Weg nach Weimar.

Fazit:

Udo Weinbörner entwirft ein Bild eines zerrissenen, eines unsteten Menschen, der hinter dem großartigen Dichter steckt. Ehrlich, als Mensch ist mir Friedrich Schiller nach der Lektüre dieses Buchs nicht sehr sympathisch, als Dichter finde ich ihn nach wie vor großartig. Gerne gebe ich diesem Buch 4 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2020

BIs ans Ende des UNiversums

Galaxien
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Astronomieexperte und Chefredakteur der Zeitschrift „Astronomie“ David J. Eicher entführt uns in die unendlichen Weiten des Weltalls. Wir tauchen ein in die Geschichte der (neueren) Sternenbeobachtung ...

Astronomieexperte und Chefredakteur der Zeitschrift „Astronomie“ David J. Eicher entführt uns in die unendlichen Weiten des Weltalls. Wir tauchen ein in die Geschichte der (neueren) Sternenbeobachtung und der Erforschung des Weltraums. Bislang unveröffentlichte Fotos von Galaxien betören die Leser mit ihrer Farbenpracht.

In fünf Kapiteln bringt uns der Experte die „Sternenstädte des Universums“ näher:

Was sind Galaxien?
Im Inneren der Milchstraße
Nachbargalaxien: die lokale Gruppe
Der Virgo Superhaufen
Galaxien bis zum Rand des Universums

Meine Meinung:

Dieses populärwissenschaftliche Buch ist gut strukturiert und lässt die Leser in den Weltraum abseits von „Raumschiff Enterprise“ eintauchen. Es erklärt die Entstehung des Weltalls, der Schwarzen Löcher und informiert über die aktuell laufenden Forschungsprojekte wie GLIMPSE.

Die Fotos, alle mit Hochleistungsteleskopen geschossen, sind atemberaubend. Man muss sie wirklich mit Ehrfurcht betrachten.

Weniger erfreulich sind zahlreiche Tippfehler (Hubbel statt Hubble), die dem Korrektorat durchgerutscht sind. Leider fehlt auch ein Glossar, das Anfängern in Sachen Astronomie den Einstieg erleichtern würde. Zu guter Letzt könnte die Schrift ein wenig größer sein. Das kostet in Summer den 5. Stern

Fazit:

Ein guter Einstieg für alle jene, die sich für Astronomie und Galaxien interessieren. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 20.12.2020

Ein vielschichtiger Krimi

Weites Land
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Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden ...

Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden will. Er hat voll Enthusiasmus eine Stelle im staatlichen Gesundheitsdienst angetreten, nur um feststellen zu müssen, er sich nur mit Papierkram herumschlagen muss, während im Westen Kanadas Mitglieder eines kleinen First-Nations-Stammes an einer rätselhaften Krankheit sterben.

Gemeinsam mit Sandy, der Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums, versuchen Philipp und Lou der mysteriösen Krankheit rund um Fort Fraser auf die Spur zu kommen. Die Mitglieder der First-Nation sind aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Weißen misstrauisch und Philipp wird von ihnen als „zu weiß“ wahrgenommen.

Schnell scheint ein möglicher Verursacher ausfindig gemacht zu sein: Der Bau einer Pipeline, die durch das Land der First-Nation führen soll. Die Bewohner dort sind zwiegespalten: Die einen stehen dem Bau positiv gegenüber, die anderen lehnen sie vehement ab. Gehen hier die Betreiber der Pipeline buchstäblich über Leichen?

Meine Meinung:

Von Nicole Bachmann habe ich bislang noch keinen Krimi gelesen. Dieser hier ist der zweite einer Reihe rund um die Berner Epidemiologin Lou Beck. Die Autorin greift hier gleich mehrere brisante Themen auf. Rücksichtlose Ausbeutung der Natur, überheblicher Umgang mit den Menschen der First-Nations, der seit Jahrhunderten so stattfindet und ein Mehrklassengesundheitssystem, das die Ureinwohner benachteiligt.

Ein eher ruhiger Krimi, dem es aber nicht an Spannung fehlt. Langsam wird der Leser in die, uns Europäern unbekannte Welt von Kanadas First-Nation herangeführt. Der Durchschnittseuropäer kennt ja nur die Weiten des Landes, seine unberührte Natur (Ist sie das wirklich?) und die Jagd auf Bären oder Elche.
Auch diese touristische Nutzung wird hier kritisch angesprochen.

Interessant ist auch wie Philipp, in der Schweiz ein anerkannter Geriater, nach Kanada kommt, um dort seine Wurzeln zu suchen. Seine Herkunft scheint in der Schweiz keine Rolle zu spielen, hier in Kanada sehr wohl.

Gut gelungen ist das Vermitteln das Wissen um die First-Nation. Das war mir bis jetzt so nicht bekannt.

Die Charaktere sind gut entwickelt. Manchmal habe ich Philipp nicht ganz verstanden, denn er suhlt sich immer wieder in Selbstmitleid. Sein Phlegma,das dann von Wut und Zorn abgelöst ist, macht aus ihm eine interessante Persönlichkeit. Erst gegen Ende des Buches wird sein eigentliches Problem offenbar. Lou Beck wirkt zu Beginn ein wenig naiv, wenn sie ausschließlich Winterklamotten eingepackt hat. Ein Blick in das www hätte ihr gezeigt, dass es auch in Kanada ziemlich warm sein kann. Sie kommt mit völlig falschen Erwartungen an, läuft aber dann zur Höchstform auf.

Ich denke, ich werde den Vorgänger „Endstation Bern“ und den Nachfolger „Schöner sterben in Bern“ lesen

Fazit:

Ein vielschichtiger Krimi aus dem Hause Emons, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 17.12.2020

Ein interessanter Einblick

Eisenbahn-"Romantik"?
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Viele Leser kennen die TV-Reihe „Eisenbahn-Romantik“ des deutschen Fernsehens, in denen Hagen von Ortloff die Zuseher auf Reisen mit der Bahn in der ganzen Welt mitnimmt. Während man den Erzähler kennt, ...

Viele Leser kennen die TV-Reihe „Eisenbahn-Romantik“ des deutschen Fernsehens, in denen Hagen von Ortloff die Zuseher auf Reisen mit der Bahn in der ganzen Welt mitnimmt. Während man den Erzähler kennt, weiß man eigentlich nicht, wer die ganze Arbeit im Hintergrund macht. Mit diesem Buch soll ein wenig der Schleier gelüftet werden: Michael Mattig-Gerlach produzierte mit seinem Team bei den Reisedokumentationen für das SWR-Fernsehen zusätzlich jene Eisenbahn-Filme. Interessanterweise ist Michael Mattig-Gerlach gar kein erklärter Eisenbahn-Fan. Aber, vielleicht ist dieses Buch auch deswegen so interessant, weil er das Thema nicht mit den leuchtenden Augen eines Lokführers (oder wie Hagen von Ortloff so treffend sagt,) „Puffer-Küssers“ angeht.

Die zahlreichen Reisen, die ihn kreuz und quer durch den ganzen Globus führ(t)en, beschreibt er u.a. in folgenden Kapiteln:

Faszination Eisenbahnen
Für Eisenbahn-Romantik unterwegs in Afrika und Südamerika
Durch das wilde Afrika
Mit Eisenbahnen in Europa und Asien
Der Siegeszug der Drohnentechnik
Eisenbahn-Liebesgrüße aus Russland
Warum der Stress auf vier Kontinenten?

Dabei lässt der Autor auch die Strapazen, die Unwägbarkeiten und die oftmalige Unzuverlässigkeit der Eisenbahnen nicht aus.

Sein Statement „Eisenbahnen tun nie, was man von ihnen erwartet.“ scheint sich öfter zu wiederholen.

In manchmal berichtet er, in fast schon distanziert zu nennender Weise, von seinen Dokumentationen, die nicht ursächlich mit der Eisenbahn zu tun haben. Über den Genozid an den Indigenen Völkern Brasiliens etwa, die nicht vor mehreren hundert Jahren geschehen sind, sondern z.B. durch den Raubbau am Regenwald nach wie geschieht.

Zahlreiche Fotos, die man nicht so häufig zu sehen bekommt, ergänzen dieses Buch, in dem die viel beschworene Eisenbahn-Romantik nicht immer spürbar ist.

Fazit:

Ein gelungenes Buch, das den verklärten Blick auf alte Eisenbahnen ein wenig schärft. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 06.12.2020

Trotzen wir dem Virus

Pandemische Welt-Schau in Karikaturen
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Seit März 2020 geht uns allen die Corona-Pandemie gehörig auf die Nerven. Leider ist ein Ende noch nicht wirklich abzusehen, auch wenn ein Impfstoff in Reichweite zu sein scheint.

Der Benevento-Verlag ...

Seit März 2020 geht uns allen die Corona-Pandemie gehörig auf die Nerven. Leider ist ein Ende noch nicht wirklich abzusehen, auch wenn ein Impfstoff in Reichweite zu sein scheint.

Der Benevento-Verlag hat nun einen repräsentativen Querschnitt von über 400 Arbeiten, von mehr als 100 Cartoonisten aus 53 Ländern herausgebracht.
Über manche Karikaturen konnte ich herzlich lachen (z.B. Über das Hamstern von WC-Papier). Bei anderen ist mir das Lachen im Hals stecken geblieben.

Wenn es nun gilt durch dieses verrückte, verkorkste und anstrengende Jahr 2020 durchzutauchen, so gibt es auch einen Hoffnungsschimmer: Solange man über eine Gefahr lachen kann, ist man darin noch nicht umgekommen. (aus dem Prolog) Dem ist wohl nichts hinzuzufügen!

Fazit:

Das hochwertig gestaltete Buch ist auch als Geschenk gut geeignet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.