Cover-Bild Unscharfe Bilder
Band 2 der Reihe "Romane"
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: DVA
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Ersterscheinung: 26.11.2013
  • ISBN: 9783641135232
Ulla Hahn

Unscharfe Bilder

Roman
Vergessen kann man nur, was man zuvor erinnert hat.

Katja Wild, Hamburger Studienrätin, glaubt auf einem Foto der Wehrmachtsausstellung ihren Vater erkannt zu haben. Sie weiß, dass ihr Vater Soldat in Russland war. Inzwischen ist er 82 Jahre alt und verbringt seinen Lebensabend in einer Senioren-Residenz mit Elbblick. Der Oberstudienrat mit den Fächern Alte Geschichte, Griechisch und Latein galt seiner Familie, den Kollegen und Schülern als ein Humanist alten Schlages und Spezialist der Erinnerung. Ein Lehrer ohne Fehl und Tadel, ein vorbildlicher Vater. Nun, fast 60 Jahre nach Kriegsende, sieht Katja dieses Foto. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um ihn nach seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg zu befragen ... Eine schmerzliche Reise in die Vergangenheit beginnt.

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Veröffentlicht am 26.02.2017

Sprachlich intensiv, inhaltlich bewegend

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Eine Hamburger Lehrerin entdeckt auf einem alten, reichlich verschwommenen und unscharfen Foto, das Wehrmachtssoldaten bei der Erschießung von russischen Zivilisten zeigt, ihren Vater als einen der Schützen.

Obwohl ...

Eine Hamburger Lehrerin entdeckt auf einem alten, reichlich verschwommenen und unscharfen Foto, das Wehrmachtssoldaten bei der Erschießung von russischen Zivilisten zeigt, ihren Vater als einen der Schützen.

Obwohl ihr Vater schon sehr alt ist und mittlerweile in einem Seniorenheim lebt, beschließt sie, ihn zur Rede zu stellen und herauszufinden, ob er auf dem Bild zu sehen ist oder nicht. Sie stellt ihm also die berüchtigte Frage, was er denn im Krieg gemacht hätte. Eine Reise in eine finstere Zeit beginnt...

Das Buch – ca. 280 Seiten dick – ist sehr schnell zu lesen; ich hatte es nach zwei Tagen schon durch. Natürlich wird man als Leser sofort von der Frage gepackt, ob denn wirklich der Vater auf den Bildern zu sehen ist – die Auflösung auf den letzten Seiten ist verhältnismäßig verblüffend.

Der Weg dorthin führt über ein abwechslungsreich erzähltes Kaleidoskop eines Soldatenschicksals in den vierziger Jahren an der Ostfront, grausamsten Krieg, den die Menschheit jemals erleiden musste. Ulla Hahn findet sehr durchschlagende, effektvolle Formulierungen, die den Horror von damals gut in Worte fassen:

„Als wir uns raustrauen, ist das Gelände mit den Leichen russischer Soldaten übersät. Ein Panzer rollt darüber. Ein zweiter, dritter durch den blutigen Brei. Grausige Überreste in den Raupenketten. Von Menschen. Sogar unser Feldwebel bebt vor Entsetzen. Dazu die Schreie. Schreie von Verwundeten, Schreie von Wahnsinnigen...“ (Seite 39 in meiner 2006 erschienenen, zweiten Auflage).

Der Stil des Buches ist unmittelbar und an Stellen wie der soeben zitierten ziemlich verstörend. Ich habe in Paul Carells Buch „Unternehmen Barbarossa im Bild. Der Russlandkrieg fotografiert von Soldaten (Berlin 1967)“ eine Fotographie gesehen, die dem geschilderten Bild oben recht ähnlich sieht, woran man die Realitätsnähe und Wirklichkeitstreue von Ulla Hahns Buch doch gut sehen kann.

„Unscharfe Bilder“ ist aber nicht nur ein grausiger Frontbericht, sondern auch eine unaufdringliche Lehrstunde über Schuld, Vergessen und Erinnerung. Ich habe das Buch nachdenklich und tief bewegt zur Seite gelegt, als ich es gelesen hatte.