Ein vielschichtiger Krimi
Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden ...
Lou Beck, Epidemiologin in Bern, reist nach Kanada, um mit ihrem Freund Philipp ein paar unbeschwerte Urlaubswochen zu verbringen. Philipp ist Arzt und hat indigene Wurzeln, die er hier in Kanada finden will. Er hat voll Enthusiasmus eine Stelle im staatlichen Gesundheitsdienst angetreten, nur um feststellen zu müssen, er sich nur mit Papierkram herumschlagen muss, während im Westen Kanadas Mitglieder eines kleinen First-Nations-Stammes an einer rätselhaften Krankheit sterben.
Gemeinsam mit Sandy, der Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums, versuchen Philipp und Lou der mysteriösen Krankheit rund um Fort Fraser auf die Spur zu kommen. Die Mitglieder der First-Nation sind aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Weißen misstrauisch und Philipp wird von ihnen als „zu weiß“ wahrgenommen.
Schnell scheint ein möglicher Verursacher ausfindig gemacht zu sein: Der Bau einer Pipeline, die durch das Land der First-Nation führen soll. Die Bewohner dort sind zwiegespalten: Die einen stehen dem Bau positiv gegenüber, die anderen lehnen sie vehement ab. Gehen hier die Betreiber der Pipeline buchstäblich über Leichen?
Meine Meinung:
Von Nicole Bachmann habe ich bislang noch keinen Krimi gelesen. Dieser hier ist der zweite einer Reihe rund um die Berner Epidemiologin Lou Beck. Die Autorin greift hier gleich mehrere brisante Themen auf. Rücksichtlose Ausbeutung der Natur, überheblicher Umgang mit den Menschen der First-Nations, der seit Jahrhunderten so stattfindet und ein Mehrklassengesundheitssystem, das die Ureinwohner benachteiligt.
Ein eher ruhiger Krimi, dem es aber nicht an Spannung fehlt. Langsam wird der Leser in die, uns Europäern unbekannte Welt von Kanadas First-Nation herangeführt. Der Durchschnittseuropäer kennt ja nur die Weiten des Landes, seine unberührte Natur (Ist sie das wirklich?) und die Jagd auf Bären oder Elche.
Auch diese touristische Nutzung wird hier kritisch angesprochen.
Interessant ist auch wie Philipp, in der Schweiz ein anerkannter Geriater, nach Kanada kommt, um dort seine Wurzeln zu suchen. Seine Herkunft scheint in der Schweiz keine Rolle zu spielen, hier in Kanada sehr wohl.
Gut gelungen ist das Vermitteln das Wissen um die First-Nation. Das war mir bis jetzt so nicht bekannt.
Die Charaktere sind gut entwickelt. Manchmal habe ich Philipp nicht ganz verstanden, denn er suhlt sich immer wieder in Selbstmitleid. Sein Phlegma,das dann von Wut und Zorn abgelöst ist, macht aus ihm eine interessante Persönlichkeit. Erst gegen Ende des Buches wird sein eigentliches Problem offenbar. Lou Beck wirkt zu Beginn ein wenig naiv, wenn sie ausschließlich Winterklamotten eingepackt hat. Ein Blick in das www hätte ihr gezeigt, dass es auch in Kanada ziemlich warm sein kann. Sie kommt mit völlig falschen Erwartungen an, läuft aber dann zur Höchstform auf.
Ich denke, ich werde den Vorgänger „Endstation Bern“ und den Nachfolger „Schöner sterben in Bern“ lesen
Fazit:
Ein vielschichtiger Krimi aus dem Hause Emons, dem ich gerne 4 Sterne gebe.