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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.12.2020

Eine gelungene Biografie

Größer als ich
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In diese Autobiografie gewährt Aksel Lund Svindal, dem fünffachen Weltmeister, zweimaligen Olympia- und Gesamtweltcupsieger, Einblicke in seine außergewöhnliche Karriere. Sein Leben gleicht einer aberwitzigen ...

In diese Autobiografie gewährt Aksel Lund Svindal, dem fünffachen Weltmeister, zweimaligen Olympia- und Gesamtweltcupsieger, Einblicke in seine außergewöhnliche Karriere. Sein Leben gleicht einer aberwitzigen Achterbahnfahrt, die nicht nur Schönes für ihn bereit hält. Schon in jungen Jahren verliert er die Mutter bei der Geburt eines kleinen Bruders, der schwerst behindert nur eineinhalb Jahre später stirbt. Seine Karriere ist gespickt mit Siegen, Stürzen, Siegen beim Comeback, grenzenlosem Selbstvertrauen und - wir er ehrlich zugibt - nackter Angst.

Svindal beschreibt seine Lebensgeschichte in fast dürren Worten, verliert über seine Konkurrenten wie Hermann Maier oder Marcel Hirscher kein böses Wort, bewundert beider Können. Allerdings stellt er sein eigenes Licht nicht unter den Scheffel. Im Gegensatz zu den Alpenländern hat (alpines) Schifahren in den skandinavischen Ländern wenig Tradition. Erst mit Aamodt, Svindal & Co. Können die Norweger mit den Österreichern mithalten.

Aksel Lund Svindals Autobiografie wirkt bescheiden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ihm dieses Buch, das ihn so hervorhebt, peinlich ist.

Der Schreibstil passt irgendwie zu ihm. Die eine oder andere Begebenheit wird mehrmals wiederholt bzw. ist nicht immer chronologisch geordnet. Es ist, als säße er bei Kaffee und Kuchen neben einem und erzählte aus seinem Leben: ein wenig zurückhaltend und doch voll Lebensfreude.

Fazit:

Eine sehr sachliche, zurückhaltende Autobiografie eines Skistars, der viele Höhen und Tiefen in seinem Leben erlebt hat. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 22.12.2020

Fesselnd bis zur letzten Seite

Olympia
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Man schreibt das Jahr 1936 und Berlin liegt im Olympia-Fieber. Um der ganzen die heile Welt vorzuspielen, dürfen Juden wieder am öffentlichen Leben teilnehmen. Daher wird peinlichst auf darauf geachtet, ...

Man schreibt das Jahr 1936 und Berlin liegt im Olympia-Fieber. Um der ganzen die heile Welt vorzuspielen, dürfen Juden wieder am öffentlichen Leben teilnehmen. Daher wird peinlichst auf darauf geachtet, dass Berlin eine „verbrechensfreie Zone“ ist. Da passt der Mord an einem amerikanischen Sportfunktionär natürlich nicht ins Bild. Gereon Rath, der unbeugsame und unbequeme Kriminalbeamte wird von seiner Dienststelle, dem LKA, abgezogen und soll im Olympischen Dorf für den Sicherheitsdienst ermitteln, der hinter allem und jedem eine kommunistische Verschwörung wittert. Der Witwe gegenüber wird der Tod des Amerikaners als Herzanfall „verkauft“.

Während Gereon ermittelt, zieht seine Frau Charly aus der gemeinsamen Wohnung aus, weil Gereon auf Drängen seiner Vorgesetzten Olympia-Touristen einquartiert hat.

Doch damit haben die Zores für Gereon noch kein Ende. Seine ehemaligen Mitarbeite Tornow und Gräf sind inzwischen stramme Nazis und es scheint als würde Rath zwischen den Mahlsteinen des Regimes zerrieben. Durch seine Vergangenheit ist Gereon erpressbar, was vor allem Tornow weidlich ausnützt. Als sich dann ein Ehrenoffizier ausgerechnet in der Toilette des Besucherrestaurants des olympischen Dorfes einen goldenen Schuss setzt, führen Raths Ermittlungen zu weiteren scheinbaren Unglücksfällen, die in Zusammenhang mit einem Schusswechsel vor dem Reichsluftfahrtministerium ein Jahr zuvor. Ist Johann Marlowe, Raths größter Widersacher, trotz Fahndung wieder im Land?

Das Netz, das SS und SD um Gereon und Charly spinnen, wird immer enger. Während Charly an Auswanderung denkt, glaubt Gereon noch immer, sich durchlavieren zu können.

Meine Meinung:

Auch in seinem achten Band rund um Gereon Rath versteht es der Autor meisterhaft, den Leser in die damalige Zeit zu entführen. Nichts wirkt abgedroschen oder ausgelutscht.

Schon der Prolog ist geheimnisvoll. Wer, aus seinem früheren Leben hat Gereon aufgespürt?

Die Szenen im olympischen Dorf lesen sich authentisch, so als ob man als Leser live dabei gewesen wäre. Die Menschenfängerei des NA-Regimes wird anhand der Figur von Fritz eindrücklich dargestellt. Vom Straßenkind zum Ehrendienstmitglied - eine beachtliche Karriere, die der Junge hier hinlegt. Nur um welchen Preis? Langsam dämmert ihm, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

An einigen Stellen scheint die Spannung schier unerträglich. Wie wird sich Gräf entscheiden, als er den Auftrag erhält, Gereon zu liquidieren?

Fazit:

Wieder ein großartiger historischer Krimi, der die vielen Facetten des Verbrechens deutlich aufzeigt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und hoffe auf einen weiteren Band.

Veröffentlicht am 21.12.2020

ALice von Battenberg - beinahe vergessen

Alice von Battenberg – Die Schwiegermutter der Queen
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Die Autorin lenkt die Aufmerksamkeit der Leser in dieser Biografie auf eine Frau, die verlassen, verraten und vergessen ist: Alice von Battenberg. Mutter von Prinz Philip, also Queen Elizabeths Schwiegermutter. ...

Die Autorin lenkt die Aufmerksamkeit der Leser in dieser Biografie auf eine Frau, die verlassen, verraten und vergessen ist: Alice von Battenberg. Mutter von Prinz Philip, also Queen Elizabeths Schwiegermutter.

Ich hatte schon das Vergnügen, die Lebensgeschichte der Alice von Battenberg kennenzulernen, nämlich in „Coburg Darmstadt Windsor“ von Mark Grinsted.

Alice wird im Buckingham Palace geboren. Man bemerkt erst recht spät, dass das Kleinkind nahezu taub ist. Doch mit eisernem Willen lernt sie in mehreren Sprachen Lippenlesen und Sprechen. Sie heiratet Andreas von Griechenland. Alice wird Mutter von vier Töchtern und einem Sohn, Philip, der als Gemahl der englischen Königin nach zahlreichen Irrungen des Lebens wieder in den Buckingham Palace einzieht.

Alice und Andreas Familienglück währt nicht lange, denn nach Putsch und Krieg muss die Familie Griechenland verlassen. Das unstete Leben bleibt Alice erhalten und schließt auch Aufenthalte in der Psychiatrie mit ein. Denn das Leben im Exil, ohne Beschäftigung und mit wenigen finanziellen Ressourcen lässt Alice sich in eine religiöse Traumwelt flüchten. So sieht sie sich als eine Art Nonne und trägt nur mehr einen schlichten grauen Habit. Allerdings hat sie nicht allen weltlichen Genüssen abgeschworen, denn sie raucht wie ein Schlot und spielt Karten.

Während des Zweiten Weltkriegs befindet sich Alice wieder in Griechenland und versteckt eine jüdische Familie, der sie damit das Leben rettet. Dafür wird sie 1994 posthum als „Gerechten unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt.

Nach einem neuerlichen Militärputsch muss sie Griechenland 1967 verlassen und lebt bis zu ihrem Tod 1969 in Buckingham Palace.

Meine Meinung:

Alice von Battenberg ist eine der zahlreichen Prinzessinnen aus dem weitverzweigten Hause Coburg-Darmstadt-Windsor, die aus Staatsräson kreuz und quer in Europa verheiratet wurden. Bekannte Verwandte sind Alix, die spätere Alexandra Fjodorowna, letzte Zarin von Russland sowie deren Schwester Elisabeth „Ella“, die ebenfalls einen Romanow geheiratet hat und ermordet wurde.

Alice‘ Leben ist jedenfalls an Tragödien reich und so scheint es nicht verwunderlich, dass sie psychische Probleme bekommen hat. Ohne Vermögen, ohne Aufgabe - eine schwierige Konstellation für eine ehemalige Prinzessin.

Katrin Feuerstein-Praßer schildert das Leben der Alice von Battenberg anhand von zahlreichen Dokumenten und kann ein recht umfassendes Bild erstellen. Der Schreibstil passt gut zu einer Biografie. Einige Fotos ergänzen das Buch genauso wie die Stammtafeln, ohne die man sich im Gewirr der weitverzweigten Familie verirrt.

Fazit:

Eine Biografie einer Prinzessin abseits von Yellow Press und Glamour. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2020

Perfektionismus ist eine Sackgasse der Evolution

Renée Schroeder
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„Eine Wissenslücke zu offenbaren ist das Gegenteil von Schwäche“

Ursula Nenzdig hat mit Renée Schröder schon drei Bücher herausgebracht. Da liegt es doch nahe, gleich eine Biografie zu verfassen.

Wie ...

„Eine Wissenslücke zu offenbaren ist das Gegenteil von Schwäche“

Ursula Nenzdig hat mit Renée Schröder schon drei Bücher herausgebracht. Da liegt es doch nahe, gleich eine Biografie zu verfassen.

Wie der Untertitel „Alle Moleküle immer in Bewegung“ so passend zeigt, ist auch Renée Schröder immer in Bewegung. Stillstand geht für die Wissenschaftlerin so ganz und gar nicht, das zeigt ihr Lebenslauf deutlich. 1953 in Brasilien geboren, übersiedelt sie als Kind mit ihrer Familie nach Luxemburg, um dann als Teenager in Bruck an der Mur zu landen, wo ihr Vater für einen Stahlkonzern arbeitet. Doch damit ist ihre Reise noch lange nicht zu Ende. Ihre Wanderjahre absolviert sie in München, Paris und den USA, um anschließend in Wien ihre berufliche Heimat zu finden. Nach ihrer Pensionierung kauft sie in Salzburg einen Bauerhof und beginnt eine neue Karriere als Biobäuerin mit dem Forschungsprojekt „Wildkräuter“.

In ihrer Fachrichtung Biochemie ist sie häufig die einzige Frau. Ob als Studentin oder dann als Lehrende. Immer wieder wirft man ihr Prügel vor die Beine und so wird Renée Schröder zu einer glühenden Feministin. Immer wieder stößt die überzeugte Atheistin auf männlichen Klüngel. Als Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften muss sie erleben, dass Frauen wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden und zieht, als alle Bemühungen hier Änderungen durchzusetzen, keinen Erfolg zeigen, die Konsequenzen, und tritt aus der elitären Vereinigung aus. Und typisch österreichisch, macht dieser Austritt Renée Schröder der Öffentlichkeit bekannter als ihre wissenschaftliche Tätigkeit.

„Frausein wurde lange Zeit als Mangelzustand, als „Nicht-Mann“ definiert.“.

Meine Meinung:

Diese Biografie liest leicht und locker, fast wie ein Interview und gibt Einblick in das Leben der unkonventionellen Wissenschaftlerin.

Fazit:

Eine spannende Biografie über eine außergewöhnliche und konsequente Frau, der gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 20.12.2020

150 Jahre deutsche Militärgeschichte

Deutsche Krieger
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Sönke Neitzel, Historiker und Autor zahlreicher Sachbücher, beleuchtet in diesem, seinem neueste Werk, die Rolle der deutschen Soldaten vom Kaiserreich bis in die Gegenwart. Er spannt dabei den Bogen vom ...

Sönke Neitzel, Historiker und Autor zahlreicher Sachbücher, beleuchtet in diesem, seinem neueste Werk, die Rolle der deutschen Soldaten vom Kaiserreich bis in die Gegenwart. Er spannt dabei den Bogen vom Militär im Kaiserreich, über die Reichswehr der Weimarer Republik, Hitlers Wehrmacht, beiden deutschen Armeen in der BRD und der DDR, bis hin zur Bundeswehr heute.

Dabei entdeckt der geneigte Leser, dass es, allen politischen Staatsformen zum Trotz, durchaus Parallelen gibt. Vorrangig natürlich den Mangel an Ressourcen: Sei es geeignetes Personal, funktionierende Ausrüstung und/oder ausreichende Finanzierung.

Sehr spannend ist auch, zu lesen, dass die Umstellung eines Friedensheeres in ein Kämpfendes gar nicht so leicht war/ist.

Das Buch ist akribisch recherchiert. Davon zeugen die zahlreichen Fußnoten, die den interessierten Leser zu weiteren Quellen führen. Der Autor hat mehr als 200 Zeitzeugen interviewt. An jenen Stellen, die nicht eindeutige belegbar sind, wird dies klar und deutlich angeführt. Sehr angenehm ist, dass sich der Autor mit seiner eigenen Meinung zurückhält, dafür aber faktenbasiert und sachlich schreibt.

Sönke Neitzel zeigt auch die Skandale und Nachlässigkeiten beim Aufbau der deutschen Bundeswehr auf. Ich, als Österreicherin, habe lange geglaubt nur das österreichische Bundesheer ist wenig angesehen, kaputt gespart und „nur bedingt einsatzbereit“. Dass auch die deutsche Bundeswehr davon und in welchem Ausmaß betroffen ist, hat mich doch ein wenig überrascht.

Fazit:

Ein interessantes Sachbuch, das unterschiedlichen Mythen sachlich und neutral nachgeht und auch unangenehme Tatsachen nicht auslässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.