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Veröffentlicht am 28.04.2021

Eine ungewöhnliches Buch einer für ihre Zeit ungewöhnlichen Frau

Die Beichte einer Nacht
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Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren ...

Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte.

Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte.

Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an.

Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist.

Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart.

Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Der Sommer, in dem Sam erwachsen wurde

Hard Land
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Es geht um Sommer, erste Liebe und Erwachsenwerden, den Tod eines Elternteils als junger Mensch zu verarbeiten – ein Spagat zwischen Leichtigkeit und einem Verlust, der einen an allem zweifeln lassen kann. ...

Es geht um Sommer, erste Liebe und Erwachsenwerden, den Tod eines Elternteils als junger Mensch zu verarbeiten – ein Spagat zwischen Leichtigkeit und einem Verlust, der einen an allem zweifeln lassen kann. Gelingt es Benedict Wells, dies umzusetzen?

Ich hatte mich total auf dieses Buch gefreut, da ich den Stil Benedict Wells‘ mag und auch die Geschichte klang interessant. Ich lese gerne Bücher, die sich mit dem Erwachsenwerden beschäftigen und wenn sie dann auch noch in der Zeit spielen, in der ich selbst jung bzw. an der Schwelle zum Erwachsenenalter war, umso lieber. Die Grundvoraussetzung war also gegeben. Und dann habe ich begonnen, das Buch zu lesen und war ziemlich schnell von der Geschichte um Sams Mutter getriggert, da auch meine Mutter an Krebs erkrankte, als ich noch sehr jung war.

Was mir auch erst schwer fiel, war die Darstellung der 80er Jahre, sie passt nicht sehr mit meiner Erinnerung an diese Zeit zusammen. Ich habe auch Bruce Springsteen und Billy Idol gehört und diese schrecklichen Sachen getragen, aber das war es auch schon. Für mich waren auch endlose Sommer im Freibad dabei und ganz andere Erlebnisse. Dann habe ich mir den gut gemachten Trailer zu dem Buch angeschaut und das Interview mit dem Autor und es wurde mir klar, dass das einfach seine Vorstellung der Zeit ist. Er hat gar nicht so sehr versucht, diese Zeit genau nachzubilden, sondern seine Gedanken dazu. Und dann passt das auch wieder. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf konnte ich mich dann auch mehr auf die schöne Sprache konzentrieren und die Geschichte auf mich wirken lassen.

Es ist nicht der tiefe Sinn oder Anspruch des Autors, die 80er Jahre genau abzubilden, sondern sein Gefühl davon und das ist ihm gelungen, auch wenn es nicht mein Gefühl ist. Er hat die Zweifel, die Lebenslust, die Angst und die Trauer Sams und die Beziehung zu seinen Eltern so gut beschrieben und das ist der Sinn dieser Geschichte. Wo und wann sie spielt, ist dann letztendlich egal, denn das, was bewegt, ist bei mir angekommen und bewegt hat es mich sehr.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Anders als erwartet, es überrascht

Eine Liebe, in Gedanken
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Edgar und Toni sind in den sechziger Jahren ein Liebespaar und dann geht Edgar beruflich nach Hongkong - ohne Toni. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein, fängt aber hier erst an, den Toni konnte sich ...

Edgar und Toni sind in den sechziger Jahren ein Liebespaar und dann geht Edgar beruflich nach Hongkong - ohne Toni. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein, fängt aber hier erst an, den Toni konnte sich ihr ganzes Leben nie ganz von dieser Liebe lösen.

Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich mich entschieden hatte, wie ich das Buch finde. Die Liebesgeschichte hat mich unglaublich wütend gemacht, ich habe richtig gespürt, wie verletzt Toni gewesen sein muss und wie der gesellschaftliche Druck damals war und das hat mich noch wütender gemacht.

Nachdem sich meine Wut etwas gelegt hatte, habe ich mich mit der Beziehung von Toni und ihrer Tochter beschäftigt und das hat mich versöhnt. Ihre Tochter spricht bzw. denkt so liebevoll von ihrer Mutter und von der Liebe ihrer Mutter zu Edgar. Es ist ihr so wichtig, ihre Mutter zu verstehen, zu verstehen, warum sie danach nie richtig glücklich geworden ist in ihren Beziehungen. Sie erzählt so liebevoll über ihre Mutter und wie sie es geschafft hat, ihrer Tochter selbst den Besuch des Gerichtsvollziehers noch schön geredet hat und die Zeiten, in denen der Strom abgestellt wurde, schön für ihre Tochter gemacht hat. Das war eine der liebenswerten Eigenschaften Tonis, sie hat aus wenig ganz viel gemacht und das merkt man der Erinnerung ihrer Tochter an.

„Ein schönes Leben zeigen“ – das war das, was Toni konnte und dadurch hat sie ihrer Tochter so wahnsinnig viel mitgegeben, was diese wiederum an ihre Tochter Hanna weitergibt und das hat mich dann wieder mit dem Buch versöhnt. Das ist für mich die wahre Liebe, in Gedanken in diesem Buch. Vielleicht ist es nicht die Absicht von Kristine Bilkau gewesen, aber bei mir hat sie das erreicht damit.

Die Sprache war auch in diesem Buch wieder etwas, was mich begeistert hat. Es gelingt Kristine Bilkau die Zwischenfarben zu beschreiben, ihrer Art sich auszudrücken, verdankt die Leserin die vielen Grautöne, es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Die Liebesgeschichte zwischen Edgar und Toni war nicht das, was mich an dem Buch begeisterte, sondern die Sprache und die Liebe, die es zwischen Toni und ihrer Tochter gab.

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Veröffentlicht am 13.02.2021

Ein wunderschöner, ruhiger Roman

Der Klang der Wälder
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Der 17-jährige Tomura hat in der Schule die Aufgabe bekommen, dem Klavierstimmer Itadori die Tür zur Turnhalle zu öffnen, in der der schuleigene Flügel steht, der einmal im Jahr gestimmt werden muss. Tomura ...

Der 17-jährige Tomura hat in der Schule die Aufgabe bekommen, dem Klavierstimmer Itadori die Tür zur Turnhalle zu öffnen, in der der schuleigene Flügel steht, der einmal im Jahr gestimmt werden muss. Tomura öffnet nicht nur dem Klavierstimmer die Tür, sondern einer für ihn völlig neuen Welt, die Welt der Musik, genauer gesagt, der Welt des Klaviers. Die Töne des Klaviers formen für ihn eine „Landschaft des Tons“, die für ihn einen Wald formt bzw. den Klang, den dieser Wald für ihn hat in seinen Gedanken.

Danach steht für ihn fest, dass er nicht in sein Bergdorf zurückkehren möchte, sondern dass er Klavierstimmer werden möchte, er hat nicht nur seinen Beruf, sonderen seine Berufung gefunden.

Es ist ein ganz ruhiges Buch, das mit großer Kraft die Geschichte von Tomura erzählt. Tomura ist ein Junge aus den Berge, der nie großartig mit Kultur und Musik in Berührung gekommen ist.

Wenn man das so liest, könnte man denken, dass das Buch nur so vor Kitsch trieft. Dem ist aber nicht so. Es ist eine ganz ruhige Geschichte eines einfachen Jungen, der durch eine zufällige Begegnung seine Bestimmung findet. Was wäre gewesen, wenn er nicht derjenige gewesen wäre, der dem Klavierstimmer an diesem Nachmittag die Turnhalle geöffnet hätte? Hätte er dann jemals den Klang der Wälder, den das Klavierspiel in im auslöst, gehört? Wir wissen es nicht. Und so ist es eine Geschichte, die zeigt, wie wichtig dann auch ein glücklicher Zufall ist.

Tomuras Weg zum Klavierstimmer zeigt, dass es sich lohnt, an einer Sache dranzubleiben und auch Rückschläge hinzunehmen und immer weiter zu machen. Es hat mich beeindruckt, wie geradlinig er seinen Weg verfolgt, auch wenn er es selbst gar nicht so wahrnimmt. Faszinierend ist auch, durch dieses Buch mehr über die japanische Lebensart zu lernen und über das Leben dort.

Dies zu beschreiben, ist Natsu Miyashita auf wunderschöne Art gelungen. Die Sätze sind kleine Meisterwerke, die die Leidenschaft und Ernsthaftigkeit Tomuras beschreiben. Sie vermitteln seine Konzentration, seine immer wiederkehrenden Selbstzweifel und auch seine Liebe zum Klavierspiel und was dies in ihm auslöst. Es ist ein Buch, das mir dadurch, wie die Geschichte erzählt wird, ein wenig innere Ruhe gegeben hat. Es ist kein Buch, das durch eine spannende, action-geladene Geschichte fesselt, es fesselt durch die innere Leidenschaft Tomuras und den Erzählstil Natsu Miyashita

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Veröffentlicht am 27.12.2020

Spannender Sci-Fi Thriller in der Gamer Szene

88 Namen
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Das Buch spielt in einer nahen Zukunft und handelt von John Chu, der seinen Lebensunterhalt als Sherpa verdient, d.h. er führt Kunden mit wenig Zeit und dem nötigen Kleingeld durch Online-Rollenspiele, ...

Das Buch spielt in einer nahen Zukunft und handelt von John Chu, der seinen Lebensunterhalt als Sherpa verdient, d.h. er führt Kunden mit wenig Zeit und dem nötigen Kleingeld durch Online-Rollenspiele, so dass diese nicht den ganz harten Weg von Level 1 bis zu den höheren und interessanten Level gehen müssen, da für diese Kunden Zeit Geld ist. John macht dies nicht allein, er hat eine erfahrene Crew, die ihn bei seinen Einsätzen unterstützt. Und leider hat er bei der Auswahl seines letzten Crewmitglieds ein nicht so glückliches Händchen gehabt und es gibt private Verstrickungen, verletzte Eitelkeiten und Streit und er hat ein Crewmitglied weniger, seine Exfreundin Darla, die so richtig sauer auf ihn ist und Rache geschworen hat.

Und plötzlich gibt es einen fetten Job eines mysteriösen Auftraggebers und John sieht seine Geldsorgen verschwinden, vermutet allerdings auch, dass sein Kunde Kim Jong-un persönlich ist. Im weiteren Verlauf der Geschichte versucht er herauszufinden, ob dies den Tatsachen entspricht oder ob es doch ein ganz anderer Auftraggeber ist. Die Geschichte wird für John immer gefährlicher und er weiß nicht, ob er heil aus der Nummer herauskommt.

Matt Ruff nimmt die Leser:innen mit in eine nahe Zukunft und zeigt, wie verwoben die Welt der Online-Spiele und die vernetzte Welt miteinander sind. Die Rollenspiele sind noch realistischer geworden und man kann sich im virtuellen Raum auf jegliche Art austoben. Namen sind Schall und Rauch und Identitäten können weiterhin gefälscht werden. Dadurch, dass es am Ende des Buches ein Glossar mit Fachbegriffen gibt und am Anfang eines jeden Kapitels ein bestimmter Begriff erklärt wird, ist es auch für Nicht-Gamer möglich, die Nerdinhalte zu verstehen.

Ruff hat eine spannende Geschichte angelegt, das Ganze mit Politik und einer unberechenbaren und sehr jähzornigen Exfreundin gewürzt. Zwischendurch wird auch immer wieder erklärt, wie die einzelnen Spiele funktionieren und wie sie sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt haben. Es ist ein gute erzählter Science Fiction Roman, der über viele Seiten fesselt und ein interessantes Ende hat.

Dieses Ende überrascht auf der einen Seite, auf der anderen Seite bin ich nicht ganz zufrieden damit, denn es war irgendwann doch zu erwarten und ich hatte irgendwie noch „den“ Knaller erwartet. Deshalb finde ich das Buch gut, aber es fehlt noch diese eine Kleinigkeit für ein „sehr gut“. Gute Unterhaltung ist es in jedem Fall und ich denke, dass ich mir die anderen Werke Matt Ruffs auch mal anschauen werde.

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