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Veröffentlicht am 28.12.2020

Die Einwanderer

Finsterwalde
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In einer nicht ganz fernen Zukunft sind Menschen in Deutschland an der Macht, die unter Regieren etwas anderes verstehen. Zunächst mal, haben sie sich der anders Aussehenden entledigt, sie abgeschoben ...

In einer nicht ganz fernen Zukunft sind Menschen in Deutschland an der Macht, die unter Regieren etwas anderes verstehen. Zunächst mal, haben sie sich der anders Aussehenden entledigt, sie abgeschoben in Länder, die gegen Programme bereit waren, sie aufzunehmen. Nur wenige sind noch verblieben und die werden in Lagern zusammengezogen. Eines dieser Lager befindet sich in Finsterwalde, einer geräumten Kleinstadt in der Nähe Berlins. Bei dieser neuen Art des Regierens hat man leider vergessen, dass die Entrechteten durchaus gebildet sind und deshalb gute Arbeitsstellen ausfüllten. Und so fehlen plötzlich wichtige Berufe. Für Theo und Eleni aus Griechenland eine Gelegenheit, nach Deutschland zu kommen.

Wie finden sich Eleni und Theo in dem neuen Deutschland zurecht? Und wie ergeht es Marie und ihren Kindern in Finsterwalde? Es ist Maries Arztpraxis, die Eleni zugewiesen bekommt, während Theo sich um die beiden Töchter kümmert. Theo ist es, der in der Wohnung Spuren von Marie und ihren Kindern entdeckt und so neugierig auf ihr Schicksal wird. Im Lager Finsterwalde sind die Menschen auf sich gestellt, nur aus der Luft werden sie mit dem Nötigsten versorgt. Schnell merken sie, dass sie eine Ordnung bräuchten, doch keiner will so richtig eine Aufgabe übernehmen.

Zwei Schauplätze, die mit klaustrophobischer Enge zu kämpfen haben. In Finsterwalde ist es die tatsächliche Begrenzung durch einen Zaun und Bewacher, die Fluchten verhindern wollen. In Berlin dagegen ist es die enge Überwachung durch technische Mittel und die Beobachtung von Verfolgungen und Verhaftungen. Dazu kommt die Unsicherheit zum einen wie lange das Lager aufrechterhalten wird zum anderen wie lange man unentdeckt bleiben wird. Und schließlich, ob es Auswege gibt oder einen Widerstand. Die ersten zwei Drittel des Buches sind spannend und beklemmend. Eine richtige Gruselvorstellung von einem Deutschland, das man nie haben möchte. Im letzten Drittel jedoch verändert sich das Buch zu einer Art normalen Thriller, was dann leider nicht mehr den Reiz des Anfangs hat. Es wirkt als wäre der Beginn nicht konsequent weiterverfolgt worden. Dennoch handelt es sich um eine packende Utopie, die hoffentlich immer eine der Phantasie entsprungene Geschichte bleiben wird.

Veröffentlicht am 26.12.2020

Der Tip

Verrat
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Die schwedische Sicherheitspolizei erhält eine Information vom britischen Kollegen. Ein Attentäter mit somalischen Wurzeln soll am schwedischen Nationalfeiertag ein Attentat planen. Die Abteilung von Lisa ...

Die schwedische Sicherheitspolizei erhält eine Information vom britischen Kollegen. Ein Attentäter mit somalischen Wurzeln soll am schwedischen Nationalfeiertag ein Attentat planen. Die Abteilung von Lisa Mattei ist in Aufruhr. Diese Sache müssen sie unbedingt verhindern. Doch das erweist sich als nicht so einfach. Sie haben nur wenige Wochen Zeit und der vermeintliche Attentäter verhält sich dermaßen normal, dass es erstmal keinen Ansatzpunkt gibt.Bald schon kommt der Verdacht auf, es könne in den eigenen Reihen eine undichte Stelle geben. Lisa Mattei muss sich nach allen Seiten absichern und gleichzeitig die Untersuchung voranbringen.

Lisa Mattei ist eine moderne Frau Anfang 40. Sie will ihren sehr einnehmenden Beruf mit ihrer Familie bestehend aus Mann und Tochter unter einen Hut bringen. Scheitern ist fast vorprogrammiert, doch wenn die Arbeit mal wieder wichtiger sein musste, vergeben ihre Lieben ihr ohne zu zögern. Und gerade jetzt ist die Arbeit oft wichtiger. Mattei muss einen Stab zusammenstellen, dem sie vertrauen kann. Darüberhinaus muss sie gewisse Vorgaben des britischen Geheimdienstes beachten, die allerdings der Geheimhaltung unterliegen. Das Leben ist nicht einfach und die Ermittlungen zu dem möglichen Attentat gestalten sich schwierig. Der Verdächtige wirkt wie ein Schwede von nebenan, nur eben ein eingebürgerter Schwede eben.

Eine Frau in führender Position, ihr Dilemma, zwischen Beruf und Familie Prioritäten setzen zu müssen, wird sehr gut dargestellt. Man kann sich sehr gut in sie hineinversetzen, irgendwen muss sie immer vernachlässigen. Wenn es dann um ein Attentat von nationaler Bedeutung geht, wird es häufiger die Familie sein und Mattei folgt ihrer Räson und fühlt sich häufig nicht gut dabei. Zu Beginn dieses Thrillers gibt es allerdings nur wenige Fortschritte und bei einem Buch von ungefähr 600 Seiten bekommt man schon den Eindruck, dass einige Untersuchungszüge und Hintergründe etwas gestrafft hätten werden können. Wenn man später langsam durchschaut, wie die Fäden zusammenlaufen, gewinnt der Roman einiges an Fahrt. Der Autor ist wahrlich ein versierter Komponist von verzwickten Sachverhalten.


Veröffentlicht am 18.12.2020

Schneegestöber

Drei Frauen im Schnee
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Ihre Zwillinge sind inzwischen schon Teenager, wie doch die Zeit vergeht. Die Ehe mit Paul ist etwas flach geworden und die Schwiegermutter Irene nervt mit den alljährlichen Weihnachtsritualen. Obwohl ...

Ihre Zwillinge sind inzwischen schon Teenager, wie doch die Zeit vergeht. Die Ehe mit Paul ist etwas flach geworden und die Schwiegermutter Irene nervt mit den alljährlichen Weihnachtsritualen. Obwohl Sonja langsam wirklich eine Veränderung gebrauchen könnte, macht sie doch immer noch mit. Bis zu diesem Jahr, in dem die Töchter rebellieren, Irenes Freundin mit ihrem alten Dackel anreist und die Silvesterparty so garnicht märchenhaft verläuft. Sonja muss sich einfach mal Luft verschaffen. Das tut sie gemeinsam mit ihren neuen Freundinnen Karin und Bernadette in den verschneiten schweizer Bergen. Dort führt Karin ein Hotel, das allerdings in Existenznöten ist.

Es gibt Zeiten im Leben, in denen es mal angesagt sein kann, innezuhalten und das Leben neu zu sortieren. Und so ist es bei Sonja, die Kinder werden langsam groß, sie ist auf der Suche nach einem neuen Job, es wäre schön, wenn die Schwiegermutter sich nicht in alles einmischen würde und tja, Paul ist eben Paul, da hat das Prickeln doch sehr nachgelassen. Und Sonja ergreift die Gelegenheit. In Karins Hotel will sie etwas zu sich kommen. Doch auch an Karins Leben nimmt sie teil. Sonja und die ältere Bernadette haben alle Hände voll zu tun, ihre Freundin zu unterstützen.

Dieser Winterroman ist gerade das richtige für wohlige Lesestunden vor dem Kamin. Auch wenn manche Nebenfiguren etwas überzeichnet wirken, so wirken Sonja und ihre Freundinnen doch sehr sympathisch. Zwar wirken vereinzelte Teile der Geschichte etwas konstruiert, doch andere Passagen sind sehr berührend. Jedenfalls ist es schön, wie Sonja den Mut findet, mal auszubrechen und wie sich schließlich neu sortiert. Gerne liest man auch, dass Sonja nicht nur sich selbst verändert, sondern dass sie auch bei anderen ein Innehalten und vielleicht auch Umdenken anstößt. Ein anheimelnde Geschichte, die einem die Welt der schweizer Berge etwas näher bringt. Da lohnt sich auch eine Suche im www, wo beeindruckende Bilder zu finden sind.

Veröffentlicht am 16.12.2020

Schneemädchen

Hannahs Gefühl für Glück
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Es ist Dezember und auf dem Heimweg liest Eric Nyland ein junges Mädchen von der Straße auf. Er erfährt von Hannah, dass sie in seiner Nachbarschaft wohnt. Bei einem ehemaligen Schulkameraden Erics, den ...

Es ist Dezember und auf dem Heimweg liest Eric Nyland ein junges Mädchen von der Straße auf. Er erfährt von Hannah, dass sie in seiner Nachbarschaft wohnt. Bei einem ehemaligen Schulkameraden Erics, den er schon früher nicht leiden konnte. Wie Recht Eric hatte, stellt sich heraus als er die Kleine nur wenig später quasi retten muss. Weil so kurz vor Weihnachten keine andere Möglichkeit besteht, bittet die Sozialarbeiterin Betty den ehemaligen Polizisten Nyland, Hannah über die Feiertage aufzunehmen. Mit Erics Ehe steht es nicht zum besten und seine beiden Söhne sind auch nicht einfach. Wie wird Hannah da hineinpassen.

Erics Familie befindet sich an einem Tiefpunkt. Sie sind in Erics Elternhaus eingezogen und kümmern sich seit dem Tod der Mutter um Erics Vater, dem man das Alter inzwischen sehr anmerkt. Doch auch Ellie, Erics Frau, geht es nicht gut, sie hat ihre Fröhlichkeit und ihren Antrieb verloren. Ihr älterer Sohn Danny ist dabei flügge zu werden, der jüngere Sammy hat autistische Züge und ist somit nicht ganz leicht zu nehmen. Wie wird sich Hannah in Erics Familie zurechtfinden. Es soll ja nur für ein paar Tage sein, da wird es schon gutgehen.

Das Auftauchen eines Kindes kann eine Familie ganz schön durcheinander bringen, doch kann sich dadurch innerhalb relativ kurzer Zeit auch alles zurechtrücken? So ganz glauben mag man es nicht, aber dennoch wünscht man dieser schönen Weihnachtsgeschichte, dass sie funktioniert. Manchmal handeln die Personen etwas sprunghaft und unmotiviert, aber manchmal wird man auch in die gefühlvolle Story hineingezogen und wünscht, dass Hannah und die Nylands noch mehr zusammenwachsen. In nur wenigen Tagen verändern sie sich alle und man möchte an eine Art Weihnachtsgeschichte glauben, in der den Guten ein Happyend beschert wird. Die winterliche Stimmung tut ein Übriges dazu, dass der Roman genau richtig passt für diese Tage, in denen man mehr Zeit zum Lesen hat, als man vermuten konnte.

Veröffentlicht am 11.12.2020

Düstere Engel

Die kleine Schwester
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Die junge Dame aus Manhattan, Kansas, sucht ihren Bruder. Sie fährt nach Los Angeles und sucht nach einem Detektiv. Philip Marlowe soll den Auftrag bekommen. Orfamay Quest hat nicht viel Geld, aber ein ...

Die junge Dame aus Manhattan, Kansas, sucht ihren Bruder. Sie fährt nach Los Angeles und sucht nach einem Detektiv. Philip Marlowe soll den Auftrag bekommen. Orfamay Quest hat nicht viel Geld, aber ein niedliches Gesicht. Ein Grund für Marlowe den Auftrag anzunehmen. Den ehemaligen Medizinstudenten zu finden, erweist sich als schwierig. Auch scheint Marlowes Kundin es entweder mit der Wahrheit nicht ganz so genau zu nehmen oder zumindest mit etwas hinter dem Berg zu halten. Doch nach und nach deckt Marlowe die düsteren Geheimnisse des Orrin Quest und seiner kleinen Schwester auf.

Bei diesem Roman handelt es sich um den fünften Band, mit dem Privatdetektiv Philip Marlowe als Ermittler. Eine Rahmenhandlung, die es angebracht erscheinen ließe, beim Lesen eine Reihenfolge einzuhalten, ist nicht erkennbar. Die Welt von Philip Marlowe ist in Südkalifornien Ende der 1940er angesiedelt. Stars und Sternchen gab es auch damals schon und viele von ihnen hatten eine ungewöhnliche Geschichte. Alle träumten von Ruhm und Geld und möglicherweise von ein wenig Liebe. Doch in was ist Orrin Quest hineingeraten? Und warum ist seine kleine Schwester nicht einfach zu Polizei gegangen?

Wenn es mal ein Crime Noir Klassiker sein soll, kommt einem der Name Raymond Chandler durchaus in den Sinn. Ob „Die kleine Schwester“ der richtige Band für den Einstieg ist, kann man vielleicht etwas in Frage stellen. Auch muss man sich im Klaren sein, dass die Art der Darstellung aus den späten 1940er Jahren vielleicht nicht ganz einfach in die heutige Zeit übertragen werden kann. Diese Punkte und auch dass es in dem Fall eher um die Darstellung der Filmindustrie und deren Verbindung zum Verbrechen geht als um eine stringente Ermittlung, machen die Lektüre nicht ganz einfach. Auf der anderen Seite lässt sich jedoch sagen, dass die Stimmung im damaligen Los Angeles mit seiner Filmindustrie sehr gut rüberkommt. Mitunter braucht der Autor nur wenige prägnante Worte, um Bilder einer lebendigen Stadt mit ihrem besonderen manchmal düsterem Flair erstehen zu lassen.