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Veröffentlicht am 04.01.2021

„Die Liebe ist ein Erleben des anderen in der eigenen Seele.“ (Rudolf Steiner)

Das Meer unserer Herzen
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Der Tod von Großtante Elli beschert Goldschmiedin Romy als Erbe ein altes Medaillon, dessen Inhalt Romy sofort neugierig macht, findet sie doch eine wunderschöne Liebeserklärung eines Unbekannten namens ...

Der Tod von Großtante Elli beschert Goldschmiedin Romy als Erbe ein altes Medaillon, dessen Inhalt Romy sofort neugierig macht, findet sie doch eine wunderschöne Liebeserklärung eines Unbekannten namens Ruben darin. Als sie ihre Mutter darauf anspricht, reagiert die völlig kurz angebunden und abweisend, was Romys Spürsinn noch mehr anheizt. Da sie momentan gefühlsbedingt unbedingt einen Tapetenwechsel nötig hat, packt Romy ihre sieben Sachen und reist mit den geheimnisvollen Zeilen sowie Freundin Kathie im Gepäck nach Mallorca, wo Elli in den 60er Jahren wohl eine heimliche Liebesbeziehung gehabt haben soll. Romy will unbedingt mehr darüber herausfinden und Ruben aufspüren. Nicht nur die Nachforschungen in Mallorca bringen Romys Gefühle in Wallung, auch die Begegnung mit Fotograf Xavi lässt es schneller schlagen...

Rosie M. Clark hat mit „Das Meer unserer Herzen“ einen sehr unterhaltsamen und anrührenden Roman vor der malerischen Kulisse der spanischen Mittelmeerinsel Mallorca vorgelegt, der nicht nur ein Familiengeheimnis birgt, sondern auch zwei Liebesgeschichten in sich vereint. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sich schnell an Romys Fersen heften, um gemeinsam mit ihr Mallorca zu erkunden und einer alten und berührenden Geschichte auf die Spur zu kommen. Geschickt verknüpft die Autorin ihre Handlung mit bildhaften Beschreibungen der Baleareninsel, so dass der Leser sich dort sofort wie zuhause fühlt und sich von dem Flair der Umgebung, Land und Leuten gefangen nehmen lässt. Zwei Zeitebenen halten den Leser auf Trab, so folgt er einerseits Romy in der Gegenwart bei ihrer detektivischen Suche und erlebt andererseits die bittersüße Liebesgeschichte von Elli und Ruben in der Vergangenheit, die direkt in Herz und Seele geht. Wohldosiert steigert die Autorin ihren Spannungsbogen mit einigen unvorhersehbaren Wendungen immer weiter in die Höhe und lässt den Leser nach und nach alle Puzzleteile zusammenfügen, um am Ende mit Romy das große Geheimnis zu lüften und auch deren Leben die gewünschte Veränderung hervorruft.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen. Ihre menschlichen Eigenschaften wirken glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich ihnen gern anschließt und bei der Geschichte von Anfang bis Ende mitfiebert. Romy ist eine offene und herzliche Frau, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausführt. Sie besitzt eine gesunde Neugier und lässt sich von ihrem Ziel nicht abbringen, auf den Spuren ihrer Großtante zu wandeln. Freundin Kathie ist ihr eine Stütze in unsicheren Zeiten. Xavi hat nicht nur eine charmante Art, sondern ist auch ein talentierter, warmherziger und hilfsbereiter Mensch. Elli hat das Herz am rechten Fleck, ist liebevoll und uneigennützig, Ruben ist ihr Seelenverwandter und ihr Gegenstück, um sich vollkommen zu fühlen.

„Das Meer unserer Herzen“ ist eine zauberhafte Geschichte angefüllt mit Familiengeheimnissen, großer Liebe und neuen Perspektiven. Wunderschön und emotional erzählt, so dass die Seiten nur so durch die Finger rinnen. Absolute Leseempfehlung für ein Buch mit Sogwirkung!

Veröffentlicht am 04.01.2021

„Man muss erst einige Male sterben, um wirklich zu leben.“ (Charles Bukowski)

Die Frau zwischen den Welten
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1945 Tschechoslowakei. Als Tochter der Deutschen Maria und dem Tschechen Jakob lebt die 11-jährige Ella Vojanová bei Großmutter Auguste und Tante Bertl in tschechischen Hillemühl, während ihre Eltern sich ...

1945 Tschechoslowakei. Als Tochter der Deutschen Maria und dem Tschechen Jakob lebt die 11-jährige Ella Vojanová bei Großmutter Auguste und Tante Bertl in tschechischen Hillemühl, während ihre Eltern sich in Zahořany nähe Prag auf die Geburt ihres Bruders Alex vorbereiten. Nachdem der Krieg verloren ist und Deutschland kapituliert hat, wird in der Tschechoslowakei „aufgeräumt“, vor allem Deutsche sind von nun an unerwünscht und werden dementsprechend auch mit aller Härte behandelt. Nach dem Verlust des Hauses und Ladens ihrer Großmutter kommt Ella bei ihren Eltern in Prag unter, doch auch dort ist die Familie nicht mehr sicher, nachdem der Vater brutal ermordet wurde. Während die politische Richtung im Land immer wieder wechselt, muss Ella nicht nur grausame Repressalien gegen ihre Familie erleben, flüchten und die harte Zeit im Kloster Kutná Hora sowie einen übergriffigen Ehemann über sich ergehen lassen, sondern fühlt sich auch verantwortlich für ihre Mutter, ihren Bruder und vor allem für ihre Tochter. Wird sie jemals der Verfolgung entfliehen können und das Glück finden?

Hera Lind hat mit „Die Frau zwischen den Welten“ einen hochemotionalen und spannenden historischen Roman mit biografischen Zügen vorgelegt, in dem sie in eigenen Worten und mit fiktionaler Freiheit das ereignisreiche Leben von Ella Berner, geborene Vojanová nachzeichnet und ihrem Leser präsentiert. Der flüssige, bildgewaltige und einfühlsame Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise antreten, um zu Kriegsende 1945 die kleine Ella kennenzulernen und ihr Schicksal hautnah mitzuverfolgen. Durch intensive plastische Beschreibungen setzt die Autorin im Kopf des Lesers eine Flut von Bildern in Gang, die Ellas Märtyrium regelrecht greifbar machen, während man sich aufgrund der schockierenden und dramatischen Ereignisse in einem andauernden Wechselbad der Gefühle befindet. Der gut recherchierte gesellschaftliche und politische Hintergrund wurde von der Autorin sehr gekonnt mit ihrer Handlung verknüpft. Wie Menschen durch politische Machenschaften zur Zielscheibe wurden, wird hier einmal mehr sehr verdeutlicht, denn als Kind aus einer Ehe verschiedener Nationalitäten gehörte man damals nie wirklich dazu und musste als Spielball für ihre Rachegelüste herhalten. Als Leser mag man sich gar nichtausmalen, wie viele Menschen diesen Methoden ausgeliefert waren, für die Ellas Geschichte stellvertretend steht. Der Spannungsbogen liegt durchgängig auf einem hohen Niveau, steigert sich aber im Verlauf der Handlung immer mehr in die Höhe, so dass der Leser das Buch nicht aus der Hand legen kann.

Die Charaktere wurden lebendig in Szene gesetzt, besitzen aufgrund ihrer sehr menschlichen Eigenschaften Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Leser ist nicht nur Statist, sondern fühlt sich Ella so nah, dass er ihre Schicksalsschläge fast ebenso spürt und mitleidet, mitfiebert und hofft, dass sie endlich auch etwas Glück im Leben hat. Ella ist eine sehr präsente Protagonistin, die schon früh Verantwortung übernimmt, immer wieder ihre Kräfte mobilisiert, um Widerstand zu leisten und die nächste Hürde zu überwinden. Sie ist ein warmherziger Mensch, der nie aufgibt und durch die Unwägbarkeiten des Lebens immer stärker wird. Ehemann Pavel ist ein schrecklicher Kerl, der nur an sich denkt und die Hölle verdient hätte ebenso wie Tante Irma. Der jüdische Arzt Milan besitzt Herz und Verstand, spendet Wärme und Geborgenheit.

„Die Frau zwischen den Welten“ ist nicht nur eine eindrucksvolle Lebensgeschichte, die an Dramatik und Emotionalität fast nicht zu überbieten ist. Sie zeigt leider auch, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind und wieviel Mut und Stärke nötig sind, um diese zu überleben. Eine berührende und aufwühlende Geschichte, die noch lange nachklingt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.01.2021

„Es gibt keine Fremden, sondern nur Freunde, denen wir noch nicht begegnet sind.“ (Irisches Sprichwort)

Highlights Irland
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Da die Reise zu meiner Freundin in Dublin dieses Jahr ausfallen musste, haben mir Freunde als Trost den Bildband „Highlights Irland“ von Jörg Berghoff und Hartmut Krinitz geschenkt, damit ich wenigstens ...

Da die Reise zu meiner Freundin in Dublin dieses Jahr ausfallen musste, haben mir Freunde als Trost den Bildband „Highlights Irland“ von Jörg Berghoff und Hartmut Krinitz geschenkt, damit ich wenigstens in Gedanken mein Fernweh stillen kann.

Das hochwertig gestaltete Buch liegt schwer in der Hand und besticht nicht nur mit herrlichen Farbaufnahmen, sondern ist auch vom Inhalt her so aufgebaut, dass man als Betrachter schnell das findet, was einen besonders interessiert. Die Irlandreise teilt sich auf in „Dublin und das Landesinnere“, „Süden und Südwesten“, Westen und Nordwesten“ (hier vorrangig die Küstenregionen) sowie „Nordküste und Nordirland“. Die Mischung aus kulturellen Highlights im Wechsel mit schönen, teils einsamen Naturschauplätzen überzeugt schon beim ersten Durchblättern des Buches, wobei auch die eingefügten Landkarten einen guten Überblick geben und die genaue Lage der jeweiligen Stationen anzeigen. Viele nützliche Informationen über die Geschichte des Landes sowie den ein oder anderen Geheimtipp findet man ebenfalls.

Irland hat so viel zu bieten, so dass man neben rauen Küstenstreifen und Bergen auch so manchen sagenumworbenen mystischen Ort auf dem Reisezettel haben sollte. Aber auch die Städte faszinieren mit alten Universitätsgebäuden, Dublin fasziniert durch seine liebenswerten Bewohner, überhaupt sind die Iren nicht nur ein gastfreundlicher Haufen, sondern wissen zudem gut zu feiern. Deshalb sollte man sich den Besuch in einem typisch irischen Pub nicht entgehen lassen und dort ein Guinness oder einen irischen Whiskey schlürfen, für die Irland so berühmt ist. Städte wie Cork oder Galway sind ebenso eine Reise wert. Besonders eindrucksvoll sind allerdings die Cliffs of Moher, von deren Anblick man noch träumt, wenn man die Insel bereits verlassen hat. Dieser Ort hat etwas so Geheimnisvolles, bei dem Besuch überkommt einen eine innere Ruhe, während man die ganze Schönheit in sich aufsaugt.

Ein wunderbarer Bildband für alle, die Irland bereits kennen- und lieben gelernt haben, aber auch für diejenigen, die sich mit diesem wunderschönen Land und seinen Bewohnern vertraut machen wollen. Absolute Empfehlung!

Veröffentlicht am 02.01.2021

„Die Grenze ist überschritten, der Spiegel zerbrochen. Aber es reflektieren die Scherben.“ (Edgar Allan Poe)

Erinnerungen aus Glas
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1942 Niederlande. Während eines unbefangenen Spiels mit ihrem Bruder Samuel und dem Nachbarsjungen Klaas 1933 lernt Josie die jüdische Bankierstochter Eliese kennen. Schon bald verbindet die beiden Mädchen ...

1942 Niederlande. Während eines unbefangenen Spiels mit ihrem Bruder Samuel und dem Nachbarsjungen Klaas 1933 lernt Josie die jüdische Bankierstochter Eliese kennen. Schon bald verbindet die beiden Mädchen eine enge Freundschaft. Doch der Nationalsozialismus streckt seine Fühler inzwischen auch in den Niederlanden aus, so dass Eliese nach ihrer Heirat nach England zieht und die Freundschaft zu Josie vorerst auf Eis liegt. Samuel arbeitet in der Bank, engagiert sich im Geheimen aber für den Widerstand, wofür er auch Josie als Botin einspannt, die in einer Kinderkrippe aushilft, die gegenüber einem alten Theater liegt. Eliese, die inzwischen mit ihrem kleinen Sohn nach Amsterdam zurückgekehrt ist, kümmert sich gezwungenermaßen in dem von Nazis umgebauten Theater um die Registrierung der jüdischen Bevölkerung, bevor diese ihrer Deportation entgegensehen. Josie kann das Elend kaum ertragen und beschließt alles zu tun, um wenigstens die Kinder zu retten…
75 Jahre später reist die Amerikanerin Ava Drake als Stiftungsdirektorin der Kingston-Stiftung nach Uganda, um dort den Förderantrag von Landon West und seiner Bishara-Kaffeeplantage zu überprüfen. Sowohl West als auch das von ihm gegründete Kinderheim gewinnen schnell das Herz von Ava. Bei einem Zusammentreffen mit Landons 94-jähriger Großmutter erfährt Ava deren Lebensgeschichte, die eng mit der ihrer Familie verknüpft ist…
Melanie Dobson hat mit "Erinnerungen aus Glas“ einen sehr anrührenden und spannenden historischen Roman vorgelegt, der sich an wahre Begebenheiten anlehnt und dem Leser eine atmosphärisch dichte und emotionale Geschichte präsentiert. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser ein, sich zwischen unterschiedlichen Zeitebenen zu bewegen und dabei nicht nur in die Vergangenheit von Josie und Eliese einzutauchen, sondern auch die Gegenwart um Ava kennenzulernen. Über wechselnde Perspektiven ihrer Protagonisten bringt die Autorin ihre Handlung an den Leser, der sich erst einmal aufgrund der unterschiedlichen Handlungsorte sowie der vielen Namen orientieren muss. Doch einmal eingelesen, ist das Buch nicht nur ein wahrer Pageturner, sondern wartet durch die intensiven Beschreibungen auch mit einem tollen Kopfkino auf. Die Gefahr durch Nazis in den Niederlanden wird sehr plastisch beschrieben, die Angst der jüdischen Bevölkerung ist auch für den Leser spürbar ebenso wie die unterschiedlichen Handlungsweisen der holländischen Bevölkerung. Neben der Vergangenheit, in der Josie und Eliese für die Rettung von Kindern ihr Leben aufs Spiel setzen, lebt auch die Gegenwart von der spannenden Aufdeckung der Zusammenhänge, Verstrickungen und Geheimnisse, die jahrelang unter den Teppich gekehrt wurden, nun an die Oberfläche drängen und kein Stein mehr auf dem anderen lassen. Der christliche Glaube findet sich in dieser Geschichte nicht nur in der Nächstenliebe und der Hilfsbereitschaft wieder, sondern es geht auch um Vergeben und Verzeihen, was angesichts der Taten wohl das Schwierigste ist.
Die Charaktere wurden facettenreich gestaltet und überzeugen durchweg mit ihren persönlichen Ecken und Kanten. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen bangen und mitfiebern. Josie ist eine kluge, etwas impulsive und emotionale Frau, die sich mutig und kämpferisch präsentiert. Eliese hat Angst um ihren kleinen Sohn, weshalb sie widerstrebend den Nazis zur Hand geht. Die Angst sitzt ihr dabei ständig im Nacken, dass auch sie bald zu den Deportierten gehören wird. Ava hat schon einige Schicksalsschläge erfahren müssen. Sie fühlt sich in ihrer neuen Familie noch nicht angekommen, angenommen sowieso nicht. Ihre Großmutter Marcella ist ein harter Knochen, die Patriarchin hat ihre Familie komplett im Griff. Landon ist ein sympathischer und selbstloser Mann, der fest in seinem Glauben verwurzelt ist.
„Erinnerungen aus Glas“ ist eine berührende Geschichte über Freundschaft, Mut, Hilfsbereitschaft und Liebe, aber auch über Verrat, Gier und Vertuschung sowie die Folgen, die alte Taten im gegenwärtigen Leben haben. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 29.12.2020

Fesselnde Mörderjagd im Nachkriegs-München

Das doppelte Gesicht
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1945 München. Der Zweite Weltkrieg ist zwar beendet, doch die Stadt gleicht einem Trümmerfeld, deren Bewohner noch keinen Hoffnungsschimmer sehen, Hunger leiden und oftmals kein Dach über dem Kopf haben. ...

1945 München. Der Zweite Weltkrieg ist zwar beendet, doch die Stadt gleicht einem Trümmerfeld, deren Bewohner noch keinen Hoffnungsschimmer sehen, Hunger leiden und oftmals kein Dach über dem Kopf haben. Die jüdische Kriegsreporterin Billa Löwenfeld kommt für ein Interview mit dem Kriegsheimkehrer Viktor von Dietlitz aus ihrem New Yorker Exil zurück in ihre alte Heimat, doch erwartet sie bei dem Termin eine böse Überraschung, denn der wohlhabende von Dietlitz liegt erschossen in seiner Wohnung. Der ehemalige Frontsoldat Emil Graf, der in den Dienst der von den Amerikanern neu aufgebauten Münchner Polizei berufen wurde, wird mit den Ermittlungen dieses Mordfalls beauftragt, obwohl ihm die Erfahrung für diese Aufgabe fehlt, und trifft bei der Sichtung des Tatort auf Billa. Zu dem unerklärlichen Mordfall, der weder Raub noch Spuren zutage fördert, kommen schnell weitere dazu, alles gutsituierte Kriegsheimkehrer, deren gemeinsame Verbindung anscheinend mit Billa Löwenfeld zu tun hat...
Heidi Rehn hat sich mit bereits aufgrund akribisch recherchierter historischer Romanen und einer fesselnden Erzählweise eine große Fangemeinde erworben. Nun wagt sie sich mit „Das doppelte Gesicht“ auf das Terrain der historischen Krimiwelt, was ihr mit diesem Debüt wunderbar gelungen ist. Der flüssige, bildhafte und packende Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins München der jüngsten Nachkriegszeit antreten, um dort abwechselnd sowohl Billa als auch Emil bei den Ermittlungen zu einigen Mordfällen über die Schulter zu sehen, während man gleichzeitig durch die plastischen Beschreibungen der Autorin die Stimmung der zerbombten Stadt und seiner Bewohner aufsaugt und sich dabei als Teil der Handlung fühlt und regelrecht hautnah mit am Geschehen beteiligt ist. Nicht nur die Trümmerhaufen sowie die verzweifelten Bewohner Münchens tauchen vor dem inneren Auge des Lesers auf, auch die von der Autorin in ihrer Geschichte behandelten Themen lassen den Leser wie in einem Sog das Buch kaum aus der Hand legen. Der Spannungsbogen wurde schon zu Beginn auf ein hohes Niveau angelegt und zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte, um am Schluss in einem großen Knall zu enden und den Leser dabei noch zu überraschen.
Rehns Charaktere zeichnen sich immer wieder durch eine detailreiche und vor allem menschliche Inszenierung aus, die sie glaubwürdig und authentisch wirken lassen. Auch hier ist es der Autorin wieder gelungen, Protagonisten zu erschaffen, denen sich der Leser rasch verbunden fühlt und ihnen gerne auf Schritt und Tritt folgt. Billa ist eine Kämpferin, ihr fehlt es nicht an Mut und Stärke, auch wenn sie insgeheim immer noch unter den Folgen des Naziregimes zu leiden hat. Sie ist impulsiv und wirkt manchmal fast vorlaut, doch ihre Reaktionen sind völlig normal und den Nachwirkungen des Krieges angemessen. Emil wirkt etwas linkisch und unsicher, wurde er doch geradezu in die Rolle des Ermittlers hineingeworfen. Auch er hat mit den Kriegsfolgen und einem persönlichen Schicksal zu kämpfen, dass ihn nicht loslässt. Er will seinen Captain Joe Simon nicht enttäuschen, der große Stücke auf ihn hält und der ihm ein Vorbild ist. Piotr ist ein ehemaliger Zwangsarbeiter, der nicht in seine russische Heimat zurückkehren will, weil ihn dort ein furchtbares Schicksal erwartet.
„Das doppelte Gesicht“ ist ein spannender historischer Kriminalroman, der von der ersten Seite an einen Sog entwickelt, dem sich der Leser nicht entziehen kann. Akribisch recherchiert und mit gewaltigen Bildern weiß diese Geschichte nicht nur zu fesseln, man ist während der Lektüre durchgängig hautnah dabei, um den Fall zu lösen! Absolute Leseempfehlung für einen absoluten Knaller! Auf die nächsten Fälle dieser Reihe darf man gespannt sein!