Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? ...
Mal ganz ehrlich: Nicht immer hat man Zeit und Lust, aufwändig zu kochen. Oder es hat einfach nicht mit dem Einkauf geklappt, weil mal wieder irgendwas dazwischen kam. Was steht noch im Vorratsschrank? Für solche Situationen mit wenig Zeit und überschaubaren Zutaten hat Martina Kittler wohl auch "Vegetarisch kochen mit fünf Zutaten" geschrieben.
Der Kochratgeber von G+U kann mit der bewährten Mischung aus klarer Rezept-Ansage und appetitanregenden Fotos trumpfen. Mit 64 Seiten handelt es sich um ein eher schmales Büchlein, das ich deshalb auch mehr als Rat in Krisenfällen sehen würde, wenn es wirklich schnell und mit eher wenig gehen soll.
Unterteilt sind die Kapitel in Kleine Gericht, one pot meals (noch mehr Ersparnis, diesmal beim Abwasch - da bin ich immer dafür!), Gerichte aus dem Ofen sowie Süßes.
Gleich am Anfang bin ich auf zwei Salate gestoßen, die bestimmt in nächster Zeit ausprobiert werden (bei den momentanen Temperaturen sollte es schon was Warmes sein) - den Fenchel-Orangen-Salat und den Pilz-Feldsalat mit Paprika, die zeigen, es braucht gar nicht so viel, um trotzdem für interessante Geschmackskontraste zu sorgen. Für Kohlrabi, die ich gerne als Gemüse oder Rohkost verputze, gibt es hier ein Suppenrezept - da kam auch gleich auf die to do-Liste.
Sicherlich auch familienfreundlich ist die scharfe Paprika-Pasta und auch die Gemüsepfanne mit Mozarella verspricht, ein wenig mediterrane Aromen in den kalten deutschen Winter zu bringen. Eine Kombination von Süden und Herbst wäre hingegen der Ofen-Feta auf Kürbisgemüse. Und kommt erst mal die Spargelsaison, ist es sicherlich Zeit für das Spargelgratin mit Walnüssen.
Für Süßmäuler ist meine persönliche Empfehlung der Sauerkirsch-Mohn-Crumble. Nur fünf Zutaten? Passt schon!
Vom Leben im neuen Land und dem Gepäck des alten Landes erzählt Anna Prizkau in ihren Kurzgeschichten, die unter dem Titel "Fast ein neues Leben" zusammengefasst sind. Mit der Ich-Erzählerin hat sie so ...
Vom Leben im neuen Land und dem Gepäck des alten Landes erzählt Anna Prizkau in ihren Kurzgeschichten, die unter dem Titel "Fast ein neues Leben" zusammengefasst sind. Mit der Ich-Erzählerin hat sie so manches gemeinsam - In Russland geboren, in den 90-er Jahren nach Deutschland gekommen, das Gefühl der Fremdheit, der Wille, dazu zu gehören, der Kampf mit der fremden Sprache, die sie sich dann zu eigen macht - immerhin ist sie Theaterautorin.
Der Preis, der für das neue Land gezahlt wird, wird eher von der Elterngeneration entrichtet - die psychischen Probleme der Mutter, der Akzent, der sich auch nach vielen Jahren nicht loswerden lässt und der der Tochter peinlich ist. Freunden verschweigt sie die Eltern und ihre Biografie.
Teils geht es in den zwölf Geschichten um diese Migrations- und Fremdheitserfahrungen, teils um Disfunktionalität in der Familie und die üblichen Coming of Age-Probleme. Um unglückliche Beziehungen, Scheitern an sozialen Barrieren oder sexuelle Belästigung braucht es schließlich keinen Migrationshintergrund, das sind universelle Erfahrungen.
Prizkau beherrscht die Kunst, auf wenigen Seiten eine Geschichte zu entwickeln von Hoffungen und zerbrochenen Illusionen, von Ehrgeiz und falscher Liebe. Die Familiengeschichte ist ein roter Faden, der die meisten dieser Episoden verbindet. Sprachlich gibt es immer wieder so einfach klingende wie bildhaft-poetische Formulierungen, die den Reiz dieser Geschichten ausmachen. Zum Beispiel: "Jetzt lächelte ich nur noch, um zu verbergen, dass ich nichts verstand. Um meine Angst vor diesem Land und dieser Sprache hinter den straff gespannten Mund zu stecken."
"Fast ein neues Leben" hat nicht die Wucht und Tiefe etwa von "Herkunft" von Sasa Stanisic, bemüht sich auch relativ wenig um die Identität der "neuen Deutschen", sondern reflektiert eher die individuelle Suche einer jungen Frau nach ihrem Platz im Leben.
Der kanadische Krimiautor Martin Michaud stürzt sein Ermittlerduo ebenso wie seine Leser in ein vielschichtiges Puzzle mit dem Roman "Aus dem Schatten des Vergessens". Spannend ist der mit 640 Seiten nicht ...
Der kanadische Krimiautor Martin Michaud stürzt sein Ermittlerduo ebenso wie seine Leser in ein vielschichtiges Puzzle mit dem Roman "Aus dem Schatten des Vergessens". Spannend ist der mit 640 Seiten nicht gerade schmal geratene Band durchaus. Allerdings wäre an mancher Stelle weniger mehr gewesen, denn während Verschwörungstheoretiker ihre helle Freunde haben dürften, wirkt für alle anderen manches sehr weit hergeholt. Dass ausgerechnet der Mord an John F. Kennedy mit Verbindungen in die frankokanadische Provinz Quebec den Schlüssel zur Lösung einer Mordserie bieten soll - na ja.
Und wenn wir schon mal beim Thema Plausibilität sind - Michaud gehört offensichtlich zu den leicht sadistisch veranlagten Autoren, die ihren Hauptfiguren ein geballtes Maß an Schicksal, Gewalt und Seelenleid aufbürden, vermutlich um sie um so interessanter zu gestalten. Victor Lessard, Mordermittler aus Montreal, ist auch so einer, wenn auch der größte Teil seiner dramatischen Vorgeschichte in vorangegangenen Romanen spielte und er hier nur mit diversen körperlichen und seelischen Blessuren davon komnt. Dafür ist Victor aber offenbar trotz fortgeschrittenen Alters ein Magnet für supersexy schöne und meist deutlich jüngere Frauen ist. Tja. Ist der Autor da noch spätpubertär oder schon midlifekrisengeschüttelt? Das ist mal wieder alles wie aus dem richtigen Leben. Und wie um den Kontrast noch größer ausfallen zu lassen, ist Victors Partnerin Jacinthe eine ständig futternde, übergewichtige, cholerisch veranlagte lesbische Frau, die als Mensch allerdings eher blass bleibt.
Allerdings geht Michaud nicht nur mit der Holzhammermethode vor, zum Glück. Sowohl der Titel als auch das Leitmotiv - die Suche nach verlorenen Erinnerungen, die Frage manipulierter oder gelöschter Erinnerungen - dürften auch ein Stück weit an das "je me souviens" (ich erinnere mich) anspielen, dass als Motto der Provinz auf allen Autoschildern Quebecs steht, an die historischen Konflikte mit der anglokanadischen Mehrheit. Auf manches wird im Text sogar angespielt, aber ich fürchte, wie wohl viele deutsche Leser weiß ich einfach zu wenig über (frankkanadische Innenpolitik.
Für das Lesen von "Aus dem Schatten des Vergessens" ist das auch gar nicht einmal nötig, denn für die Montrealer Ermittler geht es zunächst darum, was die Morde an einer renommierten Psychologin und dem Seniorpartner einer ebenso renommierten Anwaltspraxis mit dem Selbstmord eines bipolaren Obdachlosen zu tun haben, bei dem die Brieftaschen der Toten gefunden wurden. Dass die Lösung des Falls in der Vergangenheit liegt, macht eine weitere, in der Vergangenheit spielende Erzählebene klar, wobei erst sehr spät Licht ins Dunkel kommt.
Viele Themen, in denen es etwa um Einfluss und Verflechtungen von Geheimdiensten, Politik und Wirtschaft geht, um die Manipulation von Wahrnehmung, um moralischen Kompass und ethische Konflikte, sind spannend und aktuell. Wer schon einmal in Montreal war, kann sich über viel Lokalkolorit und Ortsdetails freuen. Etwas kompakter und etwas weniger verschwörerisch hätte dem Roman allerdings gut getan.
In seinem Buch "Mit offenem Blick" hat Gerhard Schweizer zu einem Rundumschlag zum Thema unterwegs sein ausgeholt, einschließlich der Reflektion eigener Reiseerfahrungen in mehr als vier Jahrzehnten und ...
In seinem Buch "Mit offenem Blick" hat Gerhard Schweizer zu einem Rundumschlag zum Thema unterwegs sein ausgeholt, einschließlich der Reflektion eigener Reiseerfahrungen in mehr als vier Jahrzehnten und dem Wandel des Reisens. Zugegeben, ich hatte zunächst eine andere Vorstellung zu dem Buch, erwartete eine Auseinandersetzung mit Kulturschocks und der Sensibilisierung für die anderen Sichtweisen in bereisten Regionen, gerade in völlig anderen Kulturkreisen.
Dabei schilderte Schweizer allerdings zuerst seinen eigenen Blick, bei frühen Reisen etwa nach Nordafrika und Asien in einer Zeit, als die meisten Menschen in Deutschland allenfalls von einem Sommerurlaub an der Adria träumen konnten und Fernreisen für die Mehrheit der Menschen ein Ding der Unmöglichkeit war - entweder finanziell oder aus Zeitgründen. Da war ein Rucksackurlaub etwa nach Marokko noch etwas völlig Exotischen - und Exotik erwartete auch der junge Schweizer: Eben Menschen in traditioneller Kleidung, enge Kasbah-Straßen, verfallende Häuser wurden von dem jungen Reisenden als malerischempfunden und ein wenig rümpfte er die Nase, wenn ein einheimischer Reiseführer auf neue, moderne Stadtviertel hinweist, eine Vorliebe für "westliche"Kleidung zeigt. Kurz: Genau die Welt bewundert, der der Reisende eigentlich entfliehen will.
Und auch in späteren Jahren ist der Reisende enttäuscht, wenn Modernisierung die "Exotik" abhanden kommt, mokiert er sich über die Ortsansässigen, die sich von ihrer traditionellen Lebensweise entfernt haben und den Anschluss an die - überall gleich langweilige ? - Moderne vollziehen. Und klar, es darf auch nicht die Abgrenzung zu den Europäern oder gar Landsleuten fehlen, die dann in späteren Jahren ebenfalls in den gleichen Gebieten unterwegs sind, nur eben nicht monate lang - puh, Touristen, bäh!
Da musste ich dann doch grinsen, denn da der Autor ein paar Jahrzehnte älter ist als ich habe ich zwar die frühen Rucksackreisenden auf Hippie Trail usw nicht erlebt, bin in Südostasien aber später auf ähnliche Spezies gestoßen, die sich - mitunter leicht arrogant - als "Reisende" bezeichneten und keinesfalls Touristen sein wollten. Wer wie ich nur fünf, sechs Wochen mit dem Rucksack unterwegs war, wurde leicht abschätzig behandelt. Ist ja auch zu blöd, keine reichen Eltern im Hintergrund zu haben und einer bezahlten Beschäftigung nachgehen zu müssen, um sich das Reisen leisten zu können.
Was ich seinerzeit allerdings nie verstand war, warum eben diese Traveller dann mit Vorliebe in Backpacker Kneipen hockten, mit dem immer gleichen Essen in jedem Land, den immer gleichen Typen und den Einheimischen als Servicekräften. Oder warum sie so wenig Sensibilität für die lokalen Befindlichkeiten hatten, dass Tank Top und Shorts auch in Regionen getragen werden müssen, wo die Kleidergewohnheiten eher zur Ganzkörperbedeckung tendierten. Wobei da wieder die Frage nach dem "offenen Blick" aufkommt.
In Schweizers Buch ist davon wenig die Rede, wohl aber von der Frage, wie Tourismus auch zum Erhalt lokaler Kulturen beitragen kann oder sie sogar, Beispiel Nepal, vor der Zerstörung durch übereifrige moderne Stadtplaner schützen kann. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Reisen aus Neugier oder als Freizeitbeschäftigung im Gegensatz zu Migration, die aus der Notwendigkeit geboren wurde - seien es die Auswanderer im 19. Jahrhundert. seien es die türkischen "Gastarbeiter", denen der Autor in den 60-er Jahren in Zügen nach Südosteuropa begegnete, seien es die Flüchtlinge und Migranten der Gegenwart. Wie verändern diese globalen Bewegungen die Herkunfts- und die Ankunftsgesellschaft? Wie breiten sich globale Trends immer mehr aus, sorgen moderne Kommuikationsmittel und soziale Medien für ein völlig verändertes Unterwegssein?
Eine "Anleitung" zur Auseinandersetzung mit fremden Kulturen gibt "Mit offenem Blick" nicht, wohl aber die eine oder andere Denkanregung und Überlegung zum Zusammenleben in einer pluralistischen multikulturellen Gesellschaft mit ihren Herausforderungen und Chancen. Aber das ist vielleicht auch ganz gut so. Denn den offenen Blick erreicht man sicherlich am besten durch den eigenen Aufbruch.
Thumbs DreadfulWater, ein amerikanischer Cherokee, glaubt seine Polizistenvergangenheit hinter sich gelassen zu haben. Nachdem er in Kalifornien einen Serienmörder gejagt hatte, der auch DreadfulWaters ...
Thumbs DreadfulWater, ein amerikanischer Cherokee, glaubt seine Polizistenvergangenheit hinter sich gelassen zu haben. Nachdem er in Kalifornien einen Serienmörder gejagt hatte, der auch DreadfulWaters damalige Lebensgefährtin und ihre Tochter umgebracht hatte, war es ein Fall zu viel gewesen. DreadfulWater zog in die Kleinstadt Chinook und arbeitet als Landschaftsfotograf. Mit einer Vertreterin des nahegelegenen Indianerreservats hat er eine On-Off-Beziehung, seine Katze tyrannisiert ihn und seine Ambitionen reichen aktuell nicht weiter als bis zur möglichen Anschaffung eines sechs-Platten-Gasherds.
Da hat DreadfulWater allerdings die Rechnung ohne den Ortssheriff Hockney gemacht. Der muss nämlich zu einer internationalen Konferenz in Costa Rica und drängt DreadfulWater, in der Zwischenzeit als komissarischer Sheriff einzuspringen. Auch wenn DreadfulWater nichts davon hören will, wird er angesichts mehrerer mysteriöser Todesfälle in Chinook gegen seinen Willen doch in einen aktuellen Kriminalfall hineingezogen,
Thomas King hat mit seinem Roman "Dunkle Wolken über Alberta" eine ganze Reihe leicht exzentrischer und liebenswürdiger Figuren geschaffen, angefangen von dem zunehmend von den Beschwerden des mittleren Alters geplagten DreadfulWater, der lesbischen Ärztin, die in Doppelfunktion auch Gerichtsmedizinerin ist, dem griechischen Buchhändler und Umweltaktivisten Archie, einem Bodyguard, der gerne mit spanischen Einsprengseln seine Herkunft aus New Mexiko betont und dem Ortssheriff, dessen Dienstreisen stark von den touristischen Wünschen der begleitenden Ehefrau beeinflusst werden. Auch die resolute Stammeschefin, ihre von einer detektivischen Zukunft träumende Schwester und der eifersüchtige Sohn seiner Freundin machen DreadfulWater mitunter das Leben schwer.
"Dunkle Wolken über Alberta" hat einige zähe Längen, ist aber durchaus ein solider Ökokrimi, geht es doch um den knappen Rohstoff Wasser, um den Zugriff auf altes Stammesland und die Verträge, die einsr zwischen der Regierung und den indigenen Völkern geschlossen wurden. Gleich zwei Vertreter eines Unternehmens, das auf einer Umweltkonferenz ein Verfahren vorstellen wollte, das auch über Wasservorkommen Aufschluss gibt, sterben eines gewaltsamen Todes. Zwischen Geschäftsinteressen und persönlichen Motiven muss der Sheriff wider Willen die Lösung des Falls suchen.
Thumbs DreadfulWater ist ein sympathischer Protagonist - erfahren, aber nicht abgestumpft-zynisch, eher wortkarg, eigentlich ein typischer Mann des Westens, auch wenn manchmal ein wenig zaudernd. So wie der Chinook in Alberta für plötzliche Wetterwechsel mit extremen Temperaturschwankungen sorgen kann, so nimmt auch der Fall einige Wendungen. Auch manche Selbsterkenntnis wartet dabei auf DreadfulWater
Ein Rätsel bleibt allerdings der Buchtitel - denn Chinook scheint im US-Bundesstaat Montana und nicht in der kanadischen Provinz Alberta zu liegen, während gleichzeitig immer wieder das kanadische Gesundheitssystem angesprochen wird, in dessen Genuss DreadfulWater als US-Staatsbürger nicht kommt.