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Veröffentlicht am 30.12.2020

Schwester Elisabeth

Mr. Crane
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Aus Hamburg kam Schwester Elisabeth an die Lungenklinik in Badenweiler. Hauptsächlich Patienten, die unter Tuberkulose leiden, werden dort behandelt. Für viele der Patienten ist es allerdings schon zu ...

Aus Hamburg kam Schwester Elisabeth an die Lungenklinik in Badenweiler. Hauptsächlich Patienten, die unter Tuberkulose leiden, werden dort behandelt. Für viele der Patienten ist es allerdings schon zu spät. Im Sommer des Jahre 1900 erreicht der bekannte amerikanische Schriftsteller Mr. Stephen Crane die Klinik. Ihm geht es sehr schlecht. Schwester Elisabeth kennt seine Bücher und Geschichten. Die Werke könnten direkt für sie geschrieben worden sein. Schwester Elisabeth übernimmt die Pflege Cranes, er soll der Patient sein, der die Krankheit übersteht. Während Elisabeths Schichten führen die beiden intensive Gespräche über das Leben des Autors und auch die Krankenschwester hat etwas zu erzählen.

Schon mit den ersten Sätzen werden die Figuren der Schwester Elisabeth und Stephen Crane sehr lebendig. Die schwere Krankheit ist immer gegenwärtig. Der Schriftsteller ringt mit dem Tod. Und doch erscheint er der Krankenschwester wie eine Offenbarung. Crane scheint in ihre Seele zu blicken. Ihre kleine körperliche Beeinträchtigung nimmt er kaum wahr. Und so kann Elisabeth sich öffnen und von ihren Träumen erzählen. Sie möchte eine moderne Frau sein. Ihre Tante in Amerika könnte ein Vorbild sein. Vielleicht könnte sie auch Ärztin werden. Vielleicht könnte Crane ihre Rettung sein, wenn er die Krankheit übersteht.

Aus humorvollen und hintergründig witzigen Dialogen ergeben sich große Teile der Handlung. Und so fühlt man sich gleich ins Geschehen eingebunden. Als hätte Crane geahnt, dass er nicht viel Zeit haben würde, hat er sein Leben mit Geschichten gefüllt. Und in Schwester Elisabeth hat er eine Zuhörerin, die jedes seiner Worte aufsaugt. Sowohl die Krankenschwester als auch der Schriftsteller sind sehr vielschichtige Persönlichkeiten, die in ihrer Zeit herausragten. Und in dem Roman gibt es noch etliches mehr zu entdecken. Zwar kommt einem Schwester Elisabeth manchmal etwas radikal vor, aber sie hat auch die Fähigkeit zu versöhnen. Dieser Roman gefällt durch seine Modernität und seinen lockeren Tonfall. Gleichzeitig lernt man einen Schriftsteller kennen, der heutzutage wohl nicht mehr ganz so bekannt ist.

Veröffentlicht am 29.12.2020

Frühstück mit dem Tod

Spiegel und Licht
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Im Jahr 1536 wird Anne Boleyn hingerichtet. An ihrem Sturz war auch Thomas Cromwell beteiligt. Am nächsten Tag frühstückt Thomas Cromwell mit den Siegern, wie es im Klappentext heißt. Doch auch der Gedanke ...

Im Jahr 1536 wird Anne Boleyn hingerichtet. An ihrem Sturz war auch Thomas Cromwell beteiligt. Am nächsten Tag frühstückt Thomas Cromwell mit den Siegern, wie es im Klappentext heißt. Doch auch der Gedanke ist nicht fern, was geschehen kann, wenn er selbst die Gunst des Königs verliert. Cromwell jedoch macht einfach weiter und versucht seine Pläne umzusetzen. Dabei hat er durchaus das Wohl des Herrschers und des Reiches im Sinne. Der König ist allerdings ein wankelmütiger Charakter, so dass immer die Gefahr besteht, dass sein Vertrauen schwindet.

In dieser dritte Band um das Leben und Wirken Thomas Cromwells beginnt mit dem Tod von Anne Boleyn und endet mit dem Tod Cromwells selbst. Hat man die beiden anderen Bände gelesen, ist man natürlich neugierig, wie sich Hilary Mantel den letzten Jahren dieses frühen Politikers widmet. Nachdem die vorherigen Bände sich beim Lesen als etwas sperrig erwiesen, weil die Autorin eine selten verwendete Form der Darstellung gewählt hat, kann man zum Hörbuch sagen, dass auch dank des Sprechers der Stil wesentlich besser funktioniert und die handelnden Personen viel lebendiger wirken. Was sich allerdings schon als gewisse Schwierigkeit erweist, ist die Länge der Hörbuchfassung. Da man im Leben halt nicht unbegrenzt Zeit hat, braucht man eine Weile, um das Buch zu beenden und da man beim Hörbuch auch nicht einfach so zurückblättern kann, um sich schnell nochmal zu erinnern, wo man stehengeblieben war, ist es nicht so einfach, der Handlung zu folgen. Es ist eben eine Lebensbeschreibung und kein Krimi, folglich ist es fast vorprogrammiert, dass es mal zu Längen kommen kann. Doch wie vorher schon erwähnt, gewinnt der Roman eine große Lebendigkeit durch die Art wie der Vorleser Frank Stieren ihn interpretiert.

Veröffentlicht am 27.12.2020

Bewahr den Traum

Das geträumte Land
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Das junge Ehepaar Jonga hat es von Kamerun nach Amerika geschafft. Jende Jonga hat Asyl beantragt und Neni ist mit einem Studentenvisum in den USA. Alles scheint sich zum Besten zu wenden als Jende von ...

Das junge Ehepaar Jonga hat es von Kamerun nach Amerika geschafft. Jende Jonga hat Asyl beantragt und Neni ist mit einem Studentenvisum in den USA. Alles scheint sich zum Besten zu wenden als Jende von seinem Cousin ein Job als Fahrer bei dem reichen Investmentbanker Edvard Clark bekommt. Über seinen Einwanderungsstatus sagt Jende nichts weiter, Hauptsache, er hat erstmal den Job. Und Neni ist fleißig beim Lernen, sie will einmal Pharmazie studieren. Auch sie arbeitet nebenbei und kümmert sich noch um den gemeinsamen Sohn, der schon zur Schule geht. Clark arbeitet bei den Lehman Brothers und man schreibt das Jahr 2007.

Der Roman beginnt kurz vor der großen Finanzkrise, die im Jahr 2008 ihren Anfang nahm. Die Einwanderer aus Kamerun sind trotz ihres unsicheren Status` optimistisch, dass sie es vor allem für ihren Sohn schaffen werden. Sie sind schon einige Zeit in Amerika und mit dem neuen Job glauben sie, das große Los gezogen zu haben. Relativ einfache, wenn auch verantwortungsvolle Arbeit, zu einem guten Lohn. Neni kann sich mehr auf ihr Studium konzentrieren und auch mal was shoppen. Jendes Tätigkeit führt zu etwas wie Familienanschluss. Besonders die Kinder ihrer Arbeitgeber kommen gut mit Jende und Neni klar.

Glück und Glas - wie leicht bricht das. So ungefähr könnte man die Quintessenz dieses Romans empfinden. Wie zerbrechlich die sicher geglaubte Welt sein kann, kann man gerade heute auch wieder ausmachen. So ähnlich muss es auch zu Zeiten der Finanzkrise gewesen sein, die Arm und Reich treffen konnte. Sowohl die Jongas als auch die Clarks stehen vor großen Umwälzungen und sie bewältigen sie irgendwie, aber irgendwie auch mit Verlusten. Ob man dabei jede Entscheidung nachvollziehen kann, mag dahingestellt sein. Die handelnden Personen müssen dazu stehen. Klar wird jedenfalls, dass der amerikanische Traum auch mal ausgeträumt sein kann, für Amerikaner ebenso wie für Einwanderer. Doch auch in der Krise gibt es Chance, die man so oder so einschätzen kann. Ein Buch, aus dem man Einsichten über das Leben der Einwanderer gewinnen kann und welche Veränderungen Menschen durchmachen, wenn die Welt in eine Krise gerät.

Veröffentlicht am 24.12.2020

Eins und Null

Quantum Spy
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Mal wieder gibt es einen Wettlauf zwischen den Großmächten. Die Wissenschaftler der Welt versuchen, Quantencomputer zu entwickeln und jeder will der erste sein. Da kann schon mal eine Firma, die ein Stückchen ...

Mal wieder gibt es einen Wettlauf zwischen den Großmächten. Die Wissenschaftler der Welt versuchen, Quantencomputer zu entwickeln und jeder will der erste sein. Da kann schon mal eine Firma, die ein Stückchen voranzukommen scheint, von der Bildfläche verschwinden, um nur noch dem Staat zuzuarbeiten. In dieser Situation versucht der CIA-Agent Harris Chang einen chinesischen Computerwissenschaftler als Spion anzuwerben. Die Aktion läuft insofern gut, als das Dr. Ma verrät, was er zu verraten hat, und insofern schlecht, als das Dr. Ma sich nach dem Treffen umbringt. Dennoch hat er offenbart, dass China einen Maulwurf in den amerikanischen Diensten platziert haben. Und diesen gilt es jetzt zu enttarnen.

Harris Chang und sein Chef und Mentor John Vandel geraten in heikle Situationen, wobei der Sino-Amerikaner Harris, der sich eigentlich immer für einen sehr amerikanischen Amerikaner gehalten hat, feststellen muss, dass er eben doch häufig als Chinese betrachtet wird. Ist er deshalb besonders für den Einsatz geeignet? Er kann noch nicht einmal besonders gut chinesisch und seine Familie lebt schon in der vierten Generation in Amerika. Und wo ist der Maulwurf zu suchen, etwa auch unter den Sino-Amerikanischen Wissenschaftlern? Umgekehrt kann es aber auch passieren, dass Chang von chinesischen Studenten als Vertreter seines Staates angegriffen wird, weil diese meinen, sie werden wegen ihrer Herkunft besonders befragt.

Wie Welt der Agenten und Spione ist doch irgendwie auch ein Spiegelbild der restlichen Welt. Auch wenn die Ausführungen der Quanten-Wissenschaftler manchmal etwas trocken geraten und für Laien nicht immer leicht verständlich sind, so wird die Agentengeschichte doch nach und nach spannender. Man lernt, dass eins und null gleichzeitig sein können und dass Vandel immer noch einen Plan B hat. Man lernt auch, dass Spione durchaus nicht schablonenhaft sind und sie eine Entwicklung durchmachen. Vielleicht ist der Maulwurf etwas zu leicht enttarnt, aber dafür ist es ausgesprochen spannend, wie die Jagd auf ihn beginnt. Dieser gehaltvolle Thriller regt wahrlich die Gehirntätigkeit an.

Veröffentlicht am 23.12.2020

Serafina und die Wölfe

Die Wölfe vor den Toren
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Endlich im Winter 1418 sind Serafina und Adalbert glücklich verheiratet. Doch auch jetzt kann Serafina es nicht lassen, Nachforschungen anzustellen, wenn sich irgendwo ein Geheimnis zu verbergen scheint. ...

Endlich im Winter 1418 sind Serafina und Adalbert glücklich verheiratet. Doch auch jetzt kann Serafina es nicht lassen, Nachforschungen anzustellen, wenn sich irgendwo ein Geheimnis zu verbergen scheint. Als vor den Toren Freiburgs einige Schafe von hungrigen Wölfen gerissen werden, sind die Bürger Freiburgs besorgt. Schlimmer noch wird es beim Auffinden des sechsjährigen Jörgelin, der offensichtlich ebenfalls einem Angriff von Wölfen zum Opfer gefallen ist. Die Eltern sind untröstlich und Serafina, die auch als Armenapothekerin tätig ist, versucht zu helfen. Nur wenig später kommt auch eine junge Heilerin zu Tode und so langsam wird Serafina misstrauisch.

Dies ist bereits der sechste Band um die Armenapothekerin Serafina. Zu Beginn dieses Bandes gibt es einige kleine Hinweise zu Serafinas Hintergrund, so dass es zum Verständnis nicht zwingend ist, die vorherigen Bände zu kennen. Zu empfehlen sind sie sicherlich. Serfina ist inzwischen glücklich verheiratet, aber grundlegend verändert hat sie sich natürlich nicht. Sie ist immer noch neugierig und nachdenklich. Und sie empfindet mit den verwaisten Eltern. Besonders die Mutter des toten Jungen braucht Serafinas Unterstützung. Gleichzeitig bilden sie und ihr Mann ein inzwischen eingespieltes Team. Der Medicus Adalbert und seine Serafina ergänzen sich bestens.

Mit Serafina kann man in diesem anspruchsvollen Jahr einen tollen Ausflug ins Mittelalter machen. Gewitzt erforscht sie das Geheimnis um die Wölfe. Gut hineinversetzen kann man sich dabei in die Furcht der Bewohner der Vorstadt vor dem unbekannten, unheimlichen und gefährlichen Wesen. Da fühlt man sich in einigen Momenten an heutige Tage erinnert. Die Angst der Menschen war damals so groß, dass die Vernunft verloren ging. Serafina und Adalbert sind jedoch sehr gute Beobachter und so merken sie, dass wahrscheinlich nicht jedes Unheil von den Wölfen zu verantworten ist. Wie sie nach und nach ermitteln, was hinter den Todesfällen steckt, ist schön zu lesen. Gleichzeitig geben die Beschreibungen des Alltags einen lebendigen Einblick in das mittelalterliche Leben. Beides zusammen ist eine klasse Kombination und so bietet dieser Roman eine wunderbare Ablenkung vom Alltag dieses Jahres.