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Veröffentlicht am 07.03.2021

Eine Lebensbeichte, die nur schwer zu ertragen ist.

Nur Heringe haben eine Seele
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Rudolph Paul Pleil war ein bekannter Serienmörder, der sich selbst als bester Totmacher Deutschlands sah. Für Fotografen stets herausgeputzt, mit geradem Rücken und von der besten Seite gezeigt, offenbarte ...

Rudolph Paul Pleil war ein bekannter Serienmörder, der sich selbst als bester Totmacher Deutschlands sah. Für Fotografen stets herausgeputzt, mit geradem Rücken und von der besten Seite gezeigt, offenbarte der psychopathische Egozentriker seinen nie versiegenden Geltungsdrang. Deshalb kratzte es an seinem Ego, als man ihm die im Zuchthaus gestandenen Frauenmorde nicht abnahm. Doch seine geschilderten Beschreibungen der begangenen Taten waren so real, dass es zu einer Überprüfung kam und Pleil im Jahr 1950 erneut wegen Mordes angeklagt worden ist. 15 Tötungen an Frauen konnten ihm nachgewiesen werden, weshalb er im Jahr 1950 eine lebenslange Haftstrafe bekam.

In „Nur Heringe haben eine Seele“ hat der Autor Fred Sellin das Leben des Rudolph Paul Pleil noch einmal Revue passieren lassen. Angefangen mit seiner Kindheit, die von der Alkoholsucht des Vaters und den kargen Mitteln zum Lebensunterhalt geprägt worden ist, über seine Zeit bei der Marine, die durch erste Diebstähle und auftretende Epilepsieanfälle schnell beendet war, bis hin zu seiner Zeit als Grenzgänger, in der er Frauen überfallen, missbraucht und seinen Angaben nach erste Morde begangen hat. Stationen eines Lebens, das mit 23 Jahren durch die Verurteilung wegen Mordes an einem Kaufmann nur noch hinter Gittern stattgefunden hat.

Mit der Wahl, Rudolph Paul Pleil als Ich-Erzähler über begangene Taten berichten zu lassen, gelingt es Fred Sellin, dem Leser einen umfassenden Einblick in die abartige Gedankenwelt des vielfachen Mörders zu gewähren. Basierend auf Ermittlungs- und Gerichtsakten und auf Aufzeichnungen von Rudolph Pleil selbst hat er in einer einfach gehaltenen und mit vielen Obszönitäten versehenden Sprache den triebgesteuerten Totmacher die Lebensbeichte ablegen lassen. Eine Lektüre, die nicht einfach zu lesen und noch viel schwerer zu ertragen ist. Dabei ist Rudolph Pleil nicht der Einzige, der in der Nachkriegszeit die Morde an unzähligen Frauen beging. Auch seine Komplizen und Mitangeklagten Karl Hoffmann und Konrad Schüßler trifft eine enorme Schuld, da auch sie an den bestialischen Taten beteiligt waren.

Fazit und Bewertung:
Ein schwer zu verdauender Roman, der auf Tatsachen beruht und nicht für jeden Leser geeignet ist. Denn Fred Sellin nimmt sich die Ausdrucksweise und die ordinäre Sprache des Serienmörders Pleil in allen ihren Details an, was zum einen sehr authentisch wirkt, zum anderen aber eine enorme Abscheu beim Lesen erzeugt.

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Veröffentlicht am 20.02.2021

Ein vielschichtiger Thriller, der eher ein Krimi ist.

Trauma – Kein Entkommen
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Aus einem Münchener Baggersee wir die Leiche eines unbekannten Mannes gezogen, der unter seltsamen Umständen ertrunken ist. Das jedenfalls meint die Münchener Hauptkommissarin Katja Sand, die alleine mit ...

Aus einem Münchener Baggersee wir die Leiche eines unbekannten Mannes gezogen, der unter seltsamen Umständen ertrunken ist. Das jedenfalls meint die Münchener Hauptkommissarin Katja Sand, die alleine mit ihrer Meinung dasteht. Denn die zuständige Gerichtsmedizinerin findet keine Verletzungen und stuft den Tod als Selbstmord ein und auch ihr Chef Reinhard Kolle wittert kein Verbrechen, lässt sie aber trotzdem mit ihrem Kollegen Rudi Dorfmüller ermitteln. Und schon bald gibt es einen weiteren Toten, der erstickt in einem Kühlschrank sitzt, während eine vielversprechende Spur auf eine Eliteeinheit der Marine verweist. Was ist dort bei einem Einsatz auf hoher See geschehen und wieso wird Katja während der Ermittlungen mit einem düsteren Geheimnis aus der Vergangenheit konfrontiert?

„Trauma - Kein Entkommen“ ist der Auftakt zu einer Trilogie um die Münchener Hauptkommissarin Katja Sand, die hier ihren ersten Fall bestreiten muss. Dabei gerät sie unweigerlich an ihre Grenzen, da sie ein altes Trauma aufzuarbeiten hat und gleichzeitig Probleme mit ihrer pubertierenden Tochter Jenny bekommt. Doch ihr schlagfertiger Kollege Rudi Dorfmüller ist nicht nur ein perfekter Assistent, sondern auch ein guter und einfühlsamer Freund, der ihr in jeder Lage hilfreich zur Seite steht. Ein vielversprechendes neues Team in der deutschen Krimilandschaft, das trotz enormer Probleme von oben und dem Abbruch ihrer unbequemen Ermittlungen nicht aufgeben will. Von ihnen ist Katja die treibende Kraft und weiß, dass sie sich einhundertprozentig auf den oft unscheinbar wirkenden Kollegen Dorfmüller verlassen kann.

Die Ereignisse rund um drei schreckliche Morde werden in chronologischer Reihenfolge erzählt und nur zu Beginn der drei Buchabschnitte gibt es einen Rückblick in die Vergangenheit. In ihnen wird von einem dreijährigen Kind erzählt, das gemeinsam mit seiner Mutter den gewalttätigen Anfeindungen des Vaters ausgesetzt ist und nicht entfliehen kann. Szenen, die nur schwer zu ertragen sind, während sich der Rest des Buches um die angestellten Ermittlungen und um Katjas Privatleben rankt. Diesbezüglich bleibt ihr empathischer Assistent leider im Hintergrund, was sehr schade ist. Auch hätte der Autor hinsichtlich der Spannung noch eine Schippe drauflegen können. Denn wirklich nervenaufreibend wird es erst zum Schluss. Bis dahin wird der Leser mit einer akribisch geführten und wendungsreichen Mordermittlung gut unterhalten und mit einem Fall, der angenehm undurchsichtig ist.

Fazit und Bewertung:
Ein vielschichtiger Thriller, der eher ein Krimi ist und mit einem brisanten Thema und gut geführten Ermittlungen zu überzeugen versteht.

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Veröffentlicht am 07.02.2021

Ein fein gesponnener Thriller mit einem brisanten Thema und leichten Schwächen im Spannungsverlauf

So schweige denn still
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Die investigative Journalistin Gina Kane erhält eine Nachricht, in der es um belastende Anschuldigungen gegen einen großen Nachrichtensender geht. Die Absenderin CRyan hat dort „schreckliche Erfahrungen“ ...

Die investigative Journalistin Gina Kane erhält eine Nachricht, in der es um belastende Anschuldigungen gegen einen großen Nachrichtensender geht. Die Absenderin CRyan hat dort „schreckliche Erfahrungen“ gemacht und soll nach ihren Angaben nicht die Einzige sein. Gina, die eine medienträchtige Story wittert, versucht Kontakt mit ihr aufzunehmen, erreicht aber die unbekannte Schreiberin nicht. Dafür beginnt sie umfangreiche Recherchen anzustellen und erfährt, dass die junge Frau bei einem Jet-Ski-Unfall ums Leben gekommen ist. Ein Zufall zur richtigen Zeit, an den Gina nicht wirklich glauben kann. Deshalb kniet sie sich immer tiefer in ihre Nachforschungen hinein und stößt auf entsetzliche Machenschaften, deren Drahtzieher zu allem entschlossen sind.

„So schweige denn still“ ist ein fein gesponnener Thriller von Mary Higgins Clark, der ein brisantes Thema zum Inhalt hat. Sexuelle Übergriffe auf Frauen am Arbeitsplatz. Mit dem #MeToo werden betroffene Frauen ermutigt, darauf aufmerksam zu machen. CRyan, die im Buch eine tragische Rolle spielt, wählte hingegen eine weniger öffentliche Form und bezahlte ihre Entscheidung mit dem Tod. Eine spannende Geschichte, die Mary Higgins Clark hier in Szene setzt und deshalb fiebert der Leser Seite für Seite mit, ob es gelingt, die Verantwortlichen dingfest zu machen oder ob Macht und Geld wieder einmal stärker ist.

Für den Einstieg in das später immer rasanter werdende Geschehen braucht der Leser ein wenig Geduld. Denn zunächst einmal lernt er die engagierte Journalistin Gina Kane kennen, verfolgt ausgiebig, wie sie für ihre Story recherchiert und welche Rückschläge sie einstecken muss. Dann aber, nachdem ein Rückblick in die Vergangenheit die dubiosen Geschäftsgebaren in dem bekannten Nachrichtensender in allen seinen unschönen Details offenbart, gibt es kein Halten mehr. Ein Verbrechen nach dem anderen wird aufgedeckt, sämtliche Schuldige werden enttarnt und Gina, die einfach nicht locker lassen kann, gerät unweigerlich in Gefahr.

Fazit und Bewertung:
Ein gut geschriebener und mit einem aktuellen Thema daherkommender Thriller, der anfänglich mit Spannungsschwächen zu kämpfen hat, später aber sein volles Potenzial offenbart.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Temporeich mit viel Testosteron und Coolness, aber wenig Realität

Als die Nacht begann
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In Berlin, am Görlitzer Park, gerät ein junges Ehepaar nach dem Besuch einer Tapasbar in einen Bandenkrieg hinein. Er wird durch einen Kopfschuss getötet, sie kann sich in Sicherheit bringen. Eine Biologiestudentin ...

In Berlin, am Görlitzer Park, gerät ein junges Ehepaar nach dem Besuch einer Tapasbar in einen Bandenkrieg hinein. Er wird durch einen Kopfschuss getötet, sie kann sich in Sicherheit bringen. Eine Biologiestudentin wird während ihres Einkaufsbummels auf der Friedrichstraße mit einem Kopfschuss regelrecht hingerichtet. Zwei brutale Morde, die öffentlich verübt worden sind und in keinen Zusammenhang stehen. Jan Tommen von der Kripo Berlin übernimmt die Ermittlungen und steht vor einem Rätsel. Denn auch ein dritter Toter auf einer Parkbank am Tegeler See wurde von einem Heckenschützen niedergestreckt. Und noch immer ist nicht klar, wie die Auswahl der Opfer erfolgt. Ein kniffliger Fall, der Tommens ganze Aufmerksamkeit verlangt und ihn nur wenig Zeit für seine geplante Hochzeit lässt.

„Als die Nacht begann“ ist der siebente Fall für den Berliner Kommissar Jan Tommen, der gemeinsam mit der Gerichtsmedizinerin Zoe und seinem besten Freund Chandu auf die Suche nach einem gefährlichen Heckenschützen geht. Dabei spielen Tommens Kollegen zunächst keine Rolle. Im Gegenteil. Hinter ihrem Rücken wird merkwürdig oft illegal agiert. Zeugen werden mit Waffen bedroht, Beweismaterial verschwindet aus der Asservatenkammer und Gegenstände werden heimlich verwanzt. Auch Dienstbesprechungen oder Abstimmungen zu weiteren Fällen gibt es nicht. Tommen und seine Freunde ermitteln allein und erst ganz zum Schluss, wenn es um die Beschattung von Zeugen und die Ergreifung des Täters geht, kommen weitere Polizeibeamte hinzu. Ein Vorgehen, das wenig mit der Realität zu tun hat und eine große Schwäche des ansonsten fesselnden Thrillers ist.

Dafür aber macht Alexander Hartung mit seinem temporeichen und lebendigen Schreibstil vieles wett. Die Handlung ist enorm wendungsreich, immer wieder tun sich neue Verdachtsmomente auf und auch das Motiv für die brutal verübten Morde ist lange Zeit nicht klar. Interessante Figuren, actionreiche Szenen und knapp gehaltene Dialoge lassen nur so über die Seiten fliegen und eine gute Portion Alltagshumor gibt es obendrauf. Eine gelungene Mischung also, die mit kurz gehaltenen Kapiteln, einem gut durchdachten und abwechslungsreichen Fall und einem ideenreichen Kommissar für nervenaufreibende Unterhaltung sorgt.

Fazit und Bewertung:
Viel Testosteron und Coolness, wenig Realität. So präsentiert sich Tommens neuer Fall, versteht es aber, mit einer komplexen Story und ereignisreichen Ermittlungen und einer rasanten Erzählweise zu fesseln.

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Eine unheilvolle Story, die tief in finstere Abgründe blicken lässt.

Der Bruder
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Die Architekturstudentin Sloane Connolly erhält kurz vor ihrer Abschlussprüfung einen Brief ihrer Mutter, der Schlimmes erahnen lässt. Sofort macht sie sich auf den Weg. Doch es ist zu spät. Maeve O´Connor ...

Die Architekturstudentin Sloane Connolly erhält kurz vor ihrer Abschlussprüfung einen Brief ihrer Mutter, der Schlimmes erahnen lässt. Sofort macht sie sich auf den Weg. Doch es ist zu spät. Maeve O´Connor ist verschwunden und nur ihr verlassenes Auto und die davor stehenden Schuhe an einem Wasserfall zeugen davon, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Zur gleichen Zeit erhält Sloane ein merkwürdiges Angebot. Ein unbekannter Auftraggeber bittet sie, ein Denkmal für sechs verstorbene Menschen zu errichten, die in seinem Leben eine ganz besondere Rolle spielten. Sloane, die anfangs unsicher ist, lässt sich nach einigem Hin und Her auf den lukrativen Auftrag ein. Bald aber stellt sie fest, dass die zu Ehrenden nicht eines natürlichen Todes gestorben sind und sie selbst zum Spielball eines Psychopathen geworden ist.

„Der Bruder“ ist ein raffiniert erdachter Psychothriller, der seine Leser lange Zeit an der Nase herumführt. Bis zur Mitte des Buches glaubt er, dass Sloane einem durchgeknallten Exzentriker zum Opfer gefallen ist, der seine Spinnereien durch sie verwirklichen lassen will. Dann aber entwickelt sich alles anders, als gedacht und Ereignisse aus der Vergangenheit führen dazu, dass ein unberechenbarer Mörder gnadenlos seine Ziele verfolgt. Ein bis zum Schluss spannendes Buch, das allerdings zum Zeitpunkt der Aufdeckung von Maeves früherem Leben seine mystische Wirkung verliert und von einem rätselhaften und geheimnisvollen Roman zu einem fesselnden Thriller mutiert.

Im Mittelpunkt der Handlung steht die junge Architekturstudentin Sloane, die mit dem Verschwinden ihrer Mutter und der Trennung von ihrem unberechenbaren Freund Roger einige Probleme hat. Deshalb denkt sie nicht weiter über das sonderbare Angebot eines Fremden nach und lässt sich viel zu schnell auf die Avancen eines von ihm beauftragten Anwalts ein. Durch Geld und Ruhm geblendet und mit einer zu ihrem jugendlichen Alter passenden Unbekümmertheit rutscht sie in ein gefährliches Unterfangen hinein. Genau diese als sorglos zu bezeichnende Ahnungslosigkeit nutzt John Katzenberg für ein clever inszeniertes Spiel um Gefühle und Macht gnadenlos aus. Mit einem Schreibstil, der über die Seiten fliegen lässt und einem Handlungsverlauf, der nur schwer zu durchschauen ist bietet er dem Leser eine unheilvolle Story, die tief in finstere Abgründe blicken lässt.

Fazit und Bewertung:
Spannende Unterhaltung mit interessanten Wendungen und einem Ende, das so nicht vorherzusehen ist. Für Fans von perfiden Schnitzeljagden und Rachefeldzügen auf jeden Fall ein Lesevergnügen obwohl einige Längen im Handlungsverlauf zu verzeichnen sind.

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