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Veröffentlicht am 08.01.2021

Wenn Zweie eine Reise tun

Miss Bensons Reise
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Mit fast 47 Jahren kommt sich Margery Benson, die zwei Weltkriege miterlebt hat, schon etwas alt vor. Seit zwanzig Jahren unterrichtet sie mehr schlecht als recht Kochen und Hauswirtschaft. Und wieder ...

Mit fast 47 Jahren kommt sich Margery Benson, die zwei Weltkriege miterlebt hat, schon etwas alt vor. Seit zwanzig Jahren unterrichtet sie mehr schlecht als recht Kochen und Hauswirtschaft. Und wieder einmal spotten die Mädchen über ihre ältliche Lehrerin, Diesmal allerdings bringen sie das Fass zum Überlaufen. Margery flieht aus der Schule, nicht ohne ein paar Schuhe mitgehen zu lassen. Jetzt will sie ihren Traum leben und im Herbst 1950 schifft sie sich auf der Orion ein, die nach Brisbane fährt. Mit von der Partie ist Margerys neue Assistentin, die exaltierte Enid Pretty. Gemeinsam wollen sie den bisher nicht nachgewiesenen goldenen Käfer von Neukaledonien suchen.

Auch wenn der zweite Weltkrieg seit fünf Jahren vorüber ist, sind seine Auswirkungen noch deutlich zu spüren. Die Männer sind gezeichnet und die Frauen kaum weniger. Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass eine Frau, die schon beinahe eine alte Jungfer ist, auf die Idee kommt, zu einer Insel im Südpazifik zu reisen, um einen Käfer zu suchen. Ebenfalls ungewöhnlich ist auch ihre Reisebegleiterin. Enids laute und zupackende Art ist zunächst keine Empfehlung. Doch in Ermangelung anderer Möglichkeiten raufen die beiden Frauen sich zusammen und freunden sich schließlich an. Dabei muss besonders Margery über sich hinauswachsen, die mit Abenteuern wie auf Berge klettern oder Auto fahren nie gerechnet hatte.

Zwei Frauen - eine Schicksalsgemeinschaft. Mit warmherzigen und humorvollen Worten schildert die Autorin die Erlebnisse von Margery und Enid. Manchmal sieht man aufgeschreckte Hühner oder Streithühnchen vor sich, häufig aber auch freundlich neugierige Wesen, die sich gegenseitig bestaunen. Tapfer und wacker behaupten sich die Reisegefährtinnen in einer fremden und manchmal befremdlichen Welt, ohne dabei gleich jedes Geheimnis preiszugeben. Und so reißen sie den Leser in den Strom ihrer Geschichte, um ihn durchgewirbelt wieder loszulassen. Vielleicht wird einem nicht jede Krümmung des Handlungsstroms gefallen, aber dennoch überzeugen diese beiden Erforscherinnen einer ihnen unbekannten Welt. Ihr Mut und ihr Enthusiasmus macht Freude. Nie aufgeben scheint die richtige Devise. Und der goldene Käfer? Tja, das muss der geneigte Leser selbst herausfinden.

Veröffentlicht am 05.01.2021

Blond und tot

Das Flüstern der Stadt
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Die seit zwei Jahren verwitwete Mariona wird in ihrer Wohnung ermordet. Im Barcelona der 1950er Jahre kann es geschehen, dass eine polizeiliche Ermittlung von oben gelenkt wird. Der Staatsanwalt bestimmt ...

Die seit zwei Jahren verwitwete Mariona wird in ihrer Wohnung ermordet. Im Barcelona der 1950er Jahre kann es geschehen, dass eine polizeiliche Ermittlung von oben gelenkt wird. Der Staatsanwalt bestimmt den Ermittler Castro als leitenden Beamten. Dieser wiederum möchte, dass die Zeitung in seinem Sinne über den Fall berichtet. Allerdings ist sein üblicher Kontakt erkrankt und so bekommt die junge Journalistin Ana Martí den Auftrag, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Zunächst darf Ana einem Verhör beiwohnen, bei dem ihr gleich klar wird, wie Untersuchungen unter der Franco-Diktatur laufen. Es fehlt nicht viel und Castro hätte ihr den anschließenden Bericht in die Feder diktiert.

Hierbei handelt es sich um den ersten Band einer bisher dreiteiligen Reihe um die Journalistin Ana Martí und ihre Cousine Beatriz, eine Literaturwissenschaftlerin. Beide Frauen sind nicht frei in ihrer Berufsausübung. Dennoch fühlen sich sowohl Ana als auch Beatriz der Wahrheit verpflichtet. Und so erfüllt sich der Wunsch der Polizei, die Berichterstattung zu steuern zwar, aber nicht der Wunsch, dass es Ana damit auch bewenden lässt. Und die journalistische Art, Sachverhalte zu hinterfragen, ist der polizeilichen nicht so unähnlich. Es überrascht daher nicht, dass Ana Hinweise finden, die der Polizei nicht bedeutend genug erschienen.

Eine spannende Stadt in einer spannenden Zeit. Besonders am Anfang macht das Autorinnenduo Rosa Ribas und Sabine Hofmann klar, wie schwierig und eingeschränkt das freiheitliche Leben in der Diktatur war. Im weiteren Verlauf konzentriert sich die Handlung mehr auf die Nachforschungen der gewitzten Reporterin und ihrer vielleicht etwas phlegmatischen, aber keineswegs dummen Cousine. Mit einfachen Mitteln und ihrer Hartnäckigkeit lassen sie sich einfach nicht einbremsen. Da fallen die obrigkeitshörigen Polizisten doch ab. Dieser Kriminalroman gibt einen packenden Eindruck vom Spanien unter Franco, fokussiert sich aber letztlich auf den verzwickten Fall mit einer überraschenden Auflösung.

Veröffentlicht am 03.01.2021

Nie vergessen

Böses Blut
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Viel zu selten besucht Cormoran Strike seine Familie in Cornwall, doch nun hat er es wieder einmal geschafft. Hier spricht ihn eine Frau an, deren Mutter seit ungefähr vierzig Jahren verschwunden ist. ...

Viel zu selten besucht Cormoran Strike seine Familie in Cornwall, doch nun hat er es wieder einmal geschafft. Hier spricht ihn eine Frau an, deren Mutter seit ungefähr vierzig Jahren verschwunden ist. Die Ärztin hatte die Gemeinschaftspraxis damals als Letze verlassen und nicht bei einem Treffen mit einer Freundin angekommen. Für Strike und seine Geschäftspartnerin Robin Ellacot bildet dieser Fall eine ganz besondere Herausforderung. Noch nie haben sie sich mit einem Cold Case befasst. Kann es nach so langer Zeit überhaupt noch eine Lösung geben? Ihre Auftraggeberin gibt den Privatdetektiven ein Jahr Zeit.

Inzwischen sind Cormoran Strike und Robin Ellacot bei ihrem fünften Fall angelangt. Und dieser scheint wirklich unlösbar. Natürlich sind zwölf Monate ein langer Zeitraum, aber wenn Zeugen nicht mehr aufzufinden oder inzwischen verstorben sind oder auch einfach nicht mit den Detektiven reden wollen, dann kann ein Jahr recht schnell vergehen. Zumal Robin mit ihrer Scheidung Probleme hat, weil ihr Ex noch das Meiste aus der Vereinbarung herausschlagen will, und auch Strike muss im Privatleben mit Begebenheiten klar kommen, die nicht leicht zu nehmen sind. Und dieser Fall ist nicht die einzige Untersuchung der nunmehr auf etliche Mitarbeiter angewachsenen Kanzlei, wobei einer der Freien beginnt, Robin schöne Augen zu machen.

Ein Cold Case ist erstmal ein interessanter Ansatz, man ist neugierig, ob ein frischer Blick auf einen alten Sachverhalt tatsächlich noch etwas Neues hervorbringen kann. Die akribischen Ermittlungen und der Alltag in der Detektei sind detailliert geschildert, was bei einem Buch von knapp 1.200 Seiten mal etwas ausufern kann. Man bleibt aber immer neugierig, auch weil die Autorin lange offen lässt, ob es den Ermittlern gelingt etwas zu entdecken. Und natürlich fiebert man mit, wie sich die zur Zeit nur geschäftliche Partnerschaft zwischen Strike und Ellacot entwickelt. Wie einige der Bekannten der beiden Detektive wünscht man sich, dass sich da etwas entwickelt und man kann sich herrlich daran aufreiben, wenn es nicht so läuft. Dieser Fall von Robin Ellacot und Cormoran Strke ist sehr gelungen und lässt genug offen, um sich auf das nächste Rätsel zu freuen.

Veröffentlicht am 01.01.2021

Die neue Stelle

Grenzfall - Der Tod in ihren Augen
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Oberkommissarin Alexa Jahn hat gerade erst ihre Stelle in Weilheim angetreten. Eigentlich hat sie noch nicht einmal richtig ausgepackt, da wird ein verlassener Rucksack gefunden. Fieberhaft wird nach der ...

Oberkommissarin Alexa Jahn hat gerade erst ihre Stelle in Weilheim angetreten. Eigentlich hat sie noch nicht einmal richtig ausgepackt, da wird ein verlassener Rucksack gefunden. Fieberhaft wird nach der oder dem Besitzer gesucht. Kurz darauf wird eine leblose Person in einer Bergwand gefunden. Schnell stellt sich heraus, dass die junge Frau umgebracht wurde. Während der weiteren Ermittlungen hat Alexas neuer Chef einen Unfall, der ihn ins Krankenhaus bringt. Überraschend überträgt er seinem neuen Teammitglied die kommissarische Leitung. Als weitere Leichenteil auftauchen ist Alexa klar, dass ihr erster Fall kein leichter wird.

Bei diesem Romangeschehen handelt es sich um den ersten Fall von Alexa Jahn und ihrem österreichischem Kollegen Bernhard Krammer. Teile der Erkenntnisse in der Ermittlung weisen nach Österreich. Zudem kann Alexa die Unterstützung ihres älteren Kollegen gut gebrauchen, denn ihre eigentlichen Kollegen haben es noch nicht so mit der Zusammenarbeit. Einer aus ihren eigenen Reihen hätte die Leitung übernehmen sollen. Und so erhält Alexa nicht immer alle Informationen und ihre Anweisungen werden nicht unbedingt als solche erkannt. Auch die Untersuchung verläuft schleppend, weil die Verstorbene ein Leben führte, in dem sie einfach nirgends aneckte und sich somit auch kein Motiv ergibt.

Besonders zu Beginn ist dieser Kriminalroman wirklich fesselnd. Eine junge Kommissarin erstmalig in leitender Position mit all den damit verbundenen Schwierigkeiten. Ein Team, das nicht mitzieht und noch ein Kollege aus einem zweiten Bezirk, was die Koordinierung auch nicht einfacher macht. Dazu ein rätselhafter Fall, der einem einen Schauer über den Rücken jagen kann. Nur kann man den Eindruck gewinnen, dass sich der Beginn etwas zu lange hinzieht während der Schluss dem Geheimnis nicht ganz standhält. Dennoch bietet dieser erste Fall eine spannende Lektüre, während derer man sich mit einem sympathischen Ermittler-Team anfreunden kann. So wie Alexa in Weilheim ankommt, kommt man auch in diesem Krimi an.

Veröffentlicht am 31.12.2020

Till we meet again

Wir träumten von Kuba
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November 2016: Endlich ist Fidel Castro tot. Beatriz Perez, deren Familie im Rahmen der Revolution aus Kuba fliehen musste, ist froh und erleichtert. Sie erinnert sich an ihre Ankunft in Florida. Immer ...

November 2016: Endlich ist Fidel Castro tot. Beatriz Perez, deren Familie im Rahmen der Revolution aus Kuba fliehen musste, ist froh und erleichtert. Sie erinnert sich an ihre Ankunft in Florida. Immer wollte sie den Tod ihres Bruders rächen, Castros Leute waren Schuld daran, obwohl der Bruder doch auch gegen Batista war. Die Familie Perez möchte in Florida ähnlich weitermachen wie in Kuba, besonders der Vater möchte seinen Töchtern eine gesicherte Zukunft bieten. In der Saison 1960 gehören die Perez’ nur am Rande zur Gesellschaft, aber auch sie bei einigen Feiern dabei. Und Beatriz erlebt die Party ihres Lebens.

Beatriz Perez ist hin und hergerissen zwischen ihrer großen Liebe zu einem Amerikaner und der Verpflichtung, die sie ihrem Herkunftsland gegenüber empfindet. Beatriz ist eine Frau, die ihrer Zeit voraus ist. Sie will nicht nur als Anhängsel einer Familie oder eines Ehemannes gesehen werden. Sie will selbst etwas erreichen. Ihr Geliebter hat da traditionellere Vorstellungen, was ihre Beziehung nicht einfacher macht. Irgendwann muss Beatriz sich entscheiden. Doch in den frühen 1960er Jahren ist der Konflikt zwischen Amerika und Kuba immer präsent. Ein Jugendfreund von Beatriz hat inzwischen Kontakt zum Geheimdienst. Wird damit der Weg zu ihrem großen Ziel bereitet?

Mit diesem zweiten Roman über die Familie Perez, die aus Kuba flüchten und sich in Amerika zurechtfinden musste, versteht es die Autorin ihre Leser zu fesseln. Beatriz’ Geschichte hat etwas ganz eigenes. Sie ist sehr modern, was ihr Probleme mit der Familie einbringt. Sie ist mutig, was sie in Gefahr bringt, und sie kann warten, bis Castro stirbt. Kuba und Amerika, so nah und doch so fern. Weniger als 200 km liegen in der kürzesten Strecke zwischen den beiden Ländern und doch könnten sie kaum weiter weg sein. Die beiden unterschiedlichen Systeme stehen sich diametral gegenüber. Man kann einiges über die Geschichte erfahren, die die Länder trennt und doch verbindet. Dazu kommt eine emotionale Liebesgeschichte, die einen berührt. Ein sehr schöner zeitgeschichtlicher Roman, den man gerne verfilmt sehen möchte.