Profilbild von frenx

frenx

Lesejury Star
online

frenx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit frenx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2021

Auf der Suche nach der Herkunft von 80 Millionen Euro...

Wisting und der fensterlose Raum
0

Kommissar Wisting ist im zweiten Band der Wisting-Reihe mit einem heiklen Fall betraut: Jørn Lier Horst lässt seinen Kommissar die Herkunft von 80 Millionen Euro untersuchen, die bei einem Politiker gefunden ...

Kommissar Wisting ist im zweiten Band der Wisting-Reihe mit einem heiklen Fall betraut: Jørn Lier Horst lässt seinen Kommissar die Herkunft von 80 Millionen Euro untersuchen, die bei einem Politiker gefunden wurden. Versteckt waren sie – und damit ist der etwas merkwürdige Titel des Kriminalromans „Wisting und der fensterlose Raum“ gelöst – in einem fensterlosen Raum des Ferienhauses.

Dass das Geld nach dem – natürlichen – Tod des Politikers gefunden wird, macht das Ermitteln nicht einfacher. Bald schon wird klar, dass das Geld aus einem Überfall stammt, der schon einige Jahre zurückliegt. Und bald schon stellt sich die Frage, was der Fall mit einem Angler, der am Tag des Überfalls verschwunden ist, zu tun hat.

In die Ermittlungsarbeiten mit einbezogen ist Wistings Tochter Line, eine Journalistin. Ihre Aufgabe ist es, das Umfeld des verstorbenen Spitzenpolitikers unter die Lupe zu nehmen. Dass ihr Vater ein Ermittlungsteam zusammenstellt, führt allerdings dazu, dass das Ermitteln eher langsam vorwärtsgeht. Jeder darf mal eine Spur verfolgen, jeder seine Ergebnisse präsentieren. Anfangs wirkt das Buch dadurch doch ein wenig zäh. Dieser Eindruck verflüchtigt sich allerdings, je weiter die Handlung vorangeht. Dann sorgen auch die häufigen Perspektivwechsel für Spannung, da Ermittlungsschritte unterbrochen werden.

Mir kam der Showdown am Schluss aufgrund der ansonsten eher bedächtigen Ermittlungsschritte fast wie ein Fremdkörper vor. Verwundert hat mich auch, mit welcher Selbstverständlichkeit Personen als Lockvögel verwendet werden, ohne dass ihre mögliche Gefährdung überhaupt diskutiert wird. Ein videoüberwachter Raum scheint jegliche Bedenken zu zerstreuen. Auch dass Wisting über seine Tochter Informationen an die Presse geben lässt, um die Karriere eines Politikers zu beenden, dem Wisting direkt keine Schuld nachweisen kann, überrascht doch. Hier hätte man doch etwas mehr über die Beweggründe Wistings erfahren. Aber es bleiben ja weitere Bände um Kommissar Wisting, die dies nachholen können.

Fazit: Jørn Lier Horsts „Wisting und der fensterlose Raum“ ist ein Krimi, der erst nach und nach an Fahrt gewinnt, dann aber sein Spannungspotenzial voll entfaltet.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.01.2021

Brüche im Leben

Wenn es dunkel wird
0

Menschen, die in ihrem Leben etwas begegnet, das sie dann aus der Bahn wirft: das ist das wiederkehrende Thema in Peter Stamms neuem Erzählband „Wenn es dunkel wird„. Elf Erzählungen sind in dem kleinen ...

Menschen, die in ihrem Leben etwas begegnet, das sie dann aus der Bahn wirft: das ist das wiederkehrende Thema in Peter Stamms neuem Erzählband „Wenn es dunkel wird„. Elf Erzählungen sind in dem kleinen Bändchen versammelt.

Elf Erzählungen, die rund um unfreiwillige Brüche im Leben kreisen, hinter all denen sich aber letztlich doch der unausgesprochene Wunsch verbirgt, dass sich etwas im Leben ändern müsse. „Er selbst schien für dieses Leben verloren zu sein“, heißt es etwa in der ersten Erzählung, die von einem Lehrling handelt, der sich monatelang auf einen Banküberfall vorbereitet.

Viele der Erzählungen macht aus, dass ihr Ende offen bleibt. Wird der Lehrling die Bank überfallen? Kommt es tatsächlich zum Tête-à-tête zwischen Angestellter und Chef – oder ist es nur ein Wunschdenken, das zu dem äußerst schnulzigen Ende der Geschichte führt? Wer ist überhaupt real in der Geschichte „Wenn es dunkel wird“ ?

Für meinen Geschmack sind dabei manche der Geschichten etwas arg kitschig geraten oder schrammt gerade so mithilfe der Mehrdeutigkeit am Schnulzigen vorbei. So etwa die „Frau im grünen Mantel“, aber auch „Sabrina“, die sich immer mehr mit einem Kunstwerk identifiziert, das sie selbst darstellt, und – allen voran – „Der erste Schnee“, eine grausig schnulzige Geschichte um „das schönste Weihnachtsgeschenk, das Georg mir jemals gemacht hat“. Naja.

Mein Favorit ist die Geschichte „Supermond“, in der ein Angestellter, der kurz vor der Pensionierung steht, sich immer überflüssiger fühlt und nicht nur unsichtbar wird, sondern auch langsam verschwindet. Hier zieht Peter Stamm das Absurd-Groteske von Anfang an durch, wo es sonst nur Teil einer Geschichte ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.01.2021

Anspruchsvolle theologische Texte für jeden Tag des Jahres

Ein Jahr mit C. S. Lewis
0

Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, den Tag mit einem besinnlicheren Moment ausklingen zu lassen. Daher war ich ganz erfreut, als ich C.S. Lewis als Jahresbegleiter entdeckte: "Ein Jahr mit C.S. ...

Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, den Tag mit einem besinnlicheren Moment ausklingen zu lassen. Daher war ich ganz erfreut, als ich C.S. Lewis als Jahresbegleiter entdeckte: "Ein Jahr mit C.S. Lewis" - Texte aus seinen Werken zu jedem Tag des Jahres. Das Buch, das bereits 2003 erschienen ist, wurde nun von Gerth-Medien in einer neuen Ausgabe herausgebracht. 

Wer sich von dem Verfasser der "Chroniken von Narnia" leichte Kost verspricht, der wird mit dem Buch eines anderen belehrt: Lewis war von Beruf Wissenschaftler - seinen Texten merkt man es an. Und so findet man in dem Lesebuch zwischendurch auch leicht zu lesende Texte, aber auch allerhand schwere Kost, wo es mehr als eine Tasse Kaffee braucht, bis man verstanden hat, was Lewis sagen will. Beim Lesen hatte ich oft den Eindruck, dass mir der Zusammenhang des Gesagten fehlt, auch wenn in der Regel mehrere Auszüge hintereinander aus dem gleichen Buch von Lewis stammen. 

Vermisst habe ich auch eine Einleitung oder ein Nachwort, in dem erklärt wird, in welcher Logik die Texte ausgewählt wurden, nach welcher Absicht sie in ihre Reihenfolge gebracht wurden. Hier wäre es gut gewesen, wenn man als Leser sich vor der Lektüre der einzelnen Tage einen groben Überblick verschaffen hätte können, was ihn im Laufe des Jahres erwartet.

Schade finde ich, dass kein Auszug aus den "Chroniken von Narnia" verwendet wurde - in den Büchern sind ja viele christliche Motive aufgegriffen. Aber vielleicht hätte das gar nicht zu dem Andachtsbuch gepasst. Denn Lewis erweist sich hier als niemand, der zum Nachdenken einlädt, sondern als einer, der etwas aufzeigen will, dem es um Erkenntnis geht. 

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 28.12.2019

Sträter-Texte aus den letzten drei Jahren

Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein
0

Was Torsten Sträter ausmacht, ist sein Understatement. Belangloses wird aufgegriffen, ausgeweitet, verformt und es entsteht eine zumeist grotesk anmutende Geschichte. Auch in seinem neuen Buch ...

Was Torsten Sträter ausmacht, ist sein Understatement. Belangloses wird aufgegriffen, ausgeweitet, verformt und es entsteht eine zumeist grotesk anmutende Geschichte. Auch in seinem neuen Buch „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ schreibt Torsten Sträter so seine Texte.

So ist das, was Torsten Sträter hier präsentiert, ein Konglomerat aus einerseits billigem momenthaftem Klamauk und andererseits witzigen Einfällen, aus denen echte Geschichten werden. Die Geschichten aus seiner Kindheit, die sich langsam entwickeln, gehören zu stärksten Texten des Buches. Auch Anspielungen zwischen den Texten sind hier zu finden. Allerdings nur dort, wo sie aus einer Feder sind, sprich aus dem gleichen Bühnenprogramm stammen.

Die bunte Mischung, die in „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ zu finden ist, bringt mit sich, dass jeder hier etwas finden kann, das ihm gefällt. Von den fantasievollen Beschreibungen unerklärlicher Gegenstände aus der Fernsehsendung „Sträters Männerhaushalt“ über die Pressesprecher-Texte aus „extra 3“ bis hin zu den erzählenden Texten wie „Omma“.

Ein großer Wurf ist das Buch keinesfalls. Dafür ist es zum einen zu sehr Sammelsurium, zum anderen sind auch zu viele schlechte Texte zu finden. Bei den Pressesprecher-Texten fehlt oft der eine rote Faden – um billiger Gags willen wird eine inhaltlich klare Linie aufgegeben. Andere Texte sind einfach inhaltlich schlecht wie etwa „Plastikmüll“, wo ein ernstes Thema wenig gekonnt aufgegriffen wird. Es scheint so, dass Sträter inhaltliche Positionierungen auf Teufel komm raus vermeiden will. Da hilft auch Sträters sprachliche Virtuosität nicht weiter.

Andere Bücher von Sträter haben mir besser gefallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.10.2019

Originelles Figuren-Panorama, spröder Schreibstil

Das Schöne, Schäbige, Schwankende
0

„Romangeschichten“ nennt Brigitte Kronauer die Texte, die sie in ihrem Band „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ versammelt hat. Der Grund ist nicht darin zu finden, dass Kronauer sich eines parlierenden ...

„Romangeschichten“ nennt Brigitte Kronauer die Texte, die sie in ihrem Band „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ versammelt hat. Der Grund ist nicht darin zu finden, dass Kronauer sich eines parlierenden Erzählstils bedient hätte, sondern vielmehr darin, dass es eine Rahmenhandlung gibt, die den Großteil der Texte lose miteinander verbindet. Ihr Buch als Roman zu bezeichnen, würde es nicht korrekt charakterisieren. Die Geschichten, die sie schreibt, entwickeln ein umfangreiches Eigenleben, einen thematischen roten Faden sucht man vergebens.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: eine Schriftstellerin zieht sich ins Haus eines Bekannten zurück, um ihr Buch fertigzustellen. Doch im Haus des Ornithologen drängen sich ihr ganz andere Geschichten auf. Nach und nach findet sie in ihren Mitmenschen Eigenarten der Vögel wieder. Und so entstehen 39 kleine Porträts über Menschen, die die Schriftstellerin an Vögel erinnern. An eine zerfledderte Krähe etwa oder an ein munteres Spatzenmännchen.

Die Erzählweise der Geschichten lässt sich am ehesten als nüchtern und zurückhaltend beschreiben. Der personale Erzähler bzw. die personale Erzählerin gibt nie mehr preis als nötig, wertet kaum, sondern stellt lieber dar. So wirken die Geschichten wie Kurzgeschichten, die allerdings teilweise einen etwas längeren Zeitraum in den Blick nehmen. Zumeist steht das Schicksal der Personen im Vordergrund, allzu viel wird an Menschelndem auch nicht ausgelassen, bis hin zum Inzest reicht das Schicksal.

Manchen der Geschichten gelingt es, den Leser zu fesseln, besonders dann wenn sie etwas komplexer strukturiert sind und überraschende Wendungen bieten. Zum Teil verliert sich allerdings der Reiz der Geschichten, der durch originelle Charaktere durchaus vorhanden ist, im Laufe der Handlung durch den nüchtern darstellenden Schreibstil. Das originelle Panorama der Personen – die alternde Sängerin, die Diva, der verliebte Mechatroniker, die verlassene Frau – widerspricht dem eher beschreibenden Erzählstil.

So interessant manche der Geschichten auch komponiert waren: mit dem Erzählstil der Geschichten konnte ich mich nur bedingt anfreunden.