Starkes Buch!
Meine Meinung: Nicht nur das schöne Cover hat mich wie magisch an diesem Buch angezogen. Auch das Thema ist so unglaublich interessant. Ich studiere Linguistik im Nebenfach und bin so schon häufiger mit ...
Meine Meinung: Nicht nur das schöne Cover hat mich wie magisch an diesem Buch angezogen. Auch das Thema ist so unglaublich interessant. Ich studiere Linguistik im Nebenfach und bin so schon häufiger mit dem Thema Aphasie und Sprachstörung in Kontakt geraten. Es ist so vielschichtig und komplex, denn jeder Fall von Aphasie ist unterschiedlich und man kann so viel entdecken. Gleichzeitig ist es allerdings auch sehr schwer sich solch eine Krankheit vorzustellen. Schwer begreiflich ist die Ohnmacht sich nicht mitteilen zu können oder zu verstehen. Deshalb habe ich mich so gefreut, Nicole Boyle Rodtnes‘ neues Buch zu lesen, denn die Protagonistin Vega muss Tag für Tag mit diesem Problem klarkommen.
Erst hatte ich so meine Bedenken, denn das Buch ist mit seinen 250 Seiten doch sehr dünn und ich fragte mich, ob das Thema auf diesen Seiten überhaupt angemessen Platz findet. Doch das tut es! Sofort taucht man ein in das Leben und die Gefühlswelt von Vega und kann sich schon nach wenigen Seiten vorstellen, wie es ist, mit einer Aphasie zu leben. Nicht nur das Alltagsleben, wie zum Beispiel der Gang zum Bäcker etc. sind beinahe unmöglich sondern auch in familiärer und sozialer Hinsicht ändert sich vieles für Vega und nebenher hat sie nicht nur mit der Aphasie zu tun sondern auch mit Blackouts und der quälenden Frage, ob hinter ihrem Sturz mehr steckt, als nur ein Unfall. Dadurch verbindet Frau Rodtnes gleich zwei Sachen: eine Menge Spannung und einen vielschichtigen Konflikt, bei dem vieles zum Nachdenken anregt. Das macht das Buch so fesselnd und gleichzeitig sehr lesenswert und wertvoll.
Ich möchte in dieser Rezension gar nicht viel über die Charaktere, Schreibstil und Umsetzung reden. Denn das hat die Autorin mehr als gut gemeistert. Man liest diese Wörter, Zeilen, Sätze, Seiten und muss sich mehr als einmal vor Augen führen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die mit Aphasien zu kämpfen haben. Wenn man nicht gerade einen Bekannten in seinem Umkreis hat, der an einem solchen Problem leidet, dann ist es unvorstellbar, wie sich das Miteinander gestaltet. Nicole Boyle Rodtnes startet allerdings einen Versuch, dieses Miteinander den Lesern näherzubringen. Angetrieben aus einem eigenen Fall in ihrem Bekanntenkreis. Dies merkt man diesem Buch auch an. Es ist sehr gut recherchiert, sehr glaubwürdig und all das verbindet sie mit einer unglaublichen Wortgewalt. Ich wünsche mir noch mehr Bücher dieser Art, Bücher, die uns Alltägliches hinterfragen lassen. Diese sind so selten, wie ein vierblättriges Kleeblatt auf einer Wiese und sollten viel häufiger einen Platz in unseren Herzen finden.
Bewertung: Wie das Licht von einem erloschenen Stern überzeugt gleichzeitig durch Spannung und einen Konflikt, sowie ein vielschichtiges und selten beleuchtetes Thema, das uns unser eigenes Leben und die Selbstverständlichkeit, mit der wir mit Sprache umgehen, hinterfragen lässt. Auf wenigen Seiten schafft die Autorin es, uns mit den Charakteren mitfühlen zu lassen und schafft ein Buch, an dem sich viele Autoren ein Beispiel nehmen können. Wortgewaltig und stark hat es mich gefangen genommen und mich das Gelesene noch lange reflektieren lassen.