Der 15-Jährige Benjamin, auch Jamie genannt, muss sich in Berlin bei seinem alleinerziehenden Vater ein neues Leben aufbauen. Sein 17jähriger Bruder Dominik – Nick- hat an ihrer ehemaligen Schule einen Amoklauf verübt. Dabei hat er insgesamt 17 Menschen das Leben genommen, bevor er von einer Polizeikugel tödlich verwundet worden ist. Wie geht es der Familie eines Täters? Was muss sie durchleiden? Ist es möglich sich ein Leben nach der Tat aufzubauen und wenn ja, wie? Das sind die Fragen, die sich durch dieses Buch ziehen.
Benjamin ist ein smarter Junge, der sowohl in der Schule als auch in seiner Freizeit durchweg als erfolgreich ist bezeichnen ist. Er hat gute Noten, viele Freunde, mit seiner Band erzielt er erste Erfolge und auch sonst läuft für ihn alles bestens. Ganz anders sieht dies bei seinem Bruder aus. Dominik hat keine Freunde, verbringt den Großteil seiner Freizeit am PC und auch in der Schule hat er Schwierigkeiten. Die Trennung der Eltern geht an keinem der beiden spurlos vorbei, allerdings hat Benjamin vieles was ihm über die schweren Zeiten hilft, Dominik hingegen hat nichts, außer seinem Bruder, der vergeblich versucht ihm zu helfen. Er versucht Nick für Mädchen zu interessieren und zeigt einfach Interesse an seinem Bruder. Dieser weiß dies allerdings nur wenig bis gar nicht zu schätzen.
Nach der Tat wird die Familie von der Presse, dem wütenden Mob vor der Haustür und der Frage nach dem Warum gequält. Die Familie wird von allen Außenstehenden nicht als Opfer, sondern mehr als Täter angesehen. Dies trifft im Besonderen für die Presse zu, die sich auf die Familie stürzt. Benjamin erfährt von seiner Mutter in diesen schweren Stunden kaum Unterstützung. Gegen seinen Willen möchte sie ihn einfach mit zu ihrem neuen Lebensgefährten nehmen, um nicht auch ihn noch zu verlieren. Durch Dominiks Tat hat sich Benjamins Leben grundlegend verändert. Er zieht vom Dorf nach Berlin zu seinem Vater und muss sich dort ein neues Leben aufbauen. Er hat nun keine Freunde, keine Band oder ähnliches. Auch ist er nicht mehr so aufgeschlossen, denn er befürchtet als Bruder eines Amokläufers enttarnt zu werden. Erst allmählich öffnet er sich und findet neue, verlässliche Freunde und eine Band, sodass er sich öffnen kann.
Fazit: Es ist kein blutrünstiger Roman, wie man vielleicht -zumindest an gewissen Stellen- vermuten könnte, was ich persönlich sehr gut fand. Ebenfalls gelungen ist es aus Benjamins Sichtweise sowohl die Vergangenheit, als auch die Gegenwart zu schildern. So erhält man tiefgehende Einblicke vor und nach der Tat. Die kurzen Kapitel, die je einen Teil Gegenwart und einen Teil Vergangenheit schildern, laden ein, immer noch schnell ein Kapitel hinterher zu schieben ;) Kritisch habe ich die kurze Erholungszeit Benjamins gesehen. Kann mir nicht vorstellen, dass man innerhalb weniger Monate einen solchen Schock verarbeitet haben kann. Teilweise bedient sich der Autor an Klischees. Besonders deutlich wird das bei Dominik blutrünstigen PC Spielen und der Dauer, die er ohne irgendwelchen Ausgleich am PC verbringt. Außerdem konnte durch Benjamins Erzählungen die Sicht seines Bruders, seine wahren Beweggründe nicht so gut dargestellt werden, aber es geht auch mehr um die Opferperspektive und hier erfährt man sehr viel. Die Gefühle im Widerstreit, denn einerseits liebt er seinen Bruder, andererseits hasst er ihn für seine Tat. Benjamins Ängste werden gut und nachvollziehbar dargestellt, also insgesamt ein tolles Buch sowohl für Jugendliche, als auch für Erwachsene, welches zum Nachdenken anregt.