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Veröffentlicht am 21.02.2021

Leichtigkeit und Tiefe

Die Mitternachtsbibliothek
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Matt Haigs Bücher gehen mir jedesmal nahe, aber für die Mitternachtsbibliothek trifft das in besonderem Maße zu. Da ich dem Autor auf Facebook folge, ist mir bekannt, dass er selbst in seinem Leben schwer ...

Matt Haigs Bücher gehen mir jedesmal nahe, aber für die Mitternachtsbibliothek trifft das in besonderem Maße zu. Da ich dem Autor auf Facebook folge, ist mir bekannt, dass er selbst in seinem Leben schwer unter Depressionen gelitten hat. Er weiß also wirklich, wovon er schreibt, als er seine Protagonistin Nora Seed sich das Leben nehmen lässt.

Nora hat das Gefühl, dass ihr Leben nur aus Bereuen besteht. Trotz all ihrer Chancen als Musikerin, Leistungssportlerin, Verlobte usw. hat sie es ihrer Meinung nach nicht geschafft, etwas aus ihrem Leben zu machen. Ihr Bruder kann sie nicht leiden, ihre Verlobung hat sie beendet, sie verliert ihren Job, und als dann auch noch ihr geliebter Kater stirbt, ist es genug. Doch Nora stirbt nicht. Gefangen zwischen Leben und Tod, findet sie sich in der geheimnisvollen Mitternachtsbibliothek wieder. Und jedes Buch bietet die Chance, einen anderem Lebensweg auszuprobieren, zu erfahren, was geschehen wäre, wenn sie damals nicht aus ihrer Band ausgestiegen wäre, ihre Beziehung aufrecht erhalten hätte oder tatsächlich ihrem Traum gefolgt wäre, olympische Schwimmerin zu werden. Für ein perfektes Leben soll sie sich sogar entscheiden können. Aber kann ein Leben tatsächlich perfekt sein, wenn man sich nur zu Gast fühlt? Denn zunächst muss Nora sich zurecht finden, ohne die jeweilige Vergangenheit zu kennen. "Jeder Satz war wie ein Tier, das einem vors Auto lief."
Matt Haig gelingt es, zahlreiche Lebensausflüge ohne jede Längen zu schildern. Mein Buch wimmelt vor Klebezettelchen, denn immer wieder bin ich auf Sätze gestoßen, die mich wirklich berührt haben. "Was ich sagen will, es wäre alles viel einfacher, wenn wir begreifen würden, dass es keine Lebensweise gibt, die gegen Traurigkeit immun macht. Und dass Traurigkeit untrennbar mit Glück verwoben ist. Man kann das eine nicht ohne das andere haben..." Weise Worte, die dennoch fast federleicht daherkommen. Dieses gelungene Mischung aus Leichtigkeit und Tiefe beherrscht Matt Haig wahrlich virtuos.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Wunsch oder Fluch

Das Reich der Schatten, Band 1: Her Wish So Dark (High Romantasy von der SPIEGEL-Bestsellerautorin von "One True Queen")
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Mit diesem Buch hat es Jennifer Benkau endgültig geschafft, zu meinen liebsten Fantasy-Autorinnen zu gehören. Die One True Queen-Dilogie hatte mir bereits gefallen. Hier kehren wir nun in die Welt von ...

Mit diesem Buch hat es Jennifer Benkau endgültig geschafft, zu meinen liebsten Fantasy-Autorinnen zu gehören. Die One True Queen-Dilogie hatte mir bereits gefallen. Hier kehren wir nun in die Welt von Nemija zurück. Gleichzeitig ist es der Autorin gelungen, sich nach meinem Gefühl noch weiter zu steigern. Schon lange habe ich bei keinem Buch mehr derartig mitgefiebert wie mit der verstoßenen Königstochter Laire und ihrem früheren Geliebten Alaric. Begeistert hat mich auch das Daemareich, ein äußerst düsterer Teil von Nemija, bevölkert von dämonenartigen Wesen, den Daema, Verfluchten und dem dunklen Daema-Lord. Hier landen Menschen, wenn sie von anderen verflucht werden. Werden sie nicht erlöst, werden sie selbst zu Daema. Doch es gibt noch eine Chance, sie vom Daema-Lord zurückzuverlangen, allerdings unter märchenhaft strengen Regeln. Wer sich auf diese Reise macht, riskiert sein eigenen Schicksal.

Dennoch macht sich Laire auf, ihren Verlobten Desmond aus den Fängen des Daema-Lord zu befreien. Wer Desmond verflucht hat und warum, bleibt lange ein Rätsel und hat mich schließlich einmal wirklich überrascht. Laire und ihren Freunden Vika und Jero schließt sich ausgerechnet Alaric an, der einst Laire unter mysteriösen Umständen das Herz gebrochen hat. Alaric trägt schwer an eigenen Plänen und Zaubern. Kann Laire ihm dennoch trauen? Und das im Daemareich, in dem Wünsche Wirklichkeit werden können und Fluch oder Wunsch manchmal kaum zu unterscheiden sind...

"Sorg dich nicht", sagte Jero schlicht. "Achte auf deine Ängste, damit sie nicht wie Wünsche klingen."

Ich gehöre nicht zu den euphorischen Rezensenten, die das inflatiönär schreiben, aber hier muss ich es auch einmal tun: Ich liebe das Buch! Alaric und Laire sind mir ans Herz gewachsen und ich kann den zweiten Teil kaum erwartet. Das Ende, das natürlich mit einem atemberaubenden Cliffhanger aufwartet, habe ich ausnahmsweise einmal nicht voraussehen können. Dass Jennifer Benkau auch düstere Welten und gebrochene Helden so wunderbar atmosphärisch dicht zu schildern vermag, hätte ich nicht vermutet. Bitte viel mehr davon!

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Veröffentlicht am 17.01.2021

Wildstern

Elchtage
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Was für eine wunderbare schwedische Coming-of-age Geschichte! Sie hat mir auch als Erwachsene großen Spaß gemacht. Hauptprotagonistin Johanna ist ein patentes tierliebes Mädchen, das ich von Anfang an ...

Was für eine wunderbare schwedische Coming-of-age Geschichte! Sie hat mir auch als Erwachsene großen Spaß gemacht. Hauptprotagonistin Johanna ist ein patentes tierliebes Mädchen, das ich von Anfang an gern hatte. Ihrer besten Freundin Sandra ist sie allerdings nach den Sommerferien plötzlich nicht mehr interessant genug. Sandra verbringt ihre Zeit jetzt lieber mit den beliebtesten Mädchen der Klasse, interessiert sich für Jungs und Klamotten. Johanna dagegen ist immer noch am liebsten in der gemeinsamen Hütte im Wald.
Als eines Tages dort zwei Hirschkühe auftauchen und eine der beiden, die Johanna wegen ihrer Zeichnung Wildstern nennt, sich als gar nicht so scheu erweist, beginnt sich Johanna für die Tiere zu interessieren. Kann man sie wirklich sogar reiten, wie es in einem Bibliotheksbuch abgebildet ist? Ehe Johanna sich versieht, ist sie mitten drin in einem Abenteuer um die Elche, Elchfänger und Jäger, Naturschutz und den geheimnisvollen Jungen Six. Seit sie ihn getroffen hat, beginnt Johanna auf einmal zu verstehen, warum sich die anderen Mädchen für einen Jungen interessieren. Und ist es manchmal vielleicht gar nicht so schlecht, wenn Dinge sich ändern?
Das Buch hat mich wirklich begeistert. Jeder, der sich noch gut an die Tücken der Schulzeit und der ersten Liebe erinnern kann oder Tiere mag, ist hier gut aufgehoben. Nicht nur Johanna, auch die Nebencharaktere sind plastisch ausgearbeitet. Auch der Herbstwald hat mir als Setting gut gefallen und wurde atmosphärisch geschildert. Gerne mehr davon!

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Veröffentlicht am 03.01.2021

Perfekte Komposition

Böses Blut
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Spätestens seit Erscheinen der englischen Originalausgabe habe ich ungeduldig auf die deutsche Version gewartet. Meine hohen Erwartungen wurden in keiner Weise enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Mit 1200 Seiten ...

Spätestens seit Erscheinen der englischen Originalausgabe habe ich ungeduldig auf die deutsche Version gewartet. Meine hohen Erwartungen wurden in keiner Weise enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Mit 1200 Seiten gibt es herrlich viel Robin und Strike, sowieso einen äußerst komplexen Cold Case, dessen Auflösung mir nicht gelungen wäre. Erst am Ende erschließt sich, wie geschickt die Autorin in diesem perfekt komponierten Krimi Hinweise versteckt hat, ohne je auch nur für einen Moment den Faden zu verlieren. Ich habe das Buch innerhalb weniger Tage gelesen und kann gar nicht sagen, ob mich der Fall oder die "Rahmenhandlung" mit den bekannten Protagonisten mehr begeistert hat.

Während Strike mit der Krankheit seiner Tante, den psychischen Problemen seiner Exfreundin, verblüffenden Kontaktversuchen seines bisher lieblosen, berühmten Vaters und seinen eigenen verdrängten Gefühlen für Robin zu kämpfen hat, wird er für einen Cold Case engagiert. Es geht um das Verschwinden einer Ärztin in den Siebziger Jahren, deren vermutlicher Tod einem überführten Serienkiller zugeschrieben wird. Doch dieser hat sich dazu nie geäußert. Die Tochter der verschwundenen Margot Bamborough möchte nun endlich Gewissheit haben. Mit wenig Hoffnung beginnen Strike und Robin zu recherchieren. Doch so sehr die Spuren auch erkaltet scheinen, finden sie sich bald in Ermittungen, in denen offenbar viele Beteiligte einiges zu verbergen haben...

Die feine psychologische Beobachtungsgabe der Autorin, die hier wieder auf ihr bekanntes Pseudonym zurückgreift, hat mich aufs Neue begeistert. Ich liebe Strikes grummelige, ehrlich-aneckende Art. Eigentlich macht mir überhaupt kein Ermittlerduo mehr Freude als dieses. Damit mir die Zeit bis zum nächsten Teil meiner Lieblingskrimi-Serie ncht ganz so lang wird, werde ich mich wohl an die BBC-Verfilmung der ersten drei Teile wagen.

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Veröffentlicht am 21.12.2020

Wunderwald

Der Winter des Bären
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"Aber nicht alle Märchen sind erfunden. Manche von uns verstehen, dass unmögliche Orte möglich sind."
Ich liebe das Märchen von der Schneekönigin schon immer. Und so hat mich dieses zauberhafte Wintermärchen ...

"Aber nicht alle Märchen sind erfunden. Manche von uns verstehen, dass unmögliche Orte möglich sind."
Ich liebe das Märchen von der Schneekönigin schon immer. Und so hat mich dieses zauberhafte Wintermärchen schnell in seinen Bann gezogen. Dass Oskar, der Bruder der jungen Mila, von einem geheimnisvollem Fremden, der über dem Schnee zu schweben scheint, und seiner Schar eines Winternachts entführt wird, erinnert sicher nicht zufällig an die Schneekönigin, die einst in Andersens Märchen den Jungen Kai entführte.

Noch dem Tod ihrer Mutter und dem Verschwinden des Vaters lebt Mila mit ihren Schwestern Pipa und Sanna sowie ihrem Bruder Oskar allein inmitten eines verwunschen anmutetenden Waldes. Oskar ist der Mann im Haus. Umso tragischer, als er nun entführt wird. Oder ist er etwa freilwillig fortgegangen? Mila und Pippa sind sicher, dass das nicht stimmt. Gemeinsam mit dem geheimnisvollen jungen Zauberer Rune mit den Monsteinaugen machen sie sich mit ihrem Hundeschlitten auf die Suche nach Oskar.

Auch als Erwachsene hat mich die Erzählung restlos begeistert. Das lag nicht nur an der bildhaften, manchmal fast poetischen Sprache. Wundervoll fand ich, dass hier das Böse durchaus Grauschattierungen aufweist und plausible, heute brandaktuelle Gründe für sein Handeln vorweisen kann. Auch die Protagonisten, allen voran Mila und Rune, ja selbst die Hunde, haben mich restlos überzeugt und sich in mein Herz gestohlen. Hier blieb nichts an der Oberfläche, sondern regt immer wieder zum Nachdenken an.

Ich werde mich nach weiteren Büchern der Autorin umsehen und hoffe, dass sie übersetzt werden.

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