Das Buch setzt genau da ein, wo der Klappentext es einen vermuten lässt, nämlich als Beck zum ersten Mal die Buchhandlung betritt, in der Joe arbeitet. Was für ein Fehler der Besuch in dieser Buchhandlung war weiß sie da noch nicht.
Ich war von der ersten Seite an von dem Schreibstil der Autorin begeistert, denn sie lässt ihren Protagonisten seine Geschichte tatsächlich erzählen. Ich kann mir dieses Buch wahnsinnig gut als Hörbuch vorstellen, denn beim Lesen hatte man immer wieder das Gefühl, dass Joe einem von seinen Gedanken erzählt, man hat tatsächlich richtig in seinem Kopf gesteckt und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass das ein wirklich abgedrehter und kein schöner Ort ist.
Kaum, dass Beck die Buchhandlung verlassen hat, fängt Joe praktisch an sie zu online zu stalken. Er geht an die Orte, von denen er weiß, dass sie auch dort sein wird, dringt in ihre Wohnung ein und verschafft sich Zugang zu ihrem Handy, sodass er all ihre E-Mails und SMS mitlesen kann. Wenn das nicht gruselig ist, dann weiß ich auch nicht.
Ich muss zugeben, ich hatte mir von dem Buch eine etwas rasantere Handlung gehofft, doch in Wirklichkeit besteht ein Großteil aus Beobachtungen seitens Joe und wenig aus dem tatsächlichen Kontakt mit Beck. Daran merkt man, wie viel von ihrer Beziehung tatsächlich in seinem Kopf stattfindet.
Ebenfalls überraschend für mich war, dass ich Beck absolut unsympathisch fand. Was nicht heißt, dass ich nicht gerne über sie gelesen habe, aber Caroline Kepnes hat es geschafft, dass ich ihre beiden Hauptpersonen wirklich... schrecklich (mir fällt kein netteres Wort ein, es ist einfach so) finde. Beide sind keine guten Menschen, haben Probleme, der eine mehr als der andere und auch auf unterschiedliche Arten, aber trotzdem macht sie das beide zu verhältnismäßig unsympathischen Personen. Im echten Leben würde ich mit keinem von beiden etwas zu tun haben wollen. Gut, das Joe rausfällt erklärt sich von selbst, aber über Beck erfährt man so viel allein deshalb, weil Joe so dermaßen in ihre Privatsphäre eindringt, dass ich sie einfach nicht mögen konnte. Ich konnte kein Mitleid mit ihr haben bezüglich der Dinge, die Joe ihr letztendlich antut, dafür habe ich einfach keine Bindung zu dem Charakter aufbauen können. Ich will nicht sagen, dass sie es verdient hat, denn niemand verdient so etwas, aber dadurch, dass man die ganze Zeit in Joes Kopf steckt, kommt einem das, was er tut gar nicht so schlimm vor. In dem Sinne - well done, Frau Kepnes! Es ist wirklich schlimm, wenn man sich selbst dabei ertappt, dass man mit dem Bösewicht eines Buches mitfühlen kann und das ist mir tatsächlich an der einen oder anderen Stelle passiert.
Noch etwas, das ich in dem Zusammenhang loswerden möchte, ist, dass das Buch wie ich finde wirklich nicht für jüngeres Publikum geeignet ist. Ich gehöre zugegeben zu den Menschen, die Altersempfehlungen bei Büchern gerne rigoros ignorieren, das habe ich schon immer getan, aber ich bin froh, dass ich dieses Buch nicht früher gelesen habe, sondern erst jetzt. Das Buch ist keinesfalls romantisch. Es romantisiert nichts und ich habe mich erst gefragt, was so ein Buch überhaupt im LYX-Verlag zu suchen hat, der ja eher Bücher des Romance Bereichs verlegt, aber okay, irgendwie passt es doch ein bisschen ins Programm, wenn man nach dem Lesen noch einmal drüber nachdenkt. Aber das Buch ist nicht romantisch! Das meinte ich damit nicht, nur... auf eine verquere, total verdrehte Art ist es irgendwie auch eine Liebesgeschichte. Das Buch erzählt nicht die Geschichte einer gesunden Beziehung zwischen zwei Personen, sondern zwischen zwei Personen, die einander noch kaputter machen, als sie eigentlich sind und das kommt jetzt falsch rüber, wenn ich das schreibe, aber darüber zu lesen hat Spaß gemacht. In Joes Kopf zu stecken war gruselig und erschreckend, aber die Seiten sind nicht umsonst nur so dahin geflogen.
Fazit:
Ingesamt muss ich sagen, dass mich das Buch nicht vollkommen überzeugen, nicht vollkommen in seinen Bann ziehen konnte. Der Schreibstil war fantastisch und hat richtig gut zu der Geschichte gepasst, die Handlung hat sich für meinen Geschmack etwas zu lange hingezogen stellenweise. Dennoch gab es auch immer wieder Momente, in denen ich das Buch richtig beklemmend fand, in dem Sinne, dass ich mich Joe mitfühlen konnte, obwohl das das letzte ist, was man will. Aber gerade das ist es, was das Buch zu einem so tollen Leseerlebnis gemacht hat und in dem Sinne spreche ich eine klare Empfehlung aus, für diejenigen, die mal einen etwas anderen Krimi lesen wollen!