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Veröffentlicht am 04.01.2021

Nerdig-amerikanischer Roman

88 Namen
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Irgendwann in naher Zukunft: Die Welt der Virtual Reality (VR) gehört für viele zum Alltag dazu. Vor allem die Welten der MMORPGs (massive multiplayer online role-playing games), in denen viele Spieler ...

Irgendwann in naher Zukunft: Die Welt der Virtual Reality (VR) gehört für viele zum Alltag dazu. Vor allem die Welten der MMORPGs (massive multiplayer online role-playing games), in denen viele Spieler aus aller Welt zugleich mit- bzw. gegeneinander spielen können, sind stark gefragt. Und John Chu bietet Neueinsteigern bzw. Wenigspielern an, gegen entsprechende Bezahlung einen hochgelevelten Charakter zu spielen und die Kunden beim Spielen zu unterstützen, damit sie nicht in den Anfängerleveln herumkrebsen müssen, sondern gleich da einsteigen können, wo es spannender zugeht. Ist zwar gegen die Vorschriften der Spieleanbieter, bringt aber Geld.
Auf diesem Gerüst baut der Autor seine Story auf. Zum Einen gibt es eine etwas eigenwillige Exfreundin, die John Chu Rache geschworen hat und die man im Roman nach und nach kennenlernt, zum Anderen meldet sich bei John Chu ein neuer Kunde, ein gewisser Mr. Jones, der für sehr viel Geld sehr viel erwartet. Grund genug für John Chu zu spekulieren, um wen es sich dabei handeln könnte. Sein Verdacht richtet sich gen Nordkorea und neben so einigen Spieledetails kann man mitverfolgen, wie er nach Beweisen sucht, die seine Vermutung unterstützen.
Zugegeben, das Buch ist recht nerdlastig, auch wenn viele Begriffe aus der Gamerwelt im Anhang, dem sogenannten "John Chus Call-to-Wizardry-Schnellstart-Guide", sowie im Laufe des Romans erklärt werden. Dabei ist "Call to Wizardry" eines der beliebtesten fiktiven VR-Rollenspiele, um die es im Roman geht, wenn auch nicht ausschließlich. Die IRL-Szenen, also "in real life", halten sich zunächst eher bedeckt, der Schwerpunkt liegt zu Beginn auf der virtuellen Welt.
Auch wenn der Autor sich vieles rund um die Spiele hat einfallen lassen - zur benötigten Hardware in der Zukunft erfährt man leider nur wenig. Gut gefielen mir diverse Anspielungen auf die Popkultur. Die Handlung selbst gefiel mir zunächst ebenfalls ganz gut, auch wenn sie von Beginn an stark spielelastig war. Im Laufe des Romans verlor ich leider das Interesse, als das Buch mir immer mehr das Gefühl vermittelte, es sei von einem Amerikaner für Amerikaner geschrieben, weil es verstärkt um Themen ging, die Amerikaner betreffen bzw. interessieren wie Waffen, Prohibition und ein stark verklemmtes Verhältnis zu erotischen Inhalten, was sich u.a. in einem sehr langen Kapitel fast ausschließlich zu diesem Thema äussert ebenso wie in Griefern (Störenfrieden), die sich wie Pubertierende aufführen. Interessanterweise sind Gewalt und Gemetzel wiederum völlig in Ordnung, davon konnte es virtuell gar nicht genug geben.
Wer sich an der nerdigen Komponente und den entsprechenden Begriffen nicht stört, der wird in dem Buch eine kurzweilige und amüsante Unterhaltung finden auf der Identitätssuche von Mr. Jones. Mich haben vor allem der überzogene Fokus auf gewisse amerikanische Themen sowie der hier und da durchscheinende Superlativ zu sehr gestört, um dem Buch mehr als 3/5 Sterne zu geben.

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Etwas langweilige Auseinandersetzung mit dem Recht des Stärkeren

Wir Verlorenen
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Eine fiktive Pandemie hat die sozialen und wirtschaftlichen Strukten seit einigen Jahren lahmgelegt. Die Überlebenden scheinen dagegen immun und haben verschiedene Wege gefunden, sich neu zu organisieren. ...

Eine fiktive Pandemie hat die sozialen und wirtschaftlichen Strukten seit einigen Jahren lahmgelegt. Die Überlebenden scheinen dagegen immun und haben verschiedene Wege gefunden, sich neu zu organisieren. Smilla und ihre kleine Schwester sind in der Eifel bei einer Familie untergekommen, die sich in einem Bunker verkriecht, während eine Gruppe junger Männer das Recht des Stärkeren für sich beansprucht. Plötzlich steht Smilla ihrem früheren Nachbarn gegenüber. Kann sie ihm trauen?
Von der Beschreibung her, wie das Leben der Menschen verläuft, vom Verkriechen über den Versuch, ein einigermassen vernünftiges Stadtleben zu führen bis hin zur Raub und Gewalt, ist das Buch recht gut gelungen. Die Grenze der Skrupellosigkeit verläuft bei jedem anders, sobald das eigene Überleben oberste Priorität hat. Auch so Kleinigkeiten wie Hygiene, Nahrungsbeschaffung, Tauschwaren und Medikamente sind gut durchdacht und glaubhaft im Roman dargestellt. Die Ursachen der Pandemie selbst werden nur am Rande erwähnt, was mir gut gefiel, da sie am Status quo nichts geändert hätten und für die Erzählung auch nicht weiter relevant sind.
Weniger gefielen mir die Personen selbst. Smilla lebt in einer kleinen Gruppe, die hart am Limit und in ständiger Angst lebt, in der Vertrauen und Zuverlässigkeit aber leider nicht so recht funktionieren. Sich selbst als intelligent beschreibend, hat mich wiederholt gestört, wie nachlässig und vertrauensselig Smilla manchmal handelte. Stolz von sich behauptend, bisher im Leben nur ein Buch gestohlen zu haben, war sie mir einfach zu blauäugig und brachte damit nicht nur sich, sondern auch ihre kleine Wohngemeinschaft in Gefahr. Nach mehreren Jahren des bedrohlichen Lebens war sie mir einfach zu idealistisch, um noch realistisch zu wirken. Interessant wurde es, als ihr früherer Nachbar Falk in ihr Leben tritt, welcher an das Recht des Stärkeren glaubt, zumal er auch zu den Stärkeren gehört und daraus in erster Linie Vorteile zieht. Weder schrillen da bei Smilla die Alarmglocken, noch denkt sie daran, dies zum Vorteil ihrer Gruppe zu nutzen. Stattdessen sieht sie allen Ernstes einen Love Interest in ihm, unglaublich. Entsprechende Diskussionen zum pro und contra diverser Ansichten kamen zwar vor, wurden aber für meinen Geschmack nicht wirklich thematisch ausgereizt.
Mein Fazit: Das Buch zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben einer jungen Frau nach dem Zusammenbruch der Gesellschaft, die selbst nach mehreren Jahren ihre Blauäugigkeit noch nicht verloren hat. Es gibt Einblicke in die verschiedenen Überlebenskonzepte, welche ich als gelungen empfand. Neben der Naivität der Protagonistin, durch welche sie sich selbst sowie andere unnötig in Gefahr bringt, empfand ich auch die Spannung als weniger gelungen, insbesondere der Anfang war eher langweilig und hätte besser in eine bereits laufende Handlung gepasst.

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Veröffentlicht am 04.12.2020

Brutale Gewalt gegen entführte Frauen

Der Spiegelmann
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Auf Kommissar Joona Linna wartet ein neuer, ziemlich brutaler Fall: Ein vor einigen Jahren spurlos verschwundenes Mädchen wird auf einem Spielplatz regelrecht hingerichtet tot aufgefunden. Vermutlich gibt ...

Auf Kommissar Joona Linna wartet ein neuer, ziemlich brutaler Fall: Ein vor einigen Jahren spurlos verschwundenes Mädchen wird auf einem Spielplatz regelrecht hingerichtet tot aufgefunden. Vermutlich gibt es einen Zeugen der Tat, doch dieser ist psychisch nicht in der Lage, über die besagte Mordnacht zu reden. Daher bittet Joona den Hypnotiseur Erik Maria Bark um dessen Mithilfe.
Diesmal begibt sich das Autorenduo auf das ziemlich brutale Gebiet der Gewalt gegen Frauen. Die Ermittlungen im Fall der ermordeten Jenny Lind verlaufen zunächst schleppend, es gibt kaum Anhaltspunkte. So dauert es eine ganze Weile, bis die Polizei weiteren Hinweisen nachgehen kann und Parallelen zu früheren Fällen erkannt werden. Positiv gefiel mir, dass Joona zunächst mit weiteren Ermittlern zusammenarbeiten muss, bevor er später mehr oder weniger im Alleingang unterwegs ist. Besonders ging mir zudem das Schicksal der jungen, entführten Frauen nahe, deren Martyrium man in immer wieder eingeblendeten Szenen mitverfolgen kann. Zumal bis zum Schluss nicht klar ist, wer hinter diesen Entführungen und Folterungen steckt.
Der behandelte Fall gestaltet sich als spannend, aber auch als brutal. Stellenweise fragte ich mich beim Lesen, ob gewisse Szenen und Obszönitäten wirklich notwendig waren - für die Spannung oder den Fall selbst wären sie oftmals nicht erforderlich gewesen. Etwas befremdlich empfand ich auch, dass der Finne Joona Linna scheinbar übermenschliche Kräfte besitzt und schwerste Verletzungen und Vergiftungen locker wegsteckt, während andere davon ausser Gefecht gesetzt wären. Tatsächlich wäre die Handlung realistischer, hätten die Autoren auf den ein oder anderen Superlativ im Roman verzichtet. So hatte ich das Gefühl, von einem schwedischen Krimi in einen Avengers-Roman katapultiert worden zu sein. Und auch die Spannung selbst wurde wiederholt von langweiligen Szenen oder aneinandergereihter Brutalität unnötig unterbrochen. Nicht zu vergessen die Auflösung, die zwar realistisch klingt, aber dennoch auch wieder dermassen speziell ist, dass ich eher enttäuscht statt begeistert war.
So leid es mir tut, bei diesem Band wäre weniger mehr gewesen: Weniger Brutalität, weniger Superheldenkräfte, stattdessen lieber gleichbleibend hohe Spannung und eine realistischere Handlung.

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Veröffentlicht am 02.12.2020

Fängt schön an, verliert aber schnell seinen Reiz

Wild like a River
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Der Inhalt ist schnell erzählt: Die 19-jährige Haven lebt als Tochter eines Rangers in den kanadischen Rocky Mountains und kennt kaum etwas von der Welt ausserhalb des Nationalparks. Schule, Studium, alles ...

Der Inhalt ist schnell erzählt: Die 19-jährige Haven lebt als Tochter eines Rangers in den kanadischen Rocky Mountains und kennt kaum etwas von der Welt ausserhalb des Nationalparks. Schule, Studium, alles lief bisher erfolgreich von Zuhause aus. Ihr Vater, liebevoll, aber eher der wortkarge Typ, hat sie allein großgezogen, wodurch Haven für ihr Alter schon einigermassen selbständig und verantwortungsbewusst wirkt. Einzig der Kontak zu anderen Menschen, insbesondere zu Gleichaltrigen, fehlt ihr. Bis zwei Studenten aus der Stadt bei ihrer Tour durch den Nationalpark Hilfe benötigen.
Ich mag den Stil der Autorin, ihre Fähigkeit, Landschaften so zu beschreiben, dass ich sie mir beim Lesen regelrecht vorstellen kann. Deswegen gefiel mir der Anfang des Romans zunächst auch ganz gut mit den vielen Eindrücken von der Landschaft und den dort lebenden Tieren. Auch Haven war mir gleich sympathisch, ein wenig praktisch veranlagt und ziemlich ungeübt in zwischenmenschlichen Interaktionen wie SmallTalk und ironischen Kommentaren. Dass sie sich gleich in den ersten jungen Mann verguckt, welcher ihr über den Weg läuft und der sich von ihrer natürlichen Art ebenfalls angezogen fühlt, war ziemlich vorhersehbar, entsprechend fehlte da ein wenig die Spannung. Auch liegt der Schwerpunkt zunächst auf den vielen Beschreibungen des Nationalparks, was zwar schön ist, die Handlung als solche jedoch nur kaum voranbringt.
Langweilig wurde es, als Haven, nun neugierig auf die Welt da draussen, beschließt, ein wenig an der Uni vor Ort zu studieren, an welcher auch ihr Love Interest studiert. Von da an wirkte die zur Selbständigkeit erzogene Haven stark naiv und weltfremd, wollte plötzlich nichts mehr ohne ihren geliebten Jackson machen und verschwendete ihre Energie auf die falschen Freunde. Dazu kommt noch das Geheimnis um ihre verstorbene Mutter, welches sie aufklären möchte, natürlich ebenfalls nur mit Jackson an ihrer Seite. Wie hat sie all die Jahre nur ohne ihn überlebt? Währenddessen glänzt Jackson leider mit einem unnatürlichen Beschützerinstinkt, der ihn mir von Seite zu Seite unsympathischer macht.
Was wunderschön anfing mit wenig Handlung, dafür bezaubernden Beschreibungen des Nationalparks, entwickelte sich leider als kitschige Liebesromanze ohne große Spannung. Haven wandelte sich von einer selbständigen jungen Frau zu einem weltfremden Naivchen und die Liebesgeschichte selbst verlor ohne wirkliche Höhepunkte schnell an Reiz.

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Klasse Idee, deren Potential leider kaum ausgereizt wurde

Midnight Chronicles - Schattenblick
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Stell dir vor, du hast das Tor zur Hölle geöffnet - rein versehentlich, natürlich - und mal eben einen Schwung Geister in die Menschenwelt entlassen. Genau das ist Roxy passiert. Jetzt hat die Londoner ...

Stell dir vor, du hast das Tor zur Hölle geöffnet - rein versehentlich, natürlich - und mal eben einen Schwung Geister in die Menschenwelt entlassen. Genau das ist Roxy passiert. Jetzt hat die Londoner Geisterjägerin eine Galgenfrist, innerhalb derer sie sämtliche entflohenen Seelen wieder einfangen muss - ansonsten landet sie selbst in der Unterwelt. Bei einer dieser Jagden befreit sie einen jungen Mann von einem Geist, welcher von ihm Besitz ergriffen hat. Leider kann er sich anschließend an nichts erinnern, nichtmal an seinen Namen.
Schattenblick ist der erste Band der Midnight Chronicles, welcher sowohl aus der Sicht von Huntress Roxy wie auch von Shaw, dem Mann ohne Gedächtnis, geschrieben ist. Zwar sprühen zwischen den beiden ab und an die Funken, der Schwerpunkt liegt aber auf Roxys Jagd nach den Seelen sowie generell den verschiedenen Huntern und deren Abenteuer.
Generell gefällt mir die Idee der Hunter, von denen es verschiedene Arten gibt wie Magic, Blood oder Grim Hunter, sowie deren nächtliche Jagden. Ein wenig unausgereift war mir allerdings von den Autorinnen das Konzept, wer die Hunter und deren Ausrüstung überhaupt finanziert bzw. wie diese desweiteren für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen. Auch blieben mir die Charaktere überwiegend zu blass und distanziert, obwohl sich ein Kern von wenigen Huntern recht schnell herauskristallisierte, den man intensiver hätte behandeln können. Auch inhaltlich geht es nur langsam voran. Die Autoren verlieren sich wiederholt in unwichtigen Details, zwischendurch gibt es mal eine Jagd oder ein wenig Fast Food, aber so wirklich Spannung kommt nur selten auf. Dafür war mir das Ganze stellenweise zu langgezogen. Auch hat mich irgendwann genervt, dass Roxys Schicksal, die vielen Geister einfangen zu müssen, zu oft thematisiert wurde, ohne, dass sich etwas daran änderte. Diese vielen Wiederholungen hätten sie sich sparen können. Dafür hat mir der trockene Humor gefallen, welcher hin und wieder zwischen den Zeilen hervorblitzte.
Schattenblick ist ein eher schwacher Reihenauftakt, bei dem die Autorinnen meiner Meinung nach zuviel Potential bezüglich der Handlung sowie der Charaktere ungenutzt liessen. Stellenweise ist das Buch recht unterhaltsam, die Spannung bleibt durch diverse Längen allerdings nur mässig.

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