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Veröffentlicht am 01.03.2021

Das Waisenhaus

Die Verlorenen
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Die junge Bess Bright genießt einen Moment des Glücks. Neun Monate später hält sie ihre kleine Tochter Clara im Arm. Doch im Jahr 1764 ist es nicht leicht, eine ledige Mutter zu sein, die manchmal nicht ...

Die junge Bess Bright genießt einen Moment des Glücks. Neun Monate später hält sie ihre kleine Tochter Clara im Arm. Doch im Jahr 1764 ist es nicht leicht, eine ledige Mutter zu sein, die manchmal nicht weiß, ob sie am nächsten Tag genug zu essen hat. In ihrer Not gibt Bess ihr Kind im neugegründeten Waisenhaus Londons ab. Eisern beginnt sie zu sparen und sechs Jahre später will sie ihr Töchterchen wieder abholen. Entsetzt erfährt Bess, dass eine andere Frau ihr kleines Mädchen schon am Tag nach der Einlieferung aus dem Waisenhaus abgeholt hat. Wie soll sie ihr Kind nur wiederfinden?

Dieser historische Roman hat einen besonderen Ansatz mit einem echten historischen Hintergrund. Frauen in Not konnten ihre neugeborenen Babys in dem Waisenhaus abgeben, um die Kleinen einigermaßen gut versorgt zu wissen. Welches Kind aufgenommen wurde, entschied das Los. Im Vergleich zu Kindern, die keine besondere Versorgung erhielten, überlebten die im Waisenhaus untergebrachten Kleinen erheblich häufiger. Doch was, wenn eine Mutter ihr Kind wieder selbst in Obhut nehmen konnte? Die junge Bess erlebt hier den Schock ihres Lebens. Ihre Tochter ist verschwunden. Doch Bess lässt nicht locker und sie macht sich auf die Suche nach Clara.

Der Beginn dieses Romans liest sich sehr spannend. Die Szenen, in denen Bess ihr Kind abgibt und in denen sie feststellen muss, dass ihre Tochter verschwunden ist, gehen ans Herz. Bewundernswert ist ihre Energie, mit der sie sich auf die Suche macht. Im weiteren Verlauf finden jedoch Wechsel der Perspektive statt, die den Lesefluss irgendwie unterbrechen und gegenüber dem schönen Beginn fallen die folgenden Kapitel etwas ab. Wo man berührt sein sollte, fragt man sich, warum ist das so. Zum Ende hin jedoch fügt sich vieles und der Schluss stimmt ausgesprochen versöhnlich. Und so bleibt nach der Lektüre doch ein gutes Gefühl und das Wissen, etwas über ein kleines Stück Geschichte gelernt zu haben.

3,5 Sterne

Veröffentlicht am 11.02.2021

Ein besonderes Bild

Rote Ikone
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Bisher hat Inspektor Pekkala alle Lebenswirren heil überwunden. Schon während des ersten Weltkriegs hat er dem Zaren gedient und nun im Jahr 1945 ist er im Dienst des neuen Zaren, genannt Stalin, eingesetzt. ...

Bisher hat Inspektor Pekkala alle Lebenswirren heil überwunden. Schon während des ersten Weltkriegs hat er dem Zaren gedient und nun im Jahr 1945 ist er im Dienst des neuen Zaren, genannt Stalin, eingesetzt. Die russische Armee dringt immer weiter nach Westen vor und zwei Offiziere finden in einer Kirche zufällig eine lange verschollen geglaubte Ikone, die im russischen Volk große Bedeutung hatte. Nun soll Pekkala in Stalins Auftrag klären, welchen Weg die Ikone nach ihrem Verschwinden genommen hat. Und noch andere scheinen großes Interesse an dem Bild zu haben, einem Bild, mit dem Pekkala vor Jahren schon einmal zu tun hatte.

Dies ist der sechste Band der Reihe um Inspektor Pekkala, der russische Ermittler mit finnischen Wurzeln. Pekkala ist ein knorriger und zurückgezogener Typ, der nichts so schnell vergisst. Gleichzeitig ist er ein gewiefter Polizist, der nur wenigen vertraut. In der Sowjetunion während des zweiten Weltkriegs ist es wahrscheinlich auch besser misstrauisch zu sein. Man weiß schließlich nie wie lange die Gunst des Staatsoberhauptes anhält. Bei seinen Nachforschungen hilft Pekkala seine Kenntnis von der Ikone, an deren Macht im ersten Weltkrieg auch die Zarenfamilie schwor. Wie schon damals scheint auch heute eine ganz eigene religiöse Gemeinschaft in den Fall verwickelt zu sein.

Wie eigentlich immer, wenn man ein Buch aufs Geratewohl aus dem Regal herausgreift, überlegt man, ob man eine Reihe nicht mit dem ersten Band beginnen sollte. Doch auch wenn ein gewisser Hintergrund fehlt, ist der Kriminalfall auch ohne Vorkenntnisse zu verstehen. Hervorragend dargestellt und recherchiert ist der geschichtliche Hintergrund zu dem Fall. Man kann in die Welt des Zarenreiches eintauchen und erfährt auch etwas über Pekkalas Stellung. Durch die ein wenig ausschweifenden Ausflüge in die Vergangenheit, kommt dem Roman einiges an Spannung abhanden. Dies wird aber großenteils wettgemacht durch die überraschenden Wendungen, durch die sich das Schicksal der Ikone klärt.

Veröffentlicht am 06.02.2021

Haparanda

Wolfssommer
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Haparanda ist ein kleiner Ort in Schweden an der Grenze zu Finnland. Für die Polizistin Hanna geht es hier eher ruhig zu bis in der Nähe ein Wolfskadaver gefunden wird, in dessen Magen sich menschliche ...

Haparanda ist ein kleiner Ort in Schweden an der Grenze zu Finnland. Für die Polizistin Hanna geht es hier eher ruhig zu bis in der Nähe ein Wolfskadaver gefunden wird, in dessen Magen sich menschliche Überreste befinden. Fieberhaft suchen die Beamten nach der Leiche. Sie finden den Toten, der notdürftig versteckt wurde. Es ist völlig unklar, was hinter dem Todesfall steckt. Hannas Mann Thomas hat sich in letzter Zeit mehr und mehr zurückgezogen und Hanna, die gehofft hatte, wenn die Kinder aus dem gröbsten raus sind, hätten sie wieder mehr Zeit füreinander, ist enttäuscht.

In diesem ersten Band einer Reihe bekommt die Polizistin Hanna es mit einem kniffligen Fall zu tun. Allerdings hätte die Wölfin nicht an dem Toten genagt, hätten sie diesen wahrscheinlich lange nicht gefunden. Wie ist er umgekommen? Gleichzeitig werden die Ereignisse aus anderen Blickwinkeln geschildert, so dass eine haarsträubende Geschichte ans Licht kommt. Da spielt der Zufall eine Rolle und eben jener ist für die Ermittler nur schwer kalkulierbar. Sie müssen aus den wenigen Spuren eine Erzählung lesen. Erst weitere Ereignisse offenbaren Hinweise und Zusammenhänge. Dabei ist Hanna manchmal von ihren privaten Sorgen abgelenkt.

Dieses Hörbuch ist lebhaft vorgetragen von der bekannten Sprecherin Vera Teltz. Der Autor Hans Rosenfeldt ist manchen vielleicht von seinen Romanen um den Polizeipsychologen Sebastian Bergmann bekannt, die er gemeinsam mit Michael Hjorth veröffentlicht. Hier nun schickt er eine eigene Ermittlerin ins Feld. Hanna ist dabei schön normal. Sie hat die Fünfzig überschritten und steht mit beiden Beinen im Leben. Und so wird sie dem Leser bald sympathisch. Allerdings geht die Untersuchung gerade zu Beginn etwas arg langsam voran, wodurch das Hörbuch etwas verliert, querhören geht irgendwie nicht. Zum Glück wird es spannender je weiter die Handlung voranschreitet. Dennoch kann es sein, dass dieser Roman als gedrucktes Buch besser funktioniert.

Veröffentlicht am 06.01.2021

Unbekannter Vater

Crazy Rich Girlfriend
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Seit zwei Jahren Nick Young nicht mehr mit seiner Mutter gesprochen, seit sie seine Braut nicht in die Familie aufgenommen hat. Endlich hat Rachel Chu Nicks Antrag angenommen und die Hochzeit wird geplant. ...

Seit zwei Jahren Nick Young nicht mehr mit seiner Mutter gesprochen, seit sie seine Braut nicht in die Familie aufgenommen hat. Endlich hat Rachel Chu Nicks Antrag angenommen und die Hochzeit wird geplant. Doch Nicks Mutter ist immer noch rührig. Rachel kennt ihren leiblichen Vater nicht und zufällig findet Ellinor heraus - sie hat einen Detektiv beauftragt - wer es ist. Überraschend gehört Rachels Vater zu den reichsten Familien von Festland China und damit wird Rachel gewissermaßen salonfähig. Ellinor ahnt jedoch nicht, was sie auslöst. Ihr vordergründiges Ziel ist es, sich mit Nick auszusöhnen.

Die Geschichte von Rachel und Nick geht weiter. Zwar schon so ähnlich wie bei „Crazy Rich Asians“, aber doch anders. Zunächst einmal können Rachel und Nick ihre Hochzeit genießen. Doch durch den neuen Familienanschluss geht die Hochzeitsreise von Los Angeles nach Asien. Rachels Vater hat sie eingeladen, den Rest der Familie kennenzulernen. Doch er hat nicht mit seiner Frau gerechnet, die in Rachel eine Konkurrenz für den gemeinsamen Sohn sieht. Schließlich ist Carlton dann der einzige, der Rachel und Nick unter seine Fittiche nimmt. Und wieder hat das junge Paar die Gelegenheit, das Leben der Superreichen zu bestaunen.

Hatte man vielleicht die Befürchtung, dieser Roman sei ein Aufguss des ersten, wird man zum Glück enttäuscht. Der Autor hat aus dem Ansatz der vorherigen Geschichte eine neue Story gesponnen. Zwar gibt es Ähnlichkeiten, denn es geht wieder um die Milliardäre, doch kann man weitere Facetten entdecken. Insgeheim denkt man möglicherweise, dass ein anderer Handlungsstrang in diesem Buch kraftvoller ist als der um Rachel und Nick. Dennoch handelt es sich um eine erfreuliche Lektüre, die einem erneut klarmacht, dass die Reichen zwar reich und damit irgendwie auch anders sind, gleichzeitig aber doch ähnliche Probleme haben wie wir Normalos.


Veröffentlicht am 04.01.2021

Gangster

Heißes Blut
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Die südkoreanische Hafenstadt wird von Gangs beherrscht, Gebiete und Tätigkeitsfelder sind aufgeteilt und die kleinen Gangster haben Abgaben an die Großen zu leisten. Großer Bruder Huisu war einmal ein ...

Die südkoreanische Hafenstadt wird von Gangs beherrscht, Gebiete und Tätigkeitsfelder sind aufgeteilt und die kleinen Gangster haben Abgaben an die Großen zu leisten. Großer Bruder Huisu war einmal ein hoffnungsvoller Boxer, der nationale Wettkämpfe bestreiten konnte. Inzwischen ist er vierzig Jahre alt und arbeitet schon seit 20 Jahren für Vater Son, dessen eigene Familie bereits verstorben ist. Huisu ist unzufrieden, in den 20 Jahren hat er nicht viel erreicht. Er hat Schulden und ist immer noch Vater Sons Handlanger. Auch mit seiner großen Liebe hat es nicht geklappt. Entschlossen schmiedet Huisu Pläne. Es muss sich etwas ändern.

Das Wirtschaftsleben ist genauestens geregelt in diesem Thriller. Huisu und seine Kumpane saufen, schlagen und erpressen, wobei Huisu allerdings hervorsticht, da er manchmal über seine Handlungen nachdenkt und sich auch überlegt, was er eigentlich vom Leben will. Er ist Vater Son dankbar, dass er ihn unter seine Fittiche genommen hat. Allerdings will Huisu was Eigenes auf die Beine stellen. Der Weg dahin ist jedoch beschwerlich. Es kommt zu kleinen Scharmützeln unter den Gangs, doch Vater Son plädiert dafür, Ruhe zu bewahren. Manchmal ist es besser, wenn es bleibt wie es ist. Huisu will das nicht so sehen.

Sehr eindringlich schildert der Autor die Handlungen der rivalisierenden Gangs. Gewalttätig, versoffen und düster erscheinen die Gangster, aber auch die Entspannung am Meer genießend, intelligent und empfindsam. So interessant das ungewöhnliche Setting, so mitunter ausschweifend beschrieben ist der eintönige Alltag. Es scheint als sei Huisu erst mit 40 zum Rebellen geworden und man nimmt ihn den spät pubertierenden nicht so ganz ab. Die Sprachwahl gibt dem Roman eine Leichtigkeit, die der Thematik entgegensteht. Hierdurch bekommt die Lektüre eine besondere etwas aberwitzige Note. Auch wenn die Sterberate letztlich recht hoch ist, so ist die Handlung doch geschickt aufgebaut und überraschend.