Großartiges, emotionales Werk über Schicksale während der NS-Zeit, die starke Auswirkungen auf mehrere Familien haben
Ein neuer Morgen für SamuelIn Paris des Jahres 1944 nimmt die Judenverfolgung an Fahrt auf. Auch Sarah und David, beide Juden, werden verfolgt und schließlich inhaftiert und in das Lager in Drancy gebracht. Von dort aus sollen sie ...
In Paris des Jahres 1944 nimmt die Judenverfolgung an Fahrt auf. Auch Sarah und David, beide Juden, werden verfolgt und schließlich inhaftiert und in das Lager in Drancy gebracht. Von dort aus sollen sie nach Auschwitz deportiert werden. In ihrer größten Not gibt Sarah ihr Neugeborenes dem Gleisarbeiter Jean-Luc, der in Drancy arbeitet und fleht ihn an, ihren Sohn Samuel in Sicherheit zu bringen und zu retten. Jean-Luc stellt sich der Herausforderung und flieht gemeinsam mit seiner Partnerin Charlotte von Frankreich in die USA. Dort beginnen die 3 ein neues Leben als Familie. Als sie erfahren, was in Auschwitz geschehen ist, glauben sie nicht, dass Sarah und David noch leben könnten und suchen auch nicht weiter nach ihnen. Doch es kommt alles anders. Sarah und David suchen währenddessen 9 Jahre ihren Sohn, den sie dann 1953 in den USA ausfindig machen können. Es beginnt eine sehr emotionale und bewegte Reise für alle Beteiligten. Wie wird Samuel mit seiner Abstammung und den Veränderungen in seinem Leben umgehen können?
Der Roman „Ein neuer Morgen für Samuel“ stammt von der Autorin Ruth Druart. Es handelt sich dabei um ihren Debütroman. Seit 1993 in Paris lebend, hat sie sich immer wieder vorgestellt, wie es wäre, unter deutscher Besatzung leben zu müssen, woher die Idee für diesen Roman rührt. Das Cover des Buches fand ich von Anfang an sehr ansprechend und ich assoziierte damit sofort einen Roman, der zum einen historisch ist und zum anderen wohl aus den 40er Jahren stammt.
Die Geschichte an sich ist äußerst facettenreich und spannend geschrieben. Das liegt vor allem daran, dass auf mehrere Erzählstränge zurückgegriffen wird. Die Handlung spielt sowohl 1953 als auch 1944. Zudem wird immer aus verschiedenen Sichtweisen der Hauptcharaktere geschrieben, was dem Leser einen äußerst guten Blick auf die Gefühlswelt des jeweiligen Protagonisten liefert. Der Schreibstil ist angenehm, flüssig und sehr gut und schnell zu lesen. Durch die kurzweiligen Kapitel und häufigen Wechsel zwischen den verschiedenen Perspektiven, wird die Spannung hochgehalten. Prinzipiell möchte der Leser einfach wissen, wie es weitergeht. Die Verknüpfung der unterschiedlichen Erzählstränge ist der Autorin hervorragend gelungen und auch deren Zusammenführung und Auflösung am Ende des Buches ist beispielhaft.
Die Charaktere sind insgesamt alle authentisch und man kann sich ihre Geschichte sehr gut vorstellen und in sie hineinversetzen, wobei sich hier meiner Meinung nach schon Präferenzen auftun können. Als Leserin fühlte ich immer mehr mit für Samuels „Adoptiveltern“ als für seine eigenen. Die Gesamtgeschichte ist so emotionsgeladen beschrieben, dass man manchmal förmlich dazwischen springen möchte. Auch der Umgang der damaligen Behörden, mit solchen „Findelkindern“, die liebevoll bei anderen Eltern groß geworden sind, ist erschreckend, ganz davon abgesehen das rein psychologische Verständnis für das Kind. Ich habe sehr mit Samuel gelitten, der als Konsequenz aus seinem alten Leben voller Freiheiten gerissen wurde, um Hals über Kopf zu seinen leiblichen Eltern zurück kehren zu müssen. Mein Mutterherz war sehr berührt und gleichzeitig so sauer auf die Verantwortlichen. Mich als Leserin hat das Buch insgesamt sehr gefesselt und ich habe es recht schnell gelesen. Es ist der Autorin sehr gut gelungen, den Leser in diese andere Welt zu entführen und diese auch zum Teil durch die Augen eines Kindes erleben zu lassen, und ihn dabei eine große Bandbreite an Gefühlen empfinden zu lassen. Etwas schade ist, dass einige Personen und Erzählstränge im Buch angesprochen worden sind, aber leider nicht aufgelöst worden ist, was mit diesen geschehen ist.
Mein Fazit ist dennoch durchweg positiv: Es ist eine äußerst lesenswerte, zeitgenössische Geschichte, die uns an die Gräueltaten der NS-Zeit auf eine besondere Art und Weise hinweist, indem sie die Schwächsten, die Kinder, mit ins Spiel bringt. Emotional, berührend, länger nachhallend geschrieben – absolute Leseempfehlung!