Cover-Bild Die Kartographie der Hölle
(11)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Insel Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 555
  • Ersterscheinung: 08.03.2020
  • ISBN: 9783458178507
Knud Romer

Die Kartographie der Hölle

Roman
Ulrich Sonnenberg (Übersetzer)

Knud hatte als Kind eine alte Landkarte über dem Bett hängen, sie zeigte den Horizont seiner Welt – des Paradieses. Wie das dänische Nykøbing auf der Insel Falster, der Ort seiner Kindheit, es war. Als er älter wird, geht er zum Studieren nach Kopenhagen: Literaturwissenschaft, denn die Bücher im Schrank der Frankfurter Großmutter haben ihn geprägt. Aber in der Großstadt beginnt ein Leben voller Ab- und Ausschweifungen, bestimmt von Alkohol und Drogen. Die Suche nach dem Paradies führt ihn in die Hölle. Bis Knud sich einen Gefährten herbeihalluziniert. Einen gewissen »M«, Sohn eines CIA-Agenten in Teheran, der ihn errettet. Jetzt wird aus dem ewigen Studenten ein erfolgreicher Werbefachmann – und ein schonungsloser Chronist des eigenen Lebens.

Nykøbing, Kopenhagen, Frankfurt, Teheran – Auf seinem Weg durch die politisch und gesellschaftlich ereignisreichen achtziger und neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts springt Knud Romer zwischen Orten und Zeiten, jongliert mit Fakten und Gefühlen. Entschieden subjektiv, aufwühlend emotional und spannend bis zur letzten Seite.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.01.2021

Lassen sich Reminiszenzen auszirkeln und topographisch darstellen?

0

Schonungslose Selbstanalyse in poetischen Sätzen verwoben mit der ( fiktionalisierten ? ) Lebensgeschichte des Amerikaners M. im Iran!

Knud Romer hat immer davon geträumt, beim Insel Verlag veröffentlicht ...

Schonungslose Selbstanalyse in poetischen Sätzen verwoben mit der ( fiktionalisierten ? ) Lebensgeschichte des Amerikaners M. im Iran!

Knud Romer hat immer davon geträumt, beim Insel Verlag veröffentlicht zu werden und offensichtlich ist ihm das gelungen, obwohl er selbst schon nicht mehr daran geglaubt hatte. Er ist mit den klassischen Autoren ebenjenes Verlages aufgewachsen. Er liebt Rilke, Hoffmansthal, Novalis, Lord Dunsany und viele andere. 

Sein Vater ist Däne und die Mutter Deutsche, deren ehemaliger Verlobter im Dritten Reich bei "Der roten Kapelle" aktiv war und umgebracht wurde. Knud ist schon allein dadurch bilingual und hat Verwandte in Deutschland, die immer wieder besucht werden. So wächst er in Falster im Spannungsfeld zweier Kulturen auf, die sich zwar ähneln und trotzdem unterscheiden. 

Er verspürt den brennenden Wunsch Autor zu werden und fängt an Literaturwissenschaft zu studieren. Er ist erstaunt, wie weltfremd, einseitig orientiert und teils lieraturfeindlich diese Akademiker doch sind. Sie lehnen snobistisch rundweg manche Genres ab, zum Beispiel Fantasy und verachten "Herr der Ringe" ( ! ). 

Im Grunde genommen fühlt sich Knud dort nicht wirklich wohl. Er flüchtet in Alkohol und Drogen. Nach zwölf Jahren hat er immer noch keinen Abschluß und hört auf. Es macht keinen Sinn mehr, weil keines seiner komplexen Thematiken akzeptiert wird. Er hat zum Beispiel eine Abhandlung über Stuhlgang, Latrinen und derer kultursozialen Bedeutung sowie der Sublimierung dieser Ausscheidungen und damit auch Sexualität des Bürgertums sehr anschaulich beschrieben. 

In den 80er Jahren war Knud so hedonistisch wie dieses Jahrzehnt und er gibt ausgezeichnet wieder, wie kalt diese Dekade doch war. 

In den Neunziger Jahren wird er via Seiteneinstieg Werbefachmann, mit durchschlagendem kreativen Erfolg und anwachsendem Gehalt. 

Er bekommt sogar eine Rolle in Lars von Triers " Idioten", lernt die Croisette und Cannes lernen, aber spricht dem weißen Pulver etwas zu sehr zu. 

Nach dem Milleniumswechsel verliert er Job und Wohnung. Letztere hat er total verwahrlosen lassen. Eklig! 

Nachdem schon seine Mutter verstorben war, verliert er seinen dementen, im Pflegeheim lebenden Vater an den Tod. Er beschreibt das berührend und in großer Trauer. 

Endlich lernt er eine tolle Frau kennen, Rebekka, Musikerin und sein Inseltraum wird wahr! Er darf die geheiligten Hallen der Suhrkamp- Inselgruppe betreten als auch die Villa Unseld. 

In die Geschichte sind immer wieder Erzählstränge rund um den heranwachsenden ( fiktiven? ) ( Alter ego? ) Amerikaner M. eingewoben. Sein Vater, vordergründig Diplomat, aber CIA - Agent lebt mit den zwei Söhnen, den Zwillingsschwestern und der russischen Ehefrau erst in der Türkei, dann im Iran Anfang der Siebziger mit dem Regime des Schahs und die Geheimpolizei terrorisieren die Bevölkerung. Dank einer unzulässigen, aber typischen Einmischung der USA in innere iranische Angelegenheiten kam jener Schah überhaupt an die Macht. Die zeitgeschichtliche Historie im Iran ist sehr authentisch und erschreckend wiedergegeben. Hunde gelten im Islam offenbar als unrein und werden erschossen, aber hinterher trifft das dann die Zweibeiner. Die Amerikaner führen sich großkotzig im Iran auf. Etwas Unvorhergesehenes passiert...

In dieser Autofiktion analysiert sich Knud Romer gnadenlos. Er seziert sich und sein Inneres auf äußert schmerzhafte Weise. Sein Abstieg in die eigene Hölle mit Alkohol und Drogen. Seine zerplatzten Träume, sein Empfinden, ein Fremdkörper in der Gesellschaft zu sein, ein Ausgestoßener, ein Außenseiter, weil er nicht nützlich ist, kein Geld verdient. 

Ein assoziatives, poetisches Buch mit der Unsicherheit und der Unschärferelation, ob und wie man Reminiszenzen vertrauen kann. Durch die Zeitsprünge versteht es der Autor, die Funktion des Gedächtnis ausgezeichnet zu illuminieren, das ebenso nicht unbedingt chronologisch arbeitet, sondern auch zwischen den Erinnerungen "hüpft". Wir sind nun einmal Erinnerung, wenn man es auf diese Formel herunterbricht. Die Populärkultur mit all der Musik und Filmen ( vor allem mein Lieblingsfilm "Der Hexenjäger" mit Vincent Price vom britischen Regisseur Michael Reeves, der jung Suizid beging, findet Erwähnung! ) wird von dem Autoren eingebunden. 

Ein sehr persönlicher Roman mit lyrischem anspruchsvollen Ausdruck in starker Prosa. Ich kann gar nicht nachvollziehen, warum seine Poeme abgelehnt wurden! Eine Seele, die entblößt daliegt und Empathie beim Leser / in weckt! Ein wundervolles Meisterwerk von einem Buch! Danke Knud Romer! Danke Insel!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2020

Unvergleichlich

0

Mit "Die Kartographie der Hölle" hat Knud Romer nun seinen zweiten, unabhängig vom ersten lesbaren, Roman geschrieben, in welchem er seine Familiengeschichte nach "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" ...

Mit "Die Kartographie der Hölle" hat Knud Romer nun seinen zweiten, unabhängig vom ersten lesbaren, Roman geschrieben, in welchem er seine Familiengeschichte nach "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" weitererzählt. Er berichtet hier von seiner einsamen und doch behüteten und glücklichen Kindheit, nach der er sich für ein Studium der Literaturwissenschaften entscheidet. Doch das Studentenleben wirft ihn in einen tiefen Abgrund, er wird zum ziellosen Langzeitstudenten und versinkt immer mehr in einem Sumpf aus Alkohol und Drogen. Da erschafft er sich einen "Freund", genannt M, dessen sehr spannende Lebensgeschichte nun ebenfalls erzählt wird. Während Knud immer depressiver wird, und auch nachdem er das Studium hinschmeißt und als Werbefachmann arbeitet nicht die Finger von Alkohol und Drogen lassen kann, zieht M mit seinen Eltern quer durch die Welt.
Doch diese Geschehnisse bilden nur den Rahmen für den wahren Star dieser Romanbiografie: Knud Romers unvergleichlich poetische Sprache. Denn wie der Autor hier mit Worten jongliert, welch beeindruckende Sprachbilder er hier erschafft um sowohl Glück als auch Elend zu beschreiben, das habe ich so bisher nur selten lesen dürfen. Knud Romers Sprache berauscht und mit jeder Seite verlor ich mich mehr in seiner Erzählung. Die eigentliche Handlung trat - obwohl stets sowohl emotional (bei Knud) als auch spannend (bei M) - mehr und mehr in den Hintergrund und ich hätte noch ewig weiterlesen können, egal was Knud Romer nun erzählt. Denn WIE er es erzählt muss man einfach gelesen haben. Ein Buch, dass ich mit Sicherheit nicht so schnell vergessen und sicher noch ein zweites (und drittes, und viertes...) Mal lesen werde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.04.2020

Das Leben von Knud.......

0

MEINE MEINUNG
In diesem Buch lesen wir die Geschichte, die Kindheit und das ganze Leben vom Autor selbst.
Der Autor schreibt hier wirklich schonungslos offen über alles war geschehen ist, was er erlebt ...

MEINE MEINUNG
In diesem Buch lesen wir die Geschichte, die Kindheit und das ganze Leben vom Autor selbst.
Der Autor schreibt hier wirklich schonungslos offen über alles war geschehen ist, was er erlebt hat und was er darüber denkt.

Es findet immer ein Wechsel statt zwischen seiner Kindheit und was er mit seiner Mutter erlebt hat und der Zeit, in der die Mutter schon tot war. Außerdem lesen wir, was er für Freunde hatte, wie sein Studium ablief und das ganze drumherum.

Es wird hier sehr, sehr emotional und so voller Gefühle geschrieben und der Autor hat für diese Gefühlswallungen einen grandiosen Schreibstil gewählt. Man spürt hier schon, das der Autor sich wohl viel mit Schreiben an sich beschäftigt hat und das er gerne schreibt. Er jongliert hier mit den Worten, das es richtig Spaß macht in diese Geschichte abzutauchen. Es wirkt alles so literarisch hochwertig und die Worte wohlüberlegt und gut ausgewählt.
Der Autor drückt sich hier so aus, als würde er einem gegenüber sitzen und einem alles persönlich erzählen.
Das macht das ganze dann auch so identisch und lässt die Gefühle beim Leser ankommen.

Es handelt sich hier um eine sehr emotionale Erzählung, die einem ans Herz geht und die einen auch nachdenken lässt. Es ist kein Buch, das man einfach so mal zwischendurch lesen sollte. Man sollte sich für dieses Werk Zeit nehmen um die Worte auch richtig aufnehmen zu können.
Ich vergebe hier 4 Sterne, da es für mich manchmal einen unverständlichen Wechsel in der Szene gab und deshalb muss man sich auch Zeit für das Buch nehmen.

Bluesky_13
Rosi

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Chronik einer Abwesenheit

0

Knud wohnt in Nyköbing auf Falster, über seinem Bett hängt eine alte Landkarte mit dem Paradies. Doch in Knud sieht es alles andere als paradiesisch aus. Sein Leben ist geprägt vom Suchen, von innerer ...

Knud wohnt in Nyköbing auf Falster, über seinem Bett hängt eine alte Landkarte mit dem Paradies. Doch in Knud sieht es alles andere als paradiesisch aus. Sein Leben ist geprägt vom Suchen, von innerer Leere und einer Abwesenheit im eigenen Leben. "Die ersten dreißig Jahre meines Lebens hatte ich damit verbracht, mir selbst ein Loch zu graben, das so tief war, dass ich mich daraus nicht mehr würde befreien können." (S. 312)

Er geht nach Kopenhagen zum Studium, nach 17 Jahren Literaturwissenschaft kein Abschluss, aber ein zufälliger Job in der Werbebranche und ein Ausflug ins Filmmetier - er wird Laienschauspieler in Lars von Triers "Idioten". Sein eigentliches Lebensziel ist ein Buch beim Insel-Verlag zu veröffentlichen, was er letztendlich mit "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" auch schafft und einer Art kleinem Befreiungsschlag gleichkommt.

Knud Romer ist zum unerbittlichen Chronist seines eigenen Lebens geworden - teils fiktiv, teils bestimmt autobiografisch. Dabei jongliert er so präzise und professionell mit neuen Sprachbildern und der Sprache an sich. Schlag auf Schlag taucht er in die Erinnerungen seiner Kindheit in Nyköbing und die Ausflüge zur Oma in Frankfurt. Sehr emotional und mitfühlend beschreibt er später, nach dem Tod der Mutter, das geistige Wegdriften des Vaters: "Mutter ist seit zwei Jahren tot, und ihr Tod ist ein kleines Mädchen mit Zöpfen, auf das Vater aufpasst." (S. 16).

Im Literaturstudium bezieht er sich im Sekundentakt gekonnt auf Autoren und Literatur - aber zu seiner Literatur-Liebe gesellen sich im Selbstfindungstrip zudem Alkohol und Drogen - ein Grund für das Erscheinen seines imaginären amerikanischen Freundes M.? "Ich würde in einem wachen Albtraum von innen nach außen gestülpt." (S. 271) Dessen Leben als Sohn eines CIA-Agenten in Istanbul und Teheran ist sehr turbulent - rasant in Sachen detaillierter und scharfer Beobachtungsgabe nimmt der Autor dabei Land, Leute, Gepflegenheiten und politische Unruhen sezierend unter die Lupe.

Originell, sarkastisch, dramatisch, humorvoll, poetisch, drastisch-grotesk - in sprachlicher Höchstform sucht Knud, innerlich getrieben und rastlos nach einem Entkommen aus der inneren Langeweile, Angst und Psychose. "Die Zukunft ist verbraucht. Es ist aussichtslos, das Leben besteht aus Leerlauf und Wiederholungen, bei denen das Ergebnis von vornherein bekannt ist." (S. 43) Diese Schnelligkeit an Bildern, Pointen, Geschichten und Dramen geben dem Roman keinen Ruhepunkt - der Leser muss immer aufmerksam sein, in schneller Abfolge kommen kleine Pointen und Anspielungen auf Film, Literatur oder Musik. Bis der Autor am Ende, nach dem Tod des Vaters, ins leere Elterhaus zurückkommt und die Landkarte von der Wand nimmt. Die Kartografie der Hölle ist vorerst beendet.

"Ein Schatten kroch mit hinein und verschwand endlich dort, wo er hergekommen war, zwischen den Büchern: das bucklige Männlein." (S. 552)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2020

Roman eines sperrigen Lebens

0

Und damit als Buch allein schon gewissermaßen sperrig. Wobei man aus meiner Sicht getrost auch sagen kann: ausgesprochen sperrig.

Denn dies ist alles andere als ein Roman für jedermann. Dieser Roman, ...

Und damit als Buch allein schon gewissermaßen sperrig. Wobei man aus meiner Sicht getrost auch sagen kann: ausgesprochen sperrig.

Denn dies ist alles andere als ein Roman für jedermann. Dieser Roman, der gleich zwei Schicksale darlegt, nämlich das von Knud - sozusagen dem Alter Ego des Autors das jenige von dessen Gefährten M., macht es sich mit keinem von beidem einfach. Ebenso wenig damit, wie der Zuschauer dies auffassen soll. Denn es wird - zumindest aus meiner Sicht - an keiner Stelle deutlich, was denn dieser M. für ein Geselle ist: ist er erfunden, ganz oder nur teilweise oder war oder ist er in irgendeiner Form dann doch existent`?

Alles irgendwie geheimnisvoll, ebenso wie die Motivation Knuds zum Leben - uns Lesern wir bald klar, dass er zwischen seinen beiden Identitäten - der deutschen und der dänischen - gewissermaßen hadert und vor allem mit letzterer nicht so recht klar kommt .Andererseits jedoch davon auch nicht lassen will Und einen Traum hat er - mal was beim InselVerlag zu wuppen!

Parallal wird von M., dem Sohn des Botschafters erzählt, der ein sehr farbiges, doch ebenfalls nicht einfaches Leben hat.

Ein ausgesprochen sperriges Buch, das mich jedoch an keiner Stelle gelangweilt hat. Dennoch; man muss dazu bereit sein und auch jedesmal entsprechend in sich hineinhorchen, sonst bringt das nichts!