Ein Neuanfang?
Ludwig und sein Bruder Heinrich Seligmann schaffen es 1934 nach Israel, direkt nach Tel Aviv. Als Juden waren sie in Hitler Deutschland nicht mehr geduldet, nun soll alles sich zum Besseren wenden. Während ...
Ludwig und sein Bruder Heinrich Seligmann schaffen es 1934 nach Israel, direkt nach Tel Aviv. Als Juden waren sie in Hitler Deutschland nicht mehr geduldet, nun soll alles sich zum Besseren wenden. Während Ludwig frohen Mutes ist, bleibt Heinrich skeptisch und ohne Ambitionen, er will so schnel wie möglich nach Deutschland zurück. Die Familie Seligmann ist noch in Deutschland und beide Brüder versuchen Geld zu verdienen um die Familie zu holen. Ludwig trifft auf die schöne Hannah die ihn sofort fasziniert und verliebt sich Kopf über in sie. Doch die Geister des Krieges und der Vergangenheit lassen sich nicht aufhalten....
"Damals begriff ich noch nicht, das man Heimat nicht wie ein gebrauchtes Hemd wechseln kann. Durch unsere vertraute Muttersprache und die Traditionen waren wir unser Lebtag unentrinnbar mit Deutschland verbunden." (Seite 87)
Dies ist der zweite Band des Autors Rafae Seligmann. Er schreibt hier die Geschichte seiner jüdischen Familie auf, in diesem Buch speziell die über sein Eltern und seine Anfangszeit als Kind in Israel. Ich finde es mutig diesen Schritt zu versuchen, muss dem Autor aber meinen grossen Respekt aussprechen da ihm dies sehr gut gelungen ist.
Der bildhafte Schreibstil lässt einen Israel, speziell hier Tel Aviv näher kommen. Man ist am Hafen, man genießt die Sonne, das gute Essen die Cafés und das Leben in Tel Aviv. Gemeinsam mit den Brüdern Ludiwg und Heinrich ist man auf der Suche nach Wohnung, Job und einen neuen Lebensinhalt.
Denn recht schnell wird klar - die Familie Seligmann ist in Deutschland geboren, der Vater diente im Ersten Weltkrieg, sie sind Deutsche und einige von ihnen können mit diesen Anfeindungen von Hitler und seinen Schergen nicht umgehen. Verständlich, interessant und berührend umgesetzt, denn es ist schwer einen Baum neu umzupflanzen, dies wird hier gerade durch den Bruder Heinrich sehr deutlich.
Sympathien für die Familie Seligmann zu entwickeln wird dem Leser, auf Dauer, schwer fallen denn alle leiden unter den neuen Bedingungen, müssen einsehen dass sie Deutschland, ihre Heimat, verloren haben. Alleine der Vater konnte mich durchweg mit seinem wachen Geist und Humor begeistern. Aber lest selbst.
Hannah wird die neue Komponente im Hause Seligmann und in dem Leben von Ludwig. Hannah muss mit ihren eigenen Geistern der Vergangenheit leben und verschweigt gewisse Dinge. Als Leser erfährt man aber sehr genau was ihr widerfahren ist und manchmal geht das sehr nahe. Und gewisse Handlungen von Hannah, auch wenn sie hier und da an den Nerven ziehen, waren für mich nachvollziehbar.
Ebenso ein großer Pluspunkt des Buches - man erfährt nicht nur mehr über den Krieg in Deutschland und welche Gefühle es bei den geflohenen Juden auslöst sondern auch viel über den Krieg in Israel, der ja leider bis heute anhält. Warum kam es zu diesen Ausschreitungen? Wer ist hier der Hauptakteur? Wie hat sich der Rest der Welt hierzu verhalten? Wer stand auf welcher Seite? Welche Chancen hatten geflüchtete Juden in diesem Land?
Dies alles spielt wunderbar, gefühlvoll, realistisch und hier und da düster zusammen und gibt ein rundes Bild der Familie Seligmann ab. Man kann dieses Buch auch wunderbar lesen ohne den ersten Band zu kennen, wird aber automatisch neugierig und ich möchte den ersten Band noch kennenlernen und freue mich auf weitere Bände der Familie Seligmann. Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus.